Abbildungen der Seite
PDF
EPUB

zurückgehalten. An Euer Kaiserliche Königliche Hoheit richte ich 1877. daher das Ersuchen, sich nach Marienburg zu begeben und mich bei der Enthüllungsfeier zu vertreten, wobei Euer Kaiserliche Königliche Hoheit der Bevölkerung der Provinz kundgeben wollen, wie freudig ich auch bei diesem Anlaß ihrer gedenke.

Wilhelm.

560] Ansprachen beim Besuch von Elsaß-Lothringen. September 1877.

a) [Zum Bürgermeister von Weißenburg:] Ich freue mich, Sie hier zu sehen. Ich kann mir wohl denken, daß Ihnen der Übergang in die neuen Verhältnisse schwer geworden ist. Ich bin auch keiner von denen, die alles in vierundzwanzig Stunden fertig haben wollen. Wir haben Zeit, die natürliche Entwicklung abzuwarten, es freut mich aber, aus dem Munde des Oberpräsidenten zu hören, daß auch hier sich schon die Verhältnisse freundlicher gestalten.

b) [Zum Grafen Dürkheim:] Ich danke herzlich der guten Gemeinde Fröschweiler und ihrem treuen Organe für die so freundliche Ansprache und hoffe, daß in kurzem das liebe Elsaß sich unter meiner Regierung, in treuer Sorgfalt verwaltet, mit den deutschen Verhältnissen befreunden und ein getreues glückliches Glied im deutschen Volksverbande bilden wird.

c) [3um Rektor der Universität Straßburg, Professor Kundt:] Als mein Vater einst unter schweren Verhältnissen die Universität Berlin gründete, konnte man nicht ahnen, daß sie später eine so große Bedeutung erlangen werde. Darum gebe ich mich gerne der Erwartung hin, daß auch Ihre Universität zum Segen des Landes wachsen, im Dienste der Wissenschaft wirken und zur Versöhnung der Gemüter beitragen werde.

561]

Anrede an rheinische Geistliche.

Benrath, Herbst 1877.

1877.

Eept.

Es sind in der lezten Zeit Dinge vorgekommen, die mich 1877. nötigen, Farbe zu bekennen. Nach meiner Überzeugung müssen

Herbft.

1877. wir auf dem Fundament des Glaubens an Christum Jesum unsern Herrn, den eingeborenen Gottessohn, stehen bleiben, sonst gehen wir ins Verderben. Das rechte Christentum wollen viele haben, aber man macht sich verschiedene Begriffe davon. So hat man neuerlich vom Apostolikum gesagt, es rühre von Menschen her, und was von Menschen gemacht, könnten auch Menschen wieder ändern. Nun ist es ja richtig, daß es der Heiland nicht selber geschrieben hat, aber er hat es doch seine Jünger so gelehrt, und es enthält gewiß die Summe der Heilstatsachen seines Lebens und gibt die Lehre seiner Apostel treu wieder. Ich stehe mit Ihnen auf demselben Grunde. Es gibt allerdings eine Partei, welche die Religion zerstören, ja - darüber dürfen wir uns keiner Täuschung hingeben abschaffen will. Schon im vorigen Jahre habe ich einmal daran erinnert, daß man in der Zeit der französischen Revolution Gott abgeseßt und dann wieder eingesetzt hat; auch heute ist man wieder auf demselben Wege, wenn auch viele der Zwischenstadien sich nicht bewußt sind.

1877. 30. 12.

562] An den Reichskanzler Fürsten v. Bismarck.1)

Berlin, 30. Dezember 1877.

Seit einiger Zeit gefallen sich die Zeitungen, von totaler Modifikation des Staatsministeriums zu berichten und Personen sogar zu nennen, ohne daß irgend eine positive Zurüdweisung solcher Gerüchte erfolgt wäre. Nun bringt aber die gestrige Norddeutsche Allgemeine Zeitung in ihrer Nummer 306, zweite und dritte Spalte, Mitteilungen der gedachten Art aus anderen Zeitungen, und beleuchtet dieselben in einer so eigentümlichen Art, daß man sie für offiziös halten könnte. Dies gilt namentlich von der Versicherung, daß Sie mir einen Plan zu jener Modifizierung vorgelegt und ich denselben durchaus gebilligt hätte!!

Zu 562) 1) Die Verhandlungen, die Bismarck, in der Hoffnung auf Annäherung der nationalliberalen Partei, in Varzin mit ihrem Führer Bennigsen wegen Eintritt in das Ministerium angeknüpft hatte, scheiterten an Bismarcs wirtschaftlichen Forderungen und Bennigsens Absicht, noch weitere Nationalliberale in das Ministerium berufen zu sehen.

Dies geht denn doch zu weit und kann nicht ohne Demen- 1877. tierung gelassen werden, die ich von Ihrer Seite offiziös wünsche, da niemand besser weiß, als Sie selbst, daß Sie mir keine Silbe über diesen Gegenstand mitgeteilt haben.

Die Zeitungen gehen so weit zu versichern, Sie hätten Herrn v. Bennigsen nach Varzin berufen, um mit ihm diese große Umwälzung zu bearbeiten, wobei er das Ministerium des Innern erhalten solle? Dies hat mich denn doch in einem Maße frappiert, daß ich anfangen muß zu glauben, es sei wirklich etwas der Art im Werke, von dem ich gar nichts weiß! Graf Eulenburg, der sich gestern verabschiedete, wollte meiner Versicherung, daß ich von nichts wisse, gar nicht glauben. Ich muß Sie also ersuchen, mir Mitteilung zu machen, was denn eigentlich vorgeht? Was Bennigsen betrifft, so würde ich seinen Eintritt in das Ministerium nicht mit Vertrauen begrüßen können, denn so fähig er ist, so würde er den ruhigen und konservativen Gang meiner Regierung, den Sie selbst zu gehen sich ganz entschieden gegen mich aussprachen, nicht gehen können!

Zum Schluß Ihnen und den Ihrigen ein glückliches Neujahr wünschend und vor allem Gesundheit!!

Ihr Wilhelm.

563] An den Reichskanzler Fürsten v. Bismarck. Berlin, 2. Januar 1878.

2. 1.

Empfangen Sie meinen herzlichen Dank für Ihren Brief 1878. mit seinen Wünschen beim Jahreswechsel, die ich mit Freuden entgegennehme, da zugleich die Hoffnung ausgesprochen ist, daß Sie zum Reichstag gewiß hier sein würden, was das beste Neujahrsgeschenk für mich ist!

Mein Brief an Sie hat sich mit Ihrem obengenannten gekreuzt, und letzterer ist durch den Schluß des Ihrigen schon vollständig beantwortet, so daß ich Sie bitte, nicht weiter auf eine Antwort zu sinnen. Daß an all den Gerüchten nichts wahr sein konnte, versteht sich ja von selbst, es war also nur die Berufung Bennigsens, die mich inquietierte, und da ich Ihnen ja nie ver

1878. wehren kann, Personen, die Sie wirklich zu hohen Posten mir vorschlagen zu wollen beabsichtigen, vorher noch genauer zu prüfen, so ist auch diese Inquietude ganz beseitigt, da B[ennigsen] kein Kandidat ist. Leider erfuhr ich schon durch Graf Lehndorff,1) daß Sie sich am letzten Tage seiner Anwesenheit in Varzin unwohl fühlten, und soll dies Unwohlsein Sie bettlägerig machen. Hoffentlich geht es rasch vorüber, damit Sie zum Reichstag hergestellt hier eintreffen können. Die brennende politische Frage, ob Frieden oder Krieg, liegt ganz in Englands Hand;2) aber ich fürchte, daß bei der Kriegslust der Königin Viktoria und ihrem jüdischen ersten Ratgeber,3) der sie in ihrer Lust bestärkt, die Dinge zur Kriegsverlängerung und dann zu viel größeren Komplikationen für Europa führen werden, als der bisherige lokalisierte. Enfin qui vivra, verra. Ihr treu ergebener Wilhelm.

1878

564] An den General-Feldmarschall Grafen v. Roon. Berlin, 12. März 1878.

Nach längerer als meiner gewöhnlichen Schuld stehe ich 12. 3. dieses Mal vor Ihnen mit dieser verspäteten Danksagung für Ihren Brief beim Jahreswechsel. Er enthält so liebe Worte und Gedanken für mich, wie ich sie von einem Manne kenne, der mir jahrelang mit treuem Rat und kräftiger Tat zur Seite stand und somit eine große Zeit mit schaffen half! Glauben Sie nicht, daß Ihre Zeit erblaßt vor der Gegenwart mit ihrer aufreibenden Natur, wie Sie mir schrieben. Die jetzige Armee, die Sie mit bildeten, steht noch unwandelbar fest als Ihr Werk; denn nur Beharrlichkeit und Konsequenz ließ uns alle schmähliche Anfechtungen bekriegen und zuletzt mit den Waffen in der Hand besiegen!

Als Sie mir schrieben, war eben erst Plewna1) gefallen; die Russen gingen von Sieg zu Sieg, stehen am Tor von Konstan

Zu 563) 1) Generaladjutant. 2) Nach dem Siege der Russen bei Plewna drohte ein Eingreifen Englands zugunsten der Türkei. — 3) Disraeli, Lord Beaconsfield.

[ocr errors]

Zu 564) 1) Plewna fiel nach fast fünfmonatiger Verteidigung den Russen und Rumänen in die Hände.

tinopel und schließen einen Frieden,2) der ihnen selbst wenig ein- 1878. bringt für die unerhörten Kosten von Menschenleben, Blut und Kosten aller Art, und wer weiß, was ihnen im Kongreß noch abgezwadt werden wird in Armenien und an der Donau. Daß dieser Kongreß in Berlin tagen soll, um Bismards Gegenwart zu ermöglichen, ist sehr ehrenvoll für Deutschland und speziell für Preußen; aber mir persönlich wird dadurch manche unangenehme Stunde bereitet werden! Denn meine Rolle ist die eines Schiedsrichters, und der macht es niemandem recht!

-

[ocr errors]

Ich selbst

Sie berühren unsere innere Politik. Der Fürst und Eulenburg bereuen ihren Anflug von Liberalität und sehen, wie schwer es ist, den kleinen Finger wieder zurückzuziehen! habe es ja seinerzeit empfunden!3) Die Vertretungsfrage des Fürsten ist denn glüdlich gestern entschieden; sie war so einfach an sich, indem auf Verlangen das immer Bestandene gesetzlich gemacht wurde! Man sah bald, was man bei der Einfachheit des Vorgeschlagenen benußen wollte, um anderes zu berühren auf liberaler abschüssiger Bahn. Die sogenannte Kulturfrage könnte durch den neuen Papst4) vielleicht mit der Zeit eine Besserung erfahren, wenn Kardinal Franchis) den Einfluß erhält, den wir ihm wünschen, da er die Lage richtig erkennt und sehr wohl weiß, wo die Abhilfe liegt, d. h. daß die Bischöfe und durch sie die Geistlichen sich dem Geseze unterwerfen.

Die Lage unserer Kirche wird immer brennender!! Die laue Behandlung des Sydow-Falles hat genau die bösen Folgen getragen, die ich vorhersagte, aber im Konseil auch nicht eine Stimme für mich erhielt, exemplarisch streng gegen den Mann zu verfahren. Er erhielt eine Warnung und blieb im Amte; sein Schüler Hoßbach vertündet von der Kanzel, was jener nur in Privatversammlungen vor Tausenden lehrte, und erhielt eine Warnung; nun tritt ein dritter bei Züllichau) auf und leugnet

2) Von San Stefano am 3. März, der auf dem am 13. Juni zusammengetretenen Berliner Kongreß durch den Berliner Frieden geändert wurde. 3) Am Schluß der neuen Ära. 4) Papst Leo XIII. — 5) Franchi war selbst Kandidat für den päpstlichen Stuhl, lenkte aber die Wahl auf Leo XIII. und war bei der Beilegung des Kulturkampfes tätig. — 6) Kalthoff. (?)

« ZurückWeiter »