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würden, zu anderen Attributionen zu gelangen, so daß von vorn- 1863. herein die Übereinstimmung fehlen würde.

Wenn dagegen für alle Bundesstaaten ein gleiches, durchaus konservatives Wahlreglement aufgestellt würde, so hätte man die Aussicht, ein konservatives Parlament zu erhalten, welches sich die Kräftigung, aber nicht die Lähmung der Regierungen zur Aufgabe stellte, und welchem ausgedehntere als bloß beratende Befugnisse verliehen werden könnten.

4. Die Stellung eines Exekutiv-Direktoriums von 5 Stimmen wird großen Schwierigkeiten wegen Bestellung der drei Glieder außer Preußen und Österreich begegnen, ohne das so notwendige schnelle, übereinstimmende Zusammenwirken sicherzustellen. Die Zusammensetzung eines Direktoriums wird wesentlich durch den Umfang der demselben zu gebenden Attributionen bedingt; je größer die Machtvollkommenheit des Direktoriums würde, desto schwieriger wird die Zustimmung der dabei unbeteiligten Staaten zu gewinnen sein.

Schließlich muß ich noch gegen den unvorbereiteten und übereilten Fürstenkongreß zu bedenken geben, welchen Eindruc es machen würde, wenn derselbe unverrichteter Sache, vielleicht in größerer Uneinigkeit auseinanderginge, als man zusammengekommen war. Eine solche Vereinigung ist seit dem Wiener Kongreß nicht da gewesen. Welches Aufsehen, welche Erwartunger muß dieser Apparat machen? Er muß daher auch ein sicheres Resultat versprechen, und darum ist eine den Erfolg sichernde Vorbereitung unerläßlich.

Je höher durch eine so außerordentliche Maßregel die Erwartungen gespannt werden, um so leichter wird es der Revolution werden, das Ergebnis als ungenügend darzustellen und die beteiligten Monarchen hierfür persönlich verantwortlich zu machen.

332] An Kaiser Franz Joseph von Österreich.

Gastein, 4. August 1863.

Es gereicht mir zur lebhaftesten Genugtuung, aus Eurer 1868. Majestät Schreiben zu ersehen, wie Euer Majestät mit mir in

4. 8.

1863. der Anerkennung des Bedürfniffes einer den Zeitumständen entsprechenden Reorganisation der deutschen Bundesverfassung übereinstimmen, und bin ich gerne bereit zu gemeinsamen Beratungen über eine Aufgabe, welche mir jederzeit am Herzen gelegen hat, und die in der Mannigfaltigkeit der Wege, auf welchen ihre Ordnung bisher versucht worden ist, ebenso die Wichtigkeit wie die Schwierigkeit der letzteren erkennen läßt. Einer in die Interessen meines Volkes und der gesamten deutschen Nation so tief eingreifenden Frage gegenüber sind es zunächst zwei Erwägungen, welchen ich im Interesse der Sache selbst meine Entschließungen unterordne. Einmal kommt es darauf an, zu verhüten, daß das bestehende Maß der Einigung vor jeder Gefährdung durch das Streben nach einem festeren Bande bewahrt werde. In dieser Beziehung entnehme ich aus Eurer Ma= jestät Absicht, die wesentlichen Grundlagen der Bundesverfassung zu erhalten, die Bürgschaft, daß das Gute, soweit es vorhanden, nicht ohne Sicherheit des Erfolges dem Streben nach Besserem geopfert werden wird.

Meine zweite Erwägung ist die, daß die Erreichung des für die Zukunft gestedten Zieles durch die Wahl des Weges wesentlich beeinträchtigt oder gefördert werden wird. Unsere Arbeiten würden meines Erachtens dadurch nicht erleichtert werden, daß wir sie mit einer Zusammenkunft der Souveräne beginnen. Es erscheint mir unerläßlich, daß einem so bedeutsamen Schritte, wenn er den gewollten Erfolg haben soll, eingehende Vorarbeiten und Konferenzen unserer Minister vorausgehen, über deren Ergebnis schließlich von den Souveränen die Entscheidung zu treffen sein wird. Aus diesem Grunde glaube ich mir die Annahme der Einladung zum 16. d. Mts. versagen1)

Zu 332) 1) Zur Vervollständigung der vorstehenden eigenhändigen Aufzeichnung (Nr. 331) wird diese schriftliche Ablehnung der Einladung des Kaisers von Österreich hier nicht fehlen dürfen, weil sie, obwohl Bismarck sie als eine amtliche mindestens gesehen hat, denselben Grund zur Ablehnung wie die Aufzeichnung anführt. Der König fuhr von Gastein über München und Wildbad nach BadenBaden, und während dort Königin Marie von Bayern und hier Königin-Witwe Elisabeth von Preußen ihn um Nachgiebigkeit gegen den Kaiser baten, besprach Bismarck die Frage mit ihm während der Fahrt im entgegengeseßten Sinne.

und Eurer Majestät vorschlagen zu sollen, daß wir die Fragen, 1863. über welche von den Souveränen sämtlicher Bundesstaaten zu beschließen sein wird, zunächst in Ministerialkonferenzen der Vertreter der 17 Stimmen des engeren Rates der Bundesversammlung beraten und feststellen lassen. Mit der Wahl Frankfurts als Ort einer solchen Versammlung bin ich einverstanden, und indem ich mich freuen werde, mit Eurer Majestät gemeinsam Hand an ein Werk zu legen, mit dessen Gelingen die Zukunft Deutschlands so innig verknüpft ist, ergreife ich usw.

Wilhelm.

333] Bemerkungen zu einem Schreiben des Herzogs Ernst II. von Sachsen-Koburg und Gotha.

[Der Herzog schreibt:]')

6. September 1863.

1863.

6. 9.

Das Projekt weit entfernt vollkommen zu sein [Bemerkung des Königs:],,Das unvollkommene Werk ist allein die Folge, daß die Fürsten nicht meinem ihnen bekannten Beispiel folgten und eine Einladung annahmen, nicht wissend,

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Was in Baden-Baden zwischen dem König und dem König Johann von Sachsen in Gegenwart der Königin Augusta und der Großherzogin von Baden verhandelt worden ist, ist nicht bekannt, betraf aber natürlich die vom König Johann überbrachte Einladung. Sie abzulehnen, war, da sie von ,,30 regierenden Herren und einem König als Kurier“ ausging, dem König sehr unangenehm, er hat sie aber auf Bismarcks Vortrag auch in Baden abgelehnt. Seine durch die vorangegangenen Kuren angegriffenen Nerven waren ebenso wie die Bismarcks, der inzwischen mit dem sächsischen Minister Beust erregte Gespräche gehabt hatte, tief erschüttert; aber seine Antwort an den Flügeladjutanten, der ihn aufforderte, zur Beruhigung seiner Nerven nunmehr die preußischen Bataillone in Rastatt zu besichtigen: „Das ist ein guter Gedanke. . . . Eine Truppenbesichtigung ist die beste Antwort auf diese Einladung zum Fürstenkongreß“, zeigt doch, wie uns scheint, daß er die Ablehnung als durchaus sachlich angemessen empfand. Ebenso ist uns auch der Eifer, mit dem die Königin zur Annahme geraten haben soll

und über den ein positives Zeugnis überhaupt nicht vorliegt - dadurch recht zweifelhaft geworden, daß sie wenige Tage darauf die Ablehnung der Einladung durch den König als „ein wahres Glück“ pries. Das ist das einzige positive Wort, das wir über die Stellung der Königin wissen.

Zu 333) 1) Herzog Ernst suchte durch den Kronprinzen den König noch nachträglich für den Fürstenkongreß und das österreichische Reformwerk zu gewinnen. Die Worte des Herzogs sind eingerückt, die Anmerkungen des Königs in Anführungszeichen, gesezt.

1863. (Bayern, Sachsen, Koburg ausgenommen)

vorstand."

was ihnen be

Preußen die Aussprache nicht unmöglich machen
,,Verstand sich von selbst, daß es keiner Erwähnung be-
durfte."

Wir hoffen alle... daß Preußen die starke und freie
Stellung

,,Von der mir gegönnten freien Stellung werde ich vollen Gebrauch machen und diktieren,2) was ich in Preußens Stellung für unumgänglich nötig halte.“

Die Intrigue zu nennen.

,,Intriguen kenne ich nicht, man müßte denn den erwachten preußischen Patriotismus, der im ganzen Lande und in allen Preßfarben sich zeigte, Intrigue nennen, da Preußen nicht mediatisiert sein will, was das Reformwerk will.“

Die der früher vom Könige selbst geteilten Ansicht entspricht.

,,Die von mir gewollte Basis war die in der Bernstorffschen Note ausgesprochene,3) die himmelweit von der Frankfurter entfernt ist. Ich glaube selbst, wenn wir es wollten, es bedarf keiner Einmischung von Preußen, um die Ständekammern in anderen Ländern gegen Frankfurt a. M. einzunehmen.“

Aus dem Wunsch den schachmatten Bundestag

,,Den schachmatten Bundestag zu erhalten, ist nicht mein Wunsch, was wird aber übrig bleiben, wenn Preußens Gegenvorschläge von den Frankfurt a. M.-Fürsten abgewiesen werden? Bund im Bunde oder der alte Bundestag. Revolution? Ich werde sie doch wahrlich nicht heraufbeschworen haben, da ich den Kaiser von Österreich beschwor, von dem Fürstenkongreß abzustehen, bevor nicht alles geschäftlich präpariert sei!!"

So kann es nie im Interesse Preußens liegen, sich zu isolieren

,,Hier wird bereits der Bund im Bunde angedeutet. Ist das also eine glückliche Folge des unbesonnenen Werkes von Frank

2) Aufnahme von Worten des Herzogs. 3) Erhöhte Exekutivstellung des Bundes mit Nationalrepräsentation.

furt a. M.? Ich werde Preußen nicht isolieren, sondern die tun 1863, es, die Preußens Vorschläge verwerfen.“

Es steht ja frei zu ändern, zu verbessern und sich selbst

die Stellung zu machen, die es nur wünschen kann. „Dies Ändern, Verbessern usw., um Preußen eine Stellung zu machen, die den andern selbst erwünscht wäre, ist mein Streben. Was aber dann vom Frankfurt a. M.-Projekt übrig bleibt, wird die nächste Zeit lehren.“

Ich lege die Abschrift eines Briefes an den Kaiser1) bei. ,,Das Schreiben an den Kaiser beweist, daß der eingefangene Herzog von Koburg gern aus der Schlinge heraus möchte, es aber ohne Preußen nicht vermag."

Wilhelm.

334] An den Ministerpräsidenten v. Bismarck.

Berlin, 23. September 1863.

23. 9.

Ich begreife des Grafen Golz Ansicht über die polnischen 1863. Angelegenheiten nicht. Wenngleich Ihre Bleibemerkung sehr richtig ist, so ist doch ebenso richtig, daß die polnische Insurrektion den Haupthalt durch die auswärtigen moralischen Appuis der Diplomatie oder Politik1) erhält, was p. Golk namentlich in seinem Privatbrief nicht anzuerkennen scheint. Es muß ihm daher insinuiert werden, daß sein Gouvernement anderer Meinung ist und er sich in diesem Sinne in Paris zu äußern hat.2) Dann verstehe ich seine Ansicht nicht, daß Preußens Ansehen in Paris sinken werde, weil sein Einfluß nichts in Petersburg vermocht habe, während er selbst sagt, daß er keinen Auftrag von uns erhalten habe, in Paris Andeutungen zu machen, als wollte Preußen intervenieren, was allerdings sein Wunsch zu sein schien. Ich fürchte daher, daß er früher diesen Wunsch zu laut in Paris

4) Ist nicht bekannt.

Zu 334) 1) Namentlich der französischen. - 2) Bekanntlich hebt Bismarck später oft die Notwendigkeit hervor, daß die Gesandten im Auslande nur die Politik treiben dürfen, die ihnen vom Ministerium der Auswärtigen Angelegenheiten vorgeschrieben wird.

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