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In englischen Brauereien haben A. Dreher und G. Sedlmayr, welche in den dreißiger Jahren des lezten Jahrhunderts als junge Burschen über den Kanal fuhren, ihre erfolgreichste Lehrzeit durchgemacht und die fruchtbringendsten Anregungen mit in die Heimat zurückgebracht.

Auf Grund der in England gesammelten Erfahrungen und gewonnenen Eindrücke gelang es ihnen bald, die Bierproduktion ihrer ererbten Brauereien zu verdoppeln und sie dann von kleinen Anfängen in von Jahr zu Jahr wachsender, ungeahnter Steigerung zu solcher Höhe zu heben, daß ihre Brauereien schließlich die ersten auf dem Festlande wurden.

Dem Aufenthalt in England ist es auch zuzuschreiben, daß Sedlmayr die erste Dampfmaschine, welche eigentlich schon im Jahre 1840 in der Zacherlbrauerei aufgestellt, aber als unbrauchbar wieder bei Seite gesezt war und nun von Sedlmayr aufgekauft wurde, mit Erfolg im Brauereibetrieb benußte.

Die Brauindustrie Englands stand auf hoher Stufe und galt lange Zeit als die erste der Welt.

Ehe sich auf dem Kontinent das Brauwesen überhaupt technisch ausgestalten konnte, hatte man in England schon Brauereien im großen Stile. Schon am Ende des 18. Jahrhunderts gab es Betriebe, deren Jahresproduktion über 200 000 hl betragen hat. Führt doch Schrohe in einem Auffah in der Wochenschrift für Brauerei 1896, S. 311, an, daß ein Hamburger im Jahre 1805 in der Brauerei von Whitstead in London Braupfannen von 500 Barrel Inhalt und auch schon Dampfmaschinen im Betriebe gesehen habe. Die Jahresproduktion dieser Brauerei sei 320 000 hl gewesen.

Im Jahre 1825 wurden von der Brauerei Barclay, Perkins and Co., deren Doppel-Stouts heute noch von allen englischen Bieren in Deutschland die weiteste Verbreitung haben, schon über 500 000 hl Bier produzirt. In ihren Kellern lagen 120 Riesenfässer, von denen einige etwa 5000 hl Inhalt besaßen. Heute ist ihre Jahresproduktion auf weit über 1 Mill. hl gestiegen.

Außer diesen zählen zu den bekanntesten und größten unter anderen die St. James-Gate-Brauerei (Guinneß und Co.) in Dublin (Irland), Baß and Co. und Allsopp in Burton on Trent. Als die größte steht die Guinneß-Brauerei an der Spiße mit einer Jahreserzeugung von etwa 3,5 Mill. hl. Auf der ganzen Welt kann keine mit ihr konkurriren. Der zweite Plaz gebührt der Baß-Brauerei, welche im Jahre etwa 2,5 Mill. hl braut. London weist auch einige Brauereien auf, welche eine Jahresproduktion von mehr als 1 Mill. hl haben.

Abgesehen von der gewaltigen räumlichen Ausdehnung erregt in der Dubliner Brauerei das Interesse des Besuchers besonders die Größe der Bottiche und Standbütten. In der Brauerei stehen 17 Maischbottiche, in denen durchschnittlich jedes Mal etwa 325 Ctr. Malz eingeschüttet werden;

doch gestatten sie theilweis auch eine Schüttung von 550 Centnern. Außer anderen find 50 geschlossene Gährbottiche von wahrhaft gigantischer Größe

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in den Kellern aufgestellt. 4000 hl Bier nehmen die größten von ihnen auf, während die kleinen über 800h1 Rauminhalt besigen. Die Abschäumbottiche haben nicht minder riesige Dimenfionen; sie fassen durchschnittlich 800 hl. Den imposantesten Anblick gewähren unter anderen die hölzernen, mit Eisenbändern umbundenen Riesenstandbütten von 4000 hl Jnhalt, von welchen in einem Lagerraum 50 Stück in Reihen neben einander stehen. Fürwahr es ist ein großartiges Bild, von den Balken aus, welche die das Dach stüßenden Träger verbinden und oberhalb der Standbütten entlang führen, auf diese gigantischen Behälter zu schauen, in denen das Doppelund Erira-Stout ein bis zwei Jahre lagern muß, ehe es die erforderliche Reife bekommt. Was wollen dagegen unsere

größten Lagerfässer von 100 bis 120 hl Inhalt be= fagen!?

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In allen großen englischen Porter-Brauereien werden überhaupt zum Einlagern der Doppel Stouts Riesenfäffer benutt, deren Fassungsraum viele Hunderte und oft Tausende von Hektolitern beträgt. Mit der gewaltigen Ausdehnung des Betriebes und der kolossalen Bierproduktion steht die Größe der Gährbottiche und Lagerfässer in harmonischem Einklang.

Solche Riesenbehälter findet man aber nicht nur in den Brauereien, sondern zum Theil auch in Brennereien.

So war es auch in Dublin, wo ich eine der größten WhiskyBrennereien zu besichtigen Gelegenheit hatte. Whisky mit Selterswasser ist im Sommer ein angenehmes, durststillendes Getränk und wird außerordentlich viel getrunken. In der Whisky-Brennerei von Power u. Sohn in Dublin beträgt das Einmaischquantum für einen Bottich ca. 1000 Ctr., und so riesenhaft der Maischbottich, so entsprechend groß sind auch die

Gährbottiche, welche oben mit einem Deckel verschlossen sind und große Mannlöcher mit Fenstern zur Beobachtung der Gährung befizen.

Zur Ableitung der enormen Menge Kohlensäure, welche sich bei der Gährung bildet und welche das Arbeiten in der Nähe sehr erschweren würde, wenn die Bottiche offen wären, ist der Deckel mit einem Abzugsrohr versehen.

Es kommt einem auf den ersten Blick etwas merkwürdig vor, daß die bei der Gährung entwickelte Kohlensäure ein Arbeiten in der Nähe der Bottiche unmöglich machen und schließlich auch für das Leben der Arbeiter

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Standbütten von 4000 hl Inhalt.

Lagerraum für das Erport-Stout in der Guinneß - Brauerei.

gefahrdrohend werden kann, da man bei uns solche Bedenken und Einwände gar nicht kennt. Wenn man aber erwägt, welche ungeheuren Mengen von Würze in einem der gewaltigen Riesenbottiche der Gährung unterworfen sind und wie viel Kohlensäure während der Gährung gebildet wird (bei einem Würzequantum von 4000 hl von 20 pCt. Blg. und einem scheinbaren Vergährungsgrad von 75 pCt. annähernd 27 000 kg Kohlensäure), und daß die Entwickelung der Kohlensäure eine ganz rapide ist bei der hohen Temperatur, da die Gährung in 3 bis 4 Tagen zu Ende geführt wird, so findet man es wohl gerechtfertigt, daß derartige Vorsichtsmaßregeln im Interesse der Arbeiter getroffen sind.

Um nochmals auf die Porterbrauerei in Dublin zurückzukommen, so möchte ich da noch als erwähnenswerth anführen, daß die mit Stout gefüllten Standbütten mit einem fest verschraubbaren Eisendeckel über dem weiten, in den oberen Boden der Standbütte eingeschnittenen Mannloche verschlossen werden und daß über den ganzen oberen Boden eine etwa handbreithohe Sandschicht aufgeschüttet wird.

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Rechts oben der Sammelbottich für das Bier, daneben nach links die langen, geschlossenen Abfüllwannen.

Die gewaltige räumliche Ausdehnung der Guinneß-Brauereianlagen kann man unter Anderem daran ermessen, daß für die Besucher, welchen tagtäglich zu einer festgesetzten Zeit der Zutritt gestattet ist und welchen mit der größten Zuvorkommenheit der ganze Betrieb gezeigt wird, ein kleiner, mit einer Dampfmaschine bespannter Personenzug en miniature zur bequemen und schnelleren Beförderung auf dem Brauereigrundstück zur Verfügung steht.

Schienenstränge laufen nach allen Richtungen innerhalb des Hofes und gestatten die direkte Zuführung der Rohmaterialien an jeden einzelnen Be

stimmungsort, ebenso wie die direkte Ausfuhr von Trebern und Bier aus Sudhaus und Abfüllraum.

Letterer namentlich vermag das Interesse des Fremden im höchsten Grade zu fesseln. Denn hier pulsirt das Leben wie kaum in einer anderen Abtheilung des riesigen Betriebes.

Da stehen oder liegen vielmehr auf festen, fast mannshohen Stüßen 6 Abfüllwannen, in der Form und Länge den mächtigen Schiffskanonen ähnlich, von allen Seiten geschlossen, von welchen nach rechts und links je 5 bis 6 Seitenrohre abführen, welche wieder in je 2 Abfüllrohre ausmünden, so daß gleichzeitig von einer Abfüllwanne aus etwa 20 Fässer gefüllt werden können.

Und nun denke man sich etwa sechs solcher „Kanonenrohre" in einer Reihe und alle sind im Betrieb. Welche Geschäftigkeit!

Und dann das Zu- und Abrollen der Transportgebinde in demselben weiten Abfüllraum! Das ist ein bewegtes Bild sonder Gleichen!

Das eigentliche Bier Centrum in England ist aber Burton on Trent eine Stadt von etwa 50 000 Einwohnern, in der sich 32 Brauereien, darunter einige Riesenbetriebe und sonst noch viele Großbrauereien, befinden. Umgeben von schönen grünen Wiesen und fruchtbaren Ländereien, an einem kleinen Flüßchen anmuthig gelegen, würde Burton ein ganz liebliches Städtchen abgeben, wenn es nicht durch den Qualm und Rauch der zahlreichen und mächtigen Brauereischlote fortwährend mit einer dunstig-trüben Atmosphäre geschwängert wäre, welche den Aufenthalt in der Stadt höchst unbehaglich macht.

Der Fremde steigt daher auch nicht gern in der Stadt selbst ab, sondern macht in der in nächster Nähe liegenden Eisenbahnstation Derby Quartier, wo die große Midland Railway Company, eine Privat-Eisenbahngesellschaft, in deren Händen sich das ganze Eisenbahnnetz von MittelEngland befindet, ein vorzügliches Hotel eingerichtet hat, welches gleich den vielen anderen der Gesellschaft auf das Beste eingerichtet ist und großartige Verpflegung bietet. In 20 Minuten ist Burton mit der Bahn von hier zu erreichen.

Burton selbst mit seinen vielen fortwährend rauchenden Schornsteinen und den hochragenden, maffig-plumpen Thürmen, in denen die Brauereien ihre Wasserreservoire untergebracht haben, ist eine Bierstadt, wie sie das Festland nicht aufzuweisen hat; denn der sechste Theil der ganzen Einwohnerschaft steht in Lohn und Diensten der Brauereien, welche eine solche industriell-wirthschaftliche Machtstellung bilden, daß sich der ganze Handel und Verkehr in der Stadt in völliger Abhängigkeit von ihnen befinden.

Weder Dortmund, welches mit Umgegend auch über 30 Brauereien, darunter eine ganze Reihe großer Brauereien besigt, welche ungefähr insgesammt 11 Millionen Hektoliter Bier erzeugen, noch München, diese echte und erste deutsche Bierstadt, wo etwa 3 Millionen Hektoliter Bier produzirt

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