Ueber den begriff der schönheit

Cover
Vanderhoeck und Ruprecht, 1847 - 60 Seiten
 

Ausgewählte Seiten

Andere Ausgaben - Alle anzeigen

Häufige Begriffe und Wortgruppen

Beliebte Passagen

Seite 14 - Die räumlichen Verhältnisse der Baukunst, ihre strebenden Pfeiler und die breitgelagerten Lasten über ihnen würden uns nur halb verständlich sein, wenn wir nicht selbst eine bewegende Kraft besässen, und in der Erinnerung an gefühlte Lasten und Widerstände auch die Grösse, den Werth und 'das schlummernde Selbstgefühl jener Kräfte zu schätzen wüssten, die sich in dem gegenseitigen Tragen und Getragenwerden des Bauwerks aussprechen.
Seite 9 - Beugens und Schwebens beseelt; vielmehr selbst auf das Unbelebte tragen wir diese ausdeutenden Gefühle über, und verwandeln durch sie die todten Lasten und Stoffe der Gebäude zu eben so vielen Gliedern eines lebendigen Leibes, dessen innere 15ebungen in uns übergehen.
Seite 13 - Anschaubare redend geworden, und was er selbst äußerlich kundzugeben genöthigt war, wird er unter jeder ähnlichen, fremdher dargebotenen Erscheinung wieder vermuthen. Man darf glauben, dass auf solchen Erfahrungen am meisten unsere Beurtheilung schöner, räumlicher Umrisse beruht Wenn es immer vergeblich gewesen ist, für die Schönheit eines solchen Umrisses eine wissenschaftlich berechenbare Bedingung zu finden, so rührt es daher, weil er nicht durch sich selbst, sondern durch Erinnerungen...
Seite 9 - Lebensgefühle dessen dringen wir ein, was an Art und Wesen uns nahe steht, in den fröhlichen Flug des singenden Vogels , oder die zierliche Beweglichkeit der Gazelle; wir ziehen nicht nur die...
Seite 14 - Auge, vorschwebend, die Ausdeutung unendlicher räumlicher Gestalten vorausbestimmen, und er wird sich fruchtlos besinnen, wie so einfache Züge der Zeichnung so innerliche Gefühle in ihm anregen konnten.
Seite 13 - Zwar auch ohne diess würden einfache, strenge Zeichnungen im Raume, an sich bedeutungslos, durch den wohlthuenden Wechsel der Anspannung und Ruhe, den sie dem umlaufenden Auge gewähren , die ersten Spuren einer noch spielenden Schönheit verrathen; aber wer einmal seine eigene Stimme vom Schmerz gebrochen fand und die bebende Anspannung der Glieder im unterdrückten...
Seite 9 - Gazelle; wir ziehen nicht nur die Fühlfäden unseres Geistes auf das kleinste zusammen, um das engbegrenzte Dafein eines Muschelthieres mitzuträumen und den einförmigen Genuß seiner Oeffnungm und Schließungen, wir dehnen uns nicht nur mitschwellend in die schlanken Formen des Baumes aus, dessen feine Zweige die...
Seite 20 - Jedes echte Kunstwerk ist eine Eroberung einer neuen Erfahrungswelt ; es spricht für die Erkenntniss keine Lehre aus , die diese selbst zu finden unfähig wäre , aber die breite zerstreute Welt menschlicher Erfahrung sammelt es zu einem verdichteten Bilde, an dem die Erkenntniss als an einem neuen, aber alle Elemente seiner Lösung in sich tragenden Räthsel wiederum sich versuchen mag.
Seite 22 - Hervortreten, so dass er sich zum Rhythmus des Ganzen aufdrängte, würde übel zu dem Sinne eines Chorales stehen, in dessen Tönen ja keine hinfällige, unter andere Gesetze gebundene Wirklichkeit, sondern die Fülle des höchsten einigen Seins selbst sich entwickeln soll. Desto entschiedener, obwohl nur in ernstem und langsamem Gange darf er den starken und festen Grund eines kriegerischen Marsches bilden , in dem der Muth menschlicher Begeisterung sich gern auf die unwandelbaren Geschicke der...
Seite 22 - Selbständigkeit und melodiöse Kraft des einzelnen Gemüths sich der nivellirenden Gemeinheit des alltäglichen Taumels der Dinge überläßt." Der Rhythmus wird schneller oder langsamer je nachdem viele oder wenige Töne auf einen Takttheil oder Takt kommen. Und wenn in allen Takten auch die Bewegung von der Höhe der Gegenwart fort und...

Bibliografische Informationen