1887. wohl getan hat. Sie glauben, daß die nächste Zeit nicht gerade Wichtiges in der Diplomatie vorfallen werde; mir scheint aber die Tournüre, welche die bulgarische Frage jezt annimmt, doch sehr ernst. 1887. Da diese Situation nicht rasch sich lösen wird, so ist Ihre Entfernung von Berlin auch nicht besorglich, obgleich [sie —] ich in Gastein - eine Verzögerung nach sich ziehen muß, wenn Sie auch noch so rasch an mich chiffrieren! Enfin nous verrons. Mir geht's seit der Abreise von Berlin schnell täglich besser, so daß Gastein gewiß das Beste noch tun wird. Die rasende Hiße der letzten zehn Tage hat eine wohltuende Kühle zur Folge gehabt, so daß meine Reise morgen angenehm sein wird. Ihr dankbarer Wilhelm. 653] An den Reichskanzler Fürsten v. Bismarck. Berlin, 23. September 1887. Sie feiern, mein lieber Fürst, am 23. September d. Js. 23. 9. den Tag, an welchem ich Sie vor 25 Jahren in mein Staatsministerium berief und nach kurzer Zeit Ihnen das Präsidium desselben übertrug. Ihre bis dahin dem Vaterlande in den verschiedensten und wichtigsten Aufträgen geleisteten ausgezeich= neten Dienste berechtigten mich, Ihnen diese höchste Stellung zu übertragen. Die Geschichte des letzten Viertels des Jahrhunderts beweist, daß ich mich nicht bei Ihrer Wahl geirrt habe! Ein leuchtendes Bild von wahrer Vaterlandsliebe, unermüdlicher Tätigkeit, oft mit Hintenanseßung Ihrer Gesundheit, waren Sie unermüdlich, die oft sich auftürmenden Schwierigkeiten im Frieden und Kriege fest ins Auge zu fassen und zu guten Zielen zu führen, die Preußen an Ehre und Ruhm zu einer Stellung führten in der Weltgeschichte, wie man sie nie geahnt hatte! Solche Leistungen sind wohl gemacht, um den 25. Jahrestag des 23. Septembers mit Dank gegen Gott zu begehen, daß Er Sie mir zur Seite stellte, um Seinen Willen auf Erden auszuführen! Und diesen Dank lege ich nun erneuert an Ihr Herz, wie ich dies so oft aussprechen und betätigen konnte! Mit dankerfülltem Herzen wünsche ich Ihnen Glück zur Feier eines 1887. solchen Tages und wünsche von Herzen, daß Ihre Kräfte noch lange ungeschwächt erhalten bleiben zum Segen des Thrones und des Vaterlandes! Ihr ewig dankbarer König und Freund Wilhelm. Nachschrift. Zur Erinnerung an die abgelaufenen 25 Jahre sende ich Ihnen die Ansicht des Gebäudes, in welchem wir so entscheidende Beschlüsse beraten und ausführen mußten und die immer Preußen und nun hoffentlich Deutschland zur Ehre und zum Wohle gereichen mögen.1) 654] An die Garnison Memel. Baden-Baden, Oktober 1887. Oktober. Der Garnison Memel und der Festversammlung sage ich 1887. meinen herzlichsten Dank, daß Memel sich des 80 jährigen Jahrestages erinnert, an welchem ich mit dem Kronprinzen und Prinz Friedrich zum erstenmal in der Front eines neu organisierten Gardebataillons unsern Dienst taten vor unsern Königlichen Eltern.1) Welch ein Zeitabschnitt der Geschichte eines Soldaten, dem die Vorsehung in Krieg und Frieden sichtlich gnädig ge= wesen ist! Wilhelm. 655] Zum Oberhof- und Domprediger D. Kögel. Dezember 1887. Aus San Remo sind wieder ungünstige Nachrichten ein- 1887. gegangen. Diese fortgesetzten Trauerbotschaften treffen mich und Desbr. das Land unbeschreiblich hart. Wieviel hoffte ich von meinem Sohn, von der Lauterkeit seines Charakters, von der Reife seiner Zu 653) 1) Wohl ein Bild des Kaiserlichen Palais unter den Linden in Berlin. Zu 654) 1) Am 3. Oktober 1807 bei der Spezialrevue des neuformierten Bataillons Garde zu Fuß tat der Kaiser in Memel zum erstenmal Frontdienst. 1887. Erfahrung, von der Liebenswürdigkeit seiner Erscheinung! Und nun! Im Himmel wird mir bald das Rätsel gelöst werden, warum diese Fügung über uns verhängt ward!1) 1887. 656] An den Reichskanzler Fürsten v. Bismarck. Berlin, 23. Dezember 1887. Anliegend sende ich Ihnen die Ernennung Ihres Sohnes1) 23. 12. zum Wirklichen Geheimen Rat mit dem Prädikat Exzellenz, um dieselbe Ihrem Sohne zu übergeben, eine Freude, die ich Ihnen nicht versagen wollte. Ich denke, die Freude wird eine dreifache sein, für Sie, für Ihren Sohn und für mich! Ich ergreife die Gelegenheit, um Ihnen mein bisheriges Schweigen [zu erklären] auf Ihren Vorschlag, meinen Enkel, den Prinzen Wilhelm, mehr in die Staatsgeschäfte einzuführen, bei dem traurigen Gesundheitszustande des Kronprinzen, meines Sohnes! Im Prinzip bin ich ganz einverstanden, daß dies geschehe, aber die Ausführung ist eine sehr schwierige. Sie werden ja wissen, daß die an sich sehr natürliche Bestimmung, die ich auf Ihren Rat traf, daß mein Enkel W[ilhelm] in meiner Behinderung die laufenden Erlasse des Zivil- und Militärkabinetts unterschreiben werde unter der Überschrift: „Auf Allerhöchsten Befehl" - daß diese Bestimmung den Kronprinzen sehr irritiert hat, als denke man in Berlin bereits an seinen Ersatz! Bei ruhigerer Überlegung wird sich mein Sohn wohl beruhigt haben. Schwieriger würde diese Überlegung sein, wenn er erfährt, daß seinem Sohn eine noch größere Einsicht in die Staatsgeschäfte gestattet wird und selbst ein Ziviladjutant gegeben wird, wie ich seinerzeit meine vortragenden Räte bezeichnete. Damals lagen die Dinge jedoch ganz [anders], da [k]ein Grund meinen Königlichen Vater veranlassen konnte, einen Stellvertreter des damaligen Kronprinzen zu bestellen, obgleich meine Erbschaft Zu 655) 1) Und dabei bebte, so seßt Kögel hinzu, dem alten lieben Herrn die Stimme, das Auge stand voll Thränen. Zu 656) 1) Des Grafen Herbert Bismarck. an der Krone schon längst vorherzusehen war, und unterblieb 1887. meine Einführung bis zu meinem 44. Jahre, als mein Bruder mich sofort zum Mitglied des Staatsministeriums ernannte, mit Beilegung des Titels als Prinz von Preußen. Mit dieser Stellung war also die Zuteilung eines erfahrenen Geschäftsmannes notwendig, um mich zur jedesmaligen Staats-Ministerialsitzung vorzubereiten. Zugleich erhielt ich täglich die politischen Depeschen, nachdem dieselben durch 4 bis 5 bis 6 Hände, den Siegeln nach, gegangen waren! Für bloße Konversation, wie Sie es vorschlagen, einen Staatsmann meinem Enkel zuzuteilen, entbehrt also des Grundes einer Vorbereitung, wie bei mir, zu einem bestimmten Zweď und würde bestimmt meinen Sohn von neuem und noch mehr irritieren, was durchaus unterbleiben muß. Ich schlage daher vor, daß die bisherige Art der Beschäftigung-Erlernung der Behandlung der Staatsorientierung beibehalten wird, d. h. [daß mein Enkel] einzelnen Staatsministerien zugeteilt werde, und daß [seine Beschäftigung] vielleicht auf zwei [Ministerien] ausgedehnt werde, wie in diesem Winter, wo mein Enkel freiwillig den Besuch des Auswärtigen Amtes [pflegte, dies auch] ferner zu gestatten neben dem [Besuch des] Finanzministerium[s], welche Freiwilligkeit dann von Neujahr ganz fortfallen könnte und vielleicht das Minist[erium] des Innern an die Stelle [des Finanzministeriums treten könnte], wobei meinem Enkel zu gestatten wäre, in einzelnen sanglanten Fällen sich im Auswärtigen Amt zu orientieren. Diese Fortsetzung des jezigen Verfahrens kann meinen Sohn weniger irritieren, obgleich Sie sich erinnern werden, daß er auch gegen dieses Verfahren scharf opponiert. Ich bitte also um Ihre Ansicht in dieser Materie. Ein angenehmes Fest Ihnen allen wünschend, Ihr dankbarer Wilhelm. Das beifolgende Patent wollen Sie gefälligst vor der Übergabe kontrasignieren.2) W[ilhelm]. 2) Für den Grafen Herbert. 1888. 657] An den Oberhof- und Domprediger D. Kögel. (Randvermerk.) 1) Berlin, 24. Februar 1888. Jedes Jhrer Worte ist mir aus dem Herzen genommen, 24. 2. denn ich liebte und achtete den Dahingeschiedenen wie einen Sohn!!! Gott stärke die Eltern in Ergebung und Kraft!! Wilhelm. 658] Lezte Worte des Kaisers.') a. Deutscher Reichsanzeiger vom 9. März 1888, Nr. 66. Am Donnerstag, den 8. März, begrüßte der Kaiser den Großherzog und die Frau Großherzogin von Baden; mit inniger Rührung und Teilnahme gedachte er des heimgegangenen Prinzen Ludwig,2) des Kronprinzen und seines eigenen Kranken- und fast Sterbebettes". Um Mittag sprach Se. Majestät den Wunsch aus, den Reichskanzler zu sehen, erörterte mit demselben die politische Lage und richtete Worte des Dankes und der Anerkennung an den Fürsten Bismard.3) Späterhin nahmen Fieberphantasien in den Gedanken und Worten des Kaisers einen größeren Teil ein, die Kräfte und Stimme gingen allmählich zurück. Als gegen 5 Uhr nachmittags Se. Majestät der Kaiser sich schwächer fühlte, versammelte sich die Königliche Familie und deren hier anwesende Verwandte am Krankenbette. Der Reichskanzler, der GeneraiFeldmarschall Graf Moltke, der Kriegs- und der Hausminister, die Chefs des Militär- und des Zivilkabinetts, die Maison militaire und der engere Hof sowie die persönliche Dienerschaft befanden sich im Sterbezimmer. Die Leibärzte unterstützten den Kaiser, welcher, die Hand Ihrer Majestät der Kaiserin haltend, die Zu 657) 1) Auf einem Beileidsschreiben der Domgeistlichen beim Tode des Enkels Prinzen Ludwig von Baden. Zu 658) 1) Von den lezten Worten des Kaisers geben wir, da ein fortlaufender und beglaubigter Bericht über die leßten Stunden nicht vorliegt, die dret einzelnen Mitteilungen, die Anspruch auf Glaubwürdigkeit haben, hier wieder. — 2) Von Baden (vgl. Nr. 657). 3) Den Inhalt |