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Anerbieten der Aufnahme von Verhandlungen mit Bayern gemacht. Jedermann konnte sich sagen, daß die Hoffnungen, die von Wien her angeregt wurden, als dürfte es gelingen, das Südheer Oesterreichs aus Italien herauszuziehen und eine Schlacht vor Wien zu gewinnen, auf einer Illusion beruhten." Allein der Artikel vergißt zu bemerken, daß Herr von Beust damals in aller Eile nach Paris gereist war und daß man im Cabinet der Tuilerien allerdings einige Tage ge= schwankt zu haben scheint. Genug, wenn Herr von der Pfordten den preußischen Friedensantrag ablehnte und auch die schnell improvisirte Ministerconferenz zu München am 18. Juli ihm beistimmte, so gibt es dafür keine vernünftige Erklärung, als daß man in diesen Regionen durch einen Sieg der Desterreicher vor Wien und durch eine bewaffnete Einmischung Frankreichs das Kriegsglück noch herstellen zu können hoffte. Die Ablehnung der preußischen Friedensvorschläge wurde eben so geheim gehalten, wie früher der Separatvertrag mit Desterreich). Man kann nicht leugnen, daß ein solches Verfahren in einem constitutionellen Staate alle Rücksicht auf Volk und Stände verabsäumte. Am schwersten aber litt unter diesem Täuschungssystem die Armee.

Das 8. Armeecorps blieb damals immer noch bei Frankfurt stehen mit der Front nach Norden, ohne den Bayern die Hand zu reichen. Prinz Karl suchte nun die Vereinigung mit demselben fünf Meilen weiter füdlich zu erreichen, während Falkenstein auf einen neuen Angriff der Bayern wartete. Erst als der lettere die Absicht der Bayern inne wurde, sette er sich gegen Fulda in Marsch und rückte von da über Schlüchtern und Brückenau durch das Rhöngebirge ins Thal der fränkischen Saale, um hier die Bayern zu fassen und abermals an der Verbindung mit dem 8. Armeecorps zu hindern. Prinz Karl hatte hier seine Bayern zwischen Waldaschach und Hammelburg in einer Länge von drei Meilen auf den dominirenden Höhen Menzel, der deutsche Krieg 1866. II.

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äußerst vortheilhaft aufgestellt. Falkenstein ließ ihn aber am 10. Juli von zwei Seiten her angreifen, durch Göben bei Kissingen, durch Beyer bei Hammelburg. Die Bayern waren ausgeruht, die Preußen hatten soeben ihren ermüdenden Marsch durchs Gebirge vollendet. Die Brücken über die Saale waren abgebrochen. Nach 21stündigem Donner der Kanonen brachte Göben mit seinen Gußstahlgeschüßen die bayrischen Batterien auf dem linken Ufer der Saale bei Kissingen zum Schweigen und ließ sodann durch sein Fußvolk Kissingen stürmen. Nach einem blutigen Straßenkampf*) sahen sich die Bayern genöthigt zu weichen. Aus den widersprechenden Nachrichten über den Kampf ist doch so viel mit Gewißheit zu entnehmen, daß die wenigen Bayern, die hier auf das tapferste kämpften, unmöglich siegen konnten, weil sie vom Gros der bayrischen Armee nicht unterstüßt waren. Die Preußen hätten nothwendig unterliegen müssen, wenn die Bayern ihre Uebermacht gebraucht hätten. In dem ungleichen Kampfe fiel der tapfere bayrische General Zoller, der hier commandirte, und erhielt der bayrische Generalstabschef, General von der Tann, der mitten ins Feuer gegangen war, einen Prellschuß, aber man frug mit Recht, warum

*) In der kleinen Schrift: „Das Treffen bei Kiffingen," Kissingen bei Reichardt 1866, werden viele rührende und ergreifende Einzelheiten aus dem blutigen Kampf erzählt, namentlich von der verzweifelten Tapferkeit der bayrischen Soldaten. Ein bayrischer Corporal erschoß aus einem Fenster des Hotel Sommer elf Preußen, tödtete im Zimmer, als sie eindrangen, noch drei, wollte sich durchaus nicht ergeben und fiel, von vielen Bajonetten durchbohrt. Aber die Preußen selbst begruben ihn an der Promenade, seßten ihm ein Kreuz und schrieben darauf: Hier ruht ein tapferer Bayer, gefallen seiner Pflicht! Es fehlte auch nicht an komischen Zügen. Während des heftigsten Gefechts ging ein Engländer mit seiner Gemahlin unter einem Regenschirm auf dem Verschönerungswege spazieren. Als die Kugeln um die Dame pfiffen, sagte er: „Es sind die Kugeln der Bayern und Preußen." „Aber, lieber Mann," bemerkte die Dame, es ist doch sehr gefährlich." Er aber erwiderte: „Es geht uns ja nichts an.“

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weder der commandirende General, noch der Generalstabschef die Höhen, welche das Thal von Kissingen beherrschen, den finsteren Berg, die Bodenlaube und einen Theil des Stationsbergs nicht mit Kanonen habe besehen lassen, was die Preußen an ihrem siegreichen Vordringen sicher verhindert haben würde. Man frug ferner, warum die Bayern von ihren zahlreichen Kanonen nur so wenige auf dem Platz gehabt hätten? *) Man frug endlich, warum die bayrische Division unter General Hartmann, welche hätte zu Hülfe kommen sollen, doch nicht gekommen sey? **) Die einfache Antwort ist, daß nach der großen

*) Die bayrische Artillerie führte im Felde 136 Geschütze. Davon kamen in Kissingen 12, in Hammelburg 5 zur Verwendung. Wo waren die andern 119 Kanonen, als man ihrer bedurfte? In Kornäckern, auf der Trimburg und in Feuerthal, bei Poppenhausen und sonst wo. Die tapfern Artillerieoffiziere, die stundenlang feuern hörten und nicht avanciren durften, verzweifelten fast." Der Bundesfeldzug in Bayern S. 44.

**) Diese Fragen wurden von der bayrischen Presse mit scharfer Bestimmtheit aufgeworfen. Zander, Redacteur des Volksboten in München, wurde deshalb von General v. d. Tann wegen Ehrenbeleidigung angeklagt, aber vom Schwurgericht frei gesprochen. Die ausführlichen Verhandlungen dieses Prozesses sind gedruckt und die Zeugenaussagen lassen einen klaren Blick in die Verhältnisse thun. Zwei in Wenigen-Jena gedruckte Flugschriften zogen, wenn auch nicht ohne Leidenschaftlichkeit, den Schleier noch weiter herunter und sind nur in Nebendingen, nicht in der Hauptsache widerlegt worden. In der zweiten der genannten Flugschriften wurde auffallenderweise dem General Zoller selbst, der doch rühmlich fiel, der Vorwurf gemacht, er habe eine Verstärkung, die doch so nöthig gewesen wäre, zurückgewiesen. Noch auffallender ist der Vorwurf, der hier dem General von Hartmann gemacht wird. Prinz Karl selbst habe demselben wiederholt den Befehl zugehen lassen, mit seiner Division schleunigst nach Kissingen vorzurücken, um dem bedrängten General Zoller beizustehen, es sey aber nicht geschehen. Ueberhaupt wird Prinz Karl hier gerechtfertigt, im Widerspruch mit den vielen Anklagen, die von andern Seiten gegen ihn erhoben worden sind, und es wird gradezu behauptet, er sey von seinen eigenen

Entscheidung in Böhmen Bayern die Sache Desterreichs und des Bundestags wieder herstellen zu können sich nicht einfallen lassen durfte, daß es mithin bis zum wahrscheinlich nahe bevorstehenden Waffenstillstand am klügsten that, nur zu laviren, nur noch einen Scheinkrieg zu führen und jeden empfindlichen Schlag gegen Preußen zu vermeiden, um die Preußen bei ihrer jeßigen großen Ueberlegenheit nicht zur Rache zu reizen.

Zur Unterstützung der Division Göben war die Division Manteuffel vorgedrungen und hatte nördlich von Kissingen bei Hausen und Waldaschach gleichfalls die ihm entgegen geworfenen bayrischen Truppen zurückgedrängt, und auf dem rechten preußischen Flügel hatte die Division Beyer Hammelburg erstürmt. Die ganze bayrische Stellung war genommen, der Uebergang über die Saale erkämpft.

Prinz Karl zog sich mit seiner Armee nach Schweinfurt an den Main zurück, also wieder in östlicher Richtung, so daß die Verbindung der Bayern mit dem 8. Armeecorps wieder verschoben war. Er brach zwar schon am 11. wieder auf, um Manteuffel zu schlagen, welcher ihm bis Euerbach nachgerückt war, dieser aber wich ihm aus, denn er hatte ihn nur beobachten sollen und Falkenstein war zufrieden, die Bayern einstweilen abgeschreckt zu haben und brach in Eilmärschen gegen das 8. Armeecorps auf, um dasselbe nun ebenfalls einzeln zu schlagen und sich wo möglich Frankfurts zu bemächtigen. Als Prinz Karl Manteuffel zurückweichen sah, glaubte er auffallender Weise, die Preußen wichen aus irgend einer andern Ursache zurück, und kehrte

Untergebenen getäuscht worden. „Es scheinen maßgebendere Einflüffe ge herrscht zu haben, als die des Herrn Obercommandanten, und daß er alle seine militärischen Aemter und Würden niederlegte, spricht wohl deutlich genug aus, daß er zur Erkenntniß kam, man habe ihn getäuscht."

nun auch seinerseits wieder nach Schweinfurt um. Da sich das 8. Armeecorps übrigens nicht gerührt hatte, ihm beizustehen, kann man den damaligen Gedankengang im bayrischen Hauptquartier auslegen, wie man will.

Die Preußen hatten den Vortheil davon.

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