Abbildungen der Seite
PDF
EPUB

waren prahlend und anmaßend, und es war stets ein kurzes, bestimmtes Auftreten nothwendig, dem sie sich indeß auch sofort fügten.

Bereits am 13. traf durch die Kavallerie-Division die Meldung von der seitens des Feindes schon erfolgten gänzlichen Räumung der Mosellinie ein. Hinter derselben erreichte die 2. Garde-InfanterieDivision am 14., mit der Avantgarde die Mosel überschreitend, Dieulouard, die Garde-Dragoner und Ulanen-Brigade Rogéville, Patrouillen streiften bereits bis Flirey, Toul und Gondreville. Die Garde-Dragoner-Brigade trat dann für die nächsten Tage zum X. Armeekorps über. An demselben Tage stießen wir in Delme mit der 20. Infanterie-Division zusammen, welche ebenfalls durch diesen Ort marschirte, aber unseren Weg nicht kreuzte, auch waren links in geringer Entfernung die Marschkolonnen des IV. Korps sichtbar. Nur ein so bevölkertes und chausseereiches Land wie Elsaß und Lothringen machte es möglich, daß eine so starke Armee wie die unsrige, eng konzentrirt, das Land durchschreiten konnte, und doch die meisten Truppen in Quartiere, wenn auch nur in sehr enge, gelegt werden, auch jedes Armeekorps eine eigene gute Straße haben konnte.

Allerdings hatte die 1. Garde-Infanterie-Division, was Weg und Quartiere anbetraf, gerade kein großes Loos gezogen, sondern marschirte mitten zwischen den Straßen Sargemünd-Pont-à-Mousson und Saarunion-Toul, dennoch fanden auch wir fast überall chaussirte Wege. An diesem 14. jedoch war der Raum für die Division wirklich auf das allergeringste Maaß beschränkt, rechts in Lémoncourt wie links in Armaucourt hatte das X. resp. das IV. Korps von den Quartieren der Division Besitz ergriffen und wir mußten uns in Folge dessen mit sehr engen Quartieren begnügen, wenn wir nicht bivouatiren wollten. Aus diesem Grunde wurde das Regiment in Arraye zusammengelegt, das ganze Offizierkorps kam in ein leeres Schloß, wo es denn auch so eng wurde, daß der größere Theil sich ein Plätzchen im Kompagnierevier suchte.

Der Oberst v. Erckert gab uns hier ein neues Zeichen seiner strengen Auffassung selbst des kleinsten Dienstes, indem er persönlich den in den Kellern des Schlosses gefundenen Wein für das Regiment ausgab, um sich selbst von der Schwierigkeit dieser Arbeit zu überzeugen. Major v. Schmeling, der an einem anderen Orte die Ausgabe des Weines leitete, verbrannte sich dabei die Hand, indem er das Feuer eines in Brand gerathenen Spiritusfasses dadurch erstickte,

daß er die bloße Hand über das Spund deckte. Er rückte am 18. noch fieberkrank in die Schlacht.

Am 15. wurde die schmale, aber plöglich und steil aufstrebende Gebirgskette des rechten Moselufers überschritten, die 1. Brigade nahm in Dieulouard auf dem linken Moselufer, die 2. Brigade und die Avantgarde noch auf dem rechten Quartier. Am Nachmittage ließ sich neuer Kanonendonner aus der Richtung von Metz her vernehmen, doch konnte nicht unterschieden werden, ob es aus der Festung selbst oder von einem oberhalb derselben stattfindenden Gefechte herrühre, auch nicht einmal, ob es vom rechten oder linken Ufer her zu uns hinschallte, und es war räthselhaft, daß die Franzosen dort noch stehen sollten, während Pont-à-Mousson und Dieulouard schon seit dem 13. in unseren Händen waren. So kamen wir eigentlich zu dem Schluß, daß es wohl die Festungsgeschütze selbst sein müßten.

In Dieulouard wurde ein Detachement von 400 Mann unter Befehl des Hauptmann v. Clausewitz vom 4. Garde-Regiment z. F. zur Sicherung der dortigen massiven Brücke zurückgelassen. Es wurden in erster Linie Fußkranke an dieses Detachement abgegeben, das Regiment mußte den Lieutenant v. Kirchbach II. dazu kommandiren, welcher trok großer Anstrengungen erst mehrere Tage nach der Schlacht bei St. Privat in St. Mihiel mit einem Theil der wieder marschfähig gewordenen Leute beim Regiment eintraf.

Am 16. ging auch die Avantgarde und die 2. Garde-Brigade über die Mosel und erhielt die Division die Straße auf St. Mihiel zum Vormarsch an die Maas angewiesen.

=

Die 2. Garde Division marschirte vor der ersten und erreichte heute bereits mit der Avantgarde Bouconville, während die 1. Division bis Minorville, die Avantgarde bis Ansouville *) gelangte. Die Festung Toul, welche an diesem Tage von der 14. Brigade vergeblich berannt wurde, lag ca. 212 Meilen entfernt und sollte von Mobilgarden und einer Kavallerie-Brigade besetzt sein. Letteres erwies sich jedoch als falsch.

Inzwischen hatte die französische Armee du Rhin in Mez den Entschluß gefaßt, die Mosellinie ganz aufzugeben und sich über Verdun mit der Armee des Marschalls Mac Mahon, welche sich bei Chalons neu zu organisiren versuchte, zu vereinigen. Jedoch aufgehalten durch

*) Ansouville liegt an der Straße nach Toul, 3/8 Meilen südlich von Ber

necourt.

den am 14. stattgehabten Angriff auf ihre Arrieregarde bei ColombeyNouilly,*) erhielt das III. Korps des General-Lieutenants v. Alvensleben II. Zeit, vereint mit der 5. und 6. Kavallerie-Division am 16. die Teten der französischen Armee bei Mars la Tour und Vion= ville von Süden her anzufallen und in einem äußerst blutigen Ringen Nachmittags durch das X. und Theile des VII. und VIII. Korps, sowie durch die Garde-Dragoner-Brigade unterstüßt, aufzuhalten. Diese Schlacht, welche die Franzosen derartig erschöpfte, daß sie am 17. ihren Marsch auf Verdun noch nicht wieder aufnehmen konnten, gab die Möglichkeit, sie mit Ueberlegenheit von der beabsichtigten Vereinigung mit der Mac Mahon'schen Armee abzuhalten und sie entweder nach Norden gegen die Grenze oder in die Festung Metz selbst hineinzuschlagen. Mit Schnelligkeit und Energie benutzte das Armee-Ober-Kommando diese Möglichkeit, und während das I. Korps Meg auf dem rechten Moselufer beobachtete, beschloß Se: Majestät noch am 16. Abends das VII. und VIII. Korps der I. Armee und das II., III., IX., X., XII. und Gardekorps der II. Armee zwischen Rezonville Hannonville auf dem linken Moselufer zu vereinigen. Nur das IV. Korps sollte bei Toul bleiben, die III. Armee ihre Verfolgung auf Chalons fortsetzen.

-

Am 17. wurde die befohlene Vereinigung ausgeführt. Um 11⁄2 Uhr früh traf im Stabsquartier der Division zu Noviant aux près der Befehl ein, daß der Vormarsch gegen die Maas nicht stattfinden, daß sich dagegen das Korps zu einem etwaigen Vormarsch gegen Norden bereit bei Richecourt und Flireh zu versammeln habe. Die Division wurde sofort alarmirt und stand um 5 Uhr bei Flirey.

Zum Regiment kam der Alarmbefehl gegen 3 Uhr und wurde um so schneller ausgeführt, als in dieser Nacht ein Alarm seitens der Garnison von Toul erwartet worden war. Um so größere Verwunderung erregte deshalb die Richtung des Marsches nach Norden. Dunkle Gerüchte von einer Schlacht bei Met verbreiteten sich ohne viel Aufklärung zu geben, nur das wurde klar, daß die Armee du Rhin am 16. noch bei Metz gewesen sei und hier ein scharfes Gefecht stattgefunden habe, daß wir zur Unterstützung gerufen seien und vielleicht noch heute ins Feuer kommen könnten. Die Aufregung begann zu wirken, vorläufig nur unsere Füße zu schnellerem Schritt antrei

*) Beide Ortschaften liegen ca. 3/4 Meilen östlich von Metz zu beiden Seiten der Straßen nach Saarlouis und Saarbrücken.

bend, so daß auch wir um 5 Uhr früh zum Rendezvous der Division bei Flirey stießen. Der Befehl zum Zurücklassen der Tornister machte es noch gewisser, daß wir starke Märsche und wahrscheinlich eine Schlacht vor uns hätten. Mit Mühe wurden per Bataillon 1 Unteroffizier 12 Füsiliere zur Bewachung der Tornister kommandirt, denn freiwillig wollte Niemand von der Mannschaft zurückbleiben, und dann der Marsch in froher Stimmung, weil mit leichtem Rücken, über Euvezin, Bouillonville, Xammes und Charen auf Hagéville fortgesezt, welcher Ort um 11 Uhr erreicht wurde. Um 124 Uhr traf bei der Division der Befehl ein, in der Richtung auf Purieux gegen die Metz-Verduner Straße vorzugehen, und zwar so, daß sie nicht das XII. Korps, auf dessen Tete sie schon bei Xammes ge= stoßen war, und welches seitdem rechts von uns auf Mars la Tour marschirte, hindere. Die 2. Garde-Division marschirte links von uns von Richecourt auf Hannonville. Ohne Aufenthalt wurde Purieux durchschritten, die Mez-Verduner Straße zwischen Mars la Tour und Suzemont erreicht und auf derselben in der Richtung nach Verdun bis Suzemont, unmittelbar bei Hannonville, marschirt. Von Purieux ab wurden Spuren des Kampfes, Leichtverwundete und Abgekommene, angetroffen.

Nachmittags 4 Uhr kamen wir nach 13stündigem Marsch, in welchem 51⁄2 Meile bei sehr großer Hiße zurückgelegt worden waren, bei Suzemont an und bivouakirten hier unter dem Schuße der 2. Garde-Division, welche bei Hannonville lagernd die Vorposten gegen Norden und Westen auszustellen hatte. Es herrschte große Ermüdung, doch wir hatten am 5. noch mehr geleistet und daher am heutigen Tage keinen Maroden. Hannonville und Suzemont waren sehr stark belegt, so daß aus Furcht, es könnte Wassermangel eintreten noch einmal zum Röhrbrunnen gegriffen wurde, und diesmal gab er schnell vorzügliches Trinkwasser.

Das XII. Korps bivouafirte bei Mars la Tour.

Vom Feinde kamen uns nur spärliche Nachrichten zu, doch wurde für den folgenden Tag ein großer Kampf erwartet und deshalb Waffen und Patronen auf das Sorgfältigste nachgesehen, dann aber auch die Leute früh zur Ruhe geschickt.

v. d. Mülbe, Garde-Füfilier-Regt.

16

2. Kapitel.

Schlacht bei St. Privat la Montagne.

Die Nacht vom 17. zum 18. August war für eine Sommernacht falt, aber klar und hell ging die Sonne des 18. auf und versprach einen heißen Tag. Nach einem eilig eingenommenen Kaffee brach die Division um 51⁄2 Uhr früh in dicht aufgeschlossenen Halbzugskolonnen gegen Met hin auf, aber schon vor Mars la Tour mußte sie einen mehrere Stunden langen Halt machen, weil das ganze XII. Korps in der Richtung auf Jarny vorbeidefilirte.

Die Division hatte folgende Ordre de bataille:

[blocks in formation]

Den langen unfreiwilligen Aufenthalt benutzten unsere Feldgeistlichen, um in kurzer Andacht die Truppen zu dem bevorstehenden Kampfe vorzubereiten, von dem Allmächtigen Gott den Sieg für unsere Fahnen erflehend.

Inzwischen war der Befehl eingetroffen, nach dem Vorbeimarsch des XII. Korps den Marsch über Bruville auf Doncourt en Jarnish anzutreten. Es wurde sogleich der Generalstabs-Offizier der Division, Hauptmann v. Holleben, mit der 4. Eskadron Garde-Husaren-Regiments auf Bruville und Doncourt vorgeschickt, um das Terrain für den Vormarsch der Division zu rekognosziren, Nachrichten vom Feinde einzuziehen, sowie die Verbindung mit dem östlich von uns sich vorbewegenden IX. Korps aufzusuchen. Von Doncourt aus ging Nittmeister Graf v. d. Gröben*) nach Jouaville vor, indem er Patrouillen weit voraus gegen St. Ail und über Vernéville auf Amanvillers vortraben ließ. Es wurde durch die Husaren-Eskadron die Anwesenheit des Feindes in der Gegend von Amanvillers festgestellt, sowie mit dem IX. Korps, das direkt auf diesen Ort vorzugehen Befehl hatte, in Verbindung getreten.

*) Graf v. d. Gröben war Chef der 4. Eskadron Garde-Husaren-Regiments.

« ZurückWeiter »