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1867. diesen Mitteilungen kaum glaube, die von bestimmter Kriegsdrohung im Fall des holländischen Refus sprechen.

1867.

20. 4.

Der Großherzog von Weimar und seine Gemahlin verlangen wiederholt, auf diese Anlage sowohl als auf die zwei früheren, meine Antwort schleunigst. Mir scheint sie vorläufig nur dahin lauten zu können, daß ich die Pariser Aufnahme des Haager Refus abwarten müsse, ehe irgend etwas von mir ge= äußert werden könnte, daß die Neutralitätsidee erst aufgenommen werden könnte, wenn der Friede gesichert ist, daß ich aber vorschlüge, daß diese Idee uns von Holland gemacht würde, und nicht umgekehrt.

Sollten Sie heute nicht zum Vortrag kommen können, so senden Sie mir wohl Savigny1) um 4 Uhr, um mir Ihre Ansicht über diese Angelegenheit mitzuteilen.

Auch wollen Sie an Podbielski3) sagen, um 4 Uhr mir Bericht über die Sitzung zu erstatten, wenn er mir nicht Notizen während derselben schon senden könne.

Soeben erhalte ich das Pariser Telegramm von gestern nachmittag. Nach demselben sieht man, daß Frankreich die Sache nicht aufgibt. Der Schlußsat nötigt zur Beschleunigung der Abekenschen Zusammenstellungen! W[ilhelm].

408] Mündliche Äußerung zum Geheimen Hofrat

L. Schneider.

Berlin, 20. April 1867.

Ich habe das Wort „Krieg" noch gegen keinen Menschen ausgesprochen1) und selbst meinen eigenen Gedanken die Frage

4) Der frühere Gesandte beim Bundestag. Direktor des Allgemeinen Kriegs-Departements.

5) Generalleutnant, damals

3u 408) 1) Dagegen berichtet der Regierungspräsident v. Diest im Frühjahr 1867 habe ihm der König auf seine Frage, ob die Verproviantierung von Mainz notwendig sei, gesagt: „Sehen Sie, da liegt schon die Mobilmachungsorder für die ganze Armee, und ich warte in höchster Spannung auf den Bericht des Botschafters in Paris." Leider gibt Diest den Zeitpunkt nicht an; er scheint sich in seiner Erinnerung doch sehr zu täuschen. Denn der König, Bismarck und Roon waren sehr bestimmt für die Erhaltung des Friedens und von einer Vorlage zur Mobilmachung ist durchaus nichts bekannt.

noch nicht vorgelegt. Bismarck und Roon haben die Möglichkeit 1867. eines Krieges noch nicht einmal gegen mich erwähnt, und ich habe Roon auch noch nicht gefragt, ob er schon mit der Wiederherstellung der Fahrzeuge und Komplettierung der Vorräte nach dem letzten Feldzuge fertig ist.

409] An den Bundeskanzler Grafen v. Bismarck.

Wiesbaden, 31. Juli 1867.

31. 7.

Für den Fall, daß Sie nicht nach Ems kommen könnten, 1867. muß ich Ihnen in diesen paar Zeilen meine Bekümmernis über die von mir zuletzt in Berlin vollzogenen Organisationsverordnungen in den neuen Provinzen1) aussprechen. Da diese Verordnungen nach Vortrag v. der Heydts und Graf Lippes in Staats-Ministerialsizungen beraten worden waren und Sie noch damals in Berlin anwesend waren, wenn auch bei den quästionierten Vorträgen bei mir Sie schon abgereist waren, so nahm ich doch an, daß Sie in jenen Sitzungen anwesend gewesen und Ihre Zustimmung zu allem gegeben hätten, so daß ich wie immer fast, wenn Sie zugestimmt haben, namentlich bei umfangreichen Vorlagen, die ich nicht im Detail prüfen kann, unbefangen unterzeichnete. Wenn ich auch Gegenvorstellungen bei einzelnen machte, namentlich wegen Aufhebung des Spiels, der Lotterien usw., so wurden mir diese Dinge doch so notorisch nötig und zu keinen erheblichen Ausstellungen Anlaß geben könnend dargestellt,

Zu 409) 1) Am 14. Juli war Bismarck zum Kanzler des Norddeutschen Bundes ernannt und kam am 4. August nach Ems. Ob er an den in dem Schreiben erwähnten Staatsministerial-Sizungen, wie der König erst glaubte, dann bezweifelte, teilgenommen hat, ist uns nicht bekannt. Eine Reihe von Verordnungen über das Prozeßverfahren und über finanzielle Bestimmungen hatte. in Hannover, Frankfurt und namentlich in Kassel die größte Aufregung hervorgerufen, und erst das mit diesem Briefe eingeleitete eigene Verfahren des Königs, der öffentlich seine Mißbilligung aussprach und die nötigen Änderungen besorgte, hat Beruhigung herbeigeführt, zugleich aber das persönliche Vertrauen zum König außerordentlich gefestigt. Am 8. September 1866 hat der König in einem Brief an Bismarck den Zusammentritt eines Konseils befohlen, um über die Grundfäße zu beraten, welche bei der Überführung der annektierten Länder in die neuen Verhältnisse innezuhalten seien: „Bei so vielen Landesteilen und so vielen Eigentümlichkeiten derselben, die namentlich anfänglich geschont werden müssen, exklusive der Militärverfassung, ist die Aufgabe eine schwere und vor allem die

1867. daß ich unterzeichnete. Kaum war ich in Ems angekommen, als ich aus Zeitungen und Briefen, Adressen usw. überflutet Mitteilungen erhielt, die einen höchst nachteiligen Umschwung der öffentlichen Meinung, selbst bei unsern besten politischen Annektierten bekundeten, was mir alles durch die berufenen Obern Möller, Madai, Diest, Voigts-Rhetz2) nur zu sehr bestätigt wurde. Nun kam gestern Ihr Telegramm an mich wegen des Schakes und schon früher Ihre Mitteilungen an Abeken über den Durchfall von Verordnungen in Berlin — daß ich jetzt erst vermuten mußte, daß Sie den lezten Berliner Beratungen nicht beigewohnt hätten, so daß also alle die Verordnungen ohne Ihr Zutun mir vorgelegt worden sind! Durch die in Ems gepflogenen Beratungen ersah ich nun erst, welch erhebliche und eingehende Remonstrationen die genannten Herren gegen die intentionierten Verordnungen gemacht hatten, von denen mir die vortragenden Minister keine Mitteilung gemacht hatten, so daß [ich], ich gestehe es, sehr empfindlich berührt bin, was ich v. der Heydt in Ems sagte.

1867.

Es muß Remedur im einzelnen getroffen werden, wie es für den hessischen Schatz bereits geschehen ist; ebenso muß für F[rankfurt] a. M. Eingehendes vorübergehend geschehen, ebenso für die Lotterie in den anderen Ländern. Ich bitte Sie also, in Berlin den Ministern es zu sagen, wie sie es schon aus meinen einzelnen Änderungen entnommen haben, daß ich sehr unangenehm berührt bin, und erwarte von Ihnen recht eingehenden Vortrag, um schleunig Remedur in vielem zu bewirken.

Ihr Wilhelm.

410] An den Bürgermeister Fischer in Wiesbaden.')
August 1867.

Es ist das erstemal unter diesen veränderten Verhältnissen, Aug. daß wir uns sehen. Die Veränderung ist allerdings tiefgehend

Personenfrage sehr wichtig.“ 2) Möller, Oberpräsident von Hessen-Nassau, v. Madai, Polizeipräsident von Kassel, v. Diest, Regierungspräsident in Wiesbaden, v. Voigts-Rhez, kommandierender General in Hannover.

Zu 410) 1) Auf die Ansprache des Bürgermeisters bei dem ersten Besuch in Wiesbaden nach der Einverleibung Hessen-Nassaus in Preußen.

gewesen; ich sehe dies am besten in der Residenzstadt Ihres 1867. früheren Herzogs. Es ist mir leid gewesen, handeln zu müssen, wie ich es getan habe; es hat mich einen schweren Entschluß gekostet, aber die Weltgeschichte kann nicht stille stehen, sie muß voranschreiten. Die Gesinnungen, die Sie mir entgegengebracht haben, habe ich schon mehrfach im Lande äußern hören. Ich hoffe, daß Sie die wahre Stimmung aller guten Bürger ausgedrüct haben; daß diese Stimmung sich immer mehr befestigen wird, dafür sollen meine Behörden sorgen.

411] Gespräch mit dem Regierungs-Präsidenten v. Diest in Wiesbaden.

Wiesbaden, August 1867.

Aug.

[Der König:] Es ist dies ja meine erste Reise in meinen 1867. neuen Provinzen, aber ich muß Ihnen sagen, jedes Hurra, was mir gebracht wird, ist mir ein Stich ins Herz; denn es liegt darin eine Untreue gegen den früheren Herrscher, und mich kennen ja die Leute noch gar nicht.

[v. Diest:] ... Diese Hurras stammen aus dem Bewußtsein des ganzen deutschen Volkes, daß es in Ihnen die verkörperte gottgesegnete deutsche Geschichte vor sich hat.

[Der König, ihm die Hand reichend und mit Tränen im Auge:] Gott gebe, daß es so sei.

412] Gespräch mit dem Regierungs-Präsidenten

v. Diest in Wiesbaden.

Ems, August 1867. (?).

[Der König:] Was, Sie spielen Quartett? Da sinken Sie 1867. tief in meiner Achtung.

[v. Diest:] Majestät, ich bedaure lebhaft, daß der liebe Gott Ihnen das von ihm geschaffene Reich der Töne nicht eröffnet hat. [Der König, ganz ernsthaft:] Ja, mit mir steht's so schlecht, daß ich nicht begreife, weshalb ein Musikstück anfängt und, wenn

Aug.

1867. es einmal angefangen hat, weshalb es jemals endet. Mein seliger Bruder war darin besser beschlagen, der verstand was von Musik.

1867.

Aug.

1867.

413]

An Unbekannt.

August 1867.

Ich sah, daß jene Menge von Verordnungen im Juni die Stimmung in den neu erworbenen Landesteilen in hohem Grade verschlimmerten. Als ich dies nach genauer Prüfung erkannt und von den Mißgriffen der Behörden mich überzeugt hatte, war es meine Pflicht, Maßregeln zu ergreifen, um diese Mißgriffe wieder gut zu machen. Noch ist Preußen nicht daran gewöhnt, seinen König von den Maßregeln seiner Regierung zu trennen. Daher muß der König zuzeiten in die Bresche treten, wenn er Fehler in dem umgeschaffenen Staatskörper sieht.

414] An den Bundeskanzler Grafen v. Bismarck.

Babelsberg, 27. August 1867. Sie haben schon vor einiger Zeit die Idee hingeworfen, 27. 8. falls ich noch nach Norderney ginge, Hannover bei der Gelegenheit zu besuchen;1) dies alles ist indessen abhängig von der Notwendigkeit meiner Anwesenheit hier. Norderney scheint mir bei der vorgerückten Jahreszeit kaum ausführbar, wenngleich ich nicht baden soll, sondern nur Seeluft atmen, so daß also, wenn keine Ge= sellschaft mehr anzutreffen ist, die Sache sehr ennuyant wäre. Dagegen ließe sich Hannover besuchen, wenn ich mich entschlösse, zum 4. nach Cöln, zur 25 jährigen Jubelfeier (!!) der Grundsteinlegung zur Restaurierung des Doms zu gehen.

Es fragt sich also, wie lange Sie meine Anwesenheit hier jetzt oder nach jener Cöln-Hannoverschen Exkursion wünschen? Davon hängt alles zunächst ab, jedenfalls würde ich Hannover erst auf der Rückreise von Cöln besuchen, wenn dies überhaupt Räson jetzt schon ist?? Eine Ausdehnung der Tour nach OstFriesland würde dieselbe sehr verzögern, wenn ich nachher hier früher nötig bin.

Zu 414) 1) Zur Beruhigung der aufgeregten Gemüter. Vgl. Nr. 409.

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