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und deshalb aus dem Collegium beatae virginis aus: treten mußte). Ist dies richtig, so hat er den gewöhn lichen Gang durchgemacht: als Mitglied der Artistenfacultät gelesen, zugleich aber juristischen Privatunterricht ertheilt und als Advokat practicirt, bis er für würdig befunden wurde,,iuris utriusque infulas" zu erwerben.

Ein Doctor beider Rechte war gegen das Ende des fünfzehnten Jahrhunderts noch ein kostbarer Artikel. Fürsten und Städte wogen ihn mit schwerem Geld auf, wenn er anders zu haben war. Und vor allen Städten im heiligen Römischen Reich deutscher Nation war die Stadt Braunschweig eines tüchtigen,,Rechtsfreundes“ bedürftig. Wer ihr dazu Kuppener empfahl, wissen wir nicht; wahrscheinlich aber ist es, daß er bereits im Jahr 1493 sich in die Dienste derselben begeben hatte.

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Damals war die Stadt Braunschweig mit ihrem Fürsten, dem Herzog Heinrich dem Aelteren, in eine blutige Fehde verwickelt 9). Nach einem Waffenstillstand vom 3. Mai bis zum 2. Juli 1493 wurde der Versuch gemacht, die obschwebenden Differenzen beizulegen durch einen vor Schiedsfürsten“ geführten Prozeß, als welche Ernst Herzog zu Sachsen, Erzbischof zu Magdeburg, Administrator zu Halberstadt und Kurfürst Johann, Markgraf zu Brandenburg, fungirten. In den Collectaneen Kuppeners findet sich eine Abschrift der interessanten Prozeßacten. Wir lesen da Ladungen zu einem Termin und Protokolle über denselben, welcher Sabbato post Mauricii (28. Sept.) abgehalten wurde 10); ferner die Klagschrift der Herzoge Heinrichs des Aelteren und Heinrichs des Jüngeren von Braunschweig und Lüneburg für sich und in Vollmacht Herzogs Erich zu Braunschweig und Lüneburg wider die Stadt Braun

schweig, Schulden, Anklage und Zusprüche betreffend 11), dann die Einredeschrift der Stadt Braunschweig 12), die Widerklage derselben 13), der Herzoge Einredeschrift auf die Widerklage 14), die Replikschrift der Stadt Braunschweig in der Widerklagsache 15), endlich das Protokoll über einen Termin zu Zerbst, welcher,,Dornstag nach Martini" (14. Nov.) 1493 abgehalten wurde 1).

Kuppener wird in diesen Schriftstücken nicht na mentlich erwähnt, vielmehr findet sich ein Procuratorium, ausgestellt von der Stadt Braunschweig am Sonntag nach Margaretä virginis (14. Juli) 1493 für Albert van Vechelde, Gerwin Wittekop und Hincmar van Laffelde,,,borgemestern vnde fulmechtigen", zur Klagerhebung u. s. w. gegen die Herzoge17), allein da unter diesen kein Rechtsgelehrter ist, die obenerwähnten Prozeßschriften der Stadt aber zweifellos von einem geschulten Romanisten verabfaßt sind, bleibt es wahrscheinlich, daß Kuppener als Actor den Bevollmächtigten zur Seite gestanden habe.

Wir wissen, daß die dreitägigen Verhandlungen zu Zerbst mit einem durch Rechtsverständige von Erfurt, Basel und Heidelberg gesprochenen günstigen Bescheid für die Stadt Braunschweig endeten, daß aber dennoch die Streitigkeit noch nicht völlig beigelegt wurde, indem erst ein am Himmelfahrtstage (8. Mai) 18) 1494 zu Braunschweig abgeschlossener Vergleich der Fehde für damals ein Ziel jezte 19).

Uebrigens befindet sich noch eine wichtige Braunschweiger Urkunde aus dem Jahr 1493 abschriftlich bei Kuppeners Papieren, nämlich ein,,nach dem heiligen Palmtage" (31. März) zwischen Ernst Herzog zu Sachsen, Erzbischof zu Magdeburg 2c., sowie Bartholt Bischof

zu Hildesheim einerseits und der Stadt Braunschweig andererseits zum Schuß des Braunschweiger Handels nach den Stiftsländern für die nächsten zwanzig Jahre abge schlossener Vertrag 20).

Aus dem Jahre 1494 sind uns zwei Rechtsgutachten Christoph Kuppeners erhalten, in denen er sich ausdrücklich als Braunschweiger Syndicus bekennt. Das eine 21), Alimentenforderung betreffend, ist von geringem Interesse; von um so größerem das andere 22), welches sich auf das Wechselgeschäft (cambium) der damaligen Zeit bezieht und mit einer späteren Schrift Kuppeners in engem Zusammenhange steht. Wir werden später darauf zurückkommen.

Die meisten der mir vorliegenden Consilien und Prozeßschriften Kuppeners fallen in die Zeit von 1495-97; fast immer unterzeichnet er sich mit dem Zusatz „cum essem Syndicus Brunszwigtzensis" oder ähnlich.

Am 26. März 1495 eröffnete Maximilian I., da mals noch Römischer König, seinen ersten Reichstag zu Worms. Die Reichsstände waren zahlreicher denn je versammelt, wichtige Fragen der äußeren und inneren Politik wurden verhandelt. Die Handhabung Friedens und Rechtens zu Worms aufgericht", sowie die Einrichtung des ständigen Reichskammergerichts,,,eines der größten Ereignisse der Reichsgeschichte“ 23), ist jedem Juristen in frischer Erinnerung.

Wir finden Kuppener auf dem Reichstag, in welcher Stellung freilich, ist nicht zu ermitteln. Er selbst erzählt, daß er ,,auf gemeinem des heilig reichs gehaltenn tag czu Wurms" von dem damaligen Römischen König Maximilianus,,in beiweßen viler des heiligen Ro. reichs fürsten" zum Ritter (eques auratus) ge:

schlagen worden sei 24). In seinen Collectaneen aber befindet sich der Entwurf einer Lobrede auf „Maximilianus, Romanorum rex" bei Ertheilung des Ritterschlags 25), sowie die ,,Gratiarum Actio Christoferi Cuppenerij In Maximilianum Romanorum Regem dum illum In conuentu Imperiali Wormen. Militem exornauerat" 26). Beide Reden sind ohne erheblichen Werth, aber wir können mit Sicherheit annehmen, daß Kuppener jener Zeit schon für eine bedeutende Person galt, vielleicht sogar eine Rolle auf dem Reichstag spielte, denn es stand der Ritterschlag damals noch etwas höher, als heutzutage etwa die Ertheilung eines Ordens over des Geheimrathstitels. Von da an nennt sich Kuppener regelmäßig iuris utriusque doctor et miles", mit unter wohl auch,,Cristoferus de Cuppener etc.“ 27).

Wieder müssen wir den Blick werfen auf Mißhelligkeiten der Stadt Braunschweig, diesmal mit gewaltthätigen Rittern in der Nachbarschaft. Die Vettern Curth und Othran von Veltheim glaubten an der Stadt sich rächen zu müssen. Curth von Veltheim behauptete, die Braunschweiger hätten ihm einen Knecht, Hans vom Berge, ohne alle redliche Ursache, wider und ohne alle Ordnung der ,,gotlickenn_keyserlichenn bewerdenn Rechte“ von dem Leben zum Tode gebracht; Othran von Veltheim gab an, es würden ihm von der Stadt Güter, zu denen er redliche Ankunft und Titel habe", mit Ge walt vorenthalten 28). Beide Anschuldigungen scheinen nicht sehr begründet gewesen zu sein; wenigstens was die Hinrichtung des Knechts“ betrifft, so wird erzählt, die Stadt Braunschweig habe den Veltheim'schen Voigt zu Campen wegen Straßenraubs mit dem Schwerte richten lassen 20). Aber die Herren von Beltheim waren

eben einmal rach- und thatendurstig und die Gelegenheit, ihr Müthchen zu kühlen, fand sich bald. Gegen Ende des Jahres 1495 ordnete der Rath zu Braunschweig eine Deputation zu einem,,Tag in Lüneburg" ab. In ihr befand sich neben zwei Bürgermeistern auch der Syndicus Kuppener. Diese,,des erßamen raths van Brunßwigk geschickte freunde vndt sendebothen“ wurden durch die von velthim . . . nedergeworffen, gefangen einwegk ge= furtt vnd geschatzet" 30). Mit verbundenen Augen brachte man die Gefangenen nach Pommern zu einem Verwandten der Herren von Veltheim, welcher dort eine Johanniter-Commende inne hatte 31). Langwierige Unterhandlungen zwischen den Fürsten von Braunschweig, dem Magistrat daselbst und den Vettern von Veltheim folg ten der offenbaren Gewaltthat. Die lehteren dachten vorerst nicht daran, ihre gute Beute leichten Kaufs fahren zu lassen. Ein von „Sonnabend Quasimodogeniti 1497" (1. April) datirtes Rechtsgutachten Christoph Kuppeners, welches die Streitigkeit der Altstadt Königsberg i. Pr. mit der Stadt Kneiphof rücksichtlich des Baues und der Unterhaltung einer Brücke über den „Nathang'schen“ Pregel (der jezigen hohen Brücke) behandelt, schließt mit folgender Anmerkung: In den gezceytten do ich was Sindicus zcu Brunswhgk vnnd von der selbtighen Stadt Anderthalb Jar Othranens vnnd Curdes vann Velthems gefangener. Ab Ich dorvmb albas langkweyligk In diesßem meynem Consilio gewest Adder nach notturfft myn (minder) adder mehr zu screiben, daß Ich mich nicht versehe, verghesßen hatte Pith Ich vedermenniglichen Sollichs, mehnem gefengkniß vnnd betrubnisß mehr, dann meyner vnwysßenheidt zcuschatzenn vnd zculeggen wollte. Ad laudem dei Amen“ 32).

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