Abbildungen der Seite
PDF
EPUB
[ocr errors]

oder vom Kultusministerium u. a. m. : bei einheitlicher Leitung ist diese Einreihung sehr einfach. Und man denke dann noch an die Verteilung der Lieferungen an die Buchhändler, die Zuweisung an die Buchbinder, die Kontrolle der Rechnungen alles drängt zur Zentralisierung. Ja auch die Schülerbeiträge, die meist eine Mark pro Jahr betragen, könnten in diesem Fall ganz gut herabgesetzt werden: die Sache stellt sich reicher und billiger zugleich, weil nicht so viel Geld nutzlos verzettelt wird.

Nun mag man ja sagen: Das Ministerium hat aber so verfügt, da hilft alles nichts: gewifs, und seine Verfügungen werden ohne Frage pflichtgemäss erfüllt. Aber hat man nicht schon Verfügungen rückgängig gemacht? In diesem Falle hoffe ich es und erwarte es bestimmt: Die Sache ideell und praktisch betrachtet - liegt so offen auf der Hand, dafs mir ein Bedenken nicht wahrscheinlich dünkt. Da muss ich noch einen Punkt besprechen, der in der höchsten M.-E. behandelt wird und nach Wahrnehmungen und Mitteilungen, die ich erhalten, vielfach in einer recht bedenklichen Weise ausgelegt wird. Es ist hier die Rede von der Behandlung solcher Bücher, die einen bestimmten konfessionellen Standpunkt einnehmen. Da heifst es denn: „,es ist darauf zu sehen, dass hier jede Verletzung der religiösen Empfindungen und Gesinnungen ausgeschlossen ist". Gewifs, das finde ich durchaus notwendig, ebenso dafs man den Religionslehrer (wie ja auch z. B. den naturwissenschaftlichen Fachlehrer) als besonderen Beirat bei der Revision der Bücherbestände und bei Neuanschaffungen zu Rate zieht; aber geht es denn an, dafs man für „religiöse Empfindungen" den Mafsstab allein von einer Konfession nimmt, geht es denn an, dafs man es so treibt, wie mir einmal ein Kollege gesagt hat, dafs er es mache: wenn in einem Buch etwas von Luther oder Gustav Adolph oder Reformation oder Hutten etc. stehe, dann werde das Buch gestrichen? Ist denn das zu verantworten? Gut, wenn allein der Name Luther und Luthers Tat bei gerechter, ehrlicher Würdigung handelt es sich nicht um eine solche, dann gehört das Buch hinaus! religiöse Empfindungen ver letzen soll, was macht denn dann der Geschichtsunterricht? Und doch, ich kann den 4. Band von G. Freytags „Ahnen", ,,Markus König", nie und nimmer aus meiner Bibliothek herausnehmen ohne ein Unrecht zu tun, auch die ,,Bilder aus der deutschen Vergangenheit" nicht: Das sind klassische Werke, die notwendig in jeder wissenschaftlich geführten Bibliothek stehen! Aber ein grofses P schreibe ich darauf schweren Herzens, das heifst, dafs es nur Protestanten haben dürfen: ich weifs nicht, ob ich nicht auch auf Goethes „Egmont" und Schillers,,Don Carlos" und viele andere als klassisch anerkannte Werke das P zu setzen habe. Dafs ich einen Sperl mit dem P zeichnen mufs, ist unter diesen Umständen klar: und doch die Fahrt nach der alten Urkunde", die ,,Söhne des Herrn Budiwoy", ,,Hans Georg Portner" sind wirklich schöne, gehaltreiche Sachen! Und wie viel Namen von Autoren und

--

Werken hätte ich hier zu nennen, die alle in die gleiche Kategorie gehören!

[ocr errors]

Gewifs, jede Intoleranz, jede Verächtlich machung irgend eines Glaubens halte ich geradezu für ein Verbrechen: aber ist es nicht ein Unrecht ich will hier gar nicht von den nichtkatholischen Schülern reden - ist es nicht ein Unrecht, das wir den katholischen Schülern zufügen, zufügen müssen, wenn wir ihnen sozusagen Standard works vorenthalten? Ich denke ja hier besonders an gröfsere, erwachsene Schüler. Und dann, sollen das freie, innerlich gefestigte Menschen werden, die nie die gegenteilige Meinung gehört haben? Wird nicht sogar das Bewusstsein vom Wert des Eigenen eben gehoben durch die Bekanntschaft mit dem Gegenteiligen oder Verwandten? Man wird erkennen, was ich haben will: Pflege des Geistes, Kraft, Urteil, Eigenart, nicht kleinliche, engherzige Schwäche!

Doch um diesen Punkt zu verlassen und zum Schlusse zu eilen, möchte ich nur noch einem Einwand begegnen: Wer wird diese grofse und verantwortungsreiche Arbeit leisten wollen? Nun, ich selbst habe sie an meiner Anstalt Jahre lang geleistet und Freude daran gehabt, habe viel dabei gelernt, manch wertvolle Erfahrung gesammelt. Ich gebe zu, die paar Mark, die ich pro Jahr für diese Verwaltung erhielt, waren nicht viel, aber die Freude an der schönen Entwicklung dieses Lieblings war auch eine Art ausgleichender Entschädigung.

Aber wenn für diese Bibliothekarstelle an jedem Gymnasium - und die Wichtigkeit derselben mufs ja klar geworden sein eine besondere Etat- und Rangposition geschaffen würde, wäre das nicht unmittelbar im Interesse der Sache gelegen, wäre da nicht für manchen unserer Kollegen eine erfreuliche Vermehrung seiner Bezüge, eine Erhöhung seiner Stellung ermöglicht, wäre hier nicht auch eine höhere Dienstaufgabe", nach der man so eifrig sucht?

Und doch, wenn's damit nichts ist, wenn wir auch hier wieder nur Idealisten sein sollen, hier lohnt sich selbst das: ringen wir um das Ideal, das ich Ihnen hier zu zeichnen versucht, wo wir mit unseren Bibliotheken, wenn sie richtig geführt sind, Keime des Edlen, Hohen, Göttlichen aussäen können! Wollen wir alle dafür wirken, dafs auf diesem Arbeitsgebiet dem freien Geiste, dafs wahrer Humanität gedient werde!

Nürnberg.

Dr. Keller.

Einige Beobachtungen Aristarchs,,de cultu et victu heroum“1).

I.

Zu I 168/9: „Φοίνιξ μὲν πρώτιστα διίφιλος ἡγησάσθω

αὐτὰρ ἔπειτ' Αἴας τε μέγας καὶ δῖος Ὀδυσσεύς

1) cfr. K. Lehrs de Ar. studiis Homericis", Lips. 1865, p. 193-199 und meine Abhdlg. ,,Aristarchs Studien de cultu et victu heroum im Anschlufs an Karl Lehrs", Progr. des Kgl. Ludwigsgymnasiums München 1905.

enthält der cod. Ven. A eine durch den zur Zeit des Kaisers Augustus lebenden Grammatiker Aristonicus1) überlieferte Beobachtung Aristarchs: ὅτι ὁ Φοίνιξ προέρχεται καὶ οὐ συμπρεσβεύει τοῖς περὶ τὸν ̓Οδυσσέα, ὥστε μὴ συγχεῖσθαι διὰ τῶν ἑξῆς τὰ δυϊκά. Das,,os" hatte Aristarch an zwei anderen Stellen der Ilias gesehen; das sagt uns das Scholion des cod. Town. zu unsrer Stelle: πέμπεται οὖν ὁ Φοίνιξ οὐχ ὡς πρεσβευτής· δύο γὰρ ἦν ἔθος πρεσβεύειν· ἄνδρε δύω κρίνας (Ι 89); ἀγγελίην ἐλθόντα σὺν ἀντιθέῳ Ὀδυσῆι· (1 140).

Dazu vergleiche man 4 377:

„ τοι μὲν γὰρ ἄτερ πολέμου εἰσῆλθε Μυκήνας
ξεῖνος ἅμ ̓ ἀντιθέῳ Πολυνείκεϊ, λαὸν ἀγείρων.

Das Scholion des cod. Ven. A bemerkt: ... ἰστέον δὲ ὅτι ἐπὶ τὰς τοιαύτας λειτουργίας δύο ἐπέμποντο κατάσκοποι πρέσβεις· ἡ ἀναφορὰ δέ, ὅτι οὐδὲ ὁ Φοῖνιξ ἐν ταῖς λιταῖς πρεσβεύει.

II.

Aristarch hielt bekanntlich an der Einheit von Ilias und Odyssee fest und war daher ein scharfer Gegner der Chorizonten). So betont er diesen gegenüber einmal auch die gleiche Reihenfolge der gymnastischen Kämpfe in Ilias und Odyssee zu Ψ 621/2:

οὐ γὰρ πύς γε μαχήσεαι οὐδὲ πόδεσσιν

θεύσεαι. ἤδη γὰρ χαλεπὸν κατὰ γῆρας ἐπείγει“

Dazu bemerkt ein Aristonikusscholion des cod. Ven. A, also Aristarch: ὅτι προτάσσει τὴν πυγμήν, ὡς καὶ ἐν Ὀδυσσείᾳ ( 103 „πύς τε παλαι· μοσύνῃ τε ... und 9 246 οὐ γὰρ πυγμάχοι εἰμὲν ἀμύμονες οὐδὲ παλαισταί...). Vergleiche ferner Φ 634: „πὺς μὲν ἐνίκησα wozu wir im cod. Ven. A lesen: ὅτι τὴν ὁμοίαν τάξιν καὶ ὁ Νέστωρ τηρεῖ τῶν ἀγωνισμάτων.

III.

Aristarch hat beobachtet, dafs bei Homer im Gegensatz zu späteren Zeiten sich nur die Frauen, niemals die Männer mit Kränzen schmücken. Betrachten wir folgende Stellen mit den Aristarchischen oder auf Aristarch zurückgehenden Notizen:

Ν 736: „πάντῃ γάρ σε περὶ στέφανος πολέμοιο δέδηεν.

Dazu das Scholion des cod. Ven. A: ὅτι στέφανον ἡρωϊκὸν πρόσ ωπον ὠνόμακε διὰ τῶν γενομένων αὐτῶν· οὔτε γὰρ οἱ τῆς Πηνελόπης μνηστήρες οὔθ ̓ οἱ Φαίακες οὔθ ̓ οἱ ἐπὶ τῶν θυσιῶν ἐστέφοντο, ἀλλ ̓ ἴσως ἀπὸ τῆς κατὰ τὴν ἐμπλοκὴν στεφάνης διὰ τὸ κυκλοτερὲς εἴρηται. Φ 511: „τὸν δ ̓ αὖτε προσέειπεν ἐυστέφανος κελαδεινή

Scholion des cod. Town.: ἐπικεφάλιος γὰρ ὁ τῶν γυναικῶν κόσμος. β 120: „Τυρώ τ' Αλκμήνη τε ἐυστέφανός τε Μυκήνη Scholion des cod. Ε: καλὴν στεφάνην ἔχουσα. στεφάνη δὲ κόσμος γυναικείος. 9 267: ἀμφ' "Αρεος φιλότητος ξυστεφάνου τ' Αφροδίτης

1) cfr. Christ, Griech. Littg. 1898, S. 65.

* Aristarch sah sich bei seiner streng kritischen Methode Ὅμηρον ἐξ Ομήρου σαφηνίζων" nur siebenmal genötigt, der Einheitlichkeit des Kulturbildes der Ilias und Odyssee halber in den Text einzugreifen. Cfr. meine oben zitierte Abhdlg. S. 5.

Scholion des cod. V. : καλὴν στεφάνην ἐχούσης. στεφάνη δὲ κόσμος γυναικεῖος.

Zu 1 700 bemerkt das Scholion des cod. Town. : στέφανον δὲ ὅλως οὐκ οἶδεν ὁ ποιητής, οὐκ ἐν νίκῃ, οὐκ ἐν θυσίαις, οὐκ ἐν συμποσίῳ. IV.

Für die Frage, ob wir in der Doloneia, wo Diomedes und Odysseus mit den Schilden (,,σάκος" Κ 149 und 255) in den Händen die Rosse besteigen, Bügelschilde anzunehmen haben, wie das unter den Modernen Helbig,1) Reichel2) und Robert3) tun, oder die gebräuchlichen ἀσπίδες“,4) die mykenischen Kuppelschilde, die von dem Scholiasten als „περιφερεῖς undἀνδρομήκεις bezeichnet werden (Scholion des cod. Ven. A zu Z 117) ist es von Wichtigkeit festzustellen, dafs die Bedeutung von σάκος als einem der „,ασπίς... an Gröfse vollständig gleichkommenden Schilde überall in Odyssee und Ilias festgehalten ist: P 132, ▲ 593, 1572, N 488, N 608, X 4, 820. Ferner wird der Schild des Ajas stets,σάκος", nie „,ασπίς" genannt.

99

Auch der scharfe Beobachter Aristarch macht keinen Unterschied zwischen der „,ασπίς", und dem,σάκος", wie das Aristonikusscholion zeigt zu

1 545: στὴ δὲ ταφών, ἔπιθεν δὲ σάκος βάλεν ἑπταβόειον Scholion des cod. Ven. 4: ὅτι ἐκ τελαμώνων ἀνήρτηντο αἱ ἀσπίδες. Man vergleiche ferner Γ 334/5:

ἀμφὶ δ ̓ ἄρ ̓ ὤμοισιν βάλετο ξίφος ἀργυρόηλον χάλκεον, αὐτὰρ ἔπειτα σάκος μέγα τε στιβαρόν τε Scholion des cod. D: σάκος τὴν ἀσπίδα.

V.

Mit dem „ἅπαξ εἰρημένον ἀνδράγρια wufsten manche alten Erklärer nichts anzufangen, weshalb sie zur Athetese griffen. Ξ509: „ὃς τίς δὴ πρῶτος βροτόεντ' ἀνδράγοι Αχαιών

ἤρατο".

Das Aristonikusscholion des cod. Ven. A überliefert die Notiz Aristarchs: ὅτι νῦν καὶ ἐν Ὀδυσσείς) ἅπαξ εἴρηκεν ἀνδράγρια. τινὲς δὲ ἀθετοῦσι διὰ τὸ ξένον τῆς λέξεως καὶ μὴ κείμενον ἀλλαχοῦ. ἤτοι δὲ τὰ σκῦλα τὰ ἀπὸ ἀνδρῶν ἀγρευόμενα ἢ ἀντὶ ἀνδρῶν. ὅταν γὰρ με δυνηθῶσιν ἀνελεῖν, ἀλλ ̓ οὖν τὸν ἀναιρεθέντα σκυλεύουσιν.

München.

Dr. Philipp Hofmann.

1) H.,,Das hom. Epos aus d. Denkmälern erläutert", Leipz. 1887.

2) R.,,Über homerische Waffen", Wien 1894.

9) R.,,Studien zur Ilias", Berlin 1901.

*) Auf p. 52 Anm. meiner oben zitierten Abhandlung glaube ich dargetan zu haben, dafs in der Doloneia keine Bügelschilde anzunehmen sind.

5) In unsrer Odyssee findet sich das Wort nicht.

Neposvariété.

"

Die kleine Schrift Variation und Konzentration im Neposunterricht" von Ph. Klein, die als Programm des Kgl. hum. Gymnasiums in Lohr für das Jahr 1906/7 erschienen ist, zwingt zur Erörterung einer prinzipiellen Frage pädagogischer Art.

Unter vernünftigen Leuten bedarf es heutzutage keines Wortes mehr darüber, dafs die alten Autoren in der Schullektüre kein Tummelplatz für grammatische Erörterungen sind, dafs es vielmehr gilt, wenn einmal das unerlässliche gründliche sprachliche Verständnis der zu behandelnden Schrift erreicht ist, sie den Schülern als Literaturwerk und als menschliches Dokument lebendig werden zu lassen, soweit das der Reifestufe, auf der sie stehen, angemessen ist.

Bei Nepos freilich, dem ersten Autor, den unsere Gymnasiasten in die Hand bekommen, scheinen die Verhältnisse für die Erfüllung der eben gestellten Forderung nicht gerade günstig zu liegen. Seine duces sind keine literarische Leistung; der biedere Transpadaner hat den Stoff seiner Biographien, den er wahl- und kritiklos aus dritter und vierter Hand übernahm, zu einem Ganzen zusammengearbeitet, das sich nie über das Niveau eines mäfsigen Schulaufsatzes erhebt. Würden wir aber nun, was an sich richtig und fruchtbar wäre, auch für Verständnis und Beurteilung unserer heutigen ,,allgemeinen Bildung", den Nepos als Typus für den Stand der römischen Durchschnittskultur am Ende der Republik behandeln, so brächten wir damit eine Betrachtungsweise in den Unterricht herein, für die den Schülern einstweilen noch Kenntnisse und geistige Reife abgingen.

So müssen wir tatsächlich unsren Standpunkt bei der Neposlektüre erheblich niedriger wählen. Aber ich halte das durchaus nicht für schlimm und ich möchte kein Wort gegen die Beibehaltung des Nepos im Unterricht der 4. Klasse gesagt haben. Der Stoff, den er, wie immer vermittelt, bietet, ist brauchbar und der Fassungskraft der Schüler angemessen und in ihren Augen gewinnt er erhöhte Bedeutung dadurch, dafs er ihnen nun wirklich einmal von einem richtigen römischen Autor, dessen Buch sie als etwas Ganzes in Händen haben, entgegengebracht wird. Diesen Autor wollen sie übersetzen und verstehen lernen und der Nutzen der auf seine Lektüre verwendeten Stunden wird darin bestehen, dafs die Schüler ihre Kräfte an seiner Verdeutschung üben und allmählich die fremde Sprache als Mittel zur Darstellung von Gedanken erfassen, die sie vorher vielleicht blofs als Objekt unheimlicher und verwirrender Grammatikregeln angesehen haben. Wer je die Freude der Begabteren erlebt hat, wenn mit ihrer Mitarbeit ein zusammenhängendes Stück lateinischer Erzählung bewältigt worden ist, der wird den Wert dieser Arbeit nicht gering anschlagen. Haben wir wenigstens die besseren Schüler schliefslich so weit gebracht, dafs sie eine gewisse Gewandtheit in verständnisvoller Auffassung lateinischer Darstellung besitzen und sich daneben vielleicht noch ein wenig von jener feinen Gewissenhaftigkeit und jenem sicheren Gefühl für den Wert der Worte angeeignet haben,

« ZurückWeiter »