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kretisch mykenischer Art Doppelbeile zwischen den Hörnern tragen, einige tönerne Stierfiguren, die an vollendeter Modellierung alle anderen kretischen Terrakotten weit übertreffen, gegen 150 Steingefälse und Steinlampen, die sich an Pracht des Materials und Kunst der Ausführung mit denen von Knosos messen können. Sie sind wohl aus der Hauptstadt importiert und einer der reichen Schiffs herrn von Pseira hat sich sogar sein bescheidenes kleines Haus mit dem lebensgrofsen bemalten Stuckrelief einer prächtig gekleideten Dame schmücken lassen, das wohl ein Hofmaler von Knosos ausführte. Nichts kann uns eine klarere Vorstellung von der Blüte und der Thalassokratie Kretas in der 1. Hälfte des II. Jahrtausends geben als diese Stadt auf Pseira, zu der die Amerikaner in diesem Jahre 1908 eine Parallele auf dem östlich benachbarten, noch kleineren Eiland Mochlos entdeckt haben.

Ausgrabungen auf der Insel Kephallenia.

Bei Masarakáta, südlich von Argostolion in der Provinz Kranaia auf der Insel Kephallenia, fanden sich an der Stätte orà uvηuata (= bei den Gräbern) acht künstlich hergestellte Höhlen, in deren zusammenhängendem, aber mit eisernen Werkzeugen gut bearbeitetem Gesteinsgrund 30 Grabstellen eingehauen waren. Die Höhlen sind konzentrisch um eine Erhöhung angeordnet. Man gelangt zu ihnen mittels eines etwa einen Meter breiten Zuganges. Der Eingang ist bei einzelnen Höhlen unregelmässig kreisförmig, bei anderen hat er unten und in der Mitte den Durchschnitt eines Parallelogramms, oben den eines Dreiecks. In manchen Höhlen befinden sich nur zwei, wieder in anderen drei und mehr (bis zu zehn) Grabstellen. In einer Höhle befanden sich nur Knochen- und Skelettreste, ein Schädel und Gefälse, ohne dafs man eine besondere Grabstelle fixieren konnte. Die Höhle als solche bildete das Grab. Alle Höhlen waren unangetastet. Die darin gefundenen Gefäßse zeigen gut erhaltene farbige Verzierungen. Die Goldblätter sind getrieben und dienten entweder zur Zusammensetzung von Diademen oder als Zierate einer Schwertscheide (?). Aufserdem wurden gefunden: Broschen und Halsketten aus Glassteinchen, die mit Strichen und Spiralen verziert sind, ein Tonidol mykenäischen Stiles. Ein wichtiges Fundstück ist ein vollständig erhaltenes Skelett. Der Körper lag auf der rechten Seite, das Haupt safs aufrecht, die Beine waren leicht gekrümmt, die Hände befanden sich zwischen den Schenkeln. Pan. Kawwadías, der Leiter der Ausgrabungen bei Masarakáta, erblickt in dieser Lage eine Bestätigung seiner Meinung, dafs wir in den alten, prähistorischen Begräbnisstätten die Körper in derselben Lage vorfinden, die sie im Augenblicke des eintretenden Todes hatten, dafs die Leichen also keineswegs immer in hockender Stellung beigesetzt wurden. Die aufgefundenen Schädel sind alle breitstirnige Langschädel.

Im Weinberge der Gebrüder Masaráki hat man das vor Jahren aufgedeckte und wieder zugeschüttete Kuppelgrab, das so sehr an den Atreus-Tholos in Mykenai und den Tholos in Orchomenos erinnert, wieder geöffnet.

(L. Bürchner in d. B. d. M. N. N. Nr. 54.)

Ausgrabungen in Olympia.

Bei den im Frühjahr 1908 betätigten Ausgrabungen Dörpfelds in der Altis von Olympia fanden sich die Spuren eines prähistorischen Gebäudes (ca. 2000 v. Chr.) zwischen Heraion, Pelopion, Metroon und Zeusaltar. Eine der Kurzseiten hat Halbkreisform. Dazu gehören als Kleinfunde sehr viele Vasenscherben geometrischen Stils und Steinwerkzeuge. In der nordöstlichen Ecke des Pelopions wurde ein grofser Tonpithos aufgedeckt, der Gebeine eines kleinen Kindes, Ton- und Erzfigürchen, ferner Tier- und Menschenknochen enthielt. In geringer Tiefe unter den Grundmauern des Prytaneions fand sich ein elliptisches Gebäude (Grab?). Am Sekos des Zeustempels wurden in der Tiefe von 3 m Tonscherben prähistorischer Zeit und Tier- und Menschenknochen aufgedeckt. Dörpfeld kommt zu dem Schlufs, dafs vor der Gründung des Heraions in der Altis ein Heiligtum und eine Ansiedelung bestand. Gegen diese Annahme hatte sich Furtwängler ausgesprochen. Jetzt gräbt Dörpfeld im Dorfe Kazóßatov und wird nach einem Monat nach dem Dorfe Mougáza gehen, wo die Lage des alten Pisa vermutet wird.

(B. ph. W. v. 4. Juli).

Auf der Ruinenstätte von Olympia hat W. Dörpfeld vom Kronoshügel gegen Osten zwischen der Altis und dem Dörfchen Mirákia den Palast des Pelops, des Königs des alten Pisa, und das Gebiet von Pisa fixiert. Als Vertreter der griechischen Regierung war bei den Ausgrabungen H. Skiás, als archäologischer Assistent H. Müller zugegen. Die Schürfungen brachten viele Tonscherben zutage. Die Funde wurden im Museum geborgen. (Br. in B. d. M. N. N. v. 6. Juli).

Dörpfeld fand beim Dörfchen Kumpothékra (1 h 40 m von Sacháro), das zur Gemeinde Arene der Provinz Olympia gehört, Reste alter Gebäude, Heiligtümer, Figuren von Wagen mit einem Pferd davor und tönerne und brozene Scherben mit sehr schönen Verzierungen. (B. ph. W. v. 18. Juli).

Im letzten Hefte der Athenischen Mitteilungen berichtet Dörpfeld auf Grund der oben erwähnten, erfolgreichen Ausgrabungen über die ältesten Ansiedelungen in Olympia. Entgegen der allgemein angenommenen Ansicht Furtwänglers, dafs Olympia erst in nachmykenischer Zeit gegründet sei, liefs sich jetzt in der Mitte der Altis, wo nach der Überlieferung das Haus des Óinomaos gestanden haben soll, eine prähistorische Anlage feststellen. Die diesjährigen Ausgrabungen waren der Aushebung dieser ältesten Kulturschicht gewidmet, die fast nur prähistorische Topfwaren enthält. Hier kamen jetzt Mauern von sechs vorhistorischen Wohnhäusern zutage, davon vier mit halbkreisförmigem Abschlufs. Dafs es Wohnhäuser sind, ergibt sich aus den Fundstücken, von denen besonders die zahllosen Vasenscherben und gegen 40 ganze oder fast vollständige Gefälse genannt seien. Es ist einfarbige, handgeformte und schlecht gebrannte Topfware, zum kleineren Teil mit eingeritzten oder eingeprefsten geometrischen Ornamenten wie sie auch in den vorhistorischen Schichten von Leukas und Pylos vorkommen. In anderen Teilen der Altis fanden sich keine oder nur eine wenig ergiebige prähistorische Schicht, dagegen wohl auf dem östlich von Olympia gelegenen Hügel, auf dem gewöhnlich die Burg Pisa angesetzt wird. Das sollen nun die nächsten Grabungen lehren. (B. d. M. N. N. v. 3. Sept.).

Archäologisches aus Aetolien.

Der Ephoros der Altertümer H. Sotiriadis aus Athen hat an einer Ruinenstätte drei Stunden von Thermon in Aetolien am Fufse des Panätolions beim Dörfchen Kyro-Nero (= Kaltwasser) Reste eines Heiligtums der syrischen Aphrodite Phistyis „tas Ev Tagidas“ aufgefunden. Durch eine Inschrift war der Name der Stadt Phistyon uns schon bekannt gewesen. Nun hat Sotiriadis noch einen weiteren epigraphischen Beleg gefunden. Der Ortsname Hieridai ist neu. Die am Tempel der syrischen Aphrodite gefundenen Manumissionsurkunden, meist aus dem 2. Jahrh. v. Chr., geben sonst noch wertvolle chronologische und topographische Nachrichten. Die damaligen Beziehungen der Aitoler zu dem Könige Antiochos von Syrien erklären den Kult der syrischen Aphrodite. Im Heere des Antiochos dienten Tausende von gut bezahlten aitolischen Söldnern. Um das 2. Jahrhundert herrschte in Phistyon Wohlhabenheit. Das beweisen die in Gräbern gefundenen zierlichen Goldschmucksachen und Gemmenringe. An einem kleinen Museum in Thermon wird eben gebaut. (B. in B. d. M. N. N. vom 26. Juli.)

Ausgrabungen an der Themistokleischen Mauer in Athen.

Darüber berichtet Prof. Gardner in der Hellenic Society: Thukydides hat erzählt, dafs diese Mauer nach dem Rückzug des Xerxes in aller Hast ausgeführt wurde, das Volk wie ein Mann daran arbeitete und Material dazu verwendete, wie es ihm gerade zur Hand kam, wobei öffentliche und private Gebäude eingerissen wurden. Das bekannte Fragment eines archaischen Grabsteines, das den Kopf eines Diskuswerfers zeigt, scheint von dieser Mauer herzustammen. Neuere sorgfältige Untersuchungen von Noack haben nun aus den Fundamenten der Mauer einige archaische Monumente derselben Zeit ans Licht gefördert, Denkmäler, die zweifellos von den persischen Soldaten heruntergeschlagen waren und in Trümmern in der Nähe der Mauer lagen. Unter diesen Funden ragt ein Grabstein hervor, auf

dem die Relieffigur eines Kriegers, der einen Speer hält, zu sehen ist. Obwohl das Gesicht und die den Speer haltende Hand beschädigt sind, lassen sich doch noch die wundervollen Feinheiten der Modellierung erkennen, die das Werk zu einem prächtigen Beispiel der Kunst der athenischen Blütezeit machen. Die geflügelte Gestalt unter der dargestellten Figur ähnelt den Gorgodarstellungen auf frühen Vasen; sie sollte wohl das Grab gegen böse Geister schützen. Das Profil der Gestalt zeigt enge Verwandtschaft mit dem erwähnten Kopf des Diskuswerfers. Ein anderes Denkmal, das an derselben Stelle gefunden wurde, war die archaisch gehaltene Figur einer Sphinx, an der noch deutliche Überreste der Bemalung bemerkt werden. Die Figur hat zweifellos zur Zierde eines Grabes gedient.

(C. K. in B. d. M. N. N. v. 24. Juli.)

Der Friedhof vor dem Dipylon in Athen.

In der Festsitzung zum 67. Winckelmannsfest der Archäologischen Gesellschaft zu Berlin hielt A. Brückner einen Vortrag über die Ausgrabungen, welche die Griechische Archäologische Gesellschaft 1907 durch Brückner hat vornehmen lassen, der von der K. Akademie der Wissenschaften in Berlin beauftragt war. Über die Ergebnisse, wodurch die Aufdeckung des seit den sechziger Jahren des vorigen Jahrhunderts bekannten Friedhofes bei der Kapelle der Hagia Trias in Athen wesentlich ergänzt wurden, wird kurz in der Wochenschrift f. kl. Philol. 1908, Nr. 39, Sp. 1075 berichtet.

Es hat sich bei den neuen Untersuchungen gezeigt, dafs die früheren Grabungen um rund 2 m über dem Strafsenboden des 4. vorchristl. Jahrhunderts geblieben waren und die vorhandenen stattlichen Stützmauern, über denen die bis dahin allein aufgedeckten Grabmäler einstmals aufragten, in der Erde verdeckt gelassen hatten. Mit ihrer Freilegung ergab sich, dafs die bekannten Grabmäler des Dexileos, der Hegeso u. a. in sehr weiträumigen Familienbezirken hoch über der Strafse gestanden haben. Der ganze Hügel, vor der Stadt an der Heiligen Strafse nach Eleusis zu gelegen, war planmässig zum Zwecke der Friedhofsanlage in Terrassen gegliedert und von einem Wegenetz durchzogen worden. Der Ausbau ist in der Zeit von 393-317 v. Chr. geschehen. Schon am Ende desselben Jahrhunderts aber sind infolge der Friedhofsordnung des Demetrios von Phaleron die überreichen Terrassenanlagen wieder zugeschüttet worden. Das ganze Gebiet wurde nun in ein grofses Totenfeld umgewandelt. Für die vorausgegangene Glanzzeit des Friedhofs läfst sich aus erhaltenen Beeteinfassungen auf die Ausschmückung mit gärtnerischen Anlagen schliessen. Die gewonnene Erkenntnis von der hohen Aufstellung der Grabreliefs fordert zur Nachprüfung der in den Museen meist tief aufgestellten Monumente auf: Proben aus den athenischen, mit tieferem Augenpunkte als bisher aufgenommenen liefsen erkennen, wie sehr auch ihre Kompositionen auf die Ansicht von unten von vornherein berechnet gewesen sind und in ihrer Wirkung gewinnen.

Altgriechische Textilkunst.

Einige wertvolle Erzeugnisse altgriechischer Textilkunst sind jüngst vom Petersburger Eremitage Museum angekauft worden. Sie stammen aus der Gegend von Kertsch in der Krim und müssen nach den Fundstücken, die mit zutage gekommen und datierbar sind, aus dem 5. Jahrhundert v. Chr. stammen. Es sind dreierlei Arten: bedruckte, bemalte und bestickte Webereien. Bei den bemalten Stücken sind die Figuren im Originalbraun der Gewebe gelassen, aber der Hintergrund ist mit rot und schwarz ausgefüllt, so dass man hier an eine ähnliche Technik wie bei den rotfigurigen Vasen denken kann. (M. in B. d. M. N. N. v. 22. Juli).

Thessalische Denkmäler griechischer Malerei.

Uber die merkwürdigen Funde an bemalten Grabstelen, welche der griechische Ephoros A. S. Arwanitopullos bei den vom August bis November 1907 bei Kalywia

Alykon an der Stätte des antiken Pagasä unternommenen Ausgrabungen gemacht hat, ist im vorigen Jahrgang 1907, S. 685 f. nach der V. Z. vorläufig berichtet worden. Herr Adolf Struck in Athen, welcher diese Grabstelen, die gleich nach ihrer Entdeckung ungeheures Aufsehen erregten, in dem provisorischem Museum des Gymnasiums in Volo vor kurzem an Ort und Stelle besichtigen konnte, berichtet darüber ausführlich in Nr. 66, S. 620 f. der Beilage der M. N. N. Aus diesem Berichte seien die wichtigsten Tatsachen hier mitgeteilt.

Von den vielen Hunderten von Grabsteinen und Fragmenten sind etwa 40 bemerkenswert durch ihre Bemalungen. Die Farben haben von ihrer Schönheit wenig eingebüfst. Rot, blau und braun überwiegen, die anderen Töne wirken schwächer. Etwa 200 Stelen weisen nur geringe Spuren von Farben auf. Die Denkmäler gehören dem dritten oder zweiten vorchristlichen Jahrhundert an; um so mehr überrascht uns ihr guter Erhaltungszustand. Er ist dem Umstand zuzuschreiben, dass die Grabsteine schon sehr frühzeitig, offenbar auf dem Grundstücke des Friedhofes selbst, in die Mauer eingebaut worden waren, deren Abbruch jetzt erfolgte. Ihre Lage war hier so günstig geworden, dass sie, hermetisch abgeschlossen, gegen Feuchtigkeit geschützt und der Einwirkung der Sonnenstrahlen entzogen, sich durch äussere Einflüsse nicht mehr verändern konnten.

Überwiegend sind natürlich die Darstellungen von Abschiedszenen, wie sie auch in der Skulptur am häufigsten wiederkehren. So jene Stele, auf welcher Aphrodisia die Hand zum letzten Grufse reicht, jene des Metrodoros, der von seinem Weibe Abschied nimmt, wie ja auch Lysippos die treue Gattin grüfst und umgekehrt die scheidende Demetria sich von dem Gemahl verabschiedet. Menophilos scheint ein grofser Hundeliebhaber gewesen zu sein: auf dem Bilde, das sein Grab schmücken sollte, springt ein schlanker, brauner Hund ihm entgegen, als ahnte er, dafs der Herr ihn verlassen wird. Stratonikos hat den Mantel über die Schulter geworfen, in der Hand hält er eine Bücherrolle, während er die Rechte zum Abschiedsgrufs gereicht hat. Phila opfert der Gottheit noch, ehe sie die Reise ins Jenseits antritt. Einen vorstorbenen Trompeter hat man damit geehrt, dafs man ihn mit seinem Instrumente, mit der Salpinx, die er an die Lippen führt, dargestellt hat. Eine andere Stele führt uns ein Totenmahl vor, an welchem der Scheidende mit seinen Angehörigen teilnimmt. Neben den herkömmlichen Vorlagen, die der Maler immer wieder vielleicht ganz schematisch wiederholte, fehlt es auch nicht an niedlichen Darstellungen, die die Realität nicht verleugnen. Ein inschriftenloser Grabstein führt uns eine vornehm gekleidete Frau vor, die auf einem von schwellenden Kissen belegten Stuhle ruht, zur Linken steht in ehrerbietiger Haltung eine mit langen Gewändern bekleidete weibliche Person, eine Sklavin. Eine andere Stele aber, vielleicht die kostbarste, wiewohl sie stark verstümmelt ist, führt uns folgende Szene vor: eine junge Mutter, die in noch kraftvoller Frische auf dem Wochenbette ruht, hat einem Kinde das Leben geschenkt, das sie selbst einbüfsen sollte. Zu ihren Fülsen sitzt der Gatte, das Auge in banger Erwartung auf die Scheidende geheftet, während eine Wärterin, an die Wand gelehnt, den Säugling in den Armen hält. Hier ist das Bild bis in das feinste Detail säuberlich ausgearbeitet, selbst die Perspektive ist richtig erfasst: durch die Türe im Hintergrunde, durch welche eine weibliche Gestalt in das Gemach hineinsieht, öffnet sich der Ausblick in ein anderes Zimmer der Wohnung. Die Szene ist dem Leben entnommen, sie fesselt durch ihre naturalistische Darstellung.

Die bisher veröffentlichten knappen Berichte gestatten noch keinen auch nur annähernden Überblick über diese reichen Schätze, deren Publikation die GriechischArchäologische Gesellschaft in würdiger Weise zu geben verspricht. Sieben vortreffliche Aquarelle von Gilliéron liegen bereits vor.

Durch die pagasäischen Grabsteine ist uns eine ganze Reihe von Denkmälern geschenkt worden, die vermöge der Frische ihrer Darstellung, der tadellosen Erhaltung der Farben ein genaues Studium ihrer Technik ermöglichen. Die Vorlagen sind fesselnd, die Realität der Motive ist überraschend, die Wahl und Zusammensetzung der Farbentöne befriedigend. So wirken die Kompositionen, wiewohl sie keineswegs zu dem Besten von dem zählen dürfen, was das Altertum geschaffen hat, als kleine Kunstwerke. Das Neue, das wir ihnen abgewinnen, ist das Epochenmachende des reichen Fundes.

Neues aus dem altrömischen Afrika.

Cavalliere Boni, der Direktor der Ausgrabungen auf dem Forum in Rom, hat jüngst eine Studienreise nach den Ruinen des römischen Afrika unternommen. Während man bis jetzt immer angenommen hat, dafs Thamvagadi (Timgad) durch Trajan gegründet worden ist, hat Boni herausgefunden, dafs die trajanischen Mauern über anderen erbaut sind, die in die Frühzeit des Kaiserreichs zurückgehen. Gewifs sind die prachtvollen Bäder und der Triumphbogen in die Periode Trajans und der Antonine zu setzen, aber die Bibliothek, das Theater und der kapitolinische Tempel sind Gebäude, welche nach Boni Charakteristika der Zeit des Cäsar und des Augustus aufweisen. (B. d. M. N. N. v. 1. Juli).

Das Legionslager von Lambaesis.

Unter den die Ausgrabungen im römischen Nordafrika betreffenden Publikationen des letzten Jahres nimmt das meiste Interesse in Anspruch die von Cagnat in den Mém. de l'Acad. des Inscr. 1907, S. 207-277 (mit 3 Plänen) über das nunmehr vollständig, d. h. bis auf den überbauten Teil ausgegrabene Legionslager von Lambaesis (Algier). Darüber berichtet Professor Dr. A. Schulten in Erlangen im 2. Heft 1908 des Archäologischen Anzeigers Sp. 232 ff.

Nach Novaesium, dem ersten vollständigen Legionslager, und Carnuntum ist dieses das dritte bisher ausgegrabene Legionslager der Kaiserzeit. Bevor die Legio III Aug. dieses Lager, in dem sie wohl 200 Jahre gelegen hat, bezog, hatte sie etwa 200 m westlich ein kleineres Lager, welches 200 × 200 m mifst, in dessen Mitte das dem Hadrian zur Erinnerung an die von ihm am 1, Juli 128 abgehaltene Revue errichtete Denkmal stand.

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Von dem grofsen Lager (500X440) ist nur die Praetentura mit den Principia gut erhalten, die Retentura scheint zum Teil durch spätere Bauten (Thermen) zerstört zu sein, zum Teil ist sie von modernen Gebäuden bedeckt. Dies Erhaltene ist aber freilich so vorzüglich erhalten, dafs sich die analogen Partien von Novaesium und Carnuntum nicht mit ihm messen können."

,,Die Principia sind ein grofser, fast quadratischer Hof mit der bekannten monumentalen Eingangshalle, dem sogenannten Praetorium. Der Hof zerfällt in 2 Teile. Der vordere, ein Peristyl, ist auf 3 Seiten von kleinen Kammern umgeben, den Waffenmagazinen, zu denen die Inschriften,arma antesignana',,arma postsignana gehören. In einem Raume des Magazins hat man 300 steinerne Ballistenkugeln und 6000 Schleuderkugeln aus Ton gefunden. Am hinteren Hof liegt in der Mitte der Rückwand das Sacellum, zu beiden Seiten eine Reihe kleinerer Räume teils Bureaux teils scholae (Versammlungslokale der principales der Legion).“

,,In der Praetentura, dem Raum vor der Via principalis und den Principia, liegt zunächst, seine ganze Breite einnehmend, das ,Scamnum', die Reihe der Wohnungen für die Offiziere (cf. Hygin 15). Es sind wie in Novaesium oblonge Häuser. Ihre Räume sind um einen offenen Hof gruppiert, den man Peristyl oder Atrium nennen kann. Eines von ihnen, das sich durch besonderen Komfort auszeichnet, dürfte das Haus des Legaten der Legion darstellen. Es liegt in dem Winkel zwischen der Via praetoria und dem rechten Abschnitt der Via principalis in unmittelbarer Nähe der principia. In dem Raum zwischen dem Scamnum und dem vorderen Intervallum liegen in der Mitte die Kasernen und zwar auf jeder Seite der Via praetoria 3 Manipel 1 Cohors, an den Seiten Magazine u. a. Die Manipelkasernen zeigen die aus Novaesium bekannte Anlage. Sie bestehen aus dem mittleren langgestreckten Hofe und den beiden rechts und links von ihm liegenden Reihen der Contubernien für die Mannschaft und die beiden Centurionen des Manipel. Die Zahl der Contubernien ist auf jeder Seite 13. Jedes derselben besteht aus dem Schlafraum (papilio), dem kleineren, hier ganz eigenartig gestalteten Waffen- und Gepäckraum (arma) und dem Stall, der auch hier wie in Novaesium ein auf zwei Pfosten ruhendes Dach hatte. Die Dimensionen der Kasernen sind gröfser als in Novaesium. Die Kasernen werden getrennt durch eine einfache Mauer wie in Carnuntum, nicht durch einen Gang wie in Novaesium. In den scipionischen Lagern vor Numantia findet sich das eine wie das andere. Die Auffindung der Kasernen widerlegt die von Wilmanns Blätter f. d. Gymnasialschulw. XLIV. Jahrg. 41

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