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Vorschrift über das Verfahren bei der Eidesablegung der Israeliten.

Wenn vom Gerichte ein Israelit zur Ablegung eines Eides aufgefordert wird, ist da, wo es nach den Verhältnissen thunlich ist, zur Meineidserinnerung ein Rabbiner zuzuziehen. Vor allen anderen hat der Vorsigende des Gerichtes dem zum Eide zugelassenen Jsraeliten dasjenige, was er zu beschwören hat, bestimmt und deutlich vorzuhalten, und erforderlichen Falles zu erklären. Nachdem er sich überzeugt hat, daß der Israelit den Gegenstand des Eides wohl verstanden habe, schreitet er zur Meineideserinnerung, welche mit Vermeidung des Ablesens einer bestimmten Formel, der Geistesbildung und Fassungskraft des Schwörenden gemäß, mit ange= messener Berücksichtigung folgender, auf den israelitischen Religionsbegriffen und Büchern beruhender Bemerkungen einzurichten ist.

Es ist die Amtspflicht des Gerichtes, ehe der Israelit den Eid ablegt, ihm die Heiligkeit des Eides, das Sündhafte und Sträfliche eines Meineides vor Gott und dem weltlichen Richter nachdrücklich zu Gemüthe zu führen.

Durch den Eid ruft der Schwörende Gott, den Allwissenden und Allmächtigen, zum Zeugen seiner Aussage an, ihn, den allgerechten Weltenrichter, der in die Herzen sieht, der alles Geheime und Verborgene erforscht, und daher auch weiß, ob der zum Schwure aufgeforderte Israelit einen reinen unverfälschten Eid, oder einen Meineid schwöre.

Wenn die Aussage des Schwörenden mit der Wahrheit vollkommen übereinstimmt, wenn er ohne geheimen Vorbehalt, ohne Zurückhaltung oder Zweideutigkeit so redet, wie er denkt, und wie er es vor dem allgegenwärtigen und allwissenden Gotte zu verantworten sich getrauet, so heiliget er durch den Eid den Namen Gottes, und wirket mit zur Handhabung des Rechtes, welches eine von den Grundsäulen der Welt ist; denn auf Wahrheit, Recht und Frieden steht und ruht die Welt, und nach dem Ausspruche zweier Zeugen soll das Recht gesprochen werden, und Bestand haben.

Wenn aber der Schwörende nicht die volle reine und unverfälschte Wahrheit sagt, wenn er anders redet, als er denkt, wenn er sich irgend eine Täuschung, geheimen Vorbehalt, Zurückhaltung oder Zweideutigkeit zu Schulden kommen läßt, wenn er in den Worten und dem Sinne seiner Rede, oder in Gedanken die Wahrheit verläugnet, umgeht oder verdreht, so legt er einen Meineid ab, er ruft Gott zum Zeugen einer Lüge an, er mißbraucht, schändet und entweiht den heiligen unaussprechlichen Namen Gottes, er versündiget sich auf das Schwerste gegen den allmächtigen Gott, welcher die Schändung seines heiligen Namens nie unbestraft läßt, wie es in den zehn Geboten Gottes geschrieben steht, auf welche der Schwörende zur größeren Bekräftigung seines Schwures die Hand zu legen hat.

Nicht nach der Meinung und dem Sinne des Schwörenden, sondern nach der Meinung und dem Sinne des Gerichtes, nach der Meinung und dem Sinne des allwissenden und allgerechten Gottes wird der Schwörende in Eid genommen.

Nicht darauf, wo und vor welchen Personen der Eid abgelegt wird, beruht die Heiligkeit desselben; denn der zum Eide aufgeforderte Israelit schwört vor Gott, welcher allgegenwärtig, also auch bei dieser Eidesablegung anwesend ist; ihm ist der Schwörende für jede Entstellung oder Umgehung der Wahrheit, für jede Krümmung oder Verdrehung des Rechtes verant

Der Schwörende schändet den Glauben seiner Väter, den er selbst bekennt, wenn er denselben durch einen Meineid verdächtig macht, daß derselbe falsche Eide gestatte oder lehre.

Er vergeht sich durch einen Meineid auf das Schwerste gegen den Staat, seine Mitbürger, und Alles, was dem Menschen heilig ist. Er erschüttert die Grundfeste des Vertrauens, er ist die Ursache ungerechter Entscheidungen, und eines (besonders bei Zeugnissen in Criminalfällen) oft nicht mehr zu erseßenden Schadens, er zerstört das Recht und die bürgerliche Ordnung, so weit es in seinen Kräften liegt. Nach den allgemeinen Landesgesehen ist er nicht nur verpflichtet, für allen durch seinen Meineid verursachten Schaden und entzogenen Gewinn volle Genugthuung zu leisten, sondern auch des Verbrechens des Betruges schuldig, welches mit Ausstellung auf der Schandbühne und schwerem Kerker, nach Beschaffenheit der Umstände selbst lebenslang bestraft wird.

Die Meineidserinnerung wird mit der Frage geschlossen, ob der Israelit bereit sei, den Eid abzulegen. Wenn er diese Frage bejaht, legt er die rechte Hand bis an den Ballen auf die Thora zweites Buch Moses, 20. Capitel, 7. Vers, bedeckt das Haupt, und spricht dem Vorsizenden folgenden Eid nach:

Allgemeiner Eingang.

Ich N. N. schwöre bei Gott, dem Alleinigen, Allmächtigen, Allgegenwärtigen und Allwissenden, dem heiligen Gotte Israels, der Himmel und Erde geschaffen hat, mit reifer Ueberlegung einen reinen und unverfälschten Eid nach der Meinung und dem Sinne des Gerichtes, ohne geheimen Vorbehalt, Zurückhaltung oder Zweideutigkeit, ohne Arglist, Betrug, oder Verstellung, ohne Rücksicht auf Geschenk oder Versprechen, Nugen oder Schaden, Zuneigung oder Abneigung, Freundschaft oder Feindschaft, ohne was immer für eine zur Unterdrückung der Wahrheit oder des Rechtes gereichende Absicht.

Fortseßung für eine Partei im Civilrechtsverfahren, daß (hier folgt der durch die richterliche Entscheidung festgesezte Inhalt des Eides) Ich schwöre bei Gott dem Allwissenden und Allgegenwärtigen, daß diese meine Aussage in allen ihren Theilen die volle reine und unverfälschte Wahrheit sei, wie ich es vor Gott zu verantworten mir getraue.

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wegen.

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. vom

Fortsegung für einen Zeugen im Civil-Rechtsverfahren, daß ich in Betreff dessen, worüber ich in der Rechtssache des . . · gegen den .. Gerichte werde befraget werden, Nichts verschweigen, Niemanden zu Lieb øder zu Leid die volle reine und unverfälschte Wahrheit, wie ich es vor dem allwissenden und allgegenwärtigen Gotte zu verantworten mir getraue, aussagen, und diese meine Aussagen Niemanden entdecken wolle, bevor sie nicht vom Gerichte selbst werden kundgemacht worden seyn.

Fortseßung für einen Zeugen im Criminalverfahren, daß alles Dasjenige, was ich vor dem Gerichte (hier wird das Gericht, von welchem der Zeuge vernommen wird, näher bezeichnet) in Betreff des (hier wird der Gegenstand der Vernehmung mit wenigen Worten angegeben) ausgesagt habe, seinem ganzen Inhalte nach die volle reine und unverfälschte Wahrheit sei, wie ich es vor dem allwissenden und allgegenwärtigen Gotte zu verantworten mir getraue.

Fortseßung für einen Sachverständigen, daß ich die Gegenstände, welche mir vom Gerichte zur Beurtheilung werden zugewiesen werden (wenn der Sachverständige für einen besonderen Fall beeidet wird, kann der Gegenstand des Befundes hier bestimmter angegeben werden) genau in Augenschein nehmen, die Beschaf= fenheit derselben, über welche ich vom Gerichte werde befragt werden, nach sorgfältiger Ueberle= gung aller Umstände deutlich angeben, und hierüber die volle reine und unverfälschte Wahrheit, wie ich es vor dem allwissenden und allgegenwärtigen Gotte zu verantworten mir getraue, aussagen wolle.

Allgemeiner Schluß. So wahr mir Gott, der allmächtige Herr der Heerschaaren, Adonaj Elohe Zebaoth, dessen unanssprechlicher Name geheiliget werde, in allen meinen Geschäften beistehe, in allen meinen Nöthen helfen möge. Amen! Amen!

Während der Eidesablegung haben sich alle anwesenden Personen stehend mit der, der feierlichen Handlung angemessenen Ehrerbietung zu verhalten.

135.

Verordnung des Ministeriums des Innern vom 27. Juli 1856,

wirksam für alle Kronländer, mit Ausnahme der Militärgräaze,

in Betreff der Vorsichten, welche bei der Verpackung und Versendung von Reibzündfabrikaten zu beobachten sind.

Um die Gefahren, welche durch Entzündung der Reibzündwaaren bei der Versendung entstehen können, zu beseitigen, wird im Einvernehmen mit dem Ministerium des Handels und mit der obersten Polizeibehörde verordnet :

S. 1.

Alle Gattungen von Reibzündfabrikaten, als: Zündhölzchen, Reibkerzchen, Fidibusse, Zündschwämme, Zünder und dergleichen unter was immer für Namen vorkommende flammende oder glimmende Zündfabrikate müssen bei Versendungen sowohl zu Wasser als zu Land, höchstens zu Einhundert Packeten von höchstens je Einhundert Stücken in hölzerne oder blecherne Kistchen, und diese in gut geschlossene aus starken Holzbrett, oder Metallblech verfertigte Kisten, welche gegen das Aufreißen bei Verladungen und während des Transportes hinreichend gesichert sind, verpackt seyn.

§. 2.

Jede solche Kiste muß mit der Aufschrift „Zündwaaren“ bezeichnet und dem Frächter als solche declarirt seyn.

§. 3.

Die Beipackung von Zündfabrikaten zu anderen leicht feuerfangenden Sachen in einer und derselben Kiste ist verboten; dagegen ist die gemeinschaftliche Verpackung der Zündrequisiten mit Waaren, die der Feuersgefahr nicht unterworfen sind, gegen dem gestattet, daß dieses an der Kiste von Außen ersichtlich gemacht wird.

S. 4.

Die Außerachtlassung der vorstehenden Anordnungen wird, in soferne eine Bestrafung des Uebertreters nicht schon nach dem §. 489 des Strafgesetzbuches vom 27. Mai 1852 eintritt, mit einer Ordnungsbuße von 20 bis 100 Gulden Conventions-Münze oder nach Umständen mit Arrest von acht Tagen bis zu Einem Monate geahndet.

136.

Freiherr von Bach m. p.

Verordnung des Justizministeriums vom 27. Juli 1856,

wirksam für den ganzen Umfang des Reiches, mit Ausnahme der Militärgränze,

betreffend die Vollstreckung der von großherzoglich-badenschen Gerichten in CivilRechtssachen gefällten Urtheile.

Nachdem die kaiserlich-österreichische und die großherzoglich-badensche Regierung übereingekommen sind, die in den Jahren 1819 und 1838 über den wechselseitigen Vollzug civilge= richtlicher Urtheile getroffene Vereinbarung in einigen Puncten abzuändern, und mit diesen Abänderungen auch auf die damals ausgenommenen Kronländer Ungarn, Kroatien, Slawonien, die serbische Woiwodschaft mit dem Temeser Banate und Siebenbürgen auszudehnen, so werden sämmtliche Gerichte des Reiches angewiesen, in Ansehung des Vollzuges der Urtheile großherzoglich-badenscher Gerichte in Civil-Rechtssachen die nachfolgenden Grundsäge zur Richtschnur zu nehmen.

Rechtskräftige Urtheile, welche von den competenten großherzoglich-badenschen Gerichten in Civil-Rechtssachen gefällt wurden, sind auf Ansuchen des urtheilenden Richters von den österreichischen Gerichten in Vollzug zu seßen.

Die Frage, ob das großherzoglich-badensche Gericht, dessen Urtheil zum Vollzuge gebracht werden soll, zur Entscheidung competent war, ist nach der großherzoglich-badenschen Gefeßgebung zu beurtheilen und in der Regel keiner nochmaligen Prüfung zu unterziehen, sondern die Erklärung, welche das requirirende Gericht in dieser Beziehung ausdrücklich oder stillschweigend gegeben hat, als maßgebend anzusehen.

Sollten sich jedoch gegen diese Erklärung erhebliche Zweifel aufdringen, oder von der Partei, gegen welche das Urtheil zum Vollzuge kommen soll, vorgebracht werden, so sind ohne Anordnung einer Parteiverhandlung die Zweifel dem großherzoglich-badenschen Gerichte, welches um die Vollstreckung ersucht hat, bekannt zu machen.

Wenn die Aufklärung, welche das leßtere ertheilt, als genügend erscheint, so ist die Vollstreckung zu verfügen, im entgegengesezten Falle aber sind die Bedenken im vorgeschriebenen Wege dem Justizministerium vorzutragen nnd dessen Verfügung abzuwarten.

Berichtigung.

Freiherr von Krauß m. p.

In der vorlegten Zeile der, im XXX. Stücke des Reichs-Gesez-Blattes vom Jahre 1856, Nr. 128, Seite 393 enthaltenen Verordnung des Justizministeriums vom 14. Juli 1856, nach den Worten über vorgekommene Beschwerden" sind folgende aus einem Schreibversehen ausgebliebenen Worte: gegen Beschlüsse der Advocatenausschüsse" einzuschalten.

"

Reichs-Gefeß-Dlatt

für das

Kaiserthum Oesterreich.

Jahrgang 1856.

XXXIII. Stück.

Ausgegeben und versendet am 5. August 1856.

137.

Verordnung der Ministerien der Justiz und der Finanzen, dann der oberßten Rechnungs-Controls-Behörde vom 28. Juli 1856,

wirksam für die Kronländer Galizien, Krakau und die Bukowina,

mit der Instruction für die cassemäßige Behandlung des Waisen-, Curanden- und Depofiten-Vermögens.

Zur Regelung der cassemäßigen Behandlung des Waisen-, Curanden- und DepositenVermögens bei den f. k. Steuerämtern haben die Ministerien der Justiz und der Finanzen, dann die oberste Rechnungs-Controls-Behörde die beiliegende provisorische Instruction, welche am 1. November 1856 in Wirksamkeit zu treten hat, zu erlassen befunden.

Freiherr von Krauß m. p. Freiherr von Bruck m. p. Graf Wilczek m. p.

Provisorische Instruction

über die cassemäßige Behandlung des Waisen-, Curanden- und DepositenVermögens bei den k. k. Steuerämtern in Galizien, Krakau und in der Bukowina.

Erster Abschnitt

Allgemeine Bestimmungen.

S. 1.

Den Steuerämtern liegt die Uebernahme, Aufbewahrung und caffemäßige Verrechnung des ihnen von den Gerichten zugewiesenen Depositen-, Waisen- und Curanden-Vermögens ob.

S. 2.

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Das Steueramt, welches sich am Size des Gerichtes befindet, ist zugleich dessen Deposi= tenamt für das ihm zugewiesene Depositen-, Waisen- und Curanden-Vermögen. Es führt den Titel „k. k. Steuer- und gerichtliches Depositenamt“.

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