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die gegenseitige Stimmung war, erhellt daraus, daß der Train des 8. Armeecorps in der Nacht vom 25. zum 26. Juli in Würzburg nicht eingelassen wurde, weil der bayrische Commandant, einem alten Festungsreglement zufolge, um acht Uhr die Stadtthore schließen und nicht wieder öffnen ließ.*) Da mußten die ermüdeten württember gischen Truppen hinter dem Train auf offener Straße bivouakiren.

Was die vielbescholtene badische Kriegführung betrifft, über die nachher als über den „badischen Verrath" in einer Wiener Flugschrift ge= flagt wurde, so erhielt die badische Division im Beginn des Feldzugs den Befehl, sich von Frankfurt aus der Punkte Gießen und Wezlar zu bemächtigen, um sowohl die Basis am Main zu decken, als auch der Armee, die ins Fuldathal vorrückte, Flanke und Rücken zu sichern. Der Befehl wurde vollzogen, als aber am 6. Juli der Vormarsch des übrigen 8. Armeecorps ins Fuldathal aufgehalten und rückgängig gemacht wurde, weil die Bayern bei Kaltennordheim von den Preußen waren geschlagen worden und sich gegen Franken zurückzogen, verließ Prinz Wilhelm eigenmächtig die ihm angewiesene Stellung, obgleich ihm, sie zu behaupten, wiederholt befohlen worden war. Ein badischer Lieutenant erschien am 6. im Hauptquartier des Prinzen Alexander zu Crainfeld und meldete ihm im Namen des Prinzen Wilhelm einfach, die badischen Truppen zögen hinter Frankfurt zurück. Hierauf wurde sogleich der im Hauptquartier befindliche badische Major Krauß mit dem gemessenen Befehl an den Prinzen Wilhelm abgesandt, seine

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und fast eben so viel verschiedene Reglements, Signale, Artilleriesysteme und politische Ziele. Seit 26 Jahren war das Corps nicht vereinigt, die Generale kannten sich kaum gegenseitig; keiner, mit Ausnahme des österreichischen, hatte jemals einen ernsten Feldzug mitgemacht. Im ganzen buntscheckigen Hauptquartier befand sich kein einziger Mann meiner Wahl. Vom Chef des Generalstabs bis zum letzten Lieutenant waren mir alle ektroyirt worden und ich erfuhr ihre Namen erst, als sie ihr Amt antraten.“ *) Schwäbische Volkszeitung vom 11. October 1866.

schriftliche Instruktion ist jedoch aus den Akten verschwunden. Münd lich ertheilte Prinz Alexander dem Major Krauß die Weisung, der Prinz werde nöthigenfalls, wenn er nicht gehorche, seines Commandos enthoben werden. Daß wirklich davon im Hauptquartier die Rede war, bezeugte später auch Generallieutenant v. Baur, Chef des Ge neralstabs im 8. Armeecorps. Prinz Wilhelm befand sich bereits in Frankfurt und entschuldigte sich in einem Schreiben ins Hauptquartier, wie auch gegen den österreichischen Militärbevollmächtigten in Frankfurt, Generalmajor v. Packeny, in unklarer und nicht erschöpfender Weise. Am 7. schickte Prinz Karl dem Prinzen Wilhelm den strengsten Befehl zu, augenblicklich umzukehren. Zugleich herrschte große Aufregung in Frankfurt, sowohl unter den badischen Truppen, als unter der Bevölkerung, und von Karlsruhe erfolgte die Weisung an den badischen Prinzen, sich dem Befehl des Prinzen Karl zu unterwerfen. Dies geschah nun, allein die badischen Truppen nahmen den feurigen Antheil am Kampfe gegen Preußen nicht, den man ihnen zumuthete. Insbesondere wurde ihnen zum Vorwurf gemacht, sie sehen nahe genug gewesen, um die am 14. Juli vor Aschaffenburg in blutigem Kampf begriffenen Hessen unterstüßen zu können, hätten es aber nicht gethan. Der hessische Oberlieutenant Möller bat die auf der Chaussee zwischen Babenhausen und Aschaffenburg lagernden badischen zwei bis drei Bataillone um Hülfe, sie erklärten aber, sie hätten keinen Befehl. Prinz Alexander ertheilte hierauf dem Prinzen Wilhelm noch am 14. Abends 6 Uhr den Befehl, die Preußen aus Stockstadt zu vertreiben, der Befehl wurde aber nicht ausgeführt.

Erst als die Vereinigung des 7. und 8. Bundesarmeecorps endlich verfügt wurde, bekamen die Badener auf der Hochebene bei Hundheim die Preußen zum erstenmal zu Gesicht und sollten in guter Stellung deren Heraustreten aus dem Odenwald verhindern. Obgleich hier die ganze badische Armee vereinigt war, zog sie sich doch

nach einem sehr kurzen Kampfe, in welchem ihr nur 92 Mann außer Gefecht gesetzt wurden, wieder zurück und ließ den Preußen den Weg offen, am 23. Juli. Man*) beschuldigte sie, es mit dem Kampf nicht ernst gemeint zu haben. „Nicht ohne Bedeutung erscheint uns ein Telegramm, welches der Großherzog von Baden nach jenem Treffen und zwar bereits den folgenden Tag, am 24. Juli, an seinen durchlauchtigsten Bruder, den Prinzen Wilhelm, richtete und welches also lautet: Prinz Wilhelm von Baden in Wertheim. Aus Preußen wird ein Zusammenstoß preußischer und badischer Truppen bei Hundheim gemeldet. Bitte umgehende Antwort, ob das wahr ist? Sind noch keine Anordnungen vom Obercommando wegen Waffenruhe getroffen? Friedrich.“

Dieselbe Beschuldigung wiederholte sich, als am folgenden Tage die badischen Truppen bei Werbach den Preußen widerstehen sollten, während die Württemberger mit denselben das blutige Gefecht bei Tauberbischofsheim bestanden. Auch von Werbach zogen sich die Badener nach einem Verlust von nur 83 Mann gleich wieder zurück.**) Prinz Karl von Bayern war über diesen Rückzug entrüstet, weil das durch der übrige Theil des 8. Armeecorps entblößt wurde, und Prinz Alexander von Hessen forderte den Prinzen Wilhelm dringend auf, zu erklären, warum er der 3. bayrischen Division nicht zu Hülfe ge= kommen sey, da er nach einer mündlichen Erläuterung vom Comman= danten derselben, als sie ganz in der Nähe im Kampfe stand, aufgefordert worden sey? Eine Antwort blieb aus. Prinz Wilhelm zog

*) Enthüllungen über den badischen Verrath S. 21.

**) In den „Enthüllungen“ wird ein mit Bleistift geschriebener Zettel des Prinzen Wilhelm erwähnt, den er am 25. von Unteraltertheim aus in des Hauptquartier schickte, des Inhalts: „In der Richtung von Werbach auf Neubrunn starke Staubwolken, Geschütz- und Kleingewehrfeuer; Borrücken von Werbachhausen, daher Rückmarsch in Gefechtsformation hinter Oberaltertheim, um dort Stellung zu nehmen.“

die badischen Truppen noch weiter zurück. Am 28. Juli trat v. Edelsheim aus dem badischen Ministerium und der preußenfreundliche Minister Matthy an seine Stelle, worauf schon am 29. der Großherzog seinem Bruder den Befehl zugehen ließ, sich mit seinen Truppen vom 8. Bundesarmeecorps zu trennen und nach der Heimath zurückzukehren. Weber Prinz Alexander, noch Prinz Karl waren in der Lage, es ver hindern, oder den Prinzen Wilhelm zur Verantwortung ziehen zu können.

Am 27. mar Manteuffels ganze Armee vor Würzburg *) concentrirt und begann dieselbe, den Marienberg (die Citadelle von Würzburg) zu beschießen. Die Kugeln thaten wenig Schaden, denn derselbe beschränkte sich auf einen kleinen Brand. Das Festungs

*) Auch in Bayern hatte man das Volk verheßt und demselben die abenteuerlichsten Fabeln von den Preußen erzählt, um es gegen dieselben zu erbittern, wie in Böhmen. Die Neue Würzburger Zeitung sah sich dadurch veranlaßt, in der Mitte des Juli das Volk zu ermahnen, es solle doch so grobe Lügen nicht glauben. „Da die Preußenfurcht in hiesiger Stadt von einigen Fanatikern namentlich dadurch genährt wird, daß sie der niedern Volksclaffe glaubwürdig zu machen suchen, die Katholiken müßten, wenn die Preußen kämen, alle protestantisch werden, so halten wir es für unsere Pflicht, darauf aufmerksam zu machen, daß in Preußen große Provinzen fast ausschließlich von Katholiken in einer Anzahl von 6 Millionen bewohnt sind und dieselben unbeirrt ihren Cultus ausüben.“ Das Blatt mußte die Bürger noch ausdrücklich warnen, ja nicht auf die einrückenden Preußen zu schießen, weil das die Stadt ins größte Unglück stürzen würde.

Zu den komischen Vorkommnissen in diesem Kriege gehörte auch das Gerücht, welches durch alle Zeitungen lief, die Preußen hätten vor Würzburg 12 Kanonen verloren. Es war kein Wort davon wahr. Ueberhaupt haben die Preußen in diesem ganzen Kriege, auch in Böhmen, kein einziges schweres Geschüß verloren. In preußischen Blättern machte man sich den Spaß, zu sagen: Die Bayern hätten das Metall der eroberten Kanonen großmüthig zurüidgegeben und nur die Löcher behalten.

geschüß war nicht lange vorher erneuert worden, von überlegenem Kaliber und that den Preußen vielen Schaden, wie auch abermals die württembergische und die nassauische Artillerie in diesem letzten Kampf vor Würzburg sich noch auszeichnete. Aber schon am folgen= den Tage wurde der nußlose Kampf fistirt, *) denn eben war die

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*) In dem „Bundesfeldzug in Bayern“ S. 56 findet sich ein frappantes Genrebild aus jenen Tagen, freilich stark karrikirt und mit etwas boshaftem Griffel gezeichnet, aber doch den Auffassungen entsprechend, die damals in der öffentlichen Meinung in Bezug auf die Dinge und Personen vorherrschten. Das Alter ist vorsichtig, sparsam, verzagt, ergreift zu gern die passivste Defensive, statt der kecken Offensive, ist dann selbst zu sehr an Bequemlichkeit, an Ruhe gewöhnt. So kam es denn, daß das Hauptquartier des Prinzen Karl 168 Pferde, 8 Chaisen mit sich führte, einige Wägen für Silberzeug, Porzellan, Federvieh. Ja, das bayrische Hauptquartier soll nur deshalb einige Tage später zur Armee aufgebrochen seyn, weil die bestellten Leibstühle noch nicht fertig waren. Köche, Friseure und ähnliche Individueu waren in reicher Anzahl vorhanden. Fürft Taxis führte sogar nebst seinem Küchenwagen und vier brillanten Equipagen, Kammerdiener und Köchin im Cabriolet mit sich herum. Troß der Schnelligfeit der Preußen soll der Herr Commandant. der Bundesarmee vor 9 Uhr Morgens keinerlei Meldung angenommen, Offiziere nur in Galla vorgelassen haben. Gute Diners zu halten, war eine Hauptsorge des Tags. Während die Preußen das 8. Bundesarmeecorps verfolgten, wurden fünf Tage lang in der königlichen Residenz zu Würzburg splendide Effen gegeben. Fürst Taxis hielt eben auch ein Gelage in Hammelburg, als die Nachricht vom Anrücken der Preußen kam, die er natürlich, da sie störend wirkte, nicht glaubte. Das Alter und die nicht mehr gewohnten Anstrengungen wirkten so, daß königliche Hoheit und ad latus von der Tann auf der Hin- und Herreise von Würzburg nach Tauberbischofsheim zu einem Kriegsrathe mit dem 8. Armeecorps im Wagen schliefen zur Verwunderung der guten Höchberger, die meinten, die bevorstehende Verhandlung, bei der es sich um Seyn oder Nichtseyn Süddeutschlands handle, müßte wichtig genug seyn, jeden Schlaf zu verscheuchen. Aber ein gutes Gewiffen ist ein sanftes Kiffen. War das hohe Alter unserer Heerführer schon kein Segen, so noch weniger

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