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IV. Klärmittel.

Die Anwendung von künstlichen Klärmitteln ist eine ganz beschränkte und findet nur bei einigen Biersorten statt, von welchen seitens der Kundschaft glanzfeines Aussehen verlangt wird, und welche schwierig von selbst flar werden.

Als Klärmittel kommt hauptsächlich Hausenblase in Betracht, welche zur Hälfte ihres Gewichtes mit Weinsteinsäure verseßt, in einigen Litern Wasser 1-2 Tage bis zur vollständigen Quellung geweicht wird, worauf sie mit einem reinen Besen zerschlagen und durch ein Sieb abgeseiht wird. Pro Tonne kommt ein Zusatz von 2-4 g Hausenblase in Anwendung.

Die allergrößte Mehrzahl aller obergährigen Biere (Weißbier, Süßbier, Einfachbier usw.) erhält keine Zusäße von künstlichen Klärmitteln, sondern wird durch sich selbst bezw. durch den Zusatz von Kräusen blank.

Die Klärung durch Spähne wird bei den kalt gelagerten Vieren angewendet, welche einer längeren Nachgährung und Lagerzeit in der Brauerei unterliegen. Sie findet auch nur beschränkte Anwendung, da die Herstellung dieser Art Biere nur wenig verbreitet ist.

V. Natürliche Reinzucht.

Bei der Fortpflanzung der Hefen nach planmäßigen Methoden werden schließlich diejenigen Gruppen und Arten, welche von gleicher Beschaffenheit sind, ausgewählt.

Sie sondern sich unter der Einwirkung klimatischer Verhältnisse, d. h. der Temperatur, der Art, Zusammenseßung und Konzentration der Gährflüssigkeit, der Lüftung, der Rasseneigenschaften und anderer Momente mehr, von anderen Gruppen mit anderen Eigenschaften ab und trennen sich um so vollständiger, je konsequenter und systematischer bei der Durchführung dieser methodischen Züchtung verfahren wird.

So kann durch die Kunst des Gährführers eine natürliche Reinzucht (Delbrück) entstehen, eine Reinzucht von Hefen, welche ein einheitliches Verhalten bei der Gährung zeigen, aber doch nicht Reinhefen in dem Sinne sind, wie es bei der nach Hansen's Methode hergestellten Einzellenzucht der Fall ist. Denn bei der auf natürlichem Wege sich vollziehenden Sonderung kommt das einzelne Individuum allein nicht zur Geltung; da wirken die Massen. Und da ist die Wahrscheinlichkeit größer, daß die aus dem Konkurrenzkampfe mit anderen siegreich hervorgehende Hefe nur gleichartig, aber nicht rasseneinheitlich ist, wenngleich die Möglichkeit auch vorhanden ist, daß sich eine rassenreine Hefe bei der „natürlichen Reinzucht“ aus dem Gros der zahlreichen Arten absondert.

Die unter den jeweiligen Züchtungsverhältnissen am schlechtesten gedeihenden Arten werden unterdrückt und müssen vor den anderen, welche sich den obwaltenden Kulturverhältnissen am besten und schnellsten anpassen, das Feld räumen. Nicht immer werden die absolut stärksten Hefen als Sieger aus dem Kampfe hervorgehen. Denn die Hefen sind keine in ihren Eigenschaften konstant bleibende Organismen, sondern bis zu einem gewissen Grade wandlungsfähige Individuen, welche von äußeren Umständen außerordentlich leicht und zum Theil sehr tiefgehend beeinflußt werden. Die Enzyme in den Zellen, namentlich die Zucker-, Eiweiß- und Fett- spaltenden Enzyme unterliegen Aenderungen und Zersehungen und rufen damit einen verschiedenen „physiologischen Zustand“ bei der Hefe hervor, welchem es zuzuschreiben ist, daß je nach der Art der Züchtung, Gährführung und Fortpflanzung einmal die gährkräftigsten und entwickelungsfähigsten Arten zur Alleinherrschaft über andere gelangen, ein andermal aber auch weniger vermehrungsfähige und gährschwache Gruppen das Uebergewicht bekommen.

können.

Auf natürlichem Wege haben sich so die Hefen-Gruppen, welche nach beendetem Wachsthum Auftrieb geben (obergährige Hefen), von den untergährigen abgesondert.

Während die Hefeführung in der Brennerei alle diejenigen Arten ausschaltet, welche bei der hohen Gährtemperatur, der starken Konzentration (24-28 pCt. Blg.) und der Verwendung treberhaltiger und stark milchsaurer Maischen im Kampfe um die Eristenz unterliegen und nur die kräftigsten Hefen zur Herrschaft bringt, welche die größten Mengen Alkohol erzeugen können, ohne in dem alkoholreichen Klima zu Grunde zu gehen, sind für die Fortpflanzung der Hefen in der Brauerei ganz andere Faktoren maßgebend, welche zum Theil gerade den gährschwachen Hefen das Uebergewicht zu geben im Stande sind.

In Betracht kommen vor allem die Eigenschaften, bei verhältnißmäßig niedriger Temperatur bei der Untergährung guten Bruch zu geben, schnell klärende und rein schmeckende Biere zu liefern, festen Satz im Bottich zu bilden und schließlich nicht sämmtlichen Zucker zur Vergährung zu bringen.

Außer der Temperatur ist es namentlich die Schichtenbildung, welche auf die Aussonderung gleichartiger Hefen den bestimmendsten Einfluß ausübt.

Denn theils durch Rassen-Eigenschaften, theils durch den physiologischen Zustand einzelner Hefezellen an sich bedingt, sehen sich die Zellen im Bottichbier nicht gleichzeitig ab, sondern es gehen diejenigen zuerst zu Boden, welche relativ schwer find, den geringsten Gehalt an Zymase besigen oder frühzeitig eine Verminderung ihres Zymasegehaltes erleiden, welche schnell wachsen, aber ihr Wachsthum früh beendigen und früh Neigung zur Klumpenbildung zeigen. Diese bilden, vermischt mit todten Zellen, Harzund Eiweiß - Trub - Bestandtheilen, den untersten Theil des Hefensages,

während sich in der Mitte die „Kernhefe“ abseßt, die Hefe, welche die gleichmäßigsten, kräftigsten Zellen enthält und am wenigsten verunreinigt ist, wogegen sich die obere Schicht des Hefensages, außer aus Trub, abgestorbenen Zellen, aus den gährkräftigsten, zymasereichsten Hefen zusammensegt.

Die Kernhefe" liefert die beste Aussaat.

Die systematische Verwendung der untersten Schichten, eventuell in Verbindung mit frühzeitigem Umpumpen, führt schließlich zur natürlichen Reinzucht von Hefen mit niedriger Vergährung, während bei konsequenter Benutzung der obersten Theile als Saathefe schließlich die hochvergährenden Zellen zur Alleinherrschaft gelangen.

Den Gesezen der natürlichen Reinzucht zufolge schüßt die warme Gährführung die Kulturhefen am erfolgreichsten vor Infektion mit wilden Hefen und ist selbst im Stande, eine Jufektion wieder zu beseitigen. Dagegen hat die falte Gährführung leicht Infektion zur Folge, weil die wilden Hefen viel widerstandsfähiger gegen niedrige Temperaturen sind als Kulturhefen und auch die Eigenschaft haben, sich lange im Biere schwebend zu halten und sich nur langsam zu sehen, weshalb sie auch mit dem Namen „Kalthefen“ oder „Staubhefen“ bezeichnet werden.

Zu den „Kalthefen" sind auch die Kahmhefen der Brauerei zu rechnen. Bei der Lufthefe-Fabrikation finden sich Kahmhefen, welche als „Warmhefen“ anzusprechen sind.

Auch die obergährigen Brauereihefen haben in der warmen Gährführung den sichersten Schuß gegen die Infektion von wilden Hefen.

Auch sie unterliegen bei der Gährung in ähnlicher Weise der Sonderung nach bestimmten Eigenschaften wie die Hefen der Untergährung; allerdings nicht auf Grund der Schichtenbildung, sondern der zeitlichen Folge des Auftriebs.

Denn es führen die Rassen-Eigenschaften auch hier zu einer zeitlich verschiedenen Aussonderung, d. H. zeitlich verschiedenem Auftrieb.

Zuerst findet der Auftrieb bei denjenigen Zellen statt, welche spezifisch am leichtesten sind, am schnellsten weitverzweigte Sproßverbände bilden, am frühesten aber auch in ihrer Gährkraft ermatten; sie sind noch durch mitgerissene Trubbestandtheile etwas verunreinigt. Dann kommt das Gros der Zellen: die gleichmäßigsten, gesündesten und kräftigsten; zulegt werden die zymasereicheren und gährkräftigeren aus dem Biere ausgestoßen.

Der mittelste Auftrieb enthält wieder die sogenannte „Kernhefe“, die reinste Hefe.

Je nach der Auswahl des ersteren Theiles oder lezteren Theiles des Auftriebes werden mehr die Hefen niedriger oder höherer Vergährung überwiegen.

Nur bei freier Auftriebbewegung, bei welcher sich die Hefen ihrer Eigenart entsprechend im richtigen Augenblick ungehindert nach oben ab

sondern können, werden die Geseze der natürlichen Reinzucht voll zur Wirkung kommen.

Das ist aber nur bei der Bottichguhr, nicht dagegen bei der Faßguhr der Fall, da bei letterer durch die bei der Gährung gebildeten gasförmigen Kohlensäureblasen Bier und Hefe zugleich aus dem Spundloch ausgestoßen werden, so daß eine Sonderung der Hefen nach gleichartigen Eigenschaften nicht möglich ist.

Haben sich auch bei der Mehrzahl der obergährigen Bierhefen, namentlich bei den Einfach- und Süßbieren, durch die Fortpflanzung auf natürlichem Wege im Allgemeinen nur Stellhefen niedriger Vergährung herausentwickelt, so haben sich doch noch in Folge vielfach üblicher Faßguhr und oft unregelmäßiger, den Geseßen der natürlichen Reinzucht nicht entsprechender Auswahl der Saathefe zum Theil noch sehr viel Hefengemische von hochund niedrigvergährenden Rassen in diesem Zweige der Obergährung erhalten.

Bei dem Berliner Weißbier sind indeß, unter dem Einfluß der in der Würze lebendig gebliebenen Diastase und der zahlreichen Milchsäurebakterien, ausschließlich Hefen von hoher Vergährung zur Fortpflanzung gekommen.

Die natürliche Reinzucht vermag die künstliche, von der Auswahl einer Zelle ausgehende Reinzucht nach dem System Hansen's nicht zu ersehen; doch geben die Gefeße der natürlichen Reinzucht dem Praktiker die Mittel und Wege an, eine reine Stellhefe durch geeignete Behandlung so viel wie möglich vor Infektion zu schüßen und sie von etwaiger Infektion wieder zu reinigen.

VI. Reinhefe.

In der untergährigen Brauerei ist die Frage der Reinhese seit Jahren zu Gunsten derselben entschieden. Es läßt sich mit Fug und Recht behaupten, daß gegenwärtig mit wenigen Ausnahmen nur noch reine Hefe, d. h. aus einer Zelle reingezüchtete Hefe verwendet wird.

Auch bei der Obergährung hat man schon vor mehreren Jahren den erfolgreichen Versuch gemacht, die Gährung mit reingezüchteter Hefe zu führen. Doch ist die Verwendung von Reinhese bis dahin nur auf einzelne; ganz wenige Betriebe beschränkt geblieben.

Es könnten Zweifel darüber entstehen, ob es überhaupt erwünscht oder gar nothwendig sei, daß man sich zur Herstellung obergähriger Biere absolut reiner, von einer Zelle fortgepflanzter Hefensaat bedient, und ob nicht doch die bisher verwendete, von Gährung zu Gährung fortgezüchtete und von Brauerei zu Brauerei weitergegebene und umgetauschte Hefe ausreicht; oder ob es unter den gährungs-technischen Verhältnissen bei der Obergährung möglich ist, daß eine aus einer einzigen Rasse bestehende Hefensaat Hauptund Nachgährung in genügender Weise führen kann, ohne daß der Qualität des Bieres hinsichtlich der Kohlensäureerzeugung bei der Flaschenreife,

der Haltbarkeit und des Geschmackes irgend welche nachtheiligen Folgen erstehen.

Von entscheidender Bedeutung ist dabei die Frage der Nachgährung insofern, als es festzustellen gilt, ob die Nachgährung in der Flasche von der Hefe der Hauptgährung, also der normalen obergährigen Bierhefe, oder von einer wilden Hefe geführt wird.

Dieses Moment kommt namentlich bei den englischen Bieren, welche auch ausschließlich obergährig sind, in allererster Linie in Betracht und dies war es auch, welches der Reinhefe in England gewissermaßen den Hals brach, da sie nicht im Stande war, eine ausreichende, wenn auch nach unseren Begriffen nur ganz mäßige Nachgährung in der Flasche zu erzeugen. Denn die Biere sind auf dem Bottich schon hoch vergohren, machen dann auf dem Lagerfaß bei ziemlich warmen Temperaturen eine erste Nachgährung durch und kommen sodann ohne Trieb und Spund bei sehr hoher Vergährung auf die Flasche, wo nochmals eine Nachgährung einsehen muß, um das erforderliche Quantum Kohlensäure zu bilden, welches dem Biere den beim Einschenken gewünschten Trieb geben soll.

Eine normale Hefenrasse allein ist nun aber nicht fähig, bei einem Biere, welches bei der Hauptgährung schon sehr weit vergohren ist, zweimal eine ausreichende Nachgährung einzuleiten. Eine zweite muß der ersten zu Hilfe kommen und ihr einen Theil der Arbeit abnehmen, und zwar eine solche, welche stärkere Enzyme besigt, als diejenige, welche die Hauptgährung führt, da sie nur die von dieser nicht vergährbaren Extraktbestandtheile (Maltodertrine) vorfindet.

Dazu eignet sich aber gerade eine wilde Hefe vorzüglich. Ohne diese würden die Flaschenbiere Englands keinen Trieb erhalten.

In Deutschland liegen aber die Verhältnisse bei den obergährigen Bieren anders.

Die Eigenthümlichkeit dieser Biere beruht in einer sehr kräftigen Nachgährung auf der Flasche, welche schon nach kurzer Zeit trinkreises Bier liefern soll, ohne daß gerade ein Zusaß von Kräusen erforderlich ist. Das kann aber nur geschehen, wenn das Bier in der Hauptgährung nicht zu weit vergohren ist, sondern noch beträchtliche Mengen gährfähiger Substanz enthält, sobald es auf die Flasche abgefüllt wird.

Das trifft aber auch im Durchschnitt bei allen obergährigen Bieren, abgesehen vom Berliner Weißbier, zu.

Diese in der Hauptgährung übriggebliebenen Zuckermengen können noch unter geeigneten Bedingungen von derselben normalen Hefe vergohren werden, welche die Hauptgährung führt.

Von diesen Bedingungen wird es abhängen, wie weit die Nachgährung vorschreitet, namentlich werden solche Momente, wie Nachstechen, Umschlauchen, Bewegung des Bieres und Menge der suspendirten Hefezellen, auf das Einsetzen und die Intensität der Nachgährung von erheblichem Einfluß sein.

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