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Vermählung des Prinzen mit der Prinzessin Augusta.

tember 1834 zur Enthüllung der Alexander-Säule nach Petersburg gesandt wurde, übertrug der König dem Prinzen Wilhelm.

In jenen Jahren gründete Prinz Wilhelm auch seinen eigenen Hausstand. Sein jüngerer Bruder, Prinz Karl, verlobte sich im Januar 1827 mit der Prinzessin Marie von Sachsen-Weimar. Er selbst kam in jenem Winter gleichfalls nach Weimar. Dort sah er die jüngere Schwester, die Prinzessin Augusta. Von dieser schrieb damals Wilhelm von Humboldt an Stein: „Ihr lebendiger und durchdringender Geist spricht aus ihrem Blick, ihre Züge sind im höchsten Grad bedeutungsvoll, und ihre ganze Gestalt wird sich in einigen Jahren ge= wiß noch schöner, als sie jetzt schon erscheint, entwickeln.“ Die Prinzessin war damals 16 Jahre alt, zeigte aber bereits Festigkeit und Selbständigkeit des Charakters. Bald nach dem Besuch des Prinzen in Weimar sprach man in Berlin von einer neuen Verlobung. Der alte Freiherr von Gagern schrieb über diesen Besuch an Stein: „Prinz Wilhelm ist die edelste Gestalt, die man sehen kann, der Imposanteste von Allen, dabei schlicht und ritterlich, munter und galant, doch immer mit Würde. Unsere Prinzessin Augusta schien ihn sehr anzuziehen, und die Berliner träumen schon von einer zweiten Verbindung." Der Traum ging bald in Erfüllung. Der Prinz verlobte sich am 11. Februar 1829 mit der Prinzessin Augusta, und am 11. Juni fand im königlichen Schlosse zu Berlin die Vermählung statt. Die Prinzessin beschenkte ihren Gemahl am 18. Oktober 1831 mit einem Sohne, dem Prinzen Friedrich Wilhelm Nikolaus Karl, und am 3. Dezember 1838 mit einer Tochter, der Prinzessin Luise.

Der Prinz von Preußen.

1840-1861.

Am 7. Juni 1840 starb nach einer 43 jährigen, ereignisvollen Regierung König Friedrich Wilhelm III. Der Kronprinz, mit der bayrischen Prinzessin Elisabeth vermählt, bestieg den Thron als Friedrich Wilhelm IV. Diese Ehe war kinderlos. Daher führte Prinz Wilhelm, nach dem im königlichem Hause herrschenden Herkommen, von da an als präsumtiver Thronfolger den Titel „Prinz von Preußen“. Auch wurde er von seinem königlichen Bruder zum Statthalter von Pommern und zum General der Infanterie ernannt und hatte bei längeren Reisen des Königs die Leitung sämtlicher Staatsgeschäfte zu besorgen.

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Die Regierung Friedrich Wilhelm's IV. gab dem preußischen Volke nicht die ersehnte Befriedigung. Der mit sehr beschränkten Befugnissen✓ ausgestattete Vereinigte Landtag", welcher durch das Patent vom 3. Februar 1847 berufen wurde, war kein Ersatz für die längst vorenthaltene parlamentarische Verfassung. Die Unzufriedenheit durchdrang alle Stände, wurde durch die Theurung des Jahres 1847 noch vermehrt und kam durch die Nachricht von der Pariser Februar-Revolution zum Ausbruch. Nachdem in der ersten Hälfte des März 1848 mehrere Volksversammlungen in Berlin gehalten, Konflikte mit dem Militär entstanden und Deputationen an den König abgesandt waren, erließ dieser am 18. März zwei Patente, welche den Vereinigten Landtag auf den 2. April einberiefen und für die Verfassungswünsche Preußens und Deutschlands ein vollständig befriedigendes Programm enthielten. Das eine derselben verhieß: unverzügliche Einberufung eines deutschen Parlaments, Einführung konstitutioneller Verfassungen in allen deutschen Ländern, Einrichtung einer allgemeinen deutschen Wehrverfassung, deutsche Bundesflagge, deutsches Bundesgericht u. s. w. Die Bevölkerung zog vor das Schloß, um dem König für die Gewährung ihrer

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Die März Revolution in Berlin.

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Bitten zu danken. Auf den wiederholten Ruf: Militär fort!" sprengten die auf dem Schloßplaß aufgestellten Dragoner auf die Menge ein und drängten sie zurück, eine Kompagnie Grenadiere drang aus dem Schloßportal mit gefälltem Bajonett gegen die Mitte des Plages, das Volk vor sich hertreibend, und aus ihren Reihen fielen, offenbar aus Zufall oder Versehen, wie dies in dem Gewühl leicht möglich war, zwei Schüsse, die niemand verwundeten. Sofort ertönte, wie in Paris in der Nacht auf den 24. Februar, der Ruf: „Wir sind verraten! Zu den Waffen!" Der Barrikadenbau und der Straßenkampf begann. Die Truppen, welche in ihrer Treue nicht wankten, nahmen Straße um Straße und waren im besten Zuge, den Aufstand vollends niederzuschlagen. Da kam in der Frühe des 19. März vom König der Befehl an die Truppen, nicht mehr angriffsweise vorzugehen, sondern sich in der Defensive zu halten, und wenige Stunden nachher der weitere Befehl, sich in die Kasernen zurückzuziehen, worauf der Abmarsch aus der Stadt folgte. Statt der Truppen versah nun die neu errichtete Bürgerwehr die Wachdienste. Das Ministerium wurde entlassen. Der König, welcher bis zu einem solchen Nachgeben sich hatte verleiten lassen, wurde von aller Schuld an dem blutigen Zusammenstoß freigesprochen, dagegen der Prinz von Preußen für die Opfer vom 18. und 19. März verantwortlich gemacht.

Unter verfassungslosen Verhältnissen aufgewachsen und zum Manne gereift, vorzugsweise Militär und zum Befehlen geschaffen, mochte der Prinz von Preußen immerhin keine allzu heißen Sympathien für das konstitutionelle System, vollends für den damals so hoch gepriesenen Parlamentarismus haben. Aber die seit Jahren in Preußen und in ganz Deutschland herrschende politische Gährung, die kühle Aufnahme, welche der im Jahre 1847 zum erstenmal einberufene Vereinigte Landtag gefunden hatte, dies und anderes hatte ihm gezeigt, daß es auch in Preußen mit dem bisherigen System nicht mehr gehe, und so hatte er selbst seinem Bruder geraten, auf die Wünsche des Volkes einzugehen, von der Revolution sich nicht zwingen zu lassen, ihr zuvorzukommen und die übersprudelnden Geister in eine verständige Bahn zu leiten. In diesem Sinne unterschrieb er als erstes Mitglied des Staatsministeriums das Verfassungspatent vom 18. März. Als nun trotz desselben infolge der verhängnisvollen Schüsse die Revolution durch die Straßen raste, war seine Ansicht, der Aufruhr müsse durch

D. Prinz will d. Truppen nicht vor d. Barrikaden sich zurückziehen lassen. 13

Waffengewalt niedergeschlagen, mit dem verheißenen konstitutionellen System aber müsse Ernst gemacht werden. Wäre sein Rat befolgt worden, so wäre die Autorität der preußischen Monarchie gewahrt geblieben; denn sie hätte sich als eine starke und zugleich nationale und aufrichtige erwiesen. Als es sich darum handelte, daß die vor den Barrikaden stehenden Truppen zurückgezogen werden sollten, widersetzte sich der Prinz von Preußen einer solchen Maßregel mit aller Macht und verlangte, daß, bevor dies geschehe, die Aufrührer die Barrikaden zu räumen hätten. Militärisch wie politisch schien es ihm ein Mißgriff der schlimmsten Art, wenn das Ehrgefühl der Armee so wenig geschont würde, daß man ihr sogar den Befehl erteilte, angesichts der Barrikadenkämpfer den Rückzug anzutreten, und wenn die ohnedies zur Schrankenlosigkeit aufgelegte Revolution durch bedingungsloses Nachgeben geradezu eingeladen würde, ihren herausfordernden Triumphzug vor den Fenstern einer zur Willenlosigkeit herabgewürdigten Monarchie zu halten. Auch der König hatte eine Zeit lang diese Ansicht und erklärte den in das Schloß stürmenden Bürgerdeputationen mehrmals, daß die Truppen nicht zurückgezogen werden könnten, bevor die Barrifaden geräumt seien. Aber seine Festigkeit hielt nicht stand; bei dem Widerstreit der Interessen war es ihm, der für einen Regenten einer stürmischen Zeit zu weich angelegt war, zuleht nicht mehr möglich, die Sachlage mit ihrem drohenden Hintergrund klar zu übersehen, und so ließ er sich zulegt jenen unglückseligen Befehl abringen. Nicht die Revolution, sondern die Monarchie hatte kapituliert. Sein ganzes Leben lang konnte der König diesen übereilten Schritt nicht verwinden. Er hatte damit nichts anderes gewonnen, als daß die Revolution, die ihn einen guten König nannte, unbarmherzig mit ihm umging.

In einer Zeit, in welcher derjenige für den freisinnigsten galt, welcher am heftigsten über das preußische Militärwesen schimpfte und am begeistertsten für ein sogenanntes Volksheer sich aussprach, war es sehr begreiflich, daß der Mann, welcher der Aufrechthaltung und Verbesserung der preußischen Heereseinrichtungen am meisten das Wort redete, welcher die möglichste Vervollkommnung derselben zu seiner Lebensaufgabe machte, welcher für das, was man die militärische Ehre heißt, so entschieden Sinn und Gefühl hatte und geradezu als die Verkörperung des preußischen Militärgeistes erscheinen mochte, sich keiner großen Popularität erfreute. Man wußte, daß der König sich

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Verleumdungen gegen den Prinzen.

vorzugsweise für Künste und Wissenschaften interessierte, daß er dem Militärwesen nicht mehr Aufmerksamkeit schenkte, als er als preußischer König mußte, und daß er die Leitung und Ausbildung desselben der Hauptsache nach dem Prinzen von Preußen überließ. Dieser hatte denn auch die Ungunst, mit der das tolle Jahr 1848 das Militärwesen überschüttete, in vollem Maße zu genießen, und als am 18. März auf dem Schloßplatz zu Berlin der Ruf erscholl: „Das Militär fort!“, mochte mancher der Rufer sich noch eine ganz bestimmte Persönlichkeit dabei denken. Daß die Vorliebe des Prinzen für das Militärwesen Hand in Hand gehe mit einer Vorliebe für das absolutistische System, daß er der Träger und die Stüße der absolutistischen Tendenzen des preußischen Hofes sei, galt allen denen, welche nur urteilen, aber nicht sehen wollten, für selbstverständlich. Der Revolutionspartei war der Prinz ein Reaktionär, ein Absolutist, und an dem Vorgehen des Militärs auf dem Schloßplaß und an den beiden Schüssen konnte nach ihrer Ansicht kein anderer Sterblicher schuld sein als der Prinz von Preußen, dieser aber auch vollständig. Was die Führer des Aufstandes vielleicht selbst nicht glaubten, teilten sie der Menge geschäftig als Thatsache mit, besaßen Phantasie genug, um ihre unwahren Aussagen mit bestechender Detailmalerei auszuschmücken; und brachten es leicht dahin, daß fast die ganze Bevölkerung von Berlin die Katastrophe sich damit erklärte, daß der Prinz von Preußen den Truppen den Befehl zum Einschreiten gegen das Volk gegeben habe. Vergebens übernahm der König bei seinem historischen Umritt am 21. März die Verteidigung des durch „bösliche Gerüchte“ verleumdeten Bruders, der „Soldat durch und durch sei, den biedersten und offensten Charakter besize, aber es nicht verstehe, der Masse zu schmeicheln und sich beliebt zu machen," und gab sein Ehrenwort, daß sein Bruder „unschuldig sei an allen den Handlungen, deren er von einigen Böswilligen bezichtigt werde." Die Leidenschaft war zu sehr erregt und zu sehr planmäßig geschürt, als daß damals schon eine solche Verteidigung Beifall gefunden hätte. Um das Palais des Prinzen vor dem Haß des Volkes zu sichern, mußte an demselben eine Tafel mit der Aufschrift „Nationaleigentum" angebracht werden.

Dem Prinzen von Preußen hatten am 19. März seine Freunde geraten, wegen der großen gegen ihn herrschenden Aufregung die Stadt zu verlassen. Er begab sich darauf nach Spandau, von dort nach der

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