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Die zweite höhere Stufe der Protektoren wurde gebildet durch die Legionspräfekten 1) und die hauptstädtischen Tribunen 2), die dritte und oberste durch die Offiziere, die den Rang des ducenarius3) hatten. Avancierten diese noch weiter, erhielten sie ein Kommando konsularischen Ranges, so wurde ihnen der Titel vir perfectissimus verliehen, und sie schieden aus der Gemeinschaft der Protektoren aus1).

Es ist klar, daß die Verleihung des Protektortitels allein ohne ständige persönliche Beziehungen zwischen dem Gefolgsherrn und seinen Leuten nicht genügte, um ein dauerndes und festes Treuverhältnis zu begründen. Diese Erkenntnis sollte denn auch bald zu einer vollkommenen Umgestaltung des Instituts führen.

VI. Reform der Kavallerie.

Die römische Spätzeit zeigt ein ständig zunehmendes Vorwiegen der Kavallerie, so daß die alte Kerntruppe, die Infanterie, immer mehr in den Schatten gestellt wird. Es ist dies eine Entwicklung, die sich ganz allmählich, im Laufe von Jahrhunderten, vollzogen hat, und die wir nach ihrer taktischen Bedeutung und Berechtigung noch später eingehend zu würdigen haben. Im 3. Jahrhundert tritt sie nun zum ersten Male in der Organisation zutage, indem die Reiterei aus ihren alten Verbänden losgelöst und zu großen Truppenkörpern, zu einer Schlachtenkavallerie, zusammengestellt wurde. Als den Urheber dieser Neuerung nennt eine byzantinische Quelle den Gallienus").

CIL. XIII 8273 und 8291 auf das praetorium in Cöln residierender Kaiser, während III 10509 den Truppenteil des centurio protector nicht erkennen läßt. Aber Traianus Mucianus war zuerst (S. 186 Zeile 5) centurio protector legionis XIII geminae. v. Domaszewski (S. 187) glaubt, daß diese damals in Aquileia gestanden habe, aber Cl. W. Keyes S. 42f. beweist, daß sie ihren alten Standort Dacien beibehalten hatte.

1) CIL. III 3424, 3529, 10406; Rangordn. S. 186 Zeile 9, S. 188f. (vgl. dazu Cl. W. Keyes, S. 42).

2) CIL. III 3126; XI 1836; III 8751; Rangordn. S. 186 Zeile 10-15, S. 189.
3) S. 10, CIL. XI 837; XII 2228; Rangordn. S. 186 Zeile 15 ff., S. 189.
4) CIL. XII 2228; III 1805 (vir perfectissimus ducenarius ex protectoribus);

vgl. V 3329; Rangordn. S. 191 unten.

5) Kedrenos I p. 494 Bonn. Zu Folgendem vergleiche die treffliche Abhandlung von Ritterling. Hoffentlich hält der Verfasser seine am Schluß

Diese Nachricht stammt etwa aus dem Jahre 1100, geht aber auf eine viel ältere Quelle zurück und ist durchaus glaubwürdig1). Zuerst unter Gallienus erscheint die dalmatische Reiterei, deren Schöpfer er sicher war). Sie wird unter Claudius lobend erwähnt3); unter Aurelian wird sie in der Schlacht bei Emesa an erster Stelle als wichtiger Teil des Feldheeres genannt). Hier erscheinen mit ihr zusammen die ausdrücklich als Gardereiter bezeichneten Mauren). Damals kommandierte auch der oben erwähnte Traianus Mucianus als praepositus und protector der zweiten Rangklasse die seniores pedites et equites Mauri et Osroeni ). Allerdings ist diese Truppe nicht erst von Gallienus geschaffen, sondern findet sich schon unter Severus Alexander als Gardekorps im Gefolge des Kaisers').

Die dalmatischen Reiter erscheinen in der Notitia Dignitatum häufig, und zwar im Feld- (comitatensischen) Heere als Vexillationen, unter den Besatzungstruppen als cunei und equites®). Mit einer gewissen Regelmäßigkeit finden sie sich zusammen mit den Mauri, Scutarii und Promoti). Näheres über diese von Aurelian getroffene Anordnung werden wir im folgenden Kapitel erfahren. Die Scutarii und Promoti müssen nun natürlich späausgesprochene Verheißung und schenkt uns noch eine Monographie über die Entwicklung der Fußtruppen vom 3. Jahrhundert bis zu den Verhältnissen, dir der N. D. zugrunde liegen.

1) Über die Quellen des Kompilators Kedrenos vgl. Krumbacher, Geschichte der byzantinischen Literatur2 S. 369.

2) Zos. I 40, 2; Vita Gall. duor. 14, 4 und 9. Anachronistisch ist die An

gabe Vita Clod. Albin. 6, 2 (unter Marc Aurel).

3) Zos. I 43, 2 († tõv Sahuaτõv iñños); Vita Claud. 11, 9.

4) Zos. I 52, 3.

5) Zos. I 52, 4 († Mavoovoia iллоs). Dazu vgl. außer Ritterling (S. 346) noch Rangordn. S. 191 Anm. 10.

®) Rangordn. S. 186 Zeile 11-13, S. 189. Über die Datierung der Ämter des T. M. S. 190.

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Rangordn. S. 164.

8) N. D. Index S. 317.

9) Ritterling vermutet (S. 349) wohl mit Recht, daß zu diesen Truppenteilen auch die Sagittarii und Stablesiani hinzuzurechnen sind, die in die vordiokletianische Zeit zurückgehen, in der früheren Kaiserzeit aber nie erwähnt werden. Zu diesen vgl. Not. Dign. ed. Böcking (Bonn 1839--1853), Bd. I S. 209f., III, S. 269*f. Die Stablesiani finden sich schon Occ. XXVIII in Britannien, ein Abschnitt, der nach Verhältnissen des 3. Jahrhunderts redigiert ist.

testens unter Aurelian entstanden sein; in früherer Zeit werden sie nie erwähnt, und die Vermutung liegt nahe, daß Gallienus sie zusammen mit den Dalmatern geschaffen hat. In bezug auf die Promoten erhält diese Annahme noch eine wesentliche Stütze durch den eigentümlichen Charakter der Truppe. Promoti heißt eigentlich die „Beförderten", damit wird also eine aus Principalen bestehende Truppe bezeichnet. Das trifft aber in älterer Zeit nur für die Legionsreiterei zu. Sie trug den Charakter einer Stabskavallerie; der eques legionis war principalis und trug den Silberring, das Abzeichen dieser Soldatenklasse; der gemeine Soldat erscheint auf Inschriften des 3. Jahrhunderts als munifex ihm gegenüber1). Nun verschwindet die Legionsreiterei um die Mitte des 3. Jahrhunderts, zuletzt erscheint sie in einer Inschrift vom Jahre 2402), in Hygins Lagerbeschreibung fehlt sie bereits. Was liegt nun näher als die Vermutung, daß die Promoten aus diesen Abteilungen hervorgegangen sind, die wahrscheinlich von Gallienus aus dem alten Legionsverbande losgelöst worden sind3). Zur Sicherheit wird diese Annahme durch die Beobachtung, daß die Promoten mit ihren Stammlegionen auch noch im 4. Jahrhundert in einem gewissen Zusammenhang geblieben sind3). Noch eine Papyrusurkunde vom Jahre 302 nennt einen ἱππεὺς προμοτῶν σεκούντων ἀπὸ λεγεῶνος -β Τραϊανής 4), und wenn sich in der Notitia Dignitatum Orientis in den einzelnen Provinzen je zwei Abteilungen der equites promoti indigenae finden, so entsprechen diese eben jedesmal den beiden hier stehenden und hier rekrutierten Legionen, aus denen sie natürlich hervorgegangen sind 5). Um Promoten wird es sich auch wohl

1) Rangordn. S. 2 oben und die da angeführte Literatur, S. 47. 49. 50 oben. 2) CIL. III 4289. Vgl. v. Domaszewski, Hygini Gromatici liber de mun. castr., Leipzig 1887, S. 70.

3) Mit Recht schränkt Ritterling (S. 348) die allerdings nur vorsichtig geäußerte Vermutung Mommsens ein, daß die sämtlichen einfach als Reiterabteilungen bezeichneten Truppenkörper an die Stelle der Legionsreiterei getreten seien (Militärwesen S. 210 220) und daß sie mit den korrespondierenden Legionen noch in engerem Zusammenhang gestanden hätten (ebenda S. 207 Anm. 3 =218 Anm. 1). Zu letzterem vgl. auch v. Domaszewski, Festschrift für H. Kiepert, Berlin 1898, S. 67 Anm. 3.

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4) Grenfell und Hunt, Greek papyri II 1897 nr. 74.

5) Phoenice Or. XXXII 22, 23-30, 31; Syria XXXIII 19, 27-23, 28; Palaestina XXXIV 23, 24-30; Osrhoene XXXV 18, 19—24, 25 (Anm. 5); Grosse, Römische Militärgeschichte.

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handeln, wenn Ammian als Besatzung von Amida im Jahre 359 die damals zugrunde gegangene fünfte Parthische Legion cum indigenarum turma non contemnenda nennt 1).

Wir waren im vorhergehenden vielfach auf Vermutungen angewiesen, ohne völlige Sicherheit in einzelnen Punkten gewinnen zu können. Aber bei dem traurigen Zustand unseres Quellenmaterials müssen wir uns freuen, wenn wir die großen Wandlungen dieser Zeit auch nur im Nebel verschwommen erkennen können. Doch dessen können wir völlig sicher sein, daß Gallienus der Urheber dieser Reformen war. Eine unzweifelhaft zuverlässige Nachricht besagt, daß er Aureolus, den späteren Empörer, zum Oberstkommandierenden der gesamten Kavallerie ernannt hat3). Es ist dies ein bisher völlig unbekanntes Kommando; Gallienus hat es geschaffen, da eine in großen Truppenkörpern organisierte Schlachtenkavallerie eine administrative und strategische Zusammenfassung dringend erforderte. Vielleicht ist es auch glaubwürdig, daß unter seinem Nachfolger der spätere Kaiser Aurelian dieses Amt bekleidet hat3). Dieser Gedanke eines gemeinsamen Oberkommandos der Kavallerie sollte im 4. Jahrhundert bei der Schaffung des Heermeisteramtes neue Bedeutung gewinnen.

VII. Kaiser Aurelian als Heeresorganisator.

Unter den durchweg soldatisch tüchtigen Nachfolgern1) des Gallienus ragen die Persönlichkeiten des Aurelian und des Probus hervor. Es ist von vornherein anzunehmen, daß diese kriegsgewaltigen Kaiser nicht ohne Einfluß auf die Zustände in der Armee geblieben sind. Leider hat unsere trümmerhafte und unzuverlässige Überlieferung keine Erinnerungen an die Tätigkeit Mesopotamia XXXVI 23, 24 (Anm. 1) bis 29, 30; Arabia XXXVII 18, 19—21, 22. Weitere Belege auch im Westreich s. bei Ritterling S. 348 f.

1) Amm. XVIII 9, 3. N. D. S 76 Anm. 5.

2) Zos. I 40, 1: τὸν τῆς ἵππου πάσης ἡγούμενον Αὐρίολον. Zon. XII 25. 3) Vita Aureliani 18, 1. Vgl. auch Zon. XII 25, wo Aurelian schon unter Gallienus als Kavallerieoffizier erscheint (Αὐρηλιανὸς σὺν ἱππεῦσι).

4) Daß Tacitus das Edikt des Gallienus aufgehoben und den Senatoren den Kriegsdienst wieder eröffnet habe, wie vielfach angenommen worden ist, beruht auf der falschen Lesart amisso für amissa Aur. Vict. 37, 6. Es hätte sich auch nach dem Ergebnis der Inschriften nur um eine vorübergehende Maßregel handeln können.

des Probus bewahrt. Höchstens kann man aus der Tatsache, daß er die Soldaten zu Friedensarbeiten, zum Weinbau und zur Trockenlegung von Sümpfen heranzog1), darauf schließen, daß er die Zügel der Disziplin in altrömischem Geiste straff angezogen hat. Hierdurch hat er ja die an solche Zumutungen nicht mehr gewöhnte Soldateska so erbittert, daß er einem Aufstande zum Opfer fiel..

Von Aurelian können wir dagegen mit Bestimmtheit sagen, daß eine Reihe von militärischen Neuerungen auf ihn zurückgeht. Seine größte Tat war die Besiegung der Zenobia von Palmyra und die hiermit verbundene Wiedereroberung des Ostens (im Jahre 272 und 273). Die umfangreiche Neuorganisierung, die sich notwendigerweise hieran knüpfen mußte, hat auch in den Besatzungsverhältnissen so tiefe Spuren hinterlassen, daß sie noch in der Notitia Dignitatum deutlich sichtbar sind 2). Wie schon erwähnt, nennen in sämtlichen Ducaten des Orients die Listen der Besatzungstruppen an erster Stelle eine Gruppe von Reiterabteilungen, die equites Dalmatae, Mauri, Scutarii, Promoti. Sie alle führen den Beinamen Illyriciani, ihre Reihenfolge wechselt wohl aus geographischen Gründen3). Einzelne Abweichungen1) von der Regel werden uns nicht verwundern, wenn wir bedenken, daß die Notitia Dignitatum ihre letzte Redaktion etwa im Jahre 425 erlebt hat3). Der Beiname zeigt, daß diese Truppenkörper vorher in den illyrischen Provinzen gelegen hatten oder doch aus Illyriern gebildet waren. Die Gleichmäßigkeit, mit der sie über den ganzen Orient verteilt erscheinen, läßt sich nur dadurch erklären, daß Aurelian sie bei der Neuordnung der dortigen Verhältnisse nach einem bestimmten Plane unter die einheimischen Garnisonen eingeschoben hat. Diese Truppen, dem unbedingt

1) Vita Probi 18, 8; 21, 2; Aur. Vict. 37, 3 und 4.

2) Zu dem Folgenden vgl. Ritterling S. 346 ff.; Groag bei Pauly-Wissowa 5,1 Sp. 1411 f. Über Aurelians Handhabung des Grenzschutzes und seine Mauerbauten s. ebenda Sp. 1412. 1415.

3) Für Arabien hat dies v. Domaszewski in der oben angeführten Festschr. für H. Kiepert S. 68f. bewiesen.

4) In Osrhoene (Or. XXXV) fehlen die Scutarii, in Mesopotamia sind anscheinend die Dalmatae und Mauri zugrunde gegangen und später durch die Ducatores Illyriciani und die Felices Honoriani Illyriciani ersetzt (Or. XXXVI 21 und 22.

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