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H. Tappeiner, Ueber die Zersetzung des Eiweisses unter der Einwirkung des übermangansauren Kali's. Aus dem physiologischen Institute zu Leipzig, vorgelegt von d. wirkl. Mitgliede C. Ludwig.

Die grosse Entschiedenheit, mit welcher Béchamp *) neuerdings das Auftreten des Harnstoffs unter den Zersetzungsproducten des Eiweisses durch übermangansaures Kali behauptete, veranlassten mich, trotz der Widerlegung, welche Städeler**) den früheren Mittheilungen des genannten Chemikers hatte angedeihen lassen, zu einer Wiederholung der Versuche. Bei der Ausführung derselben kam ich schliesslich zu demselben Resultate, welches schon vor Jahren von Städeler und das auch vor Kurzem von Loew ***) erhalten wurde. Trotzdem dass ich also nach dieser Richtung hin nichts Neues mittheilen kann, glaubte ich die Veröffentlichung der folgenden Zeilen nicht unterdrücken zu sollen, da sie für die Beurtheilung des Verhaltens von Eiweiss gegen übermangansaures Kali nicht ohne alle Bedeutung sind.

In vier Versuchen, die genau nach den Vorschriften Béchamps ausgeführt wurden, erhielt ich zwar im Verlaufe derselben die von dem französischen Chemiker beschriebenen Erscheinungen, keineswegs aber dasselbe schliessliche Ergebniss wie er. Während nämlich das eingedampfte Filtrat des Schwefelquecksilberniederschlags nach Béchamp grösstentheils in Alkohol sich lösen und daraus Salpetersäure salpetersauren Harnstoff fällen soll, fand ich es in Alkohol unlöslich und aus nichts als salpetersaurem Baryt, dem noch etwas organische Masse anhaftete, bestehend. Nur in einem Falle gelang es mir durch Alkoholbehandlung eine

Compt. rend. Bd. 70. p. 866.

Journ. für pract. Chem. Bd. 72. 251. (1857.)

***) Kolbe, Journal f. pract. Chemie II. Bd. 2. p. 289.

geringe Menge einer krystallinischen, organischen Substanz, die aber kein Harnstoff war, zu gewinnen. Verdampfung der gleich nach der Oxydation erhaltenen Flüssigkeit hingegen gab jederzeit reichlichen Rückstand an organischer Masse, die sich bei näherer Untersuchung als stickstoff- und auch noch als schwefelhaltig erwies. Die Hoffnung, aus dieser Masse irgend einen vielleicht schwefelhaltigen Körper zu isoliren, gab die Veranlassung zu drei neuen, nach einer etwas modificirten Methode unternommenen Versuchen, die zwar nicht zu den erwarteten Resultaten führten, als Vorarbeit für künftige Versuche aber doch vielleicht nicht ganz werthlos sein möchten.

Zwanzig Gramm trocknen Hühnereiweisses wurden mit 200 Gr. übermangansauren Kali's und 500 C. C. Wasser auf dem Wasserbade bis zur völligen Entfärbung erhitzt. Die dabei mit den Wasserdämpfen entweichenden Gase rochen stark nach Methylamin und Ammoniak. Hierauf wurde die Flüssigkeit vom Braunstein abfiltrirt und mit Schwefelsäure schwach angesäuert in ciner Retorte destillirt.

1. Das Destillat, das sauer reagirte und stark nach Capronsäure roch, wurde mit kohlensaurem Baryt neutralisirt und eingedampft. Da das Verhalten der so gewonnenen Salze erkennen liess, dass man es bloss mit einem Gemenge von fettsauren Barytsalzen zu thun hatte, wurde eine weitere Trennung derselben unterlassen, da ja nur das Auftreten der Fettsäuregruppe im Allgemeinen unter den Zersetzungsproducten des Eiweisses für die Erkennung der Constitution desselben von Wichtigkeit ist, das Entstehen dieser oder jener niederen Fettsäure hingegen nur abhängt von der bald mehr bald weniger weit gegangenen Oxydation eines aus dem Eiweiss abgespaltenen, der Fettsäuregruppe zugehörigen, Körpers.

2. Der Rückstand in der Retorte wurde vom auskrystallisirten schwefelsauren Kali abgegossen und mehrere Male mit Aether ausgeschüttelt.

a) Der Aetherauszug reagirte sauer und hinterliess nach dem Verdunsten einen gelblich gefärbten krystallinischen Rückstand, der alle Eigenschaften der Benzoësäure besass. Die ganze Masse wog ungefähr 0.7 Gr. Zur weiteren Vergewisserung über die Natur der Säure wurde das Kalksalz derselben dargestellt und eine Kalkbestimmung gemacht. Die dabei gefundenen Zahlen stimmen in der That mit der für benzoësauren Kalk be

ZERSETZ. D. EIWEISSES UNT. D. EINWIRK. D. ÜBERMANGANS. KALI'S. 173

rechneten Kalkmenge überein, wie die Zahlen zweier folgenden Analysen ergeben:

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b) Der in Aether nicht lösliche Rückstand wurde zur Entfernung des gelösten schwefelsauren Kali's mit salpetersaurem Quecksilber gefällt, gut gewaschen und mit Schwefelwasserstoff zerlegt. Im Filtrat davon fällte salpetersaures Silber einen weissen, körnig krystallinischen Körper, der mit Wasser gewaschen und analysirt sich als oxalsaures Silber erwies. Im Filtrat blieb noch stickstoffhaltige organische Substanz gelöst, auf deren Gewinnung ein dritter Versuch hinzielte, bei dem das schwefelsaure Kali, statt durch salpetersaures Quecksilber, durch Versetzen der Flüssigkeit mit absolutem Alkohol entfernt, diese dann zur Entfernung der Schwefel- und Oxalsäure mit kohlensaurem Baryt neutralisirt, filtrirt und eingedampft wurde. Es zeigten sich blättchen- und drusenförmige Krystallmassen, die nach wiederholtem Umkrystallisiren ganz das Aussehen von Leucin darboten.

Die Analyse der Kupferverbindung bestätigte die gemachte Diagnose. Da nun Leucin durch übermangansaures Kali in alkalischer Lösung zu Oxalsäure und Valeriansäure oxydirt wird, so muss wohl angenommen werden, dass in diesem Versuche die Oxydation weniger weit gegangen und das Leucin analog seiner Bildung aus thierischen Stoffen durch Behandlung mit Mineralsäuren, erst bei der Destillation mit Schwefelsäure aus Körpern abgespalten worden sei, welche selbst nur unvollständige Zersetzungsproducte des Eiweisses gewesen waren. In der Mutterlauge des Leucins mussten aber noch andere stickstoffhaltige Spaltungsproducte enthalten sein, denn wenn man sie mit dem Knop'schen Reagens behandelte, so gab sie noch merkliche Mengen freien Stickstoff's aus, eine Erscheinung, die bei der erwiesenen Abwesenheit von Ammoniaksalzen nur auf eine ganz bestimmte Körpergruppe schliessen liess.

Bei der Ausführung dieser Versuche hatte Herr Dr. Hufner wiederholt die Güte mich mit seinem Rathe zu unterstützen.

F. Zöllner, Ueber die Stabilität kosmischer Massen und die physische Beschaffenheit der Cometen.

1.

Die analytische Betrachtung freier, ihren eigenen Kräften überlassener, flüssiger Massen hat sich bisher lediglich darauf beschränkt, die Gestalten zu bestimmen, welche diese Massen im ruhenden oder bewegten Zustande den Gesetzen des Gleichgewichtes gemäss annehmen müssen. Die Bedingungen aber, an welche die Stabilität des Aggregatzustandes jener Massen geknüpft ist, blieben hierbei unberücksichtigt. Bei einer genaueren Untersuchung dieser Bedingungen bin ich auf Grund bekannter physikalischer Gesetze zur Deduction von Erscheinungen gelangt, deren allgemeiner Character mit einer Klasse bisher räthselhafter kosmischer Phänomene in so grosser Uebereinstimmung ist, dass die Wahrscheinlichkeit auch einer Identität der Ursachen zwischen den deducirten und beobachteten Erscheinungen eine sehr grosse wird.

Der tropfbar-flüssige Aggregatzustand der Körper ist im Allgemeinen nur abhängig vom Drucke und der Temperatur, so dass, innerhalb gewisser Grenzen, beide Grössen zusammengehörige, und für den Zustand des Körpers characteristische Werthe darstellen.

Die Untersuchungen von Thomas Andrews 1) scheinen die Annahme zu rechtfertigen, dass es für jeden Körper eine obere

4) On the Continuity of the gaseous and liquid states of matter. Philosophical Transactions Vol. 459. p. 575-590. 1869. Part. II. Poggendorff's Annalen, Ergänzungsband V. p. 64-87.

Grenze der Temperatur gebe, über welcher keine Werthe des Druckes im Stande sind, den Körper in den flüssigen Zustand zurückzuführen, wenigstens nicht in der Weise, dass sich die unter dem Drucke ihres eigenen Dampfes stehende Flüssigkeit als eine physikalisch verschiedene Substanz durch eine Trennungsfläche von dem Dampfe abgrenzt. Denjenigen Punct der Temperatur, über den hinaus es keine Werthe des Druckes mehr giebt, durch welche der betreffende Stoff im angegebenen Sinne in den flüssigen Zustand übergeführt werden kann, nennt Andrews den »kritischen Punct« (critical point) oder die »kritische Temperatur«. Für Kohlensäure ist z. B. dieser kritische Temperaturpunct + 31o C., für Aether +200° C. Auf Grund dieser Eigenschaft der Körper gründet Andrews eine scharfe Unterscheidung zwischen Dämpfen und Gasen.

Ein Dampf verwandelt sich in ein Gas, sobald seine Temperatur den kritischen Punct überschreitet. Bei Annahme dieser Definition wäre also Kohlensäure ein Dampf bei Temperaturen unter 31° C., dagegen ein Gas bei höheren Temperaturen; ebenso Schwefeläther ein Dampf unter 200o, aber ein Gas bei jeder höheren Temperatur. Der kritische Punct der sogenannten permanenten Gase liegt wahrscheinlich tiefer als die niedrigsten Temperaturen, welche wir künstlich erzeugen können.

Die Versuche über die Dampfspannung des Wassers unter seinem Gefrierpunct sowie die Beobachtung von Dissociationsphänomenen haben ferner gezeigt, dass auch feste Körper im Stande sind, Dämpfe oder Gase von einer gewissen Spannung zu entwickeln und diese Entwickelung so lange fortzusetzen, bis die Spannung oder der Druck der Dämpfe ein von der herrschenden Temperatur abhängiges Maximum erreicht hat. Solange dieses Maximum nicht erreicht ist, findet eine Dampfbildung auf Kosten der Masse des festen oder flüssigen Körpers statt, und man sieht, dass diese Masse sich fortdauernd bis zum Verschwinden der festen oder flüssigen Substanz vermindern muss, wenn die Bedingungen zur Erzeugung jenes Maximums der Spannkraft des entwickelten Dampfes nicht erfüllt sind.

Diese Bedingungen kann man sich auf zwei wesentlich von einander verschiedenen Wegen hergestellt denken, nämlich: 4. durch Abgrenzung eines bestimmten Raumes, innerhalb dessen sich die betreffende Substanz befindet;

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