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heben manche Brauereien rühmend hervor, daß sie ihre hellen Biere ohne Rohfrucht brauen.

Nun sind ja die hellen Biere im Geschmack und in der Konzentration auch sehr verschiedenartig.

b) Charakterisirung; Vergährung.

Den leichten, mit 11, 12-13 pCt. Blg. Stammwürze eingebrauten Schankbieren, welche schnell konsumreif werden und keine lange Lagerung durchzumachen haben, stehen die eigentlichen hellen Lagerbiere, Pale Ales und Bitter Ales, gegenüber, von denen besonders die Pale Ales wegen ihres feinen, ausgeprägten Malzaromas, ihres etwas trockenen und scharf hervortretenden Hopfengeruches und Hopfengeschmackes sich eines hervorragenden Rufes und größter Beliebtheit erfreuen.

Eingebraut mit 15-16 pCt. Blg., müssen diese auf dem Bottich hoch vergohren sein und beim Einlagern nur noch wenig vergährbare Substanz enthalten, welche eben nur hinreicht, eine Nachgährung einzuleiten. Denn fie sollen absolut keinen vollen und sättigenden Würzegeschmack besigen.

Die Erreichung eines hohen Vergährungsgrades auf dem Bottich wird ermöglicht durch die Verarbeitung sehr lichter Malze, die Verwendung hoch vergährender Heferassen und durch die Benutzung von Gährmethoden, welche bei kräftiger und mehrmaliger Lüftung die Hefe zu energischer Sproffung und intensiver Gährthätigkeit antreibt. Auch die Benutzung großer Gährbottiche, das Umschlauchen vom Anstellbottich zum Gährbottich und von diesem zum Abschäumbottich oder Ausstoßfaß und das kräftige Aufziehen der Würze tragen viel dazu bei, den Vergährungsgrad zu erhöhen, welcher für diese hellen Biere mindestens 70 pCt. betragen soll, vielfach sogar aber 75 pCt. und mehr beträgt.

Diese feinen Pale Ales, welche wie andere helle Lagerbiere eine Lagerzeit von einigen Monaten durchmachen müssen, sind außerordentlich stark gehopfte Biere. Nicht weniger als 4 Pfund Hopfen werden pro Centner Malz verwandt, und dennoch bilden sie noch nicht die hopfenbittersten Biersorten. Das sind erst die Bitter Ales, Biere von 14-16 pCt. Blg., welche eine Hopfengabe von fast 6 Pfund erhalten.

Dem größten Theil der hellen Biere wird zur Erzeugung einer kräftigen Hopfenblume troß der an und für sich schon hohen Hopfengabe noch trockener Hopfen beim Einlagern zugegeben. Bei diesem „Trockenhopfen“ werden etwa Mengen von 1-2 Pfund pro Hektoliter für Pale Ales und 11⁄2 Pfund für Bitter Ales verbraucht.

Doch nicht überall in England werden sämmtliche helle Biere nachgehopft. Mir ist z. B. bekannt, daß in London die hellen Schankbiere nicht nachgehopft werden, sondern nur die Flaschenbiere, da die Konsumenten hier hauptsächlich an süße und vollmundige Stouts gewöhnt sind und darum auch mehr Verlangen nach mäßig hopfenaromatischen hellen Bieren zeigen.

In Burton-on-Trent dagegen wird auf sämmtliche Biersorten, mögen fie heißen wie sie wollen, von den hellen Schankbieren an bis den schwersten Export oder India-Ales und selbst auf die dunklen Biere, welche hier auch gebraut werden, Hopfen nachgestopft.

Die hellen Biere variiren in ihrer Stärke ebenso wie die dunklen. Am meisten begehrt sind indes die zwischen 14 pCt. Blg. und 16 pCt. Blg. eingebrauten Biere. Aber mancher Arbeiter trinkt mit Vorliebe sein gutes Pale Ale mit 18 pCt. Blg. Stammwürze. Die stärker eingebrauten (mit 20 pCt. und mehr, bis 28 pCt. Blg.) dienen mehr dem Export.

c) Einfluß des Wassers auf den Charakter der hellen Biere.

Wie London nach allgemeiner Ansicht in dem Rufe steht, die besten Stouts zu brauen, so gelten die in Burton-on-Trent gebrauten Pale- und Bitter-Ales als die feinsten und hervorragendsten. Auch hier soll der Hauptgrund für die vorzügliche Beschaffenheit, gleich wie bei den Londoner füßen Stouts, in der eigenartigen Beschaffenheit des Brauwassers zu suchen sein, welches vermöge seines außerordentlich hohen Gehaltes an Mineralstoffen (180 g im Hektoliter) und seines eminent großen Gypsgehaltes (100 g) speziell für die Herstellung ganz lichter, härtlich schmeckender und feuriger Biere geeignet sein soll. Da reichliche Mengen von Gyps im Brauwasser, wie bekannt, den Bieren einen harten und scharfen Geschmack verleihen, Biere dieser Art aber in England vielfach sehr geschäzt werden, so dürften den Burtoner Wässern, welche aus Kalksteinen in der Stadt und der nächsten Umgebung erbohrt werden, schon Eigenschaften zuzuschreiben sein, welche einen bestimmenden Einfluß auf die typische Eigenart von hoch vergohrenen, härtlichen Bieren, welche nicht süß, sondern, wie man in England zu sagen beliebt, trocken schmecken sollen, auszuüben im Stande sein.

Nach Ansicht der englischen Chemiker und Gährungsphysiologen ist dem Gyps im Brauwasser, falls er in reichlichen Mengen vorhanden ist, insofern eine große Bedeutung beizumessen, als er nicht nur zur besseren Koagulirung der Eiweißstoffe beim Würzekochen und zu feingriesiger, schneidiger Bruchbildung im Hopfenkessel beiträgt, sondern auch die allzuweit gehende Auslaugung, besonders unangenehm scharf-bitterer Geschmacksstoffe aus dem Hopfen verhindern soll und die Herstellung glanzfeiner Biere ermöglicht.

Gypsreiche Wässer sollen sich zur Erzeugung sehr mild, süß und pappig schmeckender dunkler Biere nicht eignen, da sie ihnen einen härtlichen Charakter geben würden, welcher bei den Stouts nicht gewünscht wird.

Wie aber dennoch gegen Theorie und anscheinend allgemein giltige Erfahrung Einzelfälle vorkommen können, bei welchen gerade das direkte Gegentheil zu praktisch großartigen Erfolgen führte, davon wurde mir ein Beispiel erzählt von einem kleinen Brauer in Süd-England, welcher für sein Stout aus Burton Wasser bezog, welches bis zu einem milchigen dünnen Brei eingedampft war, dieses beim Stoutbrauen zusezte und nach Ansicht guter Bierkenner damit das beste und füffigste Stout machte.

d) Mild Ale..

Unter die Gruppe der Ales wird noch ein Bier eingereiht, welches abweichend von dem hopfenstrengen, lichten Pale Ale durch einen milden und sehr malzigen Geschmack und durch die dunklere, tief gold- bis braungelbe Farbe gekennzeichnet, als Mild Ale eine besondere Biergattung darstellt, welche eigentlich infolge der niedrigen Vergährung, des süßlich-weichen Geschmackes, der schwachen Hopfung und der unseren Lagerbieren ähnelnde Farbe mehr eine Zwischenstufe zwischen den Pale Ales und Stouts bildet. Es ist ein Schankbier und wird besonders gut in London gebraut.

In der Haltbarkeit kommt es den Pale- und Bitter-Ales lange nicht gleich, da es weder in einer hohen Vergährung, noch in einer sehr starken Hopfengabe, noch durch Nachhopfen einen so ausgezeichneten Schutz gegen Bakterien-Infektionen besigt wie diese, welche doch Monate lang in ungespundeten Fässern lagern, ohne leicht Bakterienkrankheiten anheimzufallen, außerdem auch noch lange, unter Umständen ebenfalls wieder Monate lang, in Flaschen aufbewahrt werden können, wo sie auch erst ziemlich lange ohne Kohlensäureschuß stehen, und dabei doch gegen Bakteren-Infektionen allermeist so widerstandsfähig sind, daß sie sich einer außerordentlich langen Haltbarkeit erfreuen.

e) Aeußere Beschaffenheit der hellen Biere; Glanz;

Schaumhaltigkeit.

Von besonderem Glanz und Feuer sind die hellen Biere insgesammt nicht. Namentlich gilt das von den in den Bars geschänkten Bieren, welche allermeist einen matten Schein haben und nur selten jenes krystallflare und feurige Aussehen befizen, das alle unsere Lagerbiere auszeichnet.

Dem englischen Biertrinker, welcher keinen so kritischen Maßstab an die äußere Beschaffenheit des Bieres legt wie der deutsche, scheint es gar nicht darauf anzukommen, ob ihm ein funkelnd-feines oder ein mattscheinendes Bier vorgesezt wird, und ob es Sahne hat oder nicht.

Die meisten der hellen Biere können nicht unseren Ansprüchen in Betreff Schneidigkeit und Glanzfeinheit genügen, ebenso wie sie die von uns in allererster Linie mit verlangte Schaumhaltigkeit vermissen lassen. Hat das für Faßbiere Geltung, so trifft es erst recht bei den Flaschenbieren zu. Bei diesen kann es allerdings nicht Wunder nehmen, wenn sie nicht so schneidig aussehen, da sie eben in der Flasche noch einer Gährung unterliegen müssen, welche nicht von den großzelligen, spezifisch schweren und schnell zu Boden gehenden normalen Hefen hervorgerufen wird, sondern von den kleinzelligen, leichten und lange Zeit in Suspension gehaltenen sekundären (wilden) Hefen, welche sich in dem Flaschenbiere erst entwickeln sollen, es also trüben müssen und nun doch nicht gleich fähig sind, zu Boden zu gehen und dort festzufigen, sondern wer weiß wie lange noch im Biere schweben bleiben und sich schließlich doch nicht vollständig absetzen, sondern immer noch einen

Schein im Bier hinterlassen, der zum Theil von abgestorbenen und darum viel schwerer zu Boden gehenden Hefenzellen, zum Theil von kleinen Harzausscheidungen, welche die schlecht klärende wilde Hefe nicht mit zu Boden reißen kann, besteht.

Wären es nur normale Hefen, welche bei der Nachgährung wirksam find, so würde es nicht schwer sein, vollständig glanzfeine Biere zu bekommen. Faßbiere also, welche nach dem Befüllen mit fertigem Bottichbier gleich mit Kläre versezt und zugeschlagen werden, müßten gut blank werden, da sie hauptsächlch nur normale Hefen von der Hauptgährung enthalten. Das hatte ich des Defteren Gelegenheit zu beobachten; doch handelte es sich immer um Biere, welche ich in den Brauereien selbst trank. Es waren das solche, welche zur Beobachtung und Kontrole der ausgegebenen Biere als Stichproben zurückbehalten werden, auf Transportgebinde geschlaucht, gespundet und einige Tage unter Spund belassen werden. Diese Biere, welche sicher viel sorgsamer behandelt werden als die in den Bars, sehen auch viel einladender aus, haben hübschen Schaum und feuriges Aussehen und können in jeder Hinsicht als tadellos bezeichnet werden.

f) Geschmack.

Aber mit dem Geschmack derselben ist es so eine eigene Sache. Es wird einem schwer, einige Glas von diesen Bieren, besonders von den lichten und starkgehopften, hinter einander zu trinken. Das Hopfenbitter und die meist für uns zu aufdringliche Hopfenblume empfindet man so unangenehm, daß man als Deutscher dem Genusse englischer Biere, und besonders der hellen, absolut nicht fröhnen kann. Ein, auch wohl zwei Glas wird man vielleicht noch gern trinken, aber kaum mehr. Denn wenn auch der feine, malzaromatische Geschmack der hellen Biere für uns so willkommen ist, so macht einen doch der außerordentlich scharf hervortretende Hopfengeschmack und -Geruch dem Genusse größerer Bierquantitäten abhold.

Einen feucht-fröhlichen Kneipabend würde man bei einem solchen Stoffe nicht abhalten können.

Anders ist es schon bei dem dunklen Biere, vor Allem bei dem Stout, das als Schankbier oder Lagerbier in den Verkehr kommt. Die zum Theil außerordentliche Vollmundigkeit, die Süße und der etwas, aber nicht zu scharf zur Geltung kommende Röstmalz-Geschmack machen dieses Bier, wenn es nicht gerade schal ist beim Einschänken, was nur zu oft vorkommt, schon zu einem angenehmeren Getränk, zumal bei etwas kühlen Tagen. Da bringt es das Blut in Wallung und wärmt den fröstelnden Körper wieder an. In solchen Zeiten lernt man den Werth eines guten Stout schäßen. Als Exportbier hat es schon wieder einen anderen Charakter, der sich sowohl aus der stärkeren Konzentration der Stammwürze, als auch aus der außerordentlich langen Lagerzeit, die ein bis zwei Jahr umfaßt, erklärt und meiner Ansicht nach außer in dem scharfen und etwas bitteren Röst

aroma, das weit entfernt ist von dem brenzlichen Geschmack verbrannter Farbmalze, aber doch aus geröstetem- und aus Farbmalz herstammt, in einem nach unseren Begriffen noch sehr auffälligen Hopfenbitter und besonders noch in einem säuerlichen Beigemack hervortritt, der jedenfalls eine Folge ziemlich reichlicher Bakterien-Entwickelung, vielleicht von Milchsäurebakterien, bei der langen Lagerzeit ist. Denn die hier bei uns im Handel erhältlichen englischen Stouts zeigen immer einen Säuregehalt, welcher fast 0,3 pCt. Milchsäure entspricht und annähernd dem Säuregehalt gesunder, vielleicht 4 bis 5 Wochen alter Weißbiere gleichkommt; auch finden sich bei der mikroskopischen Untersuchung meistens sehr viel Stäbchen-Bakterien.

Englische Großbrauereien und die Chemie in Beziehung zur Brauerei in England.

Wie schon einleitend bemerkt wurde, hat sich frühzeitig das Brauwesen in England unter Benuzung der bei den damaligen Verhältnissen überhaupt möglichen technischen und wissenschaftlichen Hilfsmittel zu einer wirklichen Brauindustrie entwickelt, welche dem Brauwesen auf dem Festlande weit voraus und ihm in vieler Beziehung vorbildlich war, so daß die Brauer aus aller Herren Länder nach dem Inselreich zogen, um von den vielgerühmten Fortschritten der Einrichtungen englischer Brauereien zu lernen.

So erzählt Meister Paupie, daß am Ende des 18. und am Anfang des 19. Jahrhunderts einige ihm bekannte Brauer die Reise nach England nicht scheuten, blos um das Bierbrauen dort an Ort und Stelle kennen zu lernen und sich von den technischen Neuheiten in der Braukunft zu überführen. Ihr Urtheil über das englische Bier (jedenfalls Stout) war allerdings nach ihrer Rückkehr aus England kein günstiges. Sie meinten, es könne keine Kunst sein, ein dickes, schwarzes, undurchsichtiges und brenzlich schmeckendes Bier zu brauen, und wer weiß, wie viele Surrogate dazu zu verwenden. Denn in ihrem Heimathlande Oesterreich, speziell Böhmen, brauten sie ein helles Bier nur aus Hopfen, Malz und Wasser und suchten schon damals Ehre damit einzulegen, das Bier so schneidig und blank wie möglich zu machen.

Das Saccharometer ist in England entdeckt. 1788 wurde es von Richardson erfunden und fand bald die ausgiebigste Verwendung in den Brauereien.

Das Thermometer wurde ebenfalls zuerst in englischen Brauereien in Benutzung genommen.

Den Dampf in Kraft umzusehen, um damit Pumpen und Maschinen zu treiben, lehrten uns ebenfalls zuerst die Brauereien Englands. Auch die Verwendung der Kohle für die Darrfeuerung ist eine englische Erfindung, und wahrscheinlich sind die eisernen Kühlschiffe auch zuerst in EngLand benut.

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