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So oft ich auf der
Island fischer" von

schiff befindet sich hier für den Krankendienst. Reise französische Kutter sah, dachte ich an die Pierre Loti. Dieses tapfere Geschlecht von Seeleuten stammt hauptsächlich aus der Bretagne, der Normandie, von Boulogne und Dünkirchen. Der gefahrvolle Beruf vererbt sich vom Vater auf den Sohn. Im Sommer sind diese wackeren Männer im Norden und die Frauen. hören viel vom fernen Island reden, das ihnen wie ein schrecklicher Schlund erscheint, der Jahr für Jahr so viele ihrer Kinder verschlingt.

Auch die Beteiligung der Deutschen an der Fischerei in den isländischen Meeren ist nach Herrmanns Nachweis noch verhältnismässig jung, aber recht lebhaft und verspricht immer erfolgreicher zu werden. Nur haben die Fremden die Demarkationslinie oder die Hoheitsgrenze einzuhalten, wenn sie nicht vom isländischen Fischereikreuzer ertappt werden und den gesetzlichen Strafen verfallen wollen. In Faskrudsfjord ist sogar eine deutsche Walstation, während sonst der Walfang nur von Norwegern betrieben wird.

Um 3 Uhr verliefsen wir diesen Handelsplatz und fast zu gleicher Zeit fuhr der französische Kreuzer hinaus. Noch aus weiter Ferne erspähte das Auge die gigantische Felseninsel Skrudr, das Wahrzeichen der Ostküste Islands. Eine wundersame Fahrt geleitet uns zur letzten Station, Bucht an Bucht, eine Bergkette nach der andern zieht an unseren Augen vorüber; im Hintergrunde schimmern weilse Bergeszinnen herüber, alle Formen der Gebirgswelt entzücken hier das Auge ein zweites Spitzbergen!

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Um 46 Uhr gingen wir weit vom Festlande bei Djupivogu am Eingang zum Berufjord vor Anker. Der Hafen ist durch stel. Felsen abgeschlossen und ein kleiner Schärgaard ist vorgelagert, während im Hintergrund die über 1000 m hohe Pyramide des Bulandstindur sich erhebt. Im weiteren Umkreis ragen hohe Schneeberge empor, wovon die hinterste Kette in schön gezackten Formen einen imposanten Abschlufs bildet. Der ganze Zauber einer norwegischen Landschaft entfaltet sich in diesem Fjord vor unseren erstaunten Blicken. Im Osten schweift das Auge hinüber zu den unermesslichen Fernen des Ozeans. Lange liegen wir vor diesem Handelsplatz, der etwa ein Dutzend Häuser aufweist. Da sich nirgends ein Boot zeigt, so widerholt sich das Echo des Schiffssignals mehrfach. Längst schon war unser Steuermann mit der Post und den Passagieren am Ufer, bis erst allgemach ein Leichter erschien. Auch hier wurden nur Waren gelöscht, aber keine verladen. Auf der Höhe über der Station winkt die Seemarke herüber. Der Kapitän versicherte mir, er hobe noch nie in diesem nebelumflorten Fjord den Anblick der Gebirgskette hinter Djupivogur so rein genossen wie an diesem Abend. Es war in der Tat eine feierliche Abendstimmung, die uns den Abschied von der Eldgamla Isafold d. i. dem uralten Eisland unvergesslich machte. In einer Senkung zwischen zwei Bergketten sinkt die Sonne hinab, das leichte Gewölk rötet sich immer intensiver, die nächsten Berge der Südostküste werden immer dunkler und die Konturen immer schärfer. Die Wellen erstrahlen in magischem Lichte, während

Blätter f. d. Gymnasialschulw. XLIV. Jahrg.

die von den Bergen beschatteten Wogen im tiefsten Dunkelblau sich kräuseln; ein wunderbarer Kontrast der sattesten Farben. Auch die Luna stand hoch über dem Horizont und ihr Licht wurde immer stärker. Aus dem Norden grüfst noch immer die schöne Insel Skrudr her. Noch geraume Zeit verweilten wir auf dem Deck in freudiger Stimmung über den glanzvollen Abschied von der Ultima Thule, bis sie unsern träumenden Blicken gänzlich entschwunden war.

Rosenheim.

Dr. J. Schäfler.

Zu Wilibald Pirckheimers Schweizerkrieg.

Wilibald Pirckheimers Schweizerkrieg wurde erst 80 Jahre nach dem Tode des Verfassers gedruckt und erschien zuerst in der Goldastschen Ausgabe der Opera. Für die späte Veröffentlichung wurde ein annehmbarer Grund bisher nicht vorgebracht. Dafs Pirckheimer vor dem endgültigen Abschlusse des Werkes vom Tode überrascht wurde, ist sicher. Die Frage aber, warum es die Erben zurückhielten, wurde noch niemals genügend beantwortet. Was im Jahre 1610 möglich war, sagt man sich, sich, konnte auch bald nach dem Tode Pirckheimers († 22. Dezember 1530) ausgeführt werden, zumal der Versuch Kaiser Maximilians, die Schweiz mit Gewalt beim Reiche festzuhalten, damals noch nicht in Vergessenheit geraten war. In das Dunkel kommt jetzt einiges Licht durch einen Brief, den D. Th. Kolde als Beilage einer Abhandlung über Thomas Venatorius veröffentlicht.1) Er ist von dem Nürnberger Prediger Thomas Venatorius an den Strafsburger Reformator Martin Butzer gerichtet. Das Datum ist der 30. Juli 1531.

Venatorius, einer der bedeutendsten Theologen Nürnbergs zur Zeit der Reformation, war auch als Humanist nicht ohne Verdienste, ist aber in weiteren philologischen Kreisen als solcher nicht bekannt. Zwar wies Carl Krause in seinem Buche über Helius Eobanus Hessus (Gotha 1879) auf seine Beziehungen zu Hessus und Camerarius, seine poetischen Versuche und seine Verdienste als Uebersetzer und Herausgeber hin. Aber in der Geschichte der klassischen Philologie in Deutschland von C. Bursian (München und Leipzig 1883) fand er keine Erwähnung. Nur jenen Kritikern, die sich mit den Werken der griechischen Mathematiker befafsten, blieb wenigstens sein Name nicht unbekannt. Denn Venatorius gab im Jahre 1544 den Archimedes zum erstenmal im griechischen Texte') aus der in der

1) In den Beiträgen zur bayerischen Kirchengeschichte XIII, S. 97-121. Es sei hier auf eine früher in Koldes Beiträgen z b. K. erschienene Abhandlung hingewiesen II, S. 1-8: Zur Bannangelegenheit Pirkheimers und Spenglers von Pfarrer Dr. H. Westermayer.

2) Die in Venedig 1543 erschienene Ausgabe einiger Werke des Archimedes von Nikolaus Tartalea enthält nicht das Original, sondern die lateinische Uebersetzung. Siehe Heiberg in den Proleg. zum 3. Bd. der Ausgabe des Archimedes Seite XXIX.

Nürnberger Stadtbibliothek befindlichen Handschrift1) heraus (mit der lateinischen Uebersetzung des Jakobus von Cremona) und dem Kommentar des Eutokios von Askalon, diesen letzteren ebenfalls im Urtexte und zugleich in lateinischer Uebersetzung). Allein auch sie scheinen nähere Nachrichten über sein Leben nicht erlangt zu haben, wie wenigstens die folgenden Worte von Hultsch3) vermuten lassen: Als Herausgeber (des Archimedes) nennt sich zu Anfang der Dedicatio Thomas Gechauff, cognomento Venatorius". Es ist deshalb sehr dankenswert, dafs Kolde neben dem gelehrten Theologen1) auch den Humanisten gewürdigt hat. In den folgenden Zeilen ist jedoch nicht beabsichtigt, auf Venatorius aufmerksam zu machen, sondern festzustellen, was sich aus seinem Briefe an Butzer über das Schicksal von Pirckheimers Schweizerkrieg gewinnen läfst. Dabei wird Gelegenheit sein, die Darstellung dieses Werkes wenigstens von einer Seite heller zu beleuchten.

Venatorius erfreute sich der Gönnerschaft Pirckheimers in besonderem Grade. Den Herausgeber des Archimedes und Uebersetzer des Ptolemäus werden vor allem die gemeinsamen griechischen Studien verbunden haben. Auf häufigen Verkehr im Hause Pirckheimers läfst auch die Bemerkung in einem seiner Briefe schliefsen, er habe das Manuskript des Schweizerkrieges oft zu Gesicht bekommen; in einem anderen Briefe spielt er den Mahner und Warner seines Gönners. Das enge Verhältnis scheint auch den Stimmungswechsel Pirckheimers gegenüber den Evangelischen, gegen die er ja später Abneigung zur Schau trug, überdauert zu haben.

Nach dem Tode Pirckheimers wurde Venatorius mit der Ordnung seiner Briefe betraut. Bedauerlicherweise zeigte er sich dieser Aufgabe nicht gewachsen. Da es ihm zu mühsam war sämtliche Briefe durchzulesen, so warf er einen grofsen Teil davon ins Feuer um zu verhüten, dafs Privatbriefe für die Benutzung offenstünden. Die Gröfse des Verlustes wird klar, wenn man bedenkt, dafs Pirckheimer mit den gelehrtesten Männern im Briefwechsel stand. Nach diesem unüberlegten Streiche darf man von Glück sagen, dafs Pirckheimers Schweizerkrieg nicht dem gleichen Schicksale verfiel, da die geplante Veröffentlichung ohne vorhergehende mühsame Umarbeitung für untunlich erachtet wurde. Denn wirklich sollte, wie der Brief des Venatorius an Butzer vom 30. Juli 1531 erkennen läfst, das Werk bald nach dem Tode

1) Siehe über sie Heiberg (a. a. O. XXIII f.), der erst durch Heinrich Menge auf sie aufmerksam gemacht wurde. Die Ausgabe gibt nicht durchweg den Text der Nürnberger Handschrift wieder, da Venatorius viele Emendationen, die sich in ihr finden, aufgenommen hat. Siehe Heinrich Menge in Fleckeisens Jahrbüchern für klassische Philologie 1880, 26 Jahrgang S. 110.

2) Siehe Heiberg a. a. O. XXII.

3) In dem Artikel „Archimedes" in der Realenzyklopädie von PaulyWissowa II, Spalte 507 ff.

) Von den theologischen Schriften sei auf den kurzen Unterricht den sterbenden Menschen ganz tröstlich geschrieben, aus dem Kolde S 116 f. einen Auszug gibt, hingewiesen. Die Probe erweckt keine geringe Vorstellung von der Wirksamkeit des Venatorius in der Seelsorge. Die Sprache dringt zu Herzen. Luther hat die Schrift mit einer Vorrede versehen und wieder herausgegeben.

Pirckheimers herausgegeben werden. Für die Geschichte des Pirckheimerschen Nachlasses ist diese Nachricht wichtig. Kolde vermutet. als Druckort sei Strafsburg in Aussicht genommen gewesen (hier war i. J. 1525 Pirckheimers Uebersetzung der Geographie des Ptolemäus gedruckt worden); Butzer habe von dem Unternehmen Kenntnis erhalten und in einem (jetzt verschollenen) Briefe an Venatorius sich gegen die Veröffentlichung ausgesprochen. Aus der Antwort des Venatorius vom 30. Juli 1531 ist zu ersehen, dafs Butzer Abänderungen verlangte. Die in ihr auf den Schweizerkrieg bezügliche Stelle lautet: Quod commentariorum Helvetici belli libros prohibes ne excudantur ut scripta sunt a te accipio. Facis enim quod fidem tuam decet. Ego curabo ut exemplar redimant rursus cognati. Deinde studebimus modis omnibus ut quam minime mordax in manus veniat studiosorum, modo historiae series adimere aliquid sibi patiatur. Ipse quidem eam historiam saepe vidi, nunquam legi uel quod authori nondum satis placeret, uel quod me alio rapiebant negotia ministerii mei.

Kolde sucht den hauptsächlichsten Grund für den Einspruch Butzers darin, dafs mancherlei scharfe Ausfälle Pirckheimers gegen die Schweizer von diesen übel vermerkt worden wären. Allein aus ihnen ist das Widerstreben Butzers gegen den Druck nicht zu erklären. Denn es finden sich deren nur drei, zunächst zwei ganz kurze I, 5, 211) et perfidiam und II, 8, 31 scelestissime, welche ohne jede weitere Änderung einfach weggelassen werden konnten, wie sie denn auch in dem von Goldast, einem Schweizer, besorgten Drucke weggeblieben sind. Eine etwas umfangreichere Stelle ist II, 8, 31 f. (Heluetii-dedere poenas), eben die, in der sich das Wort scelestissime findet. Bei Goldast fehlt sie nicht. Sie hätte aber ohne besondere Schwierigkeit getilgt werden können. Wegen dieser drei Stellen hätte Butzer wohl überhaupt kein Wort verloren; es müssen vielmehr andere in Betracht gekommen sein, an denen der Versuch, das Werk in eine andere Form zu bringen, scheiterte.

Ähnlich wie Tacitus am Anfang der Annalen stellt Pirckheimer im Prooemium eine ruhige Darstellung in Aussicht.) Allein die Erinnerung an die Verdächtigungen, denen er und das Nürnberger Kontingent während des Feldzuges ausgesetzt gewesen waren und die Macht gewisser Vorurteile, denen er sich nicht entziehen konnte, rifs ihn zu leidenschaftlichen Angriffen hin.

Bei dem Einfalle der Schweizer in den Hegau (II, 3, 34) waren einige stark befestigte Burgen ohne Widerstand geräumt worden. Das feige Verhalten der Edelleute erregt den Zorn Pirckheimers gewaltig. Einem bewaffneten Feinde gegenüber, sagt er, gebrach es ihnen an Kühnheit; dagegen verstanden sie sich auf Strafsenraub. Von diesem Gewerbe lebten sie wie ihre Ahnen. Dieben gleich vom Raub und dem Unglück anderer sich zu nähren hielten sie für tapfer und vornehm. Aber wie gewonnen so zerronnen. So wurden auf der Hom

1) Ich zitiere nach meiner Ausgabe des Schweizerkrieges, München 1895. *) Prooemium, 8: quantumque potero uerissime cuncta omni affectu animi depulso enarrare conabor.

burg allein 10000 Goldstücke gefunden, welche der Schlofsherr nach und nach erbeutet hatte. Denn der Hegau war ein Asyl für Räuber und Diebe; hieher wurde von allen Seiten geraubtes Gut geschafft.

In den Berichten über die Kämpfe zwischen den verbündeten Edelleuten und der Stadt Bern1) tritt ebenfalls die Gereiztheit Pirckheimers gegen den Adel zutage. Nach seiner Darstellung wagten die Verbündeten nach der Schlacht bei Laupen keinen offenen Angriff mehr auf die Berner, aber sie beunruhigten sie, wie es die Gewohnheit des Adels ist, unaufhörlich durch versteckte Angriffe.

Bei Schaffhausen) nahm die kaiserliche Reiterei, unter ihr die fränkische, den von 800 Schweizern angebotenen Kampf nicht an, sondern zog sich, als sie längere Zeit vergebens das Fufsvolk erwartet hatte, bei Einbruch der Nacht zurück. Um ihr furchtsames Verhalten zu beschönigen, liefs sie beim Kaiser das Fufsvolk und vor allem die Nürnberger anschwärzen, die des geheimen Einverständnisses mit dem Feinde bezichtigt wurden. Da begab sich Pirckheimer selbst zum Kaiser und drang auf eine Untersuchung. Dieser beruhigte ihn vorläufig und gab ihm unter bedeutsamem Lächeln zu verstehen, was er sich von der Reiterei, zumal von der fränkischen, verspreche. Die Abrechnung mit den Verleumdern erfolgte später in Freiburg, wohin inzwischen die Nürnberger dem Kaiser gefolgt waren, und zwar gelegentlich der Besichtigung des aus Nürnberg eingetroffenen Ersatzes. Hans von Beistorff, Pirckheimers Begleiter, führt hier vor dem Kaiser und seinem Gefolge die Sache der Nürnberger. Die Rede, die ihm Pirckheimer in den Mund legt, ist wieder voll schlaghafter Wendungen gegen den Adel. U. a. läfst er den alten Haudegen in klassischen Antithesen fragen, warum denn die vornehmen Herrn, welche den Nürnbergern Feigheit vorwürfen und mit ihrer Tapferkeit prahlten, nicht allein den Kampf aufgenommen hätten, sie weit über tausend mit einigen Hunderten, Edelleute mit Bauern, Reisige mit schweizerischem Fufsvolk. Schon bei Stockach hätten sie nicht den Mut gezeigt, den Feind auf seinem Rückzuge anzugreifen; niemals hätten sie sich erprobt, doch andere verunglimpften sie auf jede Weise. Auch diesmal hätten sie gelogen. Die Verleumder sollten jetzt vortreten; er werde sie der unverschämtesten Lüge überführen. Aber offenes Auftreten sei nicht ihre Sache, sondern versteckte Treibereien und dabei brüsteten sie sich mit ihrem windigen Adel und ihrem Reiterdienst, obwohl sie sich kaum mit gemeinen Soldaten messen könnten.

In ähnlicher Lage und Weise hatte sich Pirckheimer selbst vor dem Kaiser und vielen hohen Herrn gegen die Verleumdungen seiner Gegner verteidigt, als er von dem gefährlichen Zuge ins Engadin über den Arlberg in Lindau eingetroffen war.3) Die wenigen Sätze, in denen er über den Vorfall berichtet, sind voll von beifsenden Worten. Das erwähnte unrühmliche Verhalten der fränkischen Reiterei 1) I, 1, 10 ff.

2) II, 7, 19 ff.
II, 5, 42 ff.

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