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fürchte, mich getäuscht zu haben, und muß Sie daher inständigst 1872. ersuchen, alles wohl zu überlegen. Mein Vertrauen besitzen Sie nach wie vor im höchsten Maße, und dies, denke ich, wird Sie über manche schwere Stunde hinwegführen !

In treuer Dankbarkeit Ihr Wilhelm.

518] An den Kriegsminister Grafen v. Roon.1)

Berlin, 11. Dezember 1872.

11. 12.

Ihr Schreiben, in welchem Sie um einen achttägigen Urlaub 1872. nach Gütergoß einkamen, schloß mit Andeutungen, auf welche ich im Schluß meiner Antwort Ihnen zu erkennen gab, daß ich Ihnen keine Aussicht eröffnen könne, auf diese Andeutungen einzugehen. Am wenigsten war ich darauf gefaßt, jene Andeutungen bereits in Ihrem letzten Schreiben formuliert zu finden, nachdem ich aus dem ersten Schreiben annehmen mußte, daß Sie nach einer längeren Ruhe zur Prüfung Ihrer Gesundheit einen weiteren Antrag an mich stellen würden.

Wenn ich auch allen Ihren Gründen, die Sie zur Motivierung Ihres Entlassungsgesuchs ausführen, Gerechtigkeit widerfahren lasse, so bin ich dennoch nicht imstande, auf Ihren Wunsch und Antrag einzugehen! Sie sagen zwar, daß Sie meiner dringender. Vorhaltung, die Reichstagskampagne durchzufechten,2) deshalb nicht nachkommen könnten, weil Ihre physischen und geistigen Kräfte Ihnen dies nicht möglich machen würden — wenngleich Sie bereit wären, Ihre leßten Kräfte im Dienste des Vaterlandes zu opfern so muß ich [Sie] zu diesem schweren Dienst nochmals des dringendsten auffordern. Sie können sich ja Hilfs= arbeiter und Sprecher zur Seite stellen Sie haben einen dergleichen im Oberst Voigts-Rhet bereits sich gewählt

um

Zu 518) 1) Antwort auf Roons Entlassungsgesuch. Dies war hervor= gerufen durch den Widerspruch des Herrenhauses gegen die neue Kreisordnung. Um ihn unwirksam zu machen, war in Roons Abwesenheit ein Pairsschub in Aussicht genommen. Seine Zahl, wie sie vom Staatsministerium beabsichtigt und vom König, ohne daß Roon Gelegenheit zur Äußerung hatte, genehmigt war, erschien Roon zu hoch. - 2) Ein allgemeines Militärgejez sollte dem Reichs

1872. Ihre Person so viel und so lange als möglich zu schonen

aber Ihre ganze Vergangenheit um das Wohl und die Ehre der Armee ist so eklatant vor der Welt zutage getreten, daß dieses Ansehen Ihnen ein Vertrauen und eine Achtung erworben hat, die kein Neuling in Ihrer Stellung haben kann. Es steht alles auf dem Spiel, wenn Ihr Gewicht in der Wagschale fehlt!

Die andern Gründe, die Sie für Ihr Ausscheiden anführen, beziehen sich auf die inneren politischen Verhältnisse. Aber auch in diesen bedarf ich Ihres Gegenhaltes, wie in der eben beendeten Krisis, wo ich es ja Ihnen nur verdanke, daß wir mit einer so geringen Pairskreierung durchkamen; und daß dieselbe nach Ihrem Wunsch nicht noch geringer wurde, trifft allerdings meine Entscheidung, die ich aber ebenso gewissenhaft faßte, wie Sie Ihren Wunsch! Ähnlich rechne ich auf Sie in den bevorstehenden wichtigen Fragen! Versagen Sie mir auch hierbei nicht Ihre Unterstützung!

Den Vorfall mit dem mündlichen Vortrag des Ministers Graf Jhenpliz3) nach der Ministerialsitzung, im Auftrag des lahmen Grafen Eulenburg,4) nahm ich so auf, daß auch Sie mit diesem Verfahren einverstanden seien, und nicht, als in der Minorität verblieben, mir persönlich diesen Vortrag zu halten wünschten. Deshalb schrieb ich Ihnen noch vor dem Diner beim Prinzen von Württemberg jene Zeilen, die Sie nun gewiß in ihrem rechten Lichte verstehen werden. Leugnen kann ich es nicht, daß jenes Verfahren mich selbst überraschte; da indessen Graf Eulenburg am Morgen desselben Tages mündlich referierte über die abends vorher mit den Parteiführern des Herrenhauses, auf meinen Befehl an das Staatsministerium gehabte Konferenz, so glaubte ich, daß der Ihenplitzsche mündliche Bericht gleich= falls eine besprochene Abmachung sei. Daß dem nicht so war, erfuhr ich erst zufällig später und begreife vollkommen Ihre Verstimmung dieserhalb. Aus dem Gesagten wollen Sie entnehmen, welchen unbedingten Wert ich auf Ihr ferneres Ver

tag vorgelegt werden. des Innern.

-

3) Minister für Handel und Gewerbe. 4) Minister

bleiben im Amte sezen muß. Gott wird Ihnen Kraft verleihen, 1872. mir die Ihrige zu leihen!

Ihr treu ergebener dankbarer König Wilhelm.

519] An den Reichskanzler Fürsten v. Bismarck.

Berlin, 1. Januar 1873.

1. 1.

Sie wissen, mit wie schwerem Herzen ich Ihren Wunsch 1873. erfüllt habe, indem ich Sie von dem Vorsiz meines Staatsministeriums entband.1) Aber ich weiß, welche geistige und körperliche Anstrengung die zehn Jahre dieser Stellung von Ihnen verlangten, und will deshalb nicht länger anstehen, Ihnen eine Erleichterung zu bewilligen.

Zehn inhaltsschwere Jahre liegen hinter uns, seit Sie meiner Berufung, an die Spitze der preußischen Verwaltung zu treten, Folge leisteten! Schritt für Schritt hat Ihr Rat und Ihre Tat mich in den Stand gesezt, Preußens Kraft zu entwickeln und Deutschland zur Einigung zu führen. Ihr Name steht unauslöschlich in der Geschichte Preußens und Deutschlands verzeichnet, und die höchste Anerkennung ist Ihnen von allen Seiten gerecht zuteil geworden. Wenn ich genehmige, daß Sie die mit so sicherer Hand geführte Verwaltung Preußens niederlegen, so werden Sie mit derselben doch unter Fortführung der politischen Aufgaben Preußens in Verbindung mit denen der deutschen Reichskanzlerstellung im engsten Zusammenhang bleiben.

Durch die Verleihung der brillantenen Insignien meines hohen Ordens vom Schwarzen Adler will ich Ihnen bei diesem Anlaß einen erneuten Beweis meiner höchsten Anerkennung und nie erlöschenden Dankbarkeit geben!

Mögen die Ihnen gewährten geschäftlichen Erleichterungen die Kräftigung Ihrer Gesundheit sichern, die Sie erhoffen und

Zu 519) 1) Am 21. Dezember 1872 war Bismarck von dem Präsidium des Staatsministeriums befreit und dieses dem Grafen Roon übertragen worden. Am 24. Dezember hatte der Kaiser dem Fürsten eine Nachbildung des Denkmals Friedrichs des Großen in Berlin geschenkt.

Kaiser Wilhelms des Großen Briefe usw. II.

19

1873. ich wünsche, damit Sie lange noch dem engeren und dem weiteren Vaterlande und mir Ihre bewährten Dienste leisten können. Ihr treu ergebener dankbarer König Wilhelm.

1873.

9./10. 2.

520]

An den Kriegsminister Grafen v. Roon.

[9./10. Februar 1873.]

Ich finde den Antrag Laskers,1) daß das Haus eine Kommission erwählen soll, um die Untersuchung über die aufgestellten Fragen vorzunehmen über Verhalten der StaatsRegierung ein Präcedens, das weit führen kann — und zu des Hauses Entscheidung führen soll, Königliche Beamte wohl gar zu verurteilen, was doch nur die Gerichte können. Ich wünsche Ihre Ansicht zu hören, ob der Laskersche Antrag zurückgewiesen werden kann? Ganz einverstanden mit Ihrer Ansicht, die im Abgeordnetenhause eingebrachte Proposition einer Untersuchung seinerseits der Lasker-Enthüllungen - im Staatsministerium zu erwägen, um die Unstatthaftigkeit derselben festzustellen, scheint mir, daß wir gleichzeitig die Initiative einer Untersuchung nehmen müssen und eine Kommission dieserhalb einsehen, unter Vorsitz eines Ministers und Zuziehung von Kronsyndici usw. und Mitgliedern beider Häuser; eine Ansicht, die der Fürst Bismard mir heute zu teilen schien, nach dem diplomatischen Vortrage. Ich bitte diese Ansicht dem Staatsministerium mitzuteilen, die übrigens mit Ihrem Ausspruch im Hause übereinstimmt, daß man beide Teile hören müsse. Dies Hören muß aber vor einer Königlichen Kommission und nicht vor einer Parlamentskommission stattfinden. Wilhelm.

Jhenplit ist bei Fürst Bismard gewesen, und dieser hat ihm dasselbe gesagt, was ich gestern gleich sagte, sein jetziges Ab

Zu 520) 1) Betrifft die vom Abgeordneten Lasker gegen den vortragenden Rat Wagner im Staatsministerium, dessen Präsident Roon damals war, erhobene Beschuldigung mißbräuchlicher amtlicher Begünstigung von Eisenbahngesellschaften. Die demnächst ernannte Kommission bestand aus zwei Juristen, zwei Verwaltungsbeamten und je zwei Mitgliedern beider Häuser des Landtages.

gehen werde als Schuldbekenntnis erscheinen, dagegen müsse er 1873. auf Untersuchung selbst dringen.

521] An den General-Feldmarschall v. Wrangel.

18. April 1873.

18. 4.

Am heutigen neunten Jahrestage des Sturmes und Sieges 1873. der Düppeler Schanzen darf ich den Oberfeldherrn, der diesen glorreichen Tag der preußischen Waffen herbeiführte, nicht vergessen. Diese heldenmütige Waffentat eröffnete den Siegeslauf unseres vaterländischen Heeres, welcher in immer wachsenden Dimensionen seinen Ruhm in ungeahnter Höhe steigern sollte. Ihnen gebührt daher von neuem meine Anerkennung und mein Dank für die Hingebung, mit welcher Sie in Ihrem hohen Alter meinen Ruf zu Ihrer damaligen Oberfeldherrn-Stellung annahmen und den heutigen Erinnerungstag schufen.

522]

Mit diesem Dank schließe ich diese Zeilen.

Ihr treu ergebener dankbarer König Wilhelm.

Antwort auf die Adresse der staatstreuen

Katholiken.

Schloß Babelsberg, 22. Juni 1873.

Die Worte, welche Euer Durchlaucht1) und mit Ihnen viele 1873. Ihrer angesehensten Glaubensgenossen an mich gerichtet, haben. 6. meinem Herzen wohlgetan; denn sie sind von einer richtigen Würdigung der landesväterlichen Gefühle eingegeben, welche mich nach dem Beispiele meiner Vorfahren auf dem Throne für die Gesamtheit meiner Untertanen, der katholischen wie der evangelischen, beseelt. Je dringender mir der Wunsch am Herzen liegt, dem Vaterlande den inneren Frieden zu sichern, um so höher veranschlage ich die Stimmen und die berechtigten Wünsche meiner katholischen Untertanen, welche, unbeirrt von Anfechtungen, an ihrem aufrichtigen Streben nach friedfertiger Verständigung auf dem Boden der Geseze festhalten. Sie helfen mir den Wunsch meines Herzens

Zu 522) 1) Fürst Radziwill. (?)

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