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1864. durchaus nicht bekannt werde, daß sie nicht an die große Glođe komme. Sie haben mir einen Brief des Prinzen überbracht. In demselben steht eigentlich nichts, als daß er meinem Rate nicht gefolgt sei, dem Rate, nicht nach Holstein zu gehen. Infolge dieses Schritts sind Verlegenheiten für die Bundeskommissare entstanden, der Bund hat noch einen definitiven Beschluß über den Aufenthalt des Prinzen zu fassen.

Meine Stellung ist eine durch die Verhältnisse gegebene. Mein Bruder hat den Londoner Vertrag abgeschlossen. Es hat ihm das vielen Schmerz, viele Tränen gekostet. Er hat geglaubt, es tun zu müssen, ich habe diesen Vertrag vorgefunden.

Beim Tode des Königs von Dänemark habe ich mir die Frage vorlegen müssen, was zu tun sei. Wenn ich mich von dem Vertrage lossagte, so stand ich allein vier Mächten gegenüber. Ich habe daher beschlossen, daran vorläufig festzuhalten. Indessen befindet Dänemark sich jetzt im Unrecht. Ich habe es auffordern lassen, die Novemberverfassung zurückzunehmen. Die Frist, welche ich gestellt habe, läuft morgen ab. Ich habe das gemeinschaftlich mit Österreich getan, da wir uns dem Beschlusse in Frankfurt nicht fügen können.2) Sobald es feststeht, daß Dänemark seine Verpflichtungen nicht erfüllt, werden wir in Schleswig einrüden lassen. Ich weiß nicht, was es mit den Drohungen, welche Sachsen in Frankfurt ausspricht, werden soll. Sollen die sächsischen Truppen sich unserem Einmarsch widersetzen? Es würde die Sache einer halben Stunde sein, damit fertig zu werden. Mit den ersten Feindseligkeiten sind alle Verträge zerrissen, und ich stelle mich dann auf eine ganz neue Basis. Ich werde dann nicht mehr allein gegen vier, sondern nur allein (oder zwei) gegen drei stehen.

Möglich auch, daß der Kaiser Napoleon sich vom Londoner Vertrage lossagt. Sie werden wohl seine Note an die deutschen Regierungen kennen.3) Drouyn de Lhuys4) hat sie mündlich den Gesandten gegenüber etwas abgeschwächt. Die ganze Note ist

2) Preußen und Österreich hatte die Inpfandnahme von Schleswig beantragt, und der Bund den Antrag abgelehnt. - 9) Forderte den Bundestag unter übergehung der Großmächte auf, sich vom Londoner Protokoll loszusagen. — 4) Französischer Minister der auswärtigen Angelegenheiten.

offenbar auf einen Rheinbund berechnet. Wie nennt er doch den 1864. Londoner Vertrag ?"

Samwer:,,Une oeuvre impuissante."

Der König: „Jawohl! Ich weiß nicht, wie er es anfangen will, sich loszusagen. Indessen beim Kaiser Napoleon ist derartiges allerdings nicht unmöglich.

Was England anbetrifft, so nimmt es durchaus den Standpunkt des Londoner Vertrages ein. Wir werden sehen müssen, wie es sid, meiner neuen Basis gegenüberstellt."

Samwer:,,Was England auch meint, es dürfte schwerlich jemals dafür handeln.“

Die Frau Kronprinzessin: „Und jedenfalls kann es höchstens nur zur See etwas tun."

Der König: „Aber das wäre gerade schlimm.“

Samwer: „Euer Majestät sagten, daß mit dem Beginn der Feindseligkeiten Sie eine neue Basis einnehmen würden. Es ist aber sehr wohl möglich, daß die Dänen es zu Feindseligkeiten nicht kommen lassen. . . . Ich höre, daß man auch aus politischen Gründen von England aus den Dänen rät, es in Schleswig nicht zu Feindseligkeiten kommen zu lassen.“

Der König: „Ich glaube schon, daß man das von England aus rät."

Samwer: „Wäre es nicht für die Erreichung der Intentionen Eurer Majestät sicherer, wenn Sie mit dem Überschreiten der Eider eine Kriegserklärung in der Form eines Manifestes erließen, wie ein solches Euer Majestät hochseliger Vater im Jahre 1813 erließ? Damit würden sofort alle Traktate zerrissen sein."

Der König: „Ich denke auch, daß ein solches Manifest wird erlassen werden müssen.“

Samwer:,,Es würde das einzige Mittel sein, um sicher zu gehen, daß der Krieg herbeigeführt wird."

Der König: „Jedenfalls, mag es zu Feindseligkeiten kommen oder nicht, ich werde unter allen Umständen mit dem Einrüden in Schleswig die neue Basis einnehmen."

Samwer:,,Euer Majestät werden es mir nicht übel

1864. nehmen, wenn ich sage, daß diese neue Basis doch nur das Recht meines gnädigsten Herrn sein kann.“

Der König: „Es ist das Recht nicht unbestritten. Ich brauche mit Ihnen auf die Rechtsfrage nicht einzugehen. Indes, noch vor kurzem hat mir der Geheimrat Heffter5) gesagt, in betreff Pinnebergs und Ranzaus glaube er, daß der Prinz nicht der Berechtigte sei."

Samwer: „Es sind das aber wirklich Kleinigkeiten, ein paar Quadratmeilen."

Der König: „Immerhin doch etwas. Auch der Großherzog von Oldenburg beabsichtigt, noch Rechte geltend zu machen.“ Samwer:,,Verzeihen Euer Majestät in dieser Beziehung eine Berichtigung. Es findet zwischen dem Großherzog und meinem gnädigsten Herrn ein Briefwechsel statt; noch vor vier Tagen ist ein Brief des Großherzogs angelangt und daraus geht hervor, daß derselbe keine Rechte geltend machen will. Ich bin dessen vollkommen sicher.“

Der König:,,Diese ganze Frage ist vom Bunde zu entscheiden. Die Basis, auf die ich dann trete, wird davon abhängen, ob der Bund anerkennt."

Samwer: „Ich bin sehr erfreut, das von Eurer Majestät zu hören. Es gibt hier Leute, welche herumbringen, daß Euer Majestät sich in dieser Frage nicht majorisieren lassen würden. Es ist indessen reine Rechtsfrage."

Se. Majestät der König erwiderte hierauf nichts und es trat eine Pause ein.

Samwer:,,Darf ich Euer Majestät fragen, was Sie, wenn nun die Truppen in Holstein einrüden, in betreff der Bundesverwaltung zu tun beabsichtigen?"

Der König: „Nun, die wird natürlich bleiben. Es wird eine Änderung durchaus nicht beabsichtigt. In betreff Schleswigs ist es etwas anderes."

Samwer: „In betreff Schleswigs müssen mir Euer Majestät aber gestatten, einige Weissagungen zu machen. Das erste 5) Professor des Völkerrechts und Kronsyndikus.

Dorf, welches von dänischen Truppen befreit wird, wird sofort 1864. meinen gnädigsten Herrn proklamieren und so weiter Ort um Ort."

Der König:,,Das unterbliebe aber besser."

Samwer: „Es liegt das in den Verhältnissen. Die Proflamierungen werden sogar mit noch größerer Energie als in Holstein erfolgen. Die Schleswiger sind bis aufs Blut von den Dänen gepeinigt, sie werden sich um so lebhafter aussprechen, ja es werden dort vielfach Verjagungen von dänischen Beamten und Gewalttätigkeiten gegen dieselben vorkommen.“

Der König:,,Die Truppen können das aber nicht dulden. Die Leute müssen sich mit Vorsicht benehmen."

Samwer: „Schon jetzt erscheinen Deputationen auf Deputationen aus schleswigschen Städten, selbst aus der nördlichsten Stadt Hadersleben. Sie bringen meinem gnädigsten Herrn Huldigungsadressen mit 100 bis 500 Unterschriften versehen. Auf jede Unterschrift steht nach dänischem Gesetz zehnjähriges Zuchthaus. Diese Leute sind nicht zurückzuhalten. Sie glauben, daß der Herzog ihnen als ihr Souverän von Gott geschenkt ist; sie glauben, daß es eine Gnade Gottes ist, welche ihnen denselben gegeben hat. Wollen Euer Majestät gegen diese Leute von dem Kolben Gebrauch machen lassen ?“

Der König (zudt die Achseln): „Das wird vom Takt der Oberbefehlshaber abhängen.“

Samwer:,,Es genügt das nicht. Es handelt sich bei dieser Bevölkerung um religiöse Gefühle, welche es ihr als Pflicht erscheinen lassen, meinen gnädigsten Herrn auszurufen. Bedenken Euer Majestät, daß die Dänen ihr sogar die Bibel genommen haben. Es wird nicht möglich sein, sie in irgend einem Falle mit Gewalt daran zu hindern, meinen gnädigsten Herrn auszurufen.“

Der König: „Nein, die Truppen sollen nicht mit dem Kolben dagegen einschreiten. Überdies, wo die Truppen gar nicht hinkommen, läßt es sich ja auch gar nicht verhindern.“

Samwer:,,Auch geht es ja die Truppen nichts an, wen die Bevölkerung als ihren Herrn anerkennt, sobald nur ihre Sicherheit dadurch nicht beeinträchtigt wird. Es würde auch sonst

1864. gar nicht möglich sein, Leute für die Verwaltung zu finden; denn das Land läßt sich nur von Anhängern des Herzogs ohne Gewalt verwalten, mögen es dort lebende oder solche Schleswiger sein, welche in Eurer Majestät Dienst getreten sind, und letztere sind auch alle Anhänger meines gnädigsten Herrn.

Gestatten Euer Majestät mir noch die Frage, wie sich in betreff der Person meines gnädigsten Herrn die Verhältnisse gestalten werden?“

Der König:,,Nun, in der Beziehung bleibt alles beim alten. Der Bund hat bis jetzt nichts dagegen, daß der Prinz in Holstein sei, und er kann dort ruhig bleiben, sobald er nur wie bisher verfährt."

Samwer: „Es wird das nicht genügen. Es versteht sich von selbst, daß mein gnädigster Herr gesichert ist, wo Eurer Majestät Truppen sind, aber die Österreicher haben Absichten gerade gegen die Person meines gnädigsten Herrn. Sie betrachten ihn als preußisch gesinnt. Graf Rechberg hat es diesen Sommer an Herrn Franke®) gesagt: ‚Die Augustenburger sind ja Preußen, und es ist nicht unsere Aufgabe, preußische Interessen wahrzunehmen.“ Ew. Majestät müssen meinen gnädigsten Herrn gegen die Österreicher in Holstein schüßen lassen.“

Der König: „Ja, aber nach Schleswig darf der Prinz nicht gehen. Dann kann ich für nichts stehen. Darum muß ich sehr bitten."

Samwer:,,Euer Majestät werden aber dem Feldmarschall deshalb bestimmte Order geben müssen.“

Der König: „Der Prinz darf versichert sein, daß, wenn er nicht nach Schleswig geht, er geschützt werden soll."

Samwer: „Übrigens werden Euer Majestät doch nicht verkennen, daß mein gnädigster Herr sich in jeder Weise von revolutionärem Wesen ferngehalten hat."

Der König: „Gewiß! ich erkenne das gerne an.“

Se. Majestät der König befahl noch, daß diese Audienz nicht bekannt werde, und trug Samwer Grüße an den Herzog auf. Samwer erlaubte sich noch die Frage: „Und darf ich meinem 6) Einer der Ratgeber des Herzogs von Augustenburg.

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