Abbildungen der Seite
PDF
EPUB
[ocr errors]

befondere der Fifcalgewalt des Regenten entspringen (II, 202-205), e) von Steuern und Abgaben (II, 205305), welche äufserft mannichfach find, und einer Vereinfachung wohl fehr bedürfen; und b) von den allge. meinen Behörden, welche Rechte der Cameralhoheit ausüben (305---352), namentlich a) dem geheimen FinanzCollegium (11, 305-337). An diefes find in den Erblanden die gefammten Einkünfte des Landes gewiefen, mit Ausfchlufs derer, welche zum Steuer- Aerarium fliefsen, dagegen wieder mit Inbegriff derjenigen, welche aus diefem Aerarium, in Folge tändifcher Bewilligungen, an die königl. Caffen abzugeben find. Auch werden von ihm die gefammten Staals- Ausgaben beforgt, nur mit Ausnahme derjenigen, welche von dem Steuer- Aerarium der Steuer- und Cammer - Creditcaffe, der CaffenbilletsAuswechfelungs- und Prämien-Caffe überlaffen find. Dabey führt es die Auflicht auf das eigentliche, ir Flüffen und Landftrafsen bestehende Staats- Eigenthum, über fämmtliche Domänengüter und über die auf königliche Rechnung betriebenen Gewerbsetabliffements, namentlich die Porcellan-Fabrik zu Meifsen. Auch ift ihm die Uebung Lämmtlicher Regalien und fifcalifchen Rechte überlaffen, die Vorbereitung der Landtagsangelegenheiten, welche Bewilligungen betreffen, endlich die Beforgung der ökonomischen Angelegenheiten der Landfchulen und Procuraturen. Dabey übt diefes Collegium bey manchen das Finanzwefen betreffenden Fällen, insbetondere in Bergfachen, eine oberite Gerichtsbarkeit aus, hat die Direction der Unterfuchungen gegen die Beamten, Rechnungsführer und andere Finanzbediente, hinfichtlich der in ihren Aemtern begangenen Verbrechen, fo lange bis es auf die Vollstreckung eines peinlichen Erkenntnifles ankommt (wo die Sache an die Landesregierung abgegeben wird). Auch können von dieser Behörde die durch Urtheil und Recht erkannten Gefängnifs- und Geld-Strafen gemildert, und erfte in Geldbufsen verwandelt werden; und zuletzt noch ist ihm die Befugnifs zuftehend, alle ihm untergebenen Diener u. Officianten, in fofern ihre Aemter nicht von dem Könige felbft vergeben werden, anzunehmen und zu verpflichten, und nach Befinden wieder zu removiren und zu entlaffen oder zu fuspendiren, auch blofse Prädicate zu ertheilen, in fofern diefe nicht in der Hofordnung stehen (II, 329–331). — ẞ) Der Cammer-Credit caffen-Commission (II, 337-339); bestimmt zur allmählichen Bezahlung der Cammerfchulden, welche nach der Abtheilung mit Preuffen für Sachfen noch auf 1,613,234 Thlr. 11 gr. 6 pf. berechnet werden.) Dem Ober-Steuer Collegium (II, 339-347); ein Collegium, das aus einem obersten Director, mitunter auch noch einem Vicedirector, und einigen königlichen und einigen landfchaftlichen Räthen welche Mitglieder jedoch welche Mitglieder jedoch fämmtlich zu den Ständen der alterblandifchen Ritterfchaft gehören follen befieht, zur Leitung und Verwaltung aller derjenigen Steuern, welche nicht zu dem geheimen Finanzcollegium verrechnet werden, bestimmt, und blofs dem geheimen Rathe untergeordnet ift. 3) Der Steuer-Creditcaffe (II, 348 u. 349), gebildet durch vier ritterschaftliche und vier itadtifche Deputirte, und bestimmt zur Verwaltung des Steuerfchuldenwefens, wofür seit dem Jahre 1821 jahrlich 713,333 Thlr. 8 gr. von den Ständen ausgefetzt find (II, 312). - ε) Die OberRechnungs-Deputation (II, 349); beftellt zur Revision

[ocr errors]

-

der Rechnungen der gefammten königl. Caffen mit Ausfchlufs der Schatullrechnungen, und zur Mittheilung ihrer Erinnerungen an die betreffenden Behörden. 2) Der Kreis- und Amts- Hauptleute (II, 350-352) in Bezug auf die diefen zukommende Obliegenheit zur Auflicht auf die niederen Cameralbeamten, deren Verwaltung und Rechnungsführung, fowie die Güterund Gewerbs - Adminiftration der öffentlichen Gewerbsetablillements und Domänenbefitzungen. 6) Von der Militärhoheit (11, 353—408). Die Hauptbehörden für die fen Gefchäftszweig lind die geheime kriegs-Canzley der Commando Angelegenheiten untl die Generalhriegsgerichte, und die liriegsverwaltungs Cammer; von wel chen vorzüglich die letzte einen fehr ausgedehnten Gefchäftskreis hat, der bey Weitem mehr unifafst, als zum Gefchäftskreife einer Kriegsverwaltungscammer, im eigentlichen Sinne, eigentlich gehören möchte (II, 393 -395) und 7) von der Tiirchenhoheit (11, 396-439). Die Verhältniffe der Fürften und Grafen von Schönburg hat der Vf. vorzüglich nach dem Haupt- und Nebenrecelle vom 4 May 1740 dargefiellt. Ob es bey diefen Beftimmungen bleiben wird, wird die Folge und der Gang der defstaligen Verhandlungen am Bundestage lehren. Ausreichend und conform mit der dermaligen Gestaltung des deutschen Staatenwefens find jene älteren Befiimmungen wohl auf keinen Fall. Das Völkerrecht, der dritte und letzte Theil diefes Lehrbuchs, enthält 1) die eigenthümlichen Verhältnille des Königreichs Sachfen zum deutfchen Bunde (II, 458-460); 2) einen Auszug aus den Verträgen mit Preuffen bey Gelegenheit der letzthin erfolgten Abtretungen (II, 460-494); die äufseren Verhältnille des Königreichs in Folge der Elbfchifffahrtsacte, der neueren Regulirungen des Poftwefens durch Verträge mit den Nachbarftaaten und den Thurn und Taxifchen Polien, und einige laatsrechtliche Dienftbarkeiten, namentlich rücklichtlich der aus den preuffifchen Salinen bedungenen Salzlieferungen (II, 494-512), und zuletzt die Erbanfprüche des königl. fachfifchen Haufes (II, 512— 517), die Lehensverhältniffe deffelben wegen der böhmifchen Hauptlehne (II, 517-521) und die vertragsmässige Austragalimitanz der beiden Hauptlinien des fächlifchen Haules (II, 521-526).

Würdigen unfere Lefer die Data dieser kurzen Inhaltsanzeige: fo wird fich ihnen von felbft die Ueberzeugung aufdringen, dafs der Vf. nichts unterlallen hat, um Teinem Lehrbuche die möglichte Vollitändigkeit zu geben. Die einzige Bemerkung, die wir nicht unterdrücken können, möchte die feyn, ob das Lehrbuch, so nothwendig und nutzlich es auch feyn mag, dennoch nicht noch etwas zu fruh erfchienen ift. Denn bey den fortschreitenden Reformen des königl. fächlifchen Gouvernements möchte fich wohl manches hier als bestehend Aufgeführ te bald ändern. Wie denn felbft die im Laufe der Ausarbeitung diefes Werks, nach der Versicherung des Vfs. in der Vorrede des zweyten Bandes, nöthig gewefenen Umarbeitungen und beygefügten Zufätze (1, 208-212 und II, 543-600) auf eine Stabilität des dermalen Bester henden und als beltehend hier Gegebenen fchwerlich rechnen laffen, auch allerdings das Fortfchreiten der begonnenen Reformen nicht unnöthig, fondern vielmehr fehr erfpriefslich feyn durfte.

.C. Z.

JE NA ISCH E

ALLGEMEINE

LITERATUR-ZEITUNG.

JANUAR

MEDICIN.

WÜRZBURG, in der Stahelfchen Buchhandlung: Das Nachgeburtsgefchäft und feine Behandlung. Nach Thatfachen bearbeitet von Dr. Adam Ulfamer, Repetitor an der Hebammenfchule, ordentl. Mitglied der philof. und med. Gefellschaft u. f. w. zu Würzburg. 1827. IV u. 109 S. S.

Der würdige Vf. diefer lehrreichen Schrift, welche

ein fchönes Denkmal der gegenfeitigen Achtung der Mitglieder der neuen philofophifch- medicinifchen Gefellschaft zu Würzburg aufitellt, indem fie dem Director und Secretär derfelben gewidmet ift, theilt uns, rebft den fremden Erfahrungen, die Refultate feiner vieljährigen, fehr ausgebreiteten fehr ausgebreiteten geburtshülflichen Praxis im Gebärhaufe fowohl, als in der Stadt Würzburg und ihren Umgebungen, mit, und entfcheidet. dadurch den, unbegreiflicherweile, bis jetzt noch beftandenen Streit über die active und paffive Behandlung des Nachgeburtsgefchäftes.

Einleitung.

Mit dem Durchtritte des Kindes durch die aufseren Genitalien endet das zweyte Stadium der Geburt, und das dritte, das NachgeburtsStadium, tritt ein. Diefes hat zur Aufgabe, den Mutterkuchen von der Gebärmutter, wenn deflen Lösung nicht schon mit dem Durchtritte des Kindes, wie diefes zuweilen gefchieht, erfolgt ift, loszutrennen und ihn abzuftofsen. Die Wehen, welche diefes bezwecken, heifsen die Nachgeburtswehen: fie find ihrem Wefen nach eins mit den Wehen der vorhergegangenen Stadien der Geburt, denn fie beruhen ebenfalls auf einer contractiven und expulfiveu Thätigkeit des Gebärorgans; ihrer Erfcheinung nach differiren fie aber fehr von jenen, indem fie bey Weitem nicht fo fchmerzhaft find, als diefe, und auch nicht immer periodifch, fondern fich häufig als ununterbrochene centripedale Bewegung des Uterus geftalten, und daher bey einer oberflächlichen Beobachtung fo häufig überfehen werden, dafs fie zu dem Glauben der immer mit dem Austritte des Kindes gefchehenden Löfung der Placenta Anlafs gegeben haben, wobey man behauptet, dafs die fogenannten Nachgeburtswehen nur felten vorhanden, und zur Ausftofsung der Nachgeburt niemals nöthig feyen, — gleich als ob diefer Act ganz ohne Zufammenziehungen des Uterus jemals Statt haben könnte, oder, ohne die Frau in die gröfste Lebensge. fahr zu ftürzen, jemals Statt gehabt hätte!

Gleich

1 8 2 8.

nach dem Ausfchluffe des Kindes fühlt man den Uterus in Gestalt einer Halbkugel oberhalb der Schambeinverbindung auf eine wunderbare Weile zufammengezogen; und wenn wir an feinem Grunde bis auf die Wirbelfäule mit unferer Hand hinabgehen: fo fühlen wir die Aorta abdominalis fehr deutlich fchlagen. Es dauert einige Minuten, bey Erftgebärenden kaum fo lange, fo treten die fchon erwähnten fuhlbaren oder unfühlbaren Nachgeburts - Contractionen des Uterus ein, es folgen einige Schüffe Blut, undman darf jetzt über die Lostrennung der Placenta ficher feyn. Es ift alfo die Löfung und Ausftofsung der Placenta, fowie die Eröffnung des Muttermundes und Durchtreibung des Kindes, ein Werk der Natur. Was die Eröffnung des Muttermundes für die Geburt des Kindes ift, nämlich Vorbereitung der Weichtheile zum Durchgang derfelben, das ift das Losfchälen der ́ Placenta für das Ausftofsen diefes Organes; und fo wie die Geburt des Kindes ohne Vorbereitung und Eröffnung der Weichtheile fich nicht denken lässt, ebenfo ilt die Ausftofsung der Placenta nicht möglich, wenn nicht vorher ihre Löfung von der Gebärmutter erfolgt ist. Da es nun Fälle giebt, wo die Natur mit diefer Löfung zögert, und oft gar in ihrem Streben fo ermüdet, dafs fie der Erreichung ihres Zweckes unterliegt: fo war es von jeher die Frage, ob die Kunft berechtiget fey, dem Nachgeburtsgefchäfte unter die Arme zu greifen, und welcher Augenblick hiezu als der fchicklichfte bezeichnet werden müffe.

Gefchichtliche Notizen über das Nachgeburtsgefchäft und feine Behandlung. (Bekannt.) Wie lange follen wir beym Nachgeburtsgefchäfte die Natur allein wirken, und wann follen wir die Hülfe der Kunft eintreten laffen? Um diefe Unterfuchung auf eine würdige Weile zu beginnen, ftellt der Verf. eine Tabelle auf über 70, unter einer Anzahl von 9839 Geburten beobachtete Nachgeburts - Abnormitäten, ihre Behandlung und deren Erfolg, ausgezogen aus den jährlichen Ueberfichten von Jieben Entbindungsanftalten Deutschlands, nämlich denen von Berlin, Dresden, Göttingen, Heidelberg, Marburg, München und Würzburg. Bey diefen 70 Nachgeburts - Abnormitäten wurde 53 Mal die künftliche Lösung vorgenommen; in einem einzigen Falle erft 5 Stunden nach der Geburt des Kindes, und in einem 8 Stunden danach. Von den 53 Operirten ftarben 4. Unter jenen, bey welchen die Abnormitäten des Nachgeburtsgefchäftes der Natur überlaffen wurden, starben 2. Es ergiebt fich also, dass unter zweyen, bey welchen

die Befeitigung der Nachgeburtsabnormität der Wirkfamkeit der Natur allein überlaffen wird, eine stirbt; und dafs bey folchen, wo noch zeitig zu einer künftlichen Löfung der Placenta gefchritten wird, unter 13 zwölf gerettet werden. Bringt man aber die 13 Fälle (von diesen 70), wo durch innere und äufsere Mittel gegen die Blutung gewirkt wurde, auch in Rechnung, was doch eigentlich gefchehen muss, weil diefe Mittel die Trennung und Ausftofsung der Placenta erft bewirken mussten, ehe fie die Blutung ftillen konnten: fo wird das Verhältnifs noch auffallender, indem fich dann die Zahl der Geretteten zu jener der Verblichenen wie 16 zu 1 verhält.

Da aber diefe Refultate nur aus den jährlichen Ueberfichten von Entbindungsanftalten gezogen find, und dem Einwurfe Raum geben, dafs die Privatpraxis zu anderen Ueberzeugungen führen dürfte: fo dehnt der Vf. feine Unterfuchungen auch auf die Ergebniffe der bürgerlichen Praxis aus. Hiezu eignet fich vorzüglich Riche's geburtshülfliche Topographie von Würtemberg: unter 219,353 Geburten, welche i d. J. 1821 - 25 vorgefallen find, finden fich 1500 Nachgeburtszögerungen, ungerechnet diejenigen, wo die Lostrennung fchon früher erfolgt war, die Placenta aber aus irgend einem Grunde zurück blieb, und künftlich entfernt werden musste. Von diefen 1500, der Lostrennung unterworfenen Müttern ftarben 140, meiftens an den Folgen der Verblutung, aufserdem auch nicht felten an dem Kindbettfieber: es ftarb alfo nicht ganz der 10te Theil der Operirten. Diefer ungünstige Erfolg rührte hauptfächlich von der fo oft verspäteten Hülfleistung her, da diefe Operation in vielen Fällen erft in agone mortis vorgenommen wurde. In der Haupttadt Stuttgart wird die künftliche Löfung der Nachgeburt unter 30 Geburten einmal vorgenommen, und zwar mit dem günstigsten Erfolge für die Mütter, indem unter 25 nur eine ftirbt. In Siebolds Journal werden von einem Ungenannten eil Nachgeburtsgefchichten erzählt, wo die Placenta fiebenmal künftlich getrennt und weggenommen, viermal aber diefes Gefchäft der Natur überlaffen werden musste, wegen zu bedeutenden Krampfs und noch fonftiger Hinderniffe. Die 7 Operirten wurden gerettet, die 4 anderen aber farben. Wichtiger als alles diefes find die Refultate, welche die Auffoderung des Medicinalcollegiums zu Coblenz lieferte: die bey Weitem gröfste Zahl der zu dem dortigen Regierungsbezirke gehörigen Geburtshelfer, welche ihre Meinungen und Erfahrungen über diefe Sache mittheilen mufsten, folgte dem Grundfatze, bey gefahrdrohenden Erfcheinungen, z. B. Blutfluffen, Convulfionen u. f. w., die Nachgeburt zu befeitigen, die Urfache des Zurückbleibens fey, welche fie wolle. Eine fehr grofse Anzahl, unter denen die erfahrenften und wiffenfchaftlichften Geburtshelfer fich befinden, ftimmen auch ohne Eintritt gefährlicher Erfcheinungen für die Entfernung der Nachgeburt in den erften Stunden nach der Ausfchliefsung des Kindes. Der Vf. zählt in feinem Geschäfts- Tagebuche 29 Fälle,

wo er bey Nachgeburtszögerungen zu Rathe gezogen wurde. Unter diefen 29 Fällen hat er fich fogleich bey feiner Ankunft, nach genauer Prüfung der Umftände, veranlafst gefunden, die künftliche Lostrennung und Wegnahme des kritifchen Organes vorzunehmen, mit Ausnahme zweyer Fälle. Von den 27 Operirten blieben 22 ganz wohl, 2 bekamen eine leichte, durch die gewöhnlichen Mittel wieder entfernte Metritis, eine bekam am fechften Tage nach der Operation, bis wohin fie wohl blieb, in Folge einer heftigen Gemüthsbewegung Mania puerperalis, woran fie nach zwey Monaten farb; die vierte litt an einem fehr bedeutenden Sarcoma uteri, welches die Placenta mechanisch zurückhielt, und starb am fiebenten Tage nach der Entbindung in Folge der durch das Sarkom gehinderten Rückbildung des Uterus; und die fünfte ftarb eine Stunde nach der Operation an Lungenlähmung.

Die Erfte, bey welcher die Nachgeburtsabnormität nicht durch die Operation gehoben werden konnte, fondern der Natur uberlaffen werden musste, eine Erftgebärende, äufserft gefund, gut gebaut, und etwa 24 Jahre alt. Nach der Ausfchliefsung des Kindes bekam fie ftarken Froft, welcher etwa Stunde anhielt, wobey he über starke, anhaltende Schmerzen in dem bedeutend aufgetriebenen Unterleibe klagte. Blutung zeigte fich nicht. Nachdem der Froft vorüber war, wollte die Hebamme zur Wegnahme der Nachgeburt fchreiten, in der Meinung, diefelbe losgetrennt in der Mutterscheide zu finden; allein fie überzeugte fich, dafs fie noch nicht losgetrennt war, und liefs den Vf. zu Hülfe rufen, der nach einer Stunde erft eintreffen konnte. Er fand das Weib in einem fehr aufgereizten Zustande, mit aufgetriebenem fchmerzhaftem Unterleib. Der Muttermund war krampfhaft gefchloffen, und man konnte nur zur Noth mit einem Finger längs der Nabelfchnur in die Höhle des Uterus gelangen. Damals noch Anfänger in der Kunst, bat fich der Vf. den Beystand des M. R. Doutrepont aus, bis zu deffen Ankunft bedeutend Blut abging. Da der Muttermund den Durchgang der Hand nicht zuliefs, um die Placenta wegzunehmen: fo erklärten fich beide für paffives Verfahren (d. h. für Nichtsthun!), und Doutrepont ftellte eine äufserft ungünftige Prognofe (das Einzige, worin er hier Recht hatte, denn wenn dem Kranken nicht geholfen wird, mufs er freylich fterben). Gegen Abend vermehrte fich das Fieber in einem, folchen Grade, dafs eine Vene am Arme geöffnet werden musste, und am anderen Tage zeigten fich alle Symptome einer Metritis, gegen welche auch der umfaffendste antiphlogistische Apparat nichts ausrichten konnte, fo lange die Urfache, wofür doch die Placenta angesprochen werden musste, nicht entfernt war: der Natur wollte diefs nicht gelingen, und der Kunft waren durch die noch bestehende Verschliefsung des Muttermundes Grenzen gefetzt (). Am 5 Tage nach der Geburt fah man die Zeichen der Gangrän, und am 6 endete die Katastrophe mit einem fanften

[ocr errors]

Tode. Schon beym Transport der Leiche in den Sarg fiel die Placenta, bereits zur Hälfte in Fäulnifs übergegangen, unter Verbreitung eines abfcheulichen Geruches, aus der Scheide (). Bey der Section zeigte fich die Stelle der Mündung der linken Muttertrompete, die Adhäfionsftelle der Placenta, brandig, und zwar fo, dais man die ganze Subftanz mit dem Finger zerstören konnte. Das untere Segment des Uterus mit dem Mutterhalfe war ohne alle Spur von Entzündung. (Dafs diefes Weib an dem Nichtsthan' der Aerzte tarb, ift klar; doch können wir dem Vf. nur den Vorwurf machen, dafs er einen Mifsgriff in der Wahl des Confiliarius that; hätte er fich auf fich felbli verlaffen: fo würde er gewifs noch zu rechter Zeit auf den Einfall gekommen feyn, die krampfhafte Strictur des Muttermundes durch allgemeine Erfchlaffung mittelft tüchtiger Blutentleerungen und krampffillender innerer und äufserer Mittel zu heben, und fich fo den Weg in die Gebärmutter zu bahnen.)

Die zweyte, nach der exfpectativen Methode Behandelte war eine ftets gefunde, rüftige Frau, welche fchon einigemal leicht, und ohne Anstand im Nachgeburtsgefchäfte, geboren hatte. Auch diefsmal verlief die Geburt des Kindes ganz normal, allein die. Placenta blieb zurück. Der Arzt des Ortes, mit ganzer Seele dem exfpectativen Syftem in feiner Kunft zugethan, verliefs fich hier un fo mehr auf die Kräfte der Natur, da ihm die Geburtshülfe fremd, und er jedesmal in folchen Fällen auf das Urtheil der Hebamme oder eines fubalternen Wundarztes befchränkt war. Allein die Reaction der Natur gegen den ihr jetzt feindlich gegenüberfichenden Körper wurde fo heftig, dafs man den Rath eines Dritten für nöthig hielt, und hiezu wurde der Verf. beftimmt. Er kam zu der Frau am dritten Tage nach der Geburt des Kindes, und fand he in einem aufserft aufgereizten Zustande, mit einem in der Minute 90 Schläge gebenden, vollen, harten Puls, rothem Gelicht, funkelnden Augen, aufgetriebenem und befonders bey der Berührung aufserft fchmerzhaftem Unterleib. Die Kranke war von einer unerträglich riechenden Athmosphäre umgeben, und ihr Blick rief laut um' Hülfe. Bisher hatte man die paffive Methode fo pünctlich eingehalten, dafs man weder eine Einspritzung, noch eine Löfung angeordnet, noch fonft gegen die dringendften Zufälle etwas gethan hatte. Der gegenwärtige Wundarzt, ein alter Mann, fagte dem Verf., der Muttermund fey fo verfchloffen, dafs man möglich durch denfelben kommen könne, und hielt. ein operatives Verfahren für unausführbar. Der Verf. fuchte den Ordinarius zu einer Aderlaffe zu bereden, indem die heftigfte Metritis keinen Augenblick zu verkennen war; doch wollte er vorher, zur Beruhigung der Kranken, eine innerliche Unterfuchung anftellen. Er fand den Muttermund ganz geöffnet, und den Mutterkuchen breit auf demfelben aufliegen, fo dafs er fich nicht enthalten konnte, unter der Bettdecke mit der ganzen Hand einzudringen, und das Corpus

[ocr errors]
[ocr errors]

ner folchen Leichtigkeit, dafs die Frau keinen Laut über Schmerzen von fich gab, und die Anwesenden das Gefchehene bezweifelt hätten, wenn nicht der fürchterlichte Geftank und das ihnen vor Augen gelegte, die ganze Placenta mit Häuten und Nabelschnur darftellende Educt fie zur Ueberzeugung geführt hätte. Die Zufälle liefsen nun nach, aber die noch bestehende Metritis wurde nach der Entfernung des Verf. von dem Ordinarius vernachläffiget, und die Frau ftarb am 6 Tage nach Wegnahme der Placenta.

Auch aus des Verf. Erfahrungen über das Nachgeburtsgefchäft und feine Behandlung ist nicht zu verkennen, dafs fie für die Vorzüge der activen Methode entfcheiden; indeffen nicht aus der Erfahrung allein, fondern auch aus apriorifchen Gründen läfst es fich nachweifen, dafs nur aus einer vernünftigen, mit der erfoderlichen Gefchicklichkeit ausgeführten activen Methode bey Zögerungen des Nachgeburtsgefchäftes Heil für die leidenden Frauen erwartet werden kann, und dafs fie dem Tode felten entgehen, wenn sie nach exfpectativen Principien behandelt werden. - Die Placenta, deren Gewebe aus Gefäfsen besteht, die durch Zellgewebe unter fich verbunden find, wird gegen das Ende der Schwangerschaft dem Uterus immer fremder, und ihre Verbindung, die ebenfalls durch Zellgewebe mit diefem gefchieht, und mittelft kleiner, aus dem Uterus in die Substanz der Placenta gehiender und fich gefchlängelt endigender Blutgefälschen be lebt wird, wird immer lockerer, der Zuflufs der Säfte immer befchränkter, und fo die künftige gänz liche Trennung fchon jetzt dynamifch vorbereitet. Nicht immer gefchieht diefe Vorbereitung auf gleiche Weife: ftatt fich zu lockern und allmählich zu verlieren, wird das zwifchen beiden liegende Zellgewebe fefter, und unterhält die Verbindung der Placenta inniger als je. Solchen Erfcheinungen gehen nicht felten Ichon in der Schwangerschaft Schmerzen an einer oder der anderen Stelle der Gebärmutter (wo eben der Mutterkuchen fitzt) voraus, die den entzündlichen Schmerzen sehr ähneln, und nur zuweilen den allgemeinen und befonders örtlichen Blutentleerungen u. f. w. weichen, oder oft gar bis zu der Geburt, und öfter noch-während derfelben, fortdauern. Anfangs find folche Schmerzen nur der Ausdruck der hier fo leicht möglichen Congeftion; allein unter exfpectativer oder fonltiger zweckwidriger Behandlung geftaltet fich die fer Zustand zur wirklichen Entzündung der Bildungsmedien, und ihre Folge ift normwidrige Cohfion. Ift der Sitz der Entzündung vorzugsweife in der jetzt fo fehr zur Turgefcenz geneigten Schleimhaut des Ulerus fo geftallet fie fich als Inflammatio adhaefiva, und ift um fo leichter begreiflich, wenn wir bedenken, dafs die Gedärme mit dem Bauchfell, die Lungen mit der Pleura u. f. w. auf ähnliche Weile verwachfen können. Trifft aber die Entzündung mehr die vom Uterus zur Placenta gehenden Gefäfse, oder das zwischen beiden liegende Zellgewebe: fo geftaltet fich letztes in der Folge zu einem membranofen Gebilde, oder

che die Vorfehuna felbft veranstalten musste, war alle Vernunft nicht hinreichend, eine allgemeine Erleuchtung zu bewirken und zu befördern. Die Gefchichte der Aegyptier und Griechen ift ein einleuchtender Beweis, wie fich die Vernunft bey allem übrigen Wachsthum an Gefchmack und Scharffinn doch an die unfinnigften Begrille gewöhnen, und fie vergöttern kann. Aber die Acgyplier, deren Gefchmack wir übrigens dahin geftelli laffen wollen, und die Griechen find noch nicht die Menfchheit, find nur Species derfelben. Und woher weifs der Vf., dafs die göttliche Vorfehung durch kein anderes Mittel der Menfchheit eine walire Erkenntnifs von den göttlichen Dingen geben konnte, als durch äufsere Revolutionen? Ueber die Wunder Jefu lefen wir S. 57:,,Gott hat die Kraft in gewiffe Dinge gelegt, gewille Krankheiten zu heilen (Golt hat die Kraft, Krankheiten z. h., in gewiffe u. f. w). Ift es unmöglich, wenn (dafs) die göttliche Kraft ohne jene natürlichen Mittel wirkt, und in einem Augenblicke? Hat man doch Beyspiele, dafs epileptifche u. f. w. Menfchen durch einen Zufall, (oder) ungewöhnlich Wenn ftarken Eindruck geheilt worden find. Jefus Todie auferweckte: fo lag die Möglichkeit doch in der Natur; aber dann würde es den Naturgefetzen.

[ocr errors]

nun

wirklich widerftritten haben, wenn Jefus einem natürlich leblofen Gefchöpf, z. B. einem Baume, Leben niitgetheilt hälte." Ueber den Grundlatz des R.: die Lehren festzuhalten oder aufzugeben, welche den ethifchen Zweck befördern oder nicht, wird fehr rhapfodifch gehandelt, doch auch manches beherzigenswerthe Wort gefagt. Z. B. S. 60:,,Es kann in der Religion Lehren geben, die mit dem ethifchen Zweck unmittelbar nicht zufammenhängen, aber doch die Sittlichkeit in hohem Grade befördern." Das Uebrige müllen wir übergehen, um noch zu erwähnen, dafs der dritte Abfchnitt S. 90-104 die Nothwendigkeit einer Vereinigung der Vernunft und des Glaubens im Christenthume darzuthun fich bemüht. Gründe: Sie liegt in der Natur der Sache und des menfchl. Geiftes; Jefus und feine Apoftel haben die Vernunft in der Religion felbft gebraucht und empfohlen. Ohne den Gebrauch der V.. würden die Chriften wieder Ablafs kaufen und Bilder anbeten; (gewifs!) würden fie in Schwärmerey und Myfticismus verfinken. Das Volk wenigftens ift noch nicht reif zu einer blofsen Vernunfireligion, und rationalistische Prediger müssen auf der Kanzel fich felbft widerfprechen. Jede Religion fürs Volk mufs pofitiver Art feyn u., f. w. Χμρ.

EREAUUNGSSCHRIFTEN.

KLEINE SCHRIFTE N.

Leipzig, b. Reclam:

Bleibe

bey uns, denn es will Abend werden, und der Tag hat fich geneigt. Eine Predigt, am zweyten Ofterfeyertage Borna (in Sachfen) gehalten von Carl Julius 1827 zu Klemm, Diakonus dafelbft. 1827. 20 S. 8.

Bey der grofsen Ueberzahl der Candidaten des Predigtamts, die man jetzt faft überall findet, ift bey einer erle. digten Predigerftelle der Zudrang gewöhnlich grofs. Da aber nur Einer die gewünschte Stelle erhalten kann: fo pflegen nicht felten Neid, Mifsgunft und Bosheit rege zu werden, und durch allerley niedertrachtige Kunfte im Finfteren ihr verderbliches Spiel zu treiben; befonders gefchieht diefes oft von unwürdigen Candidaten, die auf rechtlichem Wege keine Stelle fo leicht erhalten können. Nach dem Vorworte ift diefes dem Vf. auch fo ergangen. Weil Dr. Drüfeke in feinen Blicken in die letzten Lebenstage unferes Herren (Lüneburg 1821. S. 345-362) über diefelben Worte eine Predigt geliefert hat, und auf den fünf letzten Seiten derfelben auch über drey Abende fpricht, welche das Herz, das Glück und das Leben haben, und für wel-che wir unferen himmlifchen Freund brauchen, und Ihn bitten müffen: bleibe bey uns; und weil der Vf. in feiner

Gaftpredigt die drey Abtheilungen gemacht hat: 1) bleibe bey uns, fo bittet die Liebe in der Trennungsftinde; 2) bleibe bey uns, denn es will Abend werden; fo fleht der Chrift, wenn es Abend werden will mit feinem Glauben; 3) bleibe bey uns, denn es vill Abend werden, und der Tag hat fich geneigt; fo betet der Fromme, wenn fein Lebenstag fich neigt: fo hat man fich manche unbegründete und für ihn krankende Folgerungen über diefe Predigt er laubt. Wer beide Vorträge unbefangen lefen will, der wird fich bald überzeugen, dafs der Vf. nicht nur felbftftandig gearbeitet habe, fondern auch in feiner Predigt Anlagen zu einem guten Prediger zeige. Möge er fich nur einer jetzt beliebten pikanten Manier nicht zu sehr überlaffen, fondern auch die bekannten Mufterarbeiten von Zollikofer, Reinhard, Rofenmüller, Marczoll, Schuderoff u. a. ftudiren! Die Acufserung in dem Vorworte, dafs mit der erlangten Stelle die Beltinmung diefer Predigt erreicht worden fey, hätte Rec. weggewünfcht; hoffentlich war diefes nicht der einzige und höchfte Zweck bey feinem Vortrage.

P. F.

« ZurückWeiter »