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1863. einstimmung mit meinen Gesinnungen zu finden. Ich erkenne mit Ihnen in der Rechtssicherheit und dem gleichen Rechtsschutze für alle die Grundlage des Staates und aller öffentlichen Ver= hältnisse und werde die Wahrung des Rechts, unbeschadet seiner nach den Bedürfnissen des Staates fortschreitenden Entwidlung, stets als meine erste und heiligste Pflicht betrachten. Wenn an dieser Grundlage in dem Widerstreit der Ansichten, welcher zwischen den Faktoren der Gesetzgebung hervorgetreten ist, allseitig festgehalten wird, so darf ich erwarten, daß die Krisis, auf welche der Schluß Ihrer Adresse hinweist, ihre Lösung zum Wohle des Vaterlandes finden und gleichzeitig das Verständnis der Wege fördern wird, auf welchen unser Verfassungsleben in regelmäßiger und gedeihlicher Entwidlung fortschreiten kann. Es wird dies Ziel von meiner Regierung erstrebt werden, indem sie mit Festigkeit auf dem von ihr vertretenen Standpunkte beharrt, aber jeder persönlichen Annäherung, welche die Machtstellung Preußens im Auge behält, zugänglich bleibt. Ich danke dem Herrenhause für die Unterstüßung, welche dasselbe meiner Regierung zugesichert hat, und für die Hingebung und das Vertrauen, von welchem das Haus in der Adresse mir hat Zeugnis geben wollen.

1863.

320] An den Ministerpräsidenten v. Bismarck.

Berlin, 23. Februar 1863.

Nach der Abschwächung der Konvention1) scheint mir dieselbe 23. 2. eine weitere Modifikation dahin erhalten zu sollen: Daß, wenn die Russen die Banden auf preußisches Gebiet treiben, unsere Kommandierenden zur Stelle die Banden erst auffordern müßten, die Waffen niederzulegen, um der Kartellkonvention gemäß über die Grenze zurückgebracht zu werden, und erst wenn sie dies verweigern, würde ihnen zu eröffnen sein, daß sie mit Gewalt der Waffen zurückgetrieben werden würden.

Nach quästionierter Abschwächung bleibt nur noch stehen, daß die Banden kein Asyl in Preußen finden. Sprechen Sie mit

Zu 320) 1) Mit Rußland wegen des polnischen Aufstandes.

Roon, und dann würde es freilich nötig sein, so nach Petersburg 1863. in Kommunikation zu treten. Oberst Reutern2) ist noch hier.

Wilhelm.

321] An den Ministerpräsidenten v. Bismarck. Berlin, 5. März 1863.

5. 3.

Ganz ähnlich wie Graf Golz'1) Telegramm von heute be- 1863. richtet mir mein Sohn im Auftrag des Königs Leopold2), Königin Victoria habe den Versuchen Frankreichs,3) sie für sich zu gewinnen, durch ihre ruhige und besonnene Haltung ein Hemmnis entgegengesetzt, und er, der König, habe auch das Seinige dazu beigetragen, bis jetzt große Gefahren von uns abzuwenden. Das linke Rheinufer sei Napoleons Ziel, wohin er leicht 150 000 Mann werfen könne. Budberg soll in Paris erklärt haben, daß Rußland bereit sei, ausschließlich N[apoleons] Wünschen nachzukommen! Wenn es wahr ist, geschah es hinter Kaiser A[lexanders] Rücken!4) König Leopold sei entrüstet über Budberg. Er rät außerdem, die Konvention auf den Standpunkt polizeilicher Maßregeln zurückzuführen, weil wir sonst es mit schweren Opfern bezahlen würden. Die Kaiserin Eugenie sympatisiert für die guten Rheinländer. Napoléon a mordu dans cette question. So weit König L[eopold].

Daß die Konvention schons) nichts mehr als polizeiliche Maßregel ist, scheint gewiß. Ich würde immer wünschen, daß die Ausführungsinstruktion modifiziert werden könnte, damit, wenn doch zuletzt alles publiziert wird, die Instruktion nun modifiziert erschiene. Ich sollte glauben, man könnte sie neu re

2) Russischer Offizier.

2) Von Belgien.

Zu 321) 1) Preußischer Gesandter in Paris. 3) Napoleon wünschte wegen der preußisch-russischen Konvention ein gemeinsames Vorgehen der Mächte gegen Preußen statt gegen Rußland, fand aber weder in London noch in Wien damit Gegenliebe, da der Kampf weder den englischen noch österreichischen Interessen entsprach. 4) Gortschakoff spann auch damalz hinter dem Rücken des Kaisers seine Intriguen gegen Preußen. - 5) Die Konvention war damals eigentlich schon durch Gortschakoffs Verlangen, sie aufzuheben, hinfällig geworden.

1863. digieren, nachdem die Grenzüberschreitungen ausbleiben, und dies in Warschau und Petersburg verlangen. Wir müßten uns zusammen mit Roon und Alvensleben beraten. W[ilhelm].

1863.

322] Trinkspruch beim Festmahl der Ritter des Eisernen Kreuzes im Schloß zu Berlin.

[17. März 1863.]

Ich habe Sie um mich versammelt, um nach 50 Jahren 17. 3. den Beginn einer für Preußen ewig denkwürdigen, glorreichen Zeit zu feiern. Wir gedenken zuerst meines Königlichen Vaters, der, in unerschütterlichem Vertrauen auf Gott, heut vor einem halben Jahrhundert Volk und Heer zu einem letzten, entscheidenden Kampfe aufrief. Der Allmächtige, von dem allein der Sieg kommt, segnete das Vertrauen und verlieh den Sieg. König Friedrich Wilhelm III. ist eingegangen zur ewigen Ruhe, getragen von der unvergänglichen Liebe und Dankbarkeit seines Volkes und Heeres, als wahrer Vater des Vaterlandes. Friedrich Wilhelm IV., der mutige Mitkämpfer jener großen Zeit, folgte dem Königlichen Vater auf dem Thron und nach den schweren Prüfungen dieses Lebens, tief betrauert vom Vaterlande, in das bessere Jenseits. Dem Gedächtnis unserer heimgegangenen Könige schließt sich das Gedächtnis der Tapferen an, die auf dem Felde der Ehre ihr Leben dem Könige und Vaterlande opferten, sowie jener, deren Tod später die Reihen der Mitkämpfer lichtete. Wir leeren still unsere Gläser auf das Ge= dächtnis dieser Treuen, auf das meines Königlichen Bruders, auf das Gedächtnis des Heldenkönigs.

Als Wahrzeichen der eisernen Zeit, die über Preußen gekommen war, und der Standhaftigkeit, mit der die Nation sie ertrug, sowie zur Belohnung der Tapferkeit des Heeres in den bevorstehenden schweren Kämpfen, stiftete mein in Gott ruhender König und Vater 1813, am bedeutungsvollen 10. März das Eiserne Kreuz. Sie alle, Ritter dieses hohen Ehrenzeichens, habe ich heute um mich versammelt, wissend, daß nächst dem lohnenden Bewußtsein treu erfüllter Pflicht jeder gern noch einmal den

Dank des Königs, den wir heute feiern, und des geretteten Vater- 1863. landes durch mich vernimmt. Als Vergegenwärtigung dieses Dankes tragen Sie von nun an auf ihrer Brust das Bild dessen, der segnend auf sein Volk herabblidt. Wenn jeder einzelne von Ihnen mit zu den Siegen verhalf, welche die Annalen der preußischen Armee verewigen, so hat auch die Treue und Ausdauer aller das schöne Werk des Friedens gefördert, das im Vertrauen auf Gott von dem Könige und Volke ersehnt und erreicht wurde. Die Landwehr, welche heute ihr 50jähriges Bestehen feiert, schloß sich in diesem Kampfe dem stehenden Heere, das sich bereits durch Heldenmut bewährt hatte, ehrenhaft an und ist ein bleibender Teil unserer bewaffneten Macht geworden. Der fast 50jährige Frieden, in dessen kurzen Unterbrechungen die Tapferkeit der Enkel sich als Erbschaft der Voreltern kundgab, dieser segensreiche Frieden, den wir für Deutschland mit erkämpften und in ihm genießen, er hat Preußen unter Gottes gnädiger Obhut zu ungeahnter Blüte und zu einem Wohlstande emporgehoben, dessen Fortdauer wir alle ersehnen, und worauf hinzuwirken daher unsere Aufgabe ist. Gott erhalte dem dankbaren Vaterlande diese Segnungen und beschüße unsere tapfere Armee, damit sie verjüngt und gekräftigt zu neuen Siegen bereit sei. So trink ich denn mit dankerfülltem Herzen auf das Wohl der Ritter des Eisernen Kreuzes, und mit ihnen allen auf das Wohl des teuren Vaterlandes und unseres sieghaften KriegsHeeres!

323] An den Ministerpräsidenten v. Bismarck.

31. 8.

Berlin, 31. März 1863, 8 Uhr morgens. Ich bin ganz einverstanden, daß Sie eine neue eingehende 1863. Diskussion über die polnische Frage heute in der Kammer vermeiden.1) Wer wird Sie vertreten, wenn Sie nicht hingehen können, um ihn danach zu instruieren?

Die Mitteilung Werthers2) per Telegramm gestern, daß

Zu 323) 1) Bismarck erschien indessen troß seiner Krankheit in der Kammer und mußte auf die weit verbreiteten übertreibungen eingehen, die über die Konvention im Umlauf waren. 2) Preußischer Botschafter in Wien.

1863. Österreich die französischen Propositionen, wenn abgeschwächt, annehmen würde, ist so wichtig, daß wir nicht früh und rasch genug den Tenor dieser abgeschwächten Ansicht anschen können, so daß Sie, Werther und Goltz alle mögliche Umsicht, zur Kenntnis derselben zu kommen, aufgeben müssen; damit wir sehen können, was wir dann tun müssen, contre oder pour, in gewissen Grenzen.

1863.

Die Äußerung Drouyn de l'Huys,3) daß Golh ihm keine Note über die Veröffentlichung seiner Note non avenue durch Talleyrand1) vorlegen möge, ist sehr bezeichnend und verlangt Überlegung wegen Veröffentlichung der Note an Golz durch uns. Also keine Übereilung.

W[ilhelm].

324] An den Ministerpräsidenten v. Bismarck.

Berlin, 31. März 1863.

Minister Bodelschwingh erzählt mir soeben, daß die Vossische 31. 8. Zeitung von einem Vorfall im Schauspielhause eine ganz unwahre Beschreibung gibt, indem das Haus in langen Applaus ausgebrochen sei, als die Worte gesprochen wurden „das Ministerium sei zu entlassen“. Die Sache ist gerade völlig zu einer sehr erhebenden Szene für mich ausgefallen, indem bei den Worten:,,Sie wissen, wie ich das Wohl des Volkes im Herzen trage", der Applaus losbrach und sich so oft wiederholte, daß ich im Begriff war aufzustehen und eine dankende Verbeugung zu machen. Es scheint nötig, diese Wahrheit der Sache in einem offiziösen Artikel kontra Voß zu drucken. Gut ist es, vorher die Stelle des Stüds anzusehen, „der geheime Agent" im letzten Akt, und wünsche ich den Artikel einzusehen. Aber Eile! Ich bedaure, Sie verfehlt zu haben;1) Selchow2) und Bodelschwingh3) haben mir aber alles erzählt. Der Berg hat also eine Maus geboren. W[ilhelm].

3) Französischer Minister des Auswärtigen. 4) Französischer Botschafter in Berlin.

Zu 324) 1) Ohne Zweifel wird der König sich persönlich über den Verlauf der Kammersißung bei Bismarck haben erkundigen wollen. 2) Minister für Landwirtschaft. 3) Finanzminister.

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