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Million Spindeln versponnen werden. In feinen Geweben (Musselinen) und Druckwaaren (Calicos und Indiennes) konkurrirt es nicht nur mit England, sondern es gehen sogar grosse Quantitäten dorthin. Der Hauptsitz ist der Kanton Zürich (Wädenschwyl, Uster, Winterthur u. a.); zunächst steht das Glarner-Land (Glarus, Mollis), welches der Ausgangspunkt aller bedeutenden Spinnereien, Webereien und Kattundruckereien war; die Druckereien und (Türkischroth-) Färbereien arbeiten zumeist für den Export nach der Levante. Dann folgen Frauenfeld, Schaffhausen, St. Gallen mit dem betriebsamen „Toggenburg" (Wyl, Flawyl, Wattwyl, Ebnat u. a.), dem Mittelpunkt der Buntweberei mit erheblichem Export nach der Levante und Indien; - ferners Appenzell (Herisau, Gais), Zofingen, Solothurn, Biel, Neuenburg und Genf. Leinwand liefern fast alle Kantone, doch bildet St. Gallen den Mittelpunkt, wo auch die grössten Bleichen bestehen und dessen Fabrikate sehr geschätzt werden. St. Gallen und Appenzell fabriziren die schönsten Leinen, Musseline und sonstige feine Stoffe, die Weissstickereien der Ostschweiz sind sehr berühmt. Schleier und Tafelzeuge erzeugt Herisau (Appenzell), Damast Rorschach (St. Gallen); im Kanton Neuenburg, und zwar in den Jurathälern Travers und Locle werden die bekannten „Lausanner"-Spitzen verfertiget. Auch Thurgau und Bern (Emmenthal) sind in dieser Industrie bekannt. Die Fabrikation der Seidenwaaren ist im fortwährenden Wachsen. Nebst der eigenen Produktion von Rohseide (in Tessin und Wallis) wird noch viel an importirter roher und gefärbter Seide verarbeitet. Gegenüber einer Einfuhr von 8334 Mill. Fres. in roher, und 17 Mill. Frcs. verarbeiteter Seide betrug die Ausfuhr im Jahresdurchschnitt der letzten Zeit nahe an 36.000 Zentner im Werthe von über 230 Mill. Frcs. Im grossen Massstabe wird dieser Industriezweig in Zürich und Basel nnd in deren Umgebungen betrieben. Die meisten Seidenstoffe (Florence) fabrizirt Zürich (im Werthe von 35-40 Mill. Frcs.), welche es nach Deutschland, Russland, Italien, England und America, ja selbst nach Frankreich exportirt. Hier konzentrirt sich auch fast der ganze Handel mit roher Seide, welche aus Italien und aus Brussa bezogen wird. Basel erzeugt zumeist Modebänder, deren im Betrage von über 10 Millionen Francs ausgeführt werden, dann auch Taffet und Atlas (im Gesammtwerthe wie fast Zürich). Geschätzt sind die einfacheren Bänder aus Aarau und Zofingen, der Taffet aus Bern; Genf, Neuenburg, Winterthur, Luzern, Frauenfeld, Glarus und Solothurn beschäf tigen sich gleichfalls mit dieser Industrie. Sehr ausgedehnt und wichtig ist die Uhrenfabrikation, welche den ersten Rang auf dem Weltmarkte behauptet. Der Hauptsitz ist in Genf und Umgebung, in den Jurathälern von Neuenburg (Locle, la Chaux de Fonds, Fleurier, Val Travers), zum Theil in Waadt und Bern. Es werden im Jahresdurchschnitte über 200.000 Taschenuhren (darunter über 80.000 goldene Damenuhren), dann Spieldosen, Toilettenkästchen mit Spielwerken, rohe Uhrwerke, Gold-, Silber- und Bijouteriewaaren der feinsten Art verfertiget, und alle europäischen und aussereuropäischen Märkte damit versorgt. Die Ausfuhr an Uhren und

Uhrenbestandtheilen erreichte in letzterer Zeit jährlich einen Werth von über 100 Millionen Francs (die Einfuhr 81 Million Francs). Auch in der Stahlwaarenfabrikation geniessen die gewerb- und kunstreichen Jurathäler begründeten Ruf, die Mechaniker, Messerund Waffenschmiede, Vergolder, Emailleurs u. s. f. liefern gesuchte Waare, dessgleichen die dortigen Gold- und Silberarbeiter, Juwelen-, Achat- und Krystallarbeiter. - Aarau, Bern, Genf liefern mathemathische und physikalische Instrumente, Zürich Maschinen, die Gussstahl- und Gewehrfabrik in Schaffhausen sowie die Gewehrfabrik in Genf und die Kanonengiesserei in Aarau sind bekannt. Die Tuchfabrikation ist verhältnissmässig minder bedeutend; wichtiger ist jene in Leder, worunter das Sattler- und Riemerzeug und feines Schuhwerk von Genf, Lausanne, Vevay und Noyon, sowie Zürich und Wädenschwyl sehr geschätzt sind und zur Ausfuhr kommen. Basel und Liestal verfertigen feine Handschuhe, das zubereitete und gefärbte Gemsenleder wird aus dem Hasli-Thale (Bern) exportirt. Das Papier, welches im vorigen Jahrhunderte nächst dem holländischen den besten Ruf in Europa genossen, hat mit der Entwickelung dieses Fabrikationszweiges in manchen Staaten nicht gleichen Schritt gehalten; doch übersteigt die Erzeugung noch immer den inländischen Bedarf. Insbesondere ist Basel bekannt, auch die Kantone Zürich, Solothurn, Bern und Luzern erzeugen gutes Papier. In Holzwaaren geniesst den grössten Ruf das Berner Oberland, wo die meisten Schneide- und Sägemühlen thätig sind; die feinen Holzschnitzarbeiten haben europäischen Ruf. - Strohgeflechte nach italienischer Art (jährlicher Produktionswerth an 10 Mill. Francs) werden in den Kantonen Aargau, Bern, Freiburg, Luzern, Genf und Schwyz verfertiget. Porzellan- und Steingutfabriken sind in Genf und Noyon, Glas fabriken in Bern, Solothurn (optische Gläser), die Pulver fabrik in Bern hat bedeutenden Ruf. Im Allgemeinen ist somit die Industrie der Schweiz sehr blühend und mannigfaltig.

Mit der grossartigen Alpenwirthschaft und der sehr schwunghaften Industrie hält der Handel gleichen Schritt. Die rühmliche Thätigkeit und Ausdauer, sowie die Beharrlichkeit, mit der die Schweiz an dem Prinzipe eines freien Verkehrs festhält, haben viele natürliche Hindernisse besiegt und dem Handel eine grosse Ausdehnung verschafft. Die Schiffahrt auf den Flüssen (Rhein, Aar, Rhone), noch mehr auf den Seen, vorzügliche Strassen, ein vielverzweigtes Eisenbahn- und Telegraphennetz, zahlreiche Geldinstitute fördern den inneren wie den äusseren Handel. Den ansehnlichsten Eigenhandel betreiben: Basel, Zürich, Genf, Bern, St. Gallen, Herisau, Neuenburg; für den Speditionshandel sind ausser Basel, Zürich und Genf besonders wichtig: Chur, Luzern, Rorschach, dann noch Brunnen, Fluelen, Altdorf, Bellinzona, Vevay und Splügen. Die beiden Hauptlinien für den deutsch-italienischen Verkehr sind über Luzern, den Vierwaldstätter-See und Altdorf nach dem St. Gotthart, dann über Zürich, den Zürich- und Wallenstätter-See nach Chur, von da

über den Bernhardin nach Bellinzona oder über den Splügen nach Chiavenna. Wichtige Alpenstrassen sind ferners jene über den Simplon von Brieg (Wallis) nach Domo d'Ossola (Piemont), über den grossen St. Bernhard von Martinach nach Aosta, dann über den Septimer, den Julier, die Bernina, über die Furka und viele andere im Innern des Landes.

Die Handelsbewegung der Schweiz mit den Nachbarstaaten ist fast fortwährend im Steigen. Während sich der Jahresdurchschnitt in dem Zeitraume 1840-1844 bei der Einfuhr mit nahezu 270 und bei der Ausfuhr mit 195 Millionen Francs (einschliesslich des Transites) berechnet, stellt er sich für den Zeitraum 1853 bis 1855 bei der Einfuhr mit 479, bei der Ausfuhr mit 538 Millionen Francs (ebenfalls einschliesslich des Transites) heraus. Der Export, wesentlich gefördert durch die vielen Commanditen und Comptoirs, welche die Schweizer im Auslande etabliren, geht nicht bloss nach den Nachbarstaaten, sondern auch nach Spanien, nach der Levante, nach Russland und America. Es umfasst nebst Thieren und thierischen Produkten die erwähnten Erzeugnisse der Schweizer-Industrie. Unter den Artikeln des Importes stehen obenan Getreide (Rorschacher-, Züricher und Sursee - Getreidemärkte) und Salz (aus Deutschland und Oesterreich), deutsche und französische Weine, Kolonialwaaren und überseeische Rohprodukte für die Industrie, Eisen und Stahl und derartige Fabrikate u. s. f. Zahlreiche Jahr- und Wochenmärkte beleben hauptsächlich den inneren Verkehr.

In Hinsicht der geistigen Kultur stehen die Schweizer auf gleicher Stufe mit den benachbarten deutschen Staaten. Zürich steht in der deutschen, Genf in der französischen Schweiz auf der höchsten Bildungsstufe. Der Elementarunterricht ist sehr gut bestellt, zahlreiche Real- und Spezialschulen, „Kantonsschulen" und Gymnasien, sowohl öffentliche als viele Privatlehranstalten sorgen bestens für gewerbliche wie gelehrte Bildung. Besondere Erwähnung verdienen die Universitäten (Zürich, Basel, Bern), die beiden Akademien (Genf, Lausanne) und das eidgenössische Polytechnikum" in Zürich, welches während seiner kurzen Dauer sich bereits Anerkennung und Ruf erworben hat. Ein gewisser Grad allgemeiner Bildung herrscht im ganzen Volke; ausgezeichnete Männer in Wissenschaft, Kunst und Industrie hat das Land zu jeder Zeit besessen. In materieller wie in geistiger Beziehung gehört sonach die Schweiz zu den kultivirtesten Staaten Europas.

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700.000 8.000

Auf der apenninischen Halbinsel bestehen überdies gegenwärtig noch 2 Staaten : 1. Der Kirchenstaat (faktischer Territorialbestand) 214 2. Republik San Marino Italien wird gewöhnlich in 3 Theile eingetheilt: Oberitalien, wozu Sardinien mit Mónaco, die Lombardei, Venedig und die Herzogthümer Parma und Modena gehören; -Mittelitalien: Toscana und der Kirchenstaat mit San Marino; - Unteritalien mit dem Königreiche beider Sicilien. Die Italiener, lateinischer Abstammung, aber mehrfach vermischt mit Völkerschaften germanischen und griechischen Stammes, die sich zu verschiedenen Zeiten in der apenninischen Halbinsel niedergelassen hatten, bekennen sich fast ausschliesslich zur römisch-katholischen Kirche (mit Ausnahme der Waldenser in einigen Thälern Piemonts, der Protestanten, Griechen und Israeliten in den grösseren Handelsstädten).

Bodenverhältnisse und Klima. Die Halbinsel Italien ist zum grössten Theile (das ist nahe an 80% der Gesammtarea) Bergland, nur etwa 1 entfällt auf das Tiefland. Das Bergland gehört theils den Alpen, theils den Apenninen an. Erstere ziehen vom Bocchetta-Passe bei Genua westlich längs des Golfes von Genua (Seealpen), dann nordwärts (cottische und grajische Alpen, endlich nach Östen zwischen Italien einerseits, der Schweiz und Deutschlands anderseits (penninische, lepontinische und rhätische Alpen). Siehe §. 25 A und Ba, u. ff. Im Osten der Bocchetta beginnen die Apenninen, welche sich durch die ganze Halbinsel bis zu den Vorgebirgen Cap di Leuca (Apulien) und Cap Spartiventa (Calabrien) ziehen, und dann nach Sicilien übersetzen. Anfänglich bilden sie eine vom ligurischen zum adriatischen Meere streichende Kette; den mittleren Apenninen sind an der Westseite mehrere Parallelketten als Vorapenninen vorgelagert; im Hochlande der Abruzzen endlich spalten sie sich in die apulischen und kalabrischen Apenninen. Siehe §. 26.

Von den Alpen im Norden und Westen, von den Apenninen im Süden eingeschlossen, dehnt sich die über 600 Meilen grosse, fruchtbare Tiefebene des Po aus. Kleinere Ebenen sind: die toskanische Tiefebene am untern Arno, die römische (campagna di Roma) mit den pontinischen Sümpfen längs der Küste des tyrrhenischen Meeres, die kampanische zwischen dem Busen von Gaëta und Salerno, aus welcher sich der Vesuv erhebt, endlich die apulische Ebene im Südwesten des Golfes von Monfredonia. Die Inseln sind meist gebirgig, nur auf Sardinien und Sicilien finden sich einige Ebenen. Im Klima herrschen bedeutende Abstufungen, doch ist in den Niederungen die mittlere Sommerwärme minder verschieden, als die

Klun's Handels-Geographie I. 3. Auf.

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mittlere Winterwärme, welche nach Süden hin rasch zunimmt. Die mildeste Luft haben nebst Sicilien und der kampanischen Ebene noch Genua und Nizza, wo ein kurzer Schneefall zu den Seltenheiten gehört, indess die Apenninen vom Oktober nicht selten bis anfangs Mai mit Schnee bedeckt sind. Auch die Po-Ebene und die in diese ausmündenden Alpenthäler haben ein mildes Klima, grossen Pflanzenreichthum, edle Früchte. Von den Winden ist der heisse und ermattende Sirocco zu erwähnen. Gegen Süden nehmen die Sommerregen ab, dagegen Herbst- und Winterregen zu. - Die Sümpfe von Commachio (an der Po-Mündung), die Maremmen am Ombrone (in Toscana) mit der ungesunden Luft (malaria), welcher auch die römische Campagna ausgesetzt ist, und die berüchtigten pontinischen Sümpfe (am Südwestende des Kirchenstaates) sind der Gesundheit schädlich.

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Gewässer. Die apenninische Halbinsel wird vom mittelländischen und adriatischen Meere mit ihren Busen bespült. Die West- und Südküste ist mehr gegliedert als die Ostküste und bietet mehrere gute Ankerplätze und Häfen. (S. §. 15, Nr. 8.) — Sie hat nur einen grossen Hauptfluss, den Po, einige grössere und schiffbare Flüsse, viele Bäche und Küstenflüsse, grosse und schöne Seen, namentlich am Südabhange der Alpen; ist somit im Ganzen gut bewässert. Zahlreiche Kanäle in Norditalien dienen sowohl für die Schiffahrt als die Wiesenkultur. Unter den Flüssen sind zu nennen: der Po mit den vielen Nebenflüssen, der Var, Arno, Ombrone, die Tiber, der Garigliano, Volturno, Sele, Brandano, Ofanto, die Marechia, der Montone. (S. §. 43, und 44.)

Mehrere Mineralquellen sind nebst den Seebädern als Kurorte bekannt: Aix (Savoyen), Acqui (bei Alessandria), Pisa (Toscana), Viterbo (Kirchenstaat), Ischia (Neapel).

Verfassung. Laut Gesetz vom 17. März 1861 wurde das „Königreich Italien" proclamirt; das Staatsgrundgesetz des ehemaligen Königreichs Sardinien vom 4. März 1848 gilt als solches auch für die zum ,,Königreich Italien" vereinigten Länder. Italien ist eine constitutionelle Erbmonarchie. Mónaco steht (seit 1815) unter dem Schutze Italiens. Der Kirchenstaat ist eine uneingeschränkte geistliche Wahlmonarchie, deren Oberhaupt, der Papst, von den Katholiken als das sichtbare Oberhaupt der christlichen Kirche, als Nachfolger des heiligen Petrus und als irdischer Statthalter Christi anerkannt wird. Er wird auf Lebenszeit von den Kardinälen aus ihrer Mitte im Konklave durch eine eminente Mehrheit von der Wahlstimmen gewählt; Oesterreich, Frankreich, Spanien und Neapel besitzen hierbei eine ausschliessende Stimme (sententia exclusiva), das heisst sie haben das Recht, einen zu wählenden Papst zu verwerfen. Der zum Papste Wahlfähige muss ein Italiener sein, keiner grossen Familie angehören, keiner fremden Macht den Kardinalshut verdanken, mit keiner regierenden Macht verwandt sein und mindestens das 55. Lebensjahr zurückgelegt haben. Der Neugewählte nimmt einen andern Namen an (mit Ausschluss des Namens Petrus) und wird einige Tage nach der Wahl vor der St. Petruskirche in Rom mit der Tiara" gekrönt.

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