Fabeln. Der Hahn und der Fuchs. Ein alter Haushahn hielt auf einer Scheune Wache; Und ruft: O kråhe, Freund, nun ich dich fröhlich mache; Der Thiere Krieg hört auf: man ist der Zwietracht müde. In unserm Reich ist Ruh und Friede. Ich selber trag ihn dir von allen Füchsen an. O Freund, komm bald herab, daß ich dich herzen kann. Wie gucft du so herum? — Greif, Halt und Bellart kommen, Die Hunde, die du kennst, versezt der alte Hahn; Und, als der Fuchs entläuft, was, fragt er, ficht dich an? Nichts, Bruder, spricht der Fuchs: der Streit ist abgethan ; Allein ich zweifle noch, ob die es schon vernommen. Hagedorn. Der T n z b å r. Ein Bår, der lange Zeit sein Brod ertanzen müffen, Und brummten freudig durch den Wald, So hieß es: Pez ist wieder da! Der Bår erzählte drauf, was er in fremden Landen Was er gesehn, gehört, gethan; Und fing, da er vom Tanzen red'te, Die Brüder, die ihn tanzen sahn, Du Narr, willst flüger seyn, als wir? Sen nicht geschickt, man wird dich wenig haffen, Weil dir dann Jeder ähnlich ist; Doch je geschickter du vor vielen Andern bist, Je mehr nimm dich in Acht, dich prahlend sehu zu laffen. Von deinen Künften rühmlich sprechen ; Und macht aus der Geschicklichkeit Gellert. Ein Kutschpferd sah den Gaul den Pflug im Ader ziehn, Und wicherte vor Stolz auf ihn. Wann, sprach es, und fing an, die Schenkel schön zu heben, Wann kannst du dir ein solches Ansehn geben? Und wann bewundert dich die Welt? Schweig, rief der Gaul, und laß mich ruhig pflügen: Wo würdest du den Hafer kriegen, Die ihr die Niedern so verachtet, Daß felbft der Stolz, mit dem ihr sie betrachtet, Ift der, der sich und euch durch seine Hånd' ernährt, Gesezt, du håttest beßre Sitten 2 So ist der Vorzug doch nicht dein: Denn ftammteft du aus ihren Hütten, So hättest du auch ihre Sitten; Und was du bist, und mehr, das würden sie auch seyn, Dich kann die Welt sehr leicht, ihn aber nicht entbehren. Von dems. Die Affen und die Båren. Die Affen baten einft die Båren, Sie möchten gnådigst sich bemühn, Und ihnen doch die Kunst erklären, Die ganze Welt des Walds zu übertreffen schien: Vielleicht, hub von den Affenmüttern Die weiseste bedächtig an, Vielleicht, ich sag' es voller Bittern, Wächst unsre Jugend bloß darum so siech heran, Weil wir sie gar zu wenig füttern. Vielleicht ist auch der Mangel an Geduld, Sie fanft zu wiegen und zu tragen, Vielleicht auch unsre Milch an ihren Fiebern Schuld. Ein Gift in ihren ersten Jahren, Und dann auf Lebenszeit ein Gift. Vielleicht ist, ohne daß wir's denken, Auch die Bewegung ihre Pest. Sie können sich durch Springen und durch Schwenken Bis ihr geliebtes Kind erstickt. Du, sprach die Bårinn, kannst noch fragen, Warum ihr so bestraft mit kranken Kindern seyd? Nicht liegt's an Luft und Milch, und nicht an Obft und Magen; Ihr tödtet sie durch eure Weichlichkeit, Durch eure Liebe vor der Zeit. Gebt Acht auf unsern jungen Haufen: Mit uns, in Hig und Frost, durch Fluren und durch Wald, Was macht viel Kinder siech? Vielleicht Natur und Zeit? Nein, mehr der Eltern Weichlichkeit. O Reicher, soll dein Kind gesund in Städten blühen: Von dems. Der Adler und die Taube. Ein Adlersjüngling hob die Flügel Ihn traf des Tågers Pfeil und schnitt Drey lange, lange Nächte lang: Allgegenwärt❜ger Balfam Allheilender Natur. Er schleicht aus dem Gebüsch hervor Am Boden weg Unwürd’gem Raubbedürfniß nach, |