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und den Zoll- und Handelsinteressen würden sich bald andere Angelegenheiten anschließen: Land- und Wasserstraßen, gleiche Besteuring, Gewerbeverfassung, Marine, Consulate, Handelsgeseße. Durch solche Ausbildung zur Macht geworden, würde dieser deutsche Verein eine unwiderstehliche Anziehungskraft auf andere deutsche Länder ausüben und so eine wahrhaft deutsche Macht werden. Dieser Gedankengang, der im Einzelnen durchgesprochen und erörtert wurde, vereinigte endlich alle Meinungen und es wurde beschlossen, vorzugsweise auf Ausbildung des Zollvereins und eine Vertretung seiner Bevölkerung im Zollcongreß durch Notable hinzuwirken, aber auch keine andere Gelegenheit, welche Zeit und Ereignisse bringen mögen, unbenüßt zu lassen, um die Idee der deutschen Einigung zu stärken. Zu diesem Behuf sollten in allen deutschen Kammern möglichst gleichlautende, doch mit Rücksicht auf die eigenthümlichen Verhältnisse der einzelnen Staaten modificirte Anträge gestellt werden. In der badischen Kammer wurde der Anfang damit gemacht. Am 5. Februar des folgenden Jahres 1848 brachte der Abgeordnete Bassermann den Antrag ein, die Kammer möge in einer Adresse an den Großherzog die Bitte aussprechen, auf geeignete Weise dahin zu wirken, daß durch gemeinsame Vertretung der deutschen Ständekammern am Bundestag ein sicheres Mittel zur Erzielung gemeinsamer Gesetzgebung und einheitlicher Nationaleinrichtungen geschaffen werde. Einige Tage später am 12. Februar begründete Bassermann seinen Antrag mit einer beredten Schilderung der damaligen politischen Schwäche Deutschlands, und machte damit sowohl in der Kammer als außerhalb derselben den größten Eindruck. Die Forderung, daß der nationalen Einheit Deutschlands ein staatsrechtlicher greifbarer Ausdruck gegeben werden müsse, war damit an berechtigter Stelle ausgesprochen. Der Antrag wurde von der Kammer mit Begeisterung angenommen, und wenn auch die badische Regierung sich vorsichtig abwehrend dagegen verhielt, so konnte man doch hoffen, daß die Wiederholung des Antrags in anderen deutschen Kammern die Regierungen nöthigen werde, demselben Gehör zu geben. Noch ahnte man nicht, daß die Frage schon in einigen Wochen in ein ganz anderes Stadium treten würde, in welchem die bescheidenen Reformbestrebungen weit überholt werden sollten von der ungestüm fordernden Bolksbewegung.

Zweites Kapitel.

Das Frühjahr 1848.

Obgleich der Sturz der Regierung Louis Philipps mit den nationalen Bestrebungen in Deutschland in gar keinem inneren Zusammenhang stand, so gab doch die Februarrevolution Frankreichs den Deutschen einen mächtigen Anstoß, für Verwirklichung ihrer nationalen und liberalen Forderungen einzutreten. Der Anlauf zur Selbstbestimmung war der französischen Nation in überraschender Weise gelungen, warum sollte er nicht auch in Deutschland von Erfolg sein? Dazu kam das Bewußtsein, daß das uneinige zersplitterte Deutschland etwaigen Uebergriffen des revolutionären Frankreichs nicht gewachsen sein würde. Allgemeine Volksbewaffnung war eine der Hauptforderungen, welche die Märzbewegung an die deutschen Regierungen stellte. Man wollte dem revolutionären Strom, wenn er die Grenzen überfluthen sollte, feste Dämme entgegenseßen, dem Feinde, wenn Frankreich als solcher käme, die starke Brustwehr eines einigen freien Deutschlands entgegensetzen.

Eine der ersten unter dem Eindruck der Nachrichten aus Frankreich entstandenen Kundgebungen und Formulirungen der Volkswünsche war der Antrag, den am 27. Februar Heinrich v. Gagern mit einigen Genossen in der hessischen Kammer einbrachte: sie möge an den Großherzog die Bitte richten, in der Bundesversammlung und außerhalb derselben dahin wirken zu wollen, daß unter so dringenden und von außen Gefahr drohenden Umständen die Sorge für den Schuß der äußeren und inneren Sicherheit Deutschlands, insbesondere die Leitung der auswärtigen Angelegenheiten, des Heerwesens und der Volksbewaffnung in die Hände eines Cabinets gelegt werde, dessen Minister dem interimistischen Haupte Deutschlands und der Nation verantwortlich seien. Das interimistische Haupt Deutschlands solle Gesetzgebung und Besteuerung in Uebereinstimmung mit einem Rath der Fürsten und einem Rath des Volkes nach den wesentli

Die Heidelberger Versammlung.

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chen Formen des repräsentativen Systems ausüben, und die Berufung der Nationalrepräsentation gleichzeitig mit der Ernennung des Bundeshauptes erfolgen. Herstellung eines Bundesstaates, Einsegung einer Centralgewalt, und Einberufung einer Volksvertretung in zwei Kammern waren somit die Forderungen, welche dieser Antrag in sich schloß. Der Ausdruck, die Centralgewalt solle in die Hände eines Cabinets gelegt werden, deutete an, daß von keiner mehrköpfigen Centralgewalt, von keinem Directorium die Rede sein könne. Gagern hatte, das wußte man schon damals, nichts anders im Sinne, als die Uebertragung der Centralgewalt an Preußen.

Eine Volksversammlung, die am 29. Februar in Heidelberg zusammengetreten war, forderte außer allgemeiner Volksbewaffnung und Preßfreiheit ebenfalls Berufung eines allgemeinen deutschen Nationalparlaments; eine Tübinger Versammlung erließ eine Erklärung, in welcher in erster Reihe Ausbildung der Gesammtverfassung Deutschlands im Sinn eines Bundesstaates, mit Volksvertretung durch ein allgemeines Parlament neben dem Bundestag, verlangt war. In ganz Süd- und Mitteldeutschland traten Versammlungen auf, welche ähnliche Erklärungen erließen. Von besonderer Wichtigkeit aber war der Zusammentritt einer schon in den ersten Tagen nach dem Bekanntwerden der Pariser Ereignisse angeregten Bersammlung von süddeutschen Abgeordneten und anderen Mitgliedern der liberalen Partei, von denen sich 51 am 5. März in Heidelberg einfanden und beschlossen, ihre Regierungen dringend anzugehen, daß sie auf's schleunigste eine möglichst vollständige Vertretung der deutschen Nazu Stande bringen sollten. Die Versammelten wählten einen Ausschuß von sieben Männern*) aus ihrer Mitte, mit dem Auftrag, vorläufig die Grundlagen einer nationalen Verfassung für Deutschland zu berathen, und diese, wovon zwei in ihrem engeren Vaterland in denselben Tagen zu Leitenden Ministern berufen worden waren, H. v. Gagern in Hessen und Friedrich Römer in Wirtemberg, erließen am 12. März eine Aufforderung an alle früheren oder gegenwärtigen Ständemitglieder und Theilnehmer an geseßgebenden Versammlungen in allen deutschen Landen, am 30. März in Frankfurt sich einzufinden. Dort war selbst das Organ, welches seit mehr denn drei Jahrzehnten als Hemmschuh der nationalen Entwickelung Deutschlands gewirkt hatte, der Bundestag, von der patristischen Bewegung ergriffen, und erließ am 1. März eine Ansprache an das deutsche Volk, um dasselbe zu versichern, er werde von seinem Standpunkt aus Alles aufbieten, um für die Förderung der politischen Interessen

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Binding, H. v. Gagern, Itzstein, Römer, Stedmann, Welder, Willich.

und des nationalen Lebens zu sorgen. „Deutschland," hieß es in diesem Erlaß des Bundestags, „wird und muß auf die Stufe gehoben werden, die ihm unter den Nationen Europas gebührt, aber nur der Weg der Eintracht, des gesetzlichen Fortschritts und die einheitliche Entwickelung führt dahin."

Einige Tage später, am 3. März wurde der bundestägliche Beschluß verkündet, es solle jedem Bundesstaat freigestellt sein, die Censur aufzuheben und Preßfreiheit einzuführen. Auch wurde eine Regeneration des Bundestags versucht, besonders unpopuläre Mitglieder mit populären vertauscht, so z. B. an die Stelle des badischen Gesandten v. Blittersdorf der vieljährige Vorkämpfer des Liberalismus in der badischen Kammer, Karl Welcker gesetzt. Ueberdies forderte die Bundesversammlung nach einem Beschluß vom 1. März die deutschen Regierungen auf, neben die 17 Stimmen des engeren Raths 17 Männer des allgemeinen Vertrauens mit dem Auftrag nach Frankfurt abzuordnen, der Bundesversammlung und deren Ausschüssen zum Behuf der Revision der Bundesverfassung mit gutachtlichem Beirath an die Hand zu gehen. Als solche Vertrau= ensmänner wurden von Preußen Dahlmann, von Oesterreich Schmerling und Somaruga, von Hannover zuerst Wangenheim, dann Professor Zachariä in Göttingen, von Wirtemberg Uhland, von Baden Bassermann, von Holstein Droysen, von den freien Städten Gervinus, von Braunschweig und Nassau Max v. Gagern gewählt.

Der Hauptherd der Agitation für eine Reform der deutschen Bundesverfassung war das südwestliche Deutschland. Hier wurde die Forderung eines deutschen Parlaments in zahlreichen Adressen ausgesprochen, hier wurden die Ministerien durchgreifend umgestaltet und mit den Führern der bisherigen Opposition besetzt. Besonders von Baden, Hessendarmstadt und Nassau aus wurde die Verfassungsreform mit Eifer betrieben. Von den dortigen Regierungen wurde der nassauische Legationsrath Mar v. Gagern, der Bruder des hessischen Ministers, und ein hessischer Gesandter Graf Lehrbach am 9. März auf eine Rundreise zu mehreren deutschen Höfen ausgesandt, um eine Verständigung einzuleiten über die Wege, die zur Umgestaltung des deutschen Bundes in einen eigentlichen Bundesstaat, zu Berufung eines Parlaments und Einsetzung einer allgemein deutschen Centralgewalt führen könnten. In Stuttgart fanden die Gesandten den König geneigt, die Leitung der deutschen Angelegenheiten in die Hände eines deutschen Regenten zu legen, auf welchen sich die meisten Stimmen. vereinigen würden, und der König erklärte sich bereit, diese Leitnng dem Könige von Preußen anzuvertrauen, unter der Voraussetzung daß er seinem.

Reformplan des Königs von Preußen.

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Volk dieselben constitutionellen Rechte und Freiheiten verleihen werde, welche die Süddeutschen bereits besäßen. In München fand die durch einen wirtembergischen Beauftragten verstärkte Gesandtschaft weniger günstige Aufnahme, es wurde im Allgemeinen das Bedürfniß der deutschen Einigung anerkannt, aber man hütete sich, in dieser Richtung bestimmte Zusagen zu machen. Dies mochte zum Theil daher kommen, daß eine Throuveränderung im Werke war. König Ludwig glaubte sich in die neu angebrochene Zeit nicht mehr finden zu können und übergab die Regierung seinem Sohne, der als Maximilian II. den 20. März 1848 den Thron bestieg. Alles schien nun darauf anzukommen, wie sich Preußens König und Regierung zu dieser Frage stellen würden. Die süddeutsche Gesandtschaft setzte ihren Weg nach Berlin fort, und es fand daselbst am 23. März eine Conferenz statt, deren Resultate aber den Erwartungen nicht entsprachen. Um dies zu erklären müssen wir etwas weiter ausholen.

Wir haben oben gesehen, daß der König von Preußen schon seit feiner Thronbesteigung die Reform der deutschen Bundesverfassung ins Auge gefaßt, daß er zu diesem Behuf mit dem Wiener Hof und Ministerium Unterhandlungen angeknüpft hatte. Diese ruhten, da sich in Desterreich wenig guter Wille zeigte; aber im Herbst 1847 wurde vom König von Preußen auf's neue die Initiative ergriffen und der General v. Radowig wurde mit Ausarbeitung einer Denkschrift beauftragt, in welcher er den ganzen Umfang der Frage erörtern sollte. Diese Denkschrift wurde am 20. November 1847 dem Könige vorgelegt und von demselben vollständig genehmigt. Nach den Vorschlägen dieser Denkschrift sollte die Entwickelung des Bundes in drei Richtungen verfolgt werden: in Betreff der Wehrhaftigkeit, des Rechtsschutzes und der materiellen Interessen. Für die erstere wurde regelmäßige und allgemeine Beaufsichtigung des Bundesheeres, gemeinschaftliche Uebungen aller Contingente, Vereinigung des Reglements und des Kalibers und die Einführung eines Bundesfeldzeichens und Bundeswappens beantragt. Für den Rechtsschutz war Einsetzung eines obersten Bundesgerichts, gemeinschaftliches Strafrecht und Strafverfahren, Handelsrecht und Creditordnung, Wechselrecht, allgemeines Heimatsrecht und volle Freizügigkeit verlangt. Besonderes Gewicht war auf das oberste Bundesgericht gelegt. Die dritte Kategorie, die der materiellen Interessen, umfaßte die Ausdehnung des Zollvereins auf den ganzen Bund, gemeinschaftliche Maße und Gewichte und Münze, allgemeine Post- und Eisenbahnordnung, freien Verkehr mit allen Lebensmitteln, Aufhebung aller Wasserzölle, allgemeinen Schiffahrtsvertrag,

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