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Die Zahlmeister der bucellarii, der Privatsoldaten, sind zweifellos Privatbeamte gewesen. Ihre Stellung war unter Umständen glänzend, Johannes der Armenier, optio Belisars, nimmt im Vandalenkriege den ersten Rang unter den Offizieren ein1). Vielleicht war mit diesem optio identisch der mehrfach erwähnte ἐφεστὼς τῇ οἰκίᾳ 3), auch genannt ὁ τῶν ὀπαδῶν ἐπιστάτης) oder ὁ πρωτοστάτης τοῦ θητικοῦ καὶ οἰκετικοῦ4).

Ein inschriftliches Zeugnis für den optio ist mir aus unserer Zeit nicht bekannt. Ein Papyrus nennt ihn unter Hinzufügung seines Truppenteils").

Die Beförderung).

Blicken wir nun zurück und fassen zusammen, wie sich nach dem diokletianisch-konstantinischen System die Beförderung gestaltete! In der Regel trat der Soldat als Rekrut ein; nur wenn er Sohn eines Veteranen, der bei der Kavallerie gedient hatte, war und zwei Pferde oder ein brauchbares Dienstpferd und einen Sklaven stellte, wurde er sofort circitor, und der älteste Sohn eines gefallenen Soldaten konnte sogar als Biarch eintreten (genaueres S. 114). Bei militärischer Tüchtigkeit rückte er dann durch Ausscheiden der Vordermänner?) allmählich bis zum primicerius empor. Er konnte auch durch kaiserliche Gnade sprunghaft befördert werden, dann hatte aber der ordnungsgemäß Avancierte vor ihm einen Altersvorrang von drei Jahren. Bei schlechter Führung drohte ihm dagegen die Strafe entsprechender Degra

optiones, daß wir nur an einen anderen Namen für dieselbe Sache denken können.

1) Prok. BV. I 17, 1 und 2; II 2, 1; II 3, 5.

2) BG. II 28, 8; III 36, 16.

3) Agath. II 8 (HGM. S. 191, 12).

4) Menander fr. 9 (HGM. S. 8, 19).

5) Uned. Papyr. Lond. bei Maspero S. 105: Tols jεvvalotát (ois) orqaτιώταις τοῖς ἀπὸ τοῦ ἀριθμοῦ Νουμίδαις Ἰουστινιαν(οι)ς (sic für Νουμιδῶν), διά Θεοτέκνου τοῦ καθοσιωμένου αὐτῶν ὀπτίονος.

°) Vgl. oben S. 88f. 109. 112. 114. 129. 139. 156. 180 u. passim; Seeck, Untergang d. antik. Welt II S. 42 ff., 486 ff. (Anhang); Liebenam, Exercitus, Pauly-Wissowa VI 2 Sp. 1638.

2) Diese Art ist durch viele Gesetze beglaubigt, z. B. Theodos. VI 24, 10; 27, 9. 14.

dation1). Eine andere außerordentliche Art der Beförderung war die Versetzung in einen bevorzugten Truppenteil; so avancierte der Grenzsoldat zum comitatensis. Hier konnte er wieder alle Rangstufen bis zum primicerius durchmachen, um dann mit der Würde eines Protektor oder Domesticus seinen Abschied zu erhalten 2), oder er konnte auch, wenn er noch jung genug war, als aktiver Soldat in das Korps der domestici aufgenommen werden. Nun stand er auf der untersten Staffel zu den höchsten Würden, aus den domestici gingen die Regimentskommandeure (praepositi, tribuni, praefecti)3), aus diesen die duces bzw. comites, aus diesen die Heermeister hervor. Wir sehen, daß alle Standesunterschiede verschwunden waren, daß militärische Tüchtigkeit den Weg vom Gemeinen bis zum magister peditum, ja sogar bis zum Kaiser, bahnen konnte. Völlige Durchführung des demokratischen Prinzips gegenüber dem aristokratischen, ständischen System der früheren Kaiserzeit! Eine Ausnahme machten nur die Offizierssöhne, die sofort durch kaiserliche Gnade unter die domestici aufgenommen werden konnten), aber wir brauchen nur an die vielen hohen Offiziere barbarischer Herkunft zu denken, um zu erkennen, wie oft es tüchtigen Militärs gelang, die ganze Laufbahn von der untersten Stufe an zu durchschreiten.

Die Beförderung der Offiziere war im Römischen Reich, wie n jeder wirklichen Monarchie, ein Bestandteil der kaiserlichen Kommandogewalt. Aber der Geschäftsgang war nicht völlig einheitlich geregelt. Die große Mehrzahl der Offiziere wurde höchstwahrscheinlich von den Heermeistern zur Beförderung eingereicht) und, nachdem die Zustimmung des Kaisers erfolgt war, durch den primicerius notariorum bzw. durch das Bureau der

1) Theodos. VI 24, 5; VII 1, 10; 12, 2. 3; 18, 16.

2) Z. B. Theodos. VII 20, 5; XIII 1, 7. 14. Vgl. S. 142.

3) Über gelegentliche Beförderung von Unteroffizieren u. Scholaren zu Tribunen ohne die Zwischenstufe des Domesticats vgl. oben S. 150.

4) Selbstverständlich hatte der Soldat, der das Glück hatte, sofort in einen comitatensischen oder palatinischen Truppenteil oder gar in eine schola der Leibwache aufgenommen zu werden, eine kürzere u. leichtere Karriere vor sich als der halb zivile Grenzsoldat. Vgl. Seeck a. a. O. S. 488 Anm. zu 43, 8.

5) Dies geht mit ziemlicher Sicherheit aus Theodos. I 8, 1–3 (über diese Verordnungen im folgend.) hervor. Vgl. zum Folgenden Mommsen, Ostgoth. Stud., S. 457f.

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392f.

notarii, in die Listen aller Zivil- und Militärbeamten eingetragen, in die omnium dignitatum et amministrationum notitia tam militarium quam civilium oder das laterculum maius1). Daneben aber erscheint im Ostreiche, vor allem in Ägypten und im Orient, das minus laterculum 2). Es umfaßte 122 Offiziersstellen, durchweg Kommandeure von Alen und Cohorten. Diese Truppenteile sie entsprechen den Auxilien des früheren Kaiserheeres werden eingeführt mit der ständigen Formel: et quae de minore laterculo emittuntur. Die Existenz dieser geringeren Kategorie ist wohl zurückzuführen auf die Geringschätzung der als minderwertig geltenden griechischen Truppen). Die hierzu gehörigen Offiziere wurden auf den Vorschlag des Quästors hin ernannt, ihre Liste wurde von dem scrinium memoriae geführt. Später rissen die Heermeister, wahrscheinlich die beiden praesentales in Konstantinopel1), dieses Recht an sich, aber auf eine Beschwerde des Quästors hin wurden ihm und dem scrinium memoriae im Jahre 415 zunächst 40 Stellen, dann im Jahre 424 alle übrigen zurückgegeben. Das Verhalten der Heermeister wurde als Übergriff bezeichnet und die alte Ordnung bis ins 6. Jahrhundert festgehalten 5). Wir haben hier wieder einen Fall von Konkurrenz zwischen ziviler und militärischer Gewalt vor uns. Der Streit wurde in diesem Falle wohl besonders dadurch verschärft, daß er sich mit einer Geldfrage verquickte: bekanntlich wurden in damaliger Zeit bei allen Beamtenernennungen Sporteln erhoben ein unausrottbarer und daher vom Staat notgedrungen sanktionierter Mißbrauch.

Die Beförderung der unteren Chargen wird im Grenzheere Sache der duces und comites, im Feldheere der magistri militum, bei den Saaltruppen des magister officiorum gewesen sein ®).

1) Or. XVIII, Occ. XVI.

2) Not. Dign. Index S. 330.

3) Mommsen a. a. O. S. 457

=

392; Conskriptionsordnung S. 22f. = 40. 4) Theodos. I 8, 1 ist an zwei Heermeister gerichtet, wahrscheinlich

die praesentales.

5) Theodos. I 8, 1 (vom Jahre 415); I 8, 2-3

(vom Jahre 424).

= Cod. Iust. I 30, 1—2

*) Zeitweise haben die magistri militum, die comites u. duces auch das Recht der Beförderung in einen bevorzugten Truppenteil besessen, Theodos. VII 1, 18. Vgl. S. 88 f.

Diese Ernennungen erfolgten sicherlich auf Vorschlag des Regimentskommandeurs.

V. Aushebung und Ersatzwesen1).

Das Heer der früheren Kaiserzeit war auf Grund der allgemeinen Wehrpflicht gebildet. Der römische Bürger diente in den Legionen; wurde ein Rekrut, der das Bürgerrecht nicht besaß, hier angenommen, so erhielt er es bei seinem Eintritt, so daß wenigstens die Fiktion aufrecht erhalten blieb. Der Untertan diente in den Auxilien und erhielt das Bürgerrecht nach vollendeter Dienstzeit. Nach Möglichkeit bildete man das Heer aus Freiwilligen; nur wo sie nicht ausreichten vor allem wohl bei den Auxilien schritt man zu zwangsweiser Aushebung. Der Unfreie und der Ausländer waren vom Kriegsdienste ausgeschlossen, die Hilfskorps der Föderierten gehörten nur materiell, nicht rechtlich zur Armee. Noch Kaiser Probus verheimlichte es sorgfältig, als er 16 000 germanische Rekruten einstellte; er bildete aus ihnen keine numeri, sondern verteilte sie auf die bestehenden Truppenteile 2).

Von dieser ganzen Ordnung ist in unserer Zeit so gut wie nichts übrig geblieben. Behauptet hat sich zunächst noch die rechtliche Unfähigkeit des Unfreien zum Kriegsdienste. Im Jahre 380 wird bestimmt, daß die Grundbesitzer einen Sklaven als Rekruten nicht stellen dürfen), er ist von der Anwerbung ausgeschlossen, und wenn er durch Irrtum oder Betrug angemustert worden ist, wird er nachträglich gestrichen1). Unter

1) Militärwesen S. 239 = = 246 ff.; Liebenam, Dilectus, Pauly-Wissowa V 1 Sp. 629 ff.; derselbe, Exercitus, Pauly-Wissowa VI 2 Sp. 1623 f. (laeti u. gentiles); L. M. Hartmann, Über den römischen Colonat S. 133f.; Otto Seeck: Untergang d. antik. Welt II S. 44ff., Anhang S. 492ff. (vor allem protostasia u. prototypia), Pauly-Wissowa I Sp. 349, adcrescens, III 2 Sp. 1540 ff., Capitulum, IV 1 Sp. 483 ff., Colonatus (bes. Sp. 504/05); Brunner, Deutsche Rechtsgeschichte I2 S. 54f. (laeti u. gentiles); Kubitschek, aurum tironicum, PaulyWissowa II 2 Sp. 2553.

2) Vita Probi 14, 7.

3) Theodos. VII 13, 8, vgl. S. 48 Anm. 5.

4) Iohann. Chrysostomos hom. 10 in Ioannem (ed. Montfaucon vol. 8 p. 59); catechesis II (vol. 2 p. 239); hom. in loc. n. testes 5 (vol. 3 p. 59); hom. ad eos qui conventum ecclesiae deseruerunt, III 76 Migne.

Trajan war es Gesetz, daß ein Sklave, der sich in die Truppe einschlich, mit dem Tode bestraft wurde1); und noch Justinian hat dieses Gebot in vollem Umfange aufrecht erhalten 2). Aber auch diese Schranke ist vielfach durchbrochen worden. Wenn allerdings Honorius bei dem allgemeinen Zusammenbruch zu Beginn des 5. Jahrhunderts die Sklaven zum Kriegsdienste aufrief3), so war das eine durch bitterste Not erzwungene, exzeptionelle Maßnahme, wie sie auch zu anderen Zeiten in bedrängter Lage vorgekommen ist). Aber schon im Jahre 382 wird einem Besitzer die Stellung eines fremden Sklaven verboten 5). Hieraus ergibt sich der zwingende Schluß, daß ein Sklave zwar nicht dienstberechtigt, aber doch dienstfähig war; mit Zustimmung des aushebenden Offiziers und seines Eigentümers durfte er eintreten. Justinian hat dann das Rückforderungsrecht des Herrn aufgehoben, wenn der Sklave diensttauglich war; in diesem Falle sollte er frei werden). Wenn wir der Geheimgeschichte Prokops (24, 18) trauen dürfen, so kauften damals Sklaven sogar Stellen in den kaiserlichen Scholen. Natürlich erhielt der Sklave in dem Augenblick seines Diensteintritts die Freiheit; nur in diesem Sinne hat sich die Unvereinbarkeit von Kriegsdienst und Unfreiheit erhalten. Ein Freigelassener konnte nicht Offizier werden), aber ein miles libertus wird in einem Gesetze ausdrücklich erwähnt), und keine Verordnung besagt, daß ihm, wie in früherer Zeit, der Eintritt in bestimmte Truppenteile versagt blieb. Auf die Knechte der reichsangehörigen Germanen wird sich der Ausschluß vom Kriegsdienste wohl überhaupt nicht erstreckt haben. Für sie war nicht römisches, sondern germanisches Recht gültig, und nach diesem folgten sie ihren Herren in den Kampf. Prokop erzählt uns dies gelegentlich von den Goten, den Langobarden und den Erulern, bei diesen letzteren mußten sie sich den Schild erst durch

1) Plinius ad Trai. 29. 30.

2) Dig. XL 12, 29; XLIX 16, 11.

3) Theodos. VII 13, 16 (vom Jahre 406). Infolge der Einfälle des Alarich

u. Radagais.

4) Liebenam Sp. 609/10.

5) Theodos. VII 13, 11 = Cod. Iust. XII 43, 2.

®, Cod. Iust. XII 33, 6, vgl. Theodos. VII 18, 9 § 3.

Theodos. IV 10, 3 (vom Jahre 426).

8) Dig. XXIX 1, 37.

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