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ehrter Freund W. Roscher mittheilte und dadurch die Veranlassung zu der vorliegenden Untersuchung gab, die übliche Methode, die Veränderungen der durchschnittlichen Waarenpreise und des Geldwerths zu berechnen, angefochten worden von dein Engländer Jevons. Dieser hat nämlich (in seiner Schrift: A serious fall in the value of gold ascernaited and its social effects set forth. London 1863) die Behauptung aufgestellt, nicht das arithmetische Mittel aus den Preisverhältnissen der einzelnen Waaren in verschiedenen Zeitpunkten gebe das durchschnittliche Preisverhältniss, sondern das geometrische Mittel. E. Laspeyres prüft diese Behauptung in seiner Abhandlung: »Hamburgische Waarenpreise 4851-1863 und die californisch-australischen Goldentdeckungen. Ein Beitrag zu der Lehre von der Geldentwerthung», *) findet aber, dass er dieselbe sich nicht aneignen kann, und entscheidet sich für Beibehaltung des arithmetischen Mittels, das, wie er sagt, die Wissenschaft bisher allgemein als den richtigen Weg betrachtet hat, die durchschnittliche Preisbewegung der Waaren aus den Einzelbewegungen derselben zu berechnen. Obwohl nun das, was im Vorstehenden gegen diese allgemein angenommene Berechnungsweise eingewendet worden ist, ebensowohl den Gebrauch des geometrischen Mittels trifft, da hier wie dort die verschiedenen Quantitäten der Waaren unberücksichtigt bleiben, so ist es doch nicht ohne Interesse, die Gründe kennen zu lernen und zu prüfen, die Jevons zu seiner Neuerung bewogen haben.

Nach dem zu urtheilen, was darüber Laspeyres (a. a. O. S. 95) berichtet, findet Jevons zuerst den Begriff eines Durchschnittspreises zweier ungleichartigen Waaren widersprechend. Er sagt: »Ein Durchschnitt der Preise einer bestimmten Zeit ist ein Unding. Wenn eine Tonne Eisen 6 L. St. kostet, und ein Quarter Korn 3 L. St., so giebt es zwischen einer Tonne Eisen und einem Quarter Korn keine solche Aehnlichkeit, dass wir einen Durchschnitt zwischen 6 und 3 L. St. ziehen dürften. Wenn in einer späteren Zeit Eisen 9 L. St. und Korn 3 L. St. 12 sh. kostet, so giebt es wieder keinen Durchschnitt zwischen beiden. Wir können aber sagen, dass Eisen um 50 Proc. oder um 1/2 gestiegen ist; was 100 war ist 150 geworden, Korn hingegen ist um 20 Proc. oder um 1/5 gestiegen; was 100 war

Hildebrand's Jahrbücher für Nationalökonomie und Statistik. III, 84.

ist 120 geworden. Diese Verhältnisszahlen nun, 100:150 und 100 120, sind gleichartig, aber von verschiedenem Betrage: zwischen diesen kann man einen Durchschnitt ziehen.»> Diess ist nun zwar alles ganz richtig, aber der Tadel trifft nur einen fehlerhaften Begriff von einem Durchschnittspreis. Sollten wirklich Rechner zwischen dem Preis einer Tonne Eisen und dem eines Quarter Korn einen Durchschnitt gezogen haben, so wäre diess freilich gedankenlos; denn die Preise der Waaren, zwischen denen man einen Durchschnitt ziehen will, müssen sich auf ein gemeinschaftliches Maass dieser Waaren beziehen. Sind sie aber darnach bestimmt, so liegt in ihrem Durchschnittspreis durchaus nichts Widersprechendes. Kostet ein Centner Eisen 3 Thaler und ein Centner Korn 2 Thaler, so ist es keineswegs ungereimt, zu sagen: diese beiden Kaufobjecte kosten durchschnittlich 211⁄2 Thaler. Zwischen den Preisen von zwei gleich benannten Quantitäten verschiedenartiger Stoffe lässt sich, sofern beide Waaren überhaupt sind, und man demnach von ihrer Verschiedenartigkeit absieht, ohne jeglichen Widersinn ein Durchschnitts- oder Mittelpreis ziehen, und das geometrische Mittel hat dabei vor dem arithmetischen nicht den geringsten Vorzug; denn es bezieht sich, so gut wie dieses, nur auf die Preise, ohne Rücksicht auf die qualitative Verschiedenheit der Stoffe.

In der That ist diess aber auch nicht der Hauptgrund, aus dem Jevons dem geometrischen Mittel vor dem arithmetischen den Vorzug giebt. Derselbe sagt nämlich weiter, in Bezug auf das angeführte Beispiel: »Dieser durchschnittliche Procentsatz oder die ratio muss aber nicht das arithmetische, sondern das geometrische Mittel seyn, also nicht 100: (120+150) oder 100: 435, sondern 100: 120×150 oder die ratio von 100: 134,16. 134,46 Diese ratio differirt nun allerdings so wenig von der ratio 400 135 dass in gewöhnlichen Geschäftssachen das einfachere arithmetische Mittel statt des andern genügen würde, und man den Irrthum ausser Acht lassen dürfte. Aber . . . wo die Preisveränderungen grosse Differenzen zeigen, von mehr als 50 Proc. Fall bis zu mehr als 100 Proc. Steigen, darf das nicht geschehen. So hat sich der Preis des Cacao seit 1840-50 nahezu verdoppelt. Er ist um 400 Proc. gewachsen, so dass er jetzt 200 ist. Nelken

400'

auf der andern Seite sind um 50 Proc. gefallen und stehen jetzt 50. Das arithmetische Mittel hieraus würde seyn (200 + 50) oder 125. Die durchschnittliche Preissteigerung würde seyn, 25 Proc. Aber das ist total irrig. Das geometrische Mittel der beiden ratio's 200 und 50 oder 2 und ist 100 oder 1. Im Durchschnitt von Cacao oder Nelken ist keine Preisveränderung eingetreten. Der Preis des einen ist verdoppelt, der des andern halbirt, eins mit 2 multiplicirt, eins durch 2 dividirt; der Durchschnittspreis bleibt also derselbe, statt dass er um 25 Proc. steigt.« Hier vermisst man nun ganz und gar einen positiven und allgemeinen Grund, aus welchem dem geometrischen Mittel vor dem arithmetischen der Vorzug gebühren soll. Jevons folgert nur daraus, dass ihm das letztere in gewissen Fällen viel zu grosse durchschnittliche Preissteigerungen zu geben scheint, es müsse an seine Stelle das geometrische Mittel treten, ohne erstens allgemein anzugeben, warum die nach dem arithmetischen Mittel bestimmten Durchschnittspreise zu hoch zu seyn scheinen, und zweitens, ohne zu bedenken, dass aus der Unzulässigkeit des arithmetischen Mittels nicht die Nothwendigkeit des geometrischen folgt, da es ja ausser diesen beiden noch viele andere Arten von Mittelgrössen giebt.

Um aber noch den speciellen Fall zu erörtern, von dem auch Laspeyres bekennt, dass er anfangs für ihn etwas Bestechendes und Verführerisches gehabt habe, wollen wir denselben zuerst unter einen etwas allgemeineren Gesichtspunkt bringen. Sey in dem ersten Zeitpunkt der Ankaufspreis eines Pfundes Cacao = a, der eines Pfundes Nelken = b gewesen; der Preis des Cacao habe sich in dem Verhältniss von 4:p, der der Nelken im Verhältniss von 1: q verändert. Dann ist der Kaufpreis eines Pfundes Cacao im zweiten Zeitpunkt ap, der eines Pfundes Nelken aber = bq. Während also im ersten Zeitpunkt ein Pfund Cacao und ein Pfund Nelken zusammengenommen die Summe a + b kosteten, war dazu im zweiten Zeitpunkt ap + bq erforderlich. Der Durchschnittspreis eines Pfundes dieser beiden Waaren war also im ersten Zeitpunkt (a+b), im zweiten aber (ap+bq). Folglich verhalten sich diese Durchschnittspreise

wie a+b: ap + bq, oder wie 4 :

ap+bq
a+b

Sind nun a und b gleich, kostete also im ersten Zeitpunkt ein

Pfund Cacao ebensoviel als ein Pfund Nelken, so geht dieses Verhältniss über in

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also in das arithmetische Mittel aus p und q, aber auch nur unter dieser Bedingung der Gleichheit von a und b. In das geometrische Mittel 4: Vpq wird es übergehen, wenn

(ap+bq)2= (a+b) 2pq,

d. i. wenn a2p = b2q,

oder

ap: bq =b: a,

also wenn die Kaufpreise der beiden Waaren im zweiten Zeitpunkt sich umgekehrt verhalten wie die Kaufpreise im ersten. Was nun speciell Jevons' Beispiel betrifft, so ist in demselben p=2, q=§, daher drückt das geometrische Mittel √ 2.4=1 nur dann das mittlere Preisverhältniss aus, wenn

4a2 = b2 d. i. 2a = b,

also wenn im ersten Zeitpunkt ein Pfund Nelken doppelt soviel kostete, als ein Pfund Cacao. Wenn dagegen der Preis beider Waaren gleich war, so wird das mittlere Preisverhältniss durch das arithmetische Mittel (2 + 1) ausgedrückt; in allen anderen Fällen aber weder durch das eine noch durch das andere, sondern durch das Verhältniss

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=

also z. B. wenn b= 3a (was zwischen b = a und b = 2a in der Mitte liegt durch das Verhältniss 1:43 oder 400:140; wenn b = 3a, durch 4:3 oder 400: 87; wenn ba, durch 4:3 oder 400:450 u. s. f. Alle diese Verhältnisse beziehen sich aber nur auf die Voraussetzung von gleichen Quantitäten (Gewichten) der beiden Waaren. Wäre in beiden Zeitpunkten von m Pfund Cacao und n Pfund Nelken die Rede, so wäre das mittlere Verhältniss beider Waaren nach Formel (18)

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welche Verhältnisse nur wenn m=n, in 1:3 und 1:1 übergehen.

Ist es nun Jevons nicht gelungen, auch nur bei der Bestimmung des Durchschnittspreises von zwei Waaren einen haltbaren Grund für die Anwendung des geometrischen Mittels anzugeben, so ermangelt dieselbe vollends für mehr als zwei Waaren der wissenschaftlichen Motivirung gänzlich; denn sie ist auf diesen allgemeineren Fall nur nach einer sehr übereilten und in der Luft schwebenden Analogie übergetragen, wogegen das arithmetische Mittel (sowie das harmonische) doch wenigstens bei der oben angegebenen speciellen Voraussetzung giltig ist.

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