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Geschichte

der preußischen

Invasion und Okkupation

in Böhmen

im Jahre 1866.

A

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Prag.

Drud von Dr. Fr. Strejšovský. Berlag der Redaktion der Politik..

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1867.

DD
438
P77

Anmerkung für den Buchbinder. Die Paginirung in der 46. Beilage ift falsch, es soll daselbst statt 345 stehen: 349 u. f. w. Der Buchbinder möge sich daher nach der richtigen Bogenbezeichnung halten.

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Die Geschichte der preußischen Juvasion und Okkupation in Böhmen.

Mit dem 18. September 1866 gelangte eine Geschichtsepoche Defter. reichs zum endlichen Abschluße, deren Krisis, wenn auch nur nach Tagen zählend, dennoch für seine staatliche Entwickelung eine völlig neue Grund. lage schuf.

Abermals war es Böhmen, auf dessen historischem Boden der Knoten mit dem Schwerte zerhauen werden mußte, den eine unheilvolle Politik in jahrelanger Verblendung geschürzt hatte. Die Brandmale seiner Gaue, die Verwüstung seiner Fluren weisen die Stätte, wo das Blut tausender seiner Söhne für eine Sache floß, die die wenigsten seiner Bürger für die ihre ansehen konnten. Doch, wie schwer auch die Folgen des Kampfes auf unserem Vaterlande lasten, es giebt noch eine zweite Seite des eben beendeten welthistorischen Drama's und nur mit dem Gefühle tiefsten Ernstes vermögen wir seine Details zu überblicken. Ein Heer, dessen Kämpfer allen gesellschaftlichen Schichten jener Nation angehören, die das Monopel der Intelligenz für sich beanspruchend, unsere Kulturzustände mit Eigendünfel zu ignoriren bemüht ist, hat siegestrunken seine Eroberungen durch Gewaltakte verdunkelt, die in den Annalen der neueren Kriegsführung den Beweis liefern werden, wie unberechtigt die allseits gehegten Erwartungen über die Hei lighaltung des Privateigenthums und das moralische Uebergewicht der Armee jenes am meisten vorgeschrittenen deutschen Volksstammes waren, dessen Barbareien aus früheren Jahrhunderten noch immer im Gedächtnisse unseres Volkes leben.

Ich bekriege nicht die friedlichen Bürger des Landes"; so sprach König Wilhelm in Jičin und wiederholt in Brünn. Vielfach hörten wir seitdem die Worte des Meisters aus dem Munde der Helfer und auch uns, Einwohnern des glórreichen Königreiches Böhmen" bot man nicht Krieg und Verheerung" sondern Schonung des Eigenthums und Freundschaft“ an..

Wie sich jener königliche Ausspruch bewahrheitete, "und wie Preußens Heer unter dem Banner der historischen Mission seinem Kulturdränge" gerecht wurde, dies wird der Gegenstand unserer Darstellung sein.

Diesen Zweck im Auge, schreiben wir daher keineswegs eine Geschichte des Krieges, sondern wir bieten in dem Rahmen der Kriegsereignisse Thatsachen, die in ihrer objektiven Fassung der Mitwelt ein selbst.

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ständiges Urtheil über die fulturgeschichtliche Bedeutung dieser Epoche ermöglichen und für eine spätere geschichtliche Bearbeitung den Stoff vorbereiten. Indem wir jedoch dem eckelen Momente Rechnung tragen, werden wir nicht minder alle jene Daten in ihrem rollen Umfange würdi gen, die das volkswirthschaftliche Interesse berühren und welche den immensen materiellen Schaden konstatiren, den nicht blos der Krieg überhaupt, fordern vorzugsweise die beispiellose Art der feindlichen Kriegsführung dem vaterlän dischen Wohlstande zugefügt haben.

* Die Gesammtheit dieser Thatsachen wird dann den Maßstab für die Bildungsstufe des Volkes geben, aus dessen Mitte die Apostel des Fortschrittes entstanden, deren Erfolge in ihrem Totalergebnisse König Wilhelm im Angesichte von Europa, vom Throne herab, mit den Wirkungen der sichtbaren Gnade Gottes" zu identificiren nicht unterließ.

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Mögen hiedurch jene ernüchtern, welche zeither gewohnt waren, bei dem Brudervolke“ jenseits der Grenze den Ausgangspunkt des Fortschrittes zu suchen und die mit gläubigem Herzen alle weltbeglückenden Phrasen nachbeteten, deren Nichtigkeit die Wucht der Thatsachen weniger Tage enthüllte. Wir wünschen ferner, daß die Tragweite diefer Thatsachen 'auch unsere leitenden Staatsmänner zur Verwirklichung jener Idee anrege, welche den historischen Beruf Oesterreichs erfassend, der autonomen Bewegung und Entwicklung seiner Völker auf dem zeither vernachlässigten Felde geistiger und materieller Kultur eine entsprechende Grundlage bietet.

Die Regierung Desterreichs wird bei einer sachlichen Darstellung der traurigen Ereignisse, die der Geschichte angehören, von uns keine Glorifici. rung auf Kosten des Preußenthums erwarten, wir werden ihr vielmehr die große Wucht der Schläge vorführen, die auf unser Volk für ihr fremde Intereffen niederfielen und die eingeprägt in das ewige Gedächtniß der Nation die Regierung immer und immer daran erinnern werden, was sie einem Lande schuldet, das für den Gesammtstaat blutet. Unsere Staatsmänner haben keine Ahnung davon, welche socialen, nationalen und politischen Wandlungen unser Volk im Verlaufe von hundert Tagen durchgemacht hat, mögen sie ihnen Rechnung tragen sie werden alsdann gerechter und objektiver über dieses Volk urtheilen, dem Desterreichs Feind den Fuß auf den Nacken gesetzt hat nicht zu dem Zwecke, um für die Wiener PolitikPropaganda zu machen.

Und nun zur Sache.

Wir glauben der natürlichen Ordnung der Dinge am zweckmäßigsten zu entsprechen, wenn wir unserer Darstellung den Gang der Kriegsereignisse zu Grunde legen. Wir werden daher, von den Invasionspunkten an den östlichen Marken unseres Vaterlandes beginnend, zu jenen an der Nordgrenze übergehen, um dann dem Strome der Okkupation, nach der Vereinigung der feindlichen Heere, bis an die südöstliche Grenze Böhmens zu folgen. Alle bedeutenderen Orte sollen zum Kernpunkte dienen, um welchen sich die Er eignisse der nächsten Umgebung gruppiren. Die angedeutete Ordnung zwingt uns übrigens, von den Ereignissen des 23. Juni, an welchem Tage die

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feindlichen Truppen zum erstenmale unseren vaterländischen Boden betraten, vorläufig abzusehen.

Gegenstand und die objektive Tendenz dieser Darstellung machen Na-! mens- und Sachenverzeichnisse, Ziffern und Wiederholungen gleichartiger Begebnisse unvermeidlich. Möge der freundliche Leser nicht ermüden und in dem höheren Intereffe des Objektes den Ersatz für den Mangel stets spannender Situationen finden.

I. Náchod.

Es war am 26. Juni um 6 Uhr Nachmittags, als zurückweichende Vorposten die österreichische Besaßung von Náchod allarmirten. Diese bestand aus einer halben Kompagnie Khevenhüller-Infanterie, zwei Eskadronen Kürassiere und einer Abtheilung Uhlanen. Die Grenzbrücke, deren preußischer Antheil abgebrochen war, hielten zwei Feldgeschüße befeßt.

Von hier wurde gegen die, auf der Glazer Straffe anrückende preußische Vorhut der erste Schuß abgefeuert, welchen die preußische Artillerie, von dem Hügel ober Slaney, sogleich lebhaft erwiederte. Mit Verlust des, durch einen Granatensplitter getödteten Korporals Souček, zog sich hierauf das österreichische Detachement auf Náchod zurück und um 7 Uhr Abends sprengten die leßten drei österr. Kürassiere durch die Stadt in der Richtung gegen Vysokov.

Gegen 8 Uhr Abends schoffen die Preußen aus der Batterie ober Slaney 4 Granaten auf das Náchoder Schloß, welche jedoch in den Anlagen · der Umgebung schadlos niederfielen. Fast zu gleicher Zeit erschienen 2 Mann des 5. preuß. Jägerbataillons, begleitet von einem Offizier auf dem Schloffe. Sie verlangten in höflicher Weise von dem fürstlich Lippe'schen Inspektor Hrn. von Campl die Auskunft, ob das Schloß von österreichischem Militär beseßt sei und entfernten sich, nachdem sie sich vom Gegentheile über zeugt hatten. Ihnen folgte auf dem Fuße eine Kompagnie des 37. Füßilier-Regiments unter Hauptmann Moriz. Diese besetzten das Schloß und namentlich den Thurm desselben. Sie benahmen sich ebenfalls gemäßigt und begehrten lediglich Kaffeemühlen zur Bereitung des Kaffee's, den sie mitge bracht hatten.

Während dem war die Vorhut des 5. preuß. Armeekorps in Náchod eingerückt. Der Kommandant, Generalmajor Löwenfeld, vom Bürgermeister und dem Stadtrathe empfangen, befahl die sogleiche Oeffnung aller Hausthüren, die Beleuchtung der Fenster und die Herbeischaffung von Stroh zum Bivouat am Ringplate.

Am 27. Juni vor 4 Uhr Morgens begann das Gros des 5. Armee. korps unter General Steinmeß den Vormarsch durch Náchod und passirte im Laufe des Tages die Stadt auf der Strasse nach Skalic. Schon nach 9. Uhr Morgens war die Avantgarde bei Vysokov auf 2 österr. Brigaden mit Artillerie und Kavallerie gestoßen, welche zu dem von Opočno heranrückenden 6. österr. Armeekorps des General Ramming gehörten. Gegen 11 Uhr fing die preuß. Kavallerie zu weichen an und zog sich auf Náchod zurück. Doch

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