Abbildungen der Seite
PDF
EPUB

1866. der Majorität der spezial-beratenden Fraktion (Moldauer oder Walachen) gibt den Ausschlag, ob Union oder nicht.

Diesem Beschluß der Konferenz habe ich mich anschließen müssen, obgleich ich in der Diskussion für Prince étranger penchieren ließ, ohne für einen Hohenzollern zu penchieren.

Ich sehe nun voraus, daß die Repräsentanten der Fürstentümer diesen Vorschlag der Konferenz nicht annehmen werden, sondern die Volkswahl bestätigen dürften. Dann muß die Konferenz von neuem beraten, und es will mir scheinen, daß dieselbe dem also doppelt ausgesprochenen Wunsche der Rumänen nicht wird entgegentreten können. Dann erst tritt die Frage der Bestätigung der Wahl hervor, und will man dann Deinen Sohn akzeptieren auf der Konferenz, so folgt nun erst die Befragung meiner, ob ich als Familienhaupt in die Wahl willige. Dies scheint mir der Gang zu sein, den wir abwarten müssen.

En attendant war ein Balaceanu1) bei Bismarc, um zu fragen, ob ich eine Deputation aus Bukarest empfangen würde, mit der Bitte, meinerseits die Wahl Deines Sohnes gutzuheißen. Ich habe den Minister beauftragt, zu erwidern, daß, da Preußen Mitglied der Konferenz sei, ich keinen einseitigen Schritt tun dürfe, ich also eine solche Deputation nicht annehmen könne. Darauf hat der Balaceanu sofort dies einsehend, erklärt, daß sie dann also auch nicht kommen werde. Ob dieselbe nach Düsseldorf geht, wissen wir nicht; geschieht es, so ist Dein Verhalten natürlich ausweichend, wie bisher, und nach dem eben Gesagten einzurichten.

Deine erneuerten Bemerkungen über die Äußerungen des usw. Bratianu, warum man einen fremden Prinzen verlangt, sind gewiß begründet, finden aber durch das in Paris Verhandelte momentan ihren Abschluß. Daß sich Prinzen aus anderen Herrscherfamilien zur Annahme dieser Regentschaft entschließen würden, möchte ich auch nicht unbedingt glauben, da der Suzerän jedem christlichen und namentlich deutschen Fürsten doch sehr alpdrückend sein würde. Vor allem aber tritt bei denen, die

Zu 379) 1) Rumänischer Diplomat.

etwa in Betracht kommen könnten, die Stellung einer europäischen 1866. Großmacht, die mit dem Kandidaten verwandt?) ist und nicht in die orientalischen Händel sich verwickelt sehen will, nicht ein, weshalb le chef de famille jener Prinzen leichter seine Einwilligung geben könnte.

Was Rußland betrifft, so ist dasselbe, wie Du weißt, noch immer der entschiedenste Gegner der Union und des prince étranger. Sollte es diese Stellung aufgeben, dann erst würde daran gedacht werden können, weitere Kombinationen zu fassen; bis dahin ist eben gar nichts zu tun möglich.

Meiner Bemerkung, daß die Existenz Deines Sohnes doch immer eine sehr unsichere sein würde, stellst Du das Beispiel von Griechenland und das vielleicht in Mexiko zu erwartende entgegen, indem Du äußerst, solchen Schicksalen müsse man sich dann eben unterwerfen, wie es auch Bayern tat. Das ist ganz richtig; aber: trägt dergleichen zum Ruhm, Glanz und zur Würde des Staates bei, dem ein solcher Verjagter angehört? Blutet nicht das Herz der Regentenfamilie, deren Mitglied vom Throne gestoßen wird, und zu dessen Rettung nichts geschehen konnte?

Das alles sind Betrachtungen, die mich fortwährend sehr ungern an die Chance, einen Hohenzollern so prekär situiert zu wissen, denken lassen! Enfin, jezt müssen wir die Aufnahme abwarten, welche die Konferenzvorschläge in Bukarest finden werden.

Unter diesen Umständen habe ich Deinem Sohn sofort einen sechswöchentlichen Urlaub erteilt und empfehle Euch nochmals die größte Vorsicht, wenn die Deputation nach Düsseldorf kommt, gegen deren Empfang durch Euch ich nichts einzuwenden habe. Dein treuer Freund und Better Wilhelm.

2) Gegen die Wahl des früher in Aussicht genommenen Grafen von Flandern Schwager des Prinzen Karl von Hohenzollern, heute Thronerbe von Belgien - hatte sich Napoleon verwahrt.

1866.

380]

An den Kriegsminister v. Roon.

Berlin, 3. Mai 1866, Mitternacht. Österreich wird also nicht abrüsten!1) Mutius) meldet, daß 3. 5. 12 000 Mann zwischen Troppau und Jägerndorf bestimmt stehen. Wäre nicht zu morgen das Konseil angeseßt, so würde ich sofort den Transport der Waffen und Effekten aus den Zeughäusern von Ratibor, Gleiwitz nach Cosel anordnen, und von Hirschberg, Jauer, Löwenberg, Görlitz, Liegnitz nach Glogau; Schweidnitz, Münsterberg nach Glaß; - aber es wäre möglich, daß morgen beschlossen würde, sogar diese Landwehren einzuziehen und in diese Festungen gleich zu werfen. Also muß man es noch beschlafen!3)

1866.

Mai.

381]

Aus einem Briefe an die Prinzessin Alice
von Hessen.1)

Anfang Mai 1866.

Österreich will uns nicht gestatten, Schleswig-Holstein zu annektieren. . . . Seit dem 14. März fing es an, Böhmen mit Truppen zu überschwemmen und unsere Grenze zu bedrohen, während bei uns noch kein Mann und kein Pferd über die Friedensstärke aufgestellt waren. Wer hat nun den Anfang mit Provokationen gemacht? Ich weiß, daß der Kaiser aufrichtig die Erhaltung des Friedens wünscht, warum zwingt er mich aber durch seine Maßregeln zum Krieg? Meine und Preußens Ehre gestatten nicht, mir solches bieten zu lassen. Mein Vater, mein

Zu 380) 1) Am 2. Mai war in einer Depesche die Erwartung ausgesprochen, daß Österreich seine Armee, deren Mobilisierung am 21. April beschlossen worden war, auf den Friedensfuß sehen werde. Das lehnte Österreich ab, nach diesem Brief am 3., so daß andere Nachrichten, die die Ablehnung vom 4. datieren, unrichtig sind. 2) Kommandierender General des Schlesischen Armeekorps. 3) Dieselbe Nachricht sendet der König an Bismarck, aber mit der Notiz, daß jezt der lezte Moment für uns gekommen sei, um große Rüstungen anzuordnen.

Zu 381) 1) Gemahlin des späteren Großherzogs Ludwig von Hessen, Schwester der damaligen Kronprinzessin von Preußen und Mutter des jezigen Großherzogs. Nur diese Stelle ist uns als Teil eines Briefes bekannt geworden, den Prinz Alexander von Hessen an Kaiser Franz Joseph am 18. Mai geschrieben hat.

Bruder und ich sind stets verdächtigt worden, unsere deutschen 1866. Mitfürsten auffressen zu wollen, während keiner von uns jemals daran gedacht hat. . . . Jezt bieten wir den deutschen Fürsten die Bundesreform, und sie antworten uns, indem sie gegen uns rüsten! Du fragst, warum ich die rheinischen Korps mobilisiert habe, warum fragst Du nicht lieber, wozu Bayern und Württem= berg rüsten? Es wäre freilich bequemer für unsere Feinde, wenn wir uns wehrlos ihnen überlieferten: denn jezt wird's länger dauern. . . . Warum Will Louis2) quittieren und nicht lieber mit uns gegen Österreich fechten? Will mich der Großherzog bekriegen? Freilich, wenn man uns zum Kriege zwingt, dann werden wir auch keine Rücksichten mehr kennen.

382] 3um Geheimen Hofrat Louis Schneider.1)

12. oder 13. Mai 1866.

12. oder

Ich weiß, sie sind alle gegen mich, alle bis auf Hessen und 1866. Medlenburg! Aber ich werde selbst an der Spike meiner Armee' 13. 5. den Degen ziehen und lieber untergehen, als daß Preußen diesmal nachgibt.

383]

Zu einem deutschen Diplomaten.

Mai 1866.

Mai.

Wenn wir jetzt einen Krieg gegeneinander führen, so werden 1866. wir uns später versöhnen und einen anderen Krieg gemeinsam führen.

384] An den Erzbischof von Cöln Paulus Melchers.

4. Juni 1866.

Empfangen Sie, Herr Erzbischof, meinen aufrichtigen Dank 1866. für Ihr von mir gewünschtes Schreiben vom 27. v. Mts. Der

2) Vgl. Anm. 1.

Zu 382) 1) So erzählt Schneider in seinem Buch „Aus dem Leben Kaiser Wilhelms", I. 218. An anderer Stelle (König Wilhelms militärische Lebensbeschreibung, Berlin 1869) gibt er einen etwas anderen Wortlaut.

4. 6.

1866. Ernst der Zeit hat Ihnen den Wunsch eingegeben, sich offen gegen mich auszusprechen, und das ist mir sehr erwünscht gewesen. Ebenso offen werde ich Ihnen nun antworten:

Ich weiß, daß in weiten Kreisen der wahrscheinlich bevorstehende Krieg in seinen Ursachen nicht begriffen wird; teils, weil diese nicht handgreiflich einem jeden vor Augen liegen, teils, weil nach 50 Friedensjahren der größten und höchsten Wohlfahrt der Bevölkerung man sich des Gedankens entwöhnt hatte, daß alle die gewonnenen Güter zeitweise einem höheren Zwede geopfert werden müßten. Diese Unklarheit über die Ursachen zum Kriege wurzelt aber außerdem noch in den Tendenzen der Umsturzpartei oder Fortschrittspartei, welche seit Jahren Mißtrauen gegen mich und meine Regierung fäet, um zu ihrem Zwecke, d. h. die Schwächung und zuletzt Vernichtung der monarchischen Macht, zu gelangen; diese Partei benußt die Gegenwart, um die Unklarheit der politischen Lage Preußens zu vermehren und den Mißmut, der bei jedweder kriegerischen Aussicht unvermeidlich ist, zu nähren, da von Patriotismus bei dieser Partei nicht die Rede sein darf, sondern nur von Egoismus.

Wenn man aber, wie ich seit Jahren, die Tendenzen Österreichs verfolgen mußte, so mußte es mir immer klarer werden, daß selbst während der Allianz von 1864, diese nur einen kurzen Stillstand in jenen Tendenzen hervorbrachte, um sie darauf um so eklatanter zum Austrage zu bringen; und diese Tendenz ist seit dem Siebenjährigen Kriege keine andere, als Preußen von seiner Großmachtsstellung wieder herabzuwerfen und es zu einem Staate zweiten Ranges zu degradieren. Selbst die glorreiche Erfahrung des Jahres 1864 hat Österreich nicht vermocht, diese Richtung aufzugeben, obgleich es sah, daß Preußen und Österreich einig, ganz Europa Schach bieten können. Welche Mittel Österreich aufgeboten hat, um Preußen in der öffentlichen Meinung nicht nur in den Herzogtümern, sondern in ganz Europa zu degradieren, liegt jedermann vor Augen; Lug, Trug, Verleumdung in allen von ihnen erkauften Zeitungen Europas waren ihm gesuchte Mittel, die öffentliche Meinung gegen Preußen aufzustacheln und dasselbe als von Ehrgeiz und Eroberungssucht aufgeblasen

« ZurückWeiter »