Die Kantischen Studien Schillers und die Komposition des Wallenstein

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Ehrhardt, 1889 - 34 Seiten
 

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Häufige Begriffe und Wortgruppen

Beliebte Passagen

Seite 70 - Tragödie überflüssig und unmöglich machen. Ihr Ziel ist einerlei mit dem höchsten, wonach der Mensch zu ringen hat, frei von Leidenschaft zu sein, immer klar, immer ruhig um sich und in sich zu schauen, überall mehr Zufall als Schicksal zu finden, und mehr über Ungereimtheit zu lachen als über Bosheit zu zürnen oder zu weinen.
Seite 67 - Bei mir ist die Empfindung anfangs ohne bestimmten und klaren Gegenstand ; dieser bildet sich erst später. Eine gewisse musikalische Gemütsstimmung geht vorher, und auf diese folgt bei mir erst die poetische Idee.
Seite 64 - Begriffe unzertrennlich geknüpft sind, aus dem Umlauf zu bringen und, wie billig, die Wahrheit in ihrem vollständigsten Sinn an seine Stelle zu setzen.
Seite 27 - Besonders bin ich froh eine Situation hinter mir zu haben, wo die Aufgabe war, das ganz gemeine moralische 123 Urtheil über das Wallensteinische Verbrechen auszusprechen und eine solche an sich triviale und unpoetische Materie poetisch und geistreich zu behandeln, ohne die Natur des Moralischen zu vertilgen.
Seite 63 - Jeder Stoff will seine eigene Form, und die Kunst besteht darin, die ihm anpassende zu finden. Die Idee eines Trauerspiels muß immer beweglich und werdend sein, und nur virtualiter in hundert und tausend möglichen Formen sich darstellen.
Seite 4 - Alle Wesen, an die ich mich fesselte, haben etwas gehabt, das ihnen teurer war als ich, und damit kann sich mein Herz nicht behelfen. Ich sehne mich nach einer bürgerlichen und häuslichen Existenz, und das ist das Einzige, was ich jetzt noch hoffe.
Seite 28 - Ich hoffe, Sie zu überzeugen, daß diese Materie weit weniger dem Bedürfnis als dem Geschmack des Zeitalters fremd ist, ja daß man, um jenes politische Problem in der Erfahrung zu lösen, durch das ästhetische den Weg nehmen muß, weil es die Schönheit ist, durch welche man zu der Freiheit wandert.
Seite 67 - Dadurch allein legitimiert es sich als Genie, daß es durch Einfalt über die verwickelte Kunst triumphiert. Es verfährt nicht nach erkannten Prinzipien, sondern nach Einfällen und Gefühlen; aber seine Einfälle sind Eingebungen eines Gottes (alles was die gesunde Natur tut ist göttlich), seine Gefühle sind Gesetze für alle Zeiten und für alle Geschlechter der Menschen.
Seite 62 - Vordem habe ich, wie im Posa und Carlos, die fehlende Wahrheit durch schöne Idealität zu ersetzen gesucht, hier im Wallenstein will ich es probieren und durch die bloße Wahrheit für die fehlende Idealität (die sentimentalische nämlich) entschädigen.
Seite 31 - Ich kenne keine poetische, namentlich keine dramatische Gestalt, die in ihrem Entwurfe so zufällig, so krankhaft individuell, in ihrer Ausführung so unwahr wäre als Schillers Wallenstein; keine, die mit ihren eigenen Voraussetzungen so im Streite läge, keine, die sich molluskenhafter der Willkür des Dichters fügte.

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