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Reichs-Gefeß-Dlatt

für das

Kaiserthum Oesterreich.

Jahrgang 1856.

XXVI. Stück.

Ausgegeben und versendet am 24. Juni 1856.

100.

Staatsvertrag zwischen Oesterreich und Baiern vom 21. April 1856,

wegen Verbindung der beiderseitigen Eisenbahnen.

Geschlossen zu München am 21. April 1856, in den beiderseitigen Ratificirungen ausgewechselt ebendaselbst am

23. Mai 1856.

Wir Franz Joseph der Erste,

von Gottes Gnaden Kaiser von Oesterreich; König von Ungarn und Böhmen, König der Lombardei und Venedigs, von Dalmatien, Kroatien, Slawonien, Galizien, Lodomerien und Jllirien; Erzherzog von Oesterreich; Großherzog von Krakau; Herzog von Lothringen, Salzburg, Steier, Kärnthen, Krain, Bukowina, Ober- und Nieder-Schlesien; Großfürst von Siebenbürgen; Markgraf von Mähren; gefürsteter Graf von Habsburg und Tirol u. u. thun kund und bekennen anmit:

Nachdem zwischen Unserem Bevollmächtigten und jenem Seiner Majestät des Königs von Baiern, zum Zwecke der Beseitigung der Schwierigkeiten,

welche der Ausführung des am 21. Juni 1851 abgeschlossenen, die Verbindung der beiderseitigen Eisenbahnen betreffenden Vertrages entgegenstanden, zu München unterm 21. April l. J., ein aus 18 Artikeln bestehender Vertrag abgeschlossen und unterzeichnet worden ist, welcher von Wort zu Wort wie folgt lautet:

Seine Apostolische Majestät der Kaiser von Oesterreich und Seine Majestät der König von Baiern in der Absicht, die Schwierigkeiten, welche sich im Vollzuge des unterm 21. Juni 1851 wegen Verbindung der beiderseitigen Eisenbahnen abgeschlossenen Staatsvertrages ergeben haben, durch Abänderung einiger Vertragsbestimmungen zu beseitigen, haben zu diesem Ende Bevollmächtigte ernannt und zwar :

Seine Majestät der Kaiser von Oesterreich 2c. 2c. 2c.

Allerhöchst-Ihren außerordentlichen Gesandten und bevollmächtigten Minister am königlichbaierischen Hofe, Grafen Rudolph Apponyi, k. k. wirklichen geheimen Rath und Kämmerer, Großkreuz des großherzoglich - badischen Hausordens der Treue, Commandeur erster Classe des constantinischen St. Georgs-Ordens von Parma zc. 2.

und

Seine Majestät der König von Bayern zc. 2. 2.

Allerhöchst - Ihren Staatsminister des königlichen Hauses und des Aeußern, Freiherrn Ludwig von der Pfordten, Großkreuz des Verdienstordens der baierischen Krone, des k. k. österreichischen St. Stephan-Ordens und des k. k. österreichischen Leopold-Ordens 2. 2c., von welchen nach gegenseitiger Anerkennung ihrer Vollmachten nachfolgende Artikel vereinbart worden sind :

Artikel 1.

Nachdem die Resultate der von der k. k. österreichischen Regierung vorgenommenen Vorarbeiten für die im Artikel 2 des Vertrages vom 21. Juni 1851 festgestellte Bahnlinie von Salzburg nach Bruck die Ueberzeugung begründet haben, daß die Ausführung der projectirten Bahnlinie mit unverhältnißmäßigen Kosten, Schwierigkeiten und Gefahren für den künftigen Betrieb verbunden seyn würde, so soll es von der Verpflichtung der österreichischen Regierung zur Herstellung der Bahn von Salzburg nach Bruck sein Abkommen erhalten.

Die k. . österreichische Regierung wird jedoch die Studien über diese Bahn fortseßen, um wo möglich eine günstigere Linie zu ermitteln und im Falle dieß gelingen sollte, zu seiner Zeit wieder die Frage über den Bau der gedachten Strecke in Verhandlung zu bringen.

Artikel 2.

Dagegen verpflichtet sich die k. k. österreichische Regierung, schon dermalen eine directe Eisenbahn von der österreichischen Gränze bei Salzburg nach Linz und von da nach Wien herstellen zu lassen.

Artikel 3.

Die ganze Bahnstrecke von Salzburg über Linz nach Wien soll längstens innerhalb eines Zeitraumes von fünf Jahren (vom Tage der Auswechslung der Ratificationen dieses Vertrages gerechnet) vollendet und dem Betriebe übergeben werden.

Artikel 4.

Die k. t. österreichische Regierung verpflichtet sich ferner, die Bahnlinie von Innsbruck bis zur baierischen Gränze bei Kiefersfelden, sowie jene von Verona nach Bozen bis zum 1. October 1858 zu vollenden und in Betrieb zu seßen.

Artikel 5.

Die königlich-baierische Regierung verpflichtet sich dagegen, statt der im Artikel 12 des Vertrages vom 21. Juni 1851 übernommenen Verbindlichkeiten, die Bahnlinien :

1. von München über Rosenheim bis zur Gränze bei Kiefersfelden ebenfalls bis zum 1. October 1858;

2. von Rosenheim nach Salzburg innerhalb des im Artikel 3 des gegenwärtigen Vertrages bezeichneten Termines :

herzustellen und in Betrieb zu seßen.

Artikel 6.

Der Zusage des Vertrages vom 21. Juni 1851 gemäß, verpflichtet sich die k. k. österreichische Regierung zur Herstellung einer Eisenbahn von Linz an die bayerische Gränze bei Passau; wogegen die königlich-baierische Regierung die Verbindlichkeit übernimmt, im unmittelbarem Anschlusse an diese österreichische Bahn, eine Eisenbahn von Nürnberg über Regensburg nach Passau und bis an die österreichische Gränze zu erbauen.

Artikel 7.

Die f. t. österreichische Regierung verbindet sich, die Eisenbahnstrecke von Linz an die baierische Gränze bei Passau in derselben Zeitfrist im Baue zu vollenden und dem Betriebe zu übergeben, in welcher die königlich - baierische Regierung die ganze Strecke von Nürnberg über Regensburg und Passau an die österreichische Gränze vollendet und dem Betriebe übergeben haben wird. Dieser Vollendungstermin foll jedoch in keinem Falle kürzer als der im Artikel 3 des gegenwärtigen Vertrages bestimmte Termin von 5 Jahren und in keinem Falle länger als 7 Jahre angenommen werden.

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Zur Sicherung des Vollzuges dieser Bestimmung verpflichten sich die beiderseitigen Regierungen, sich vom Jahre 1858 an jährlich summarische Nachweisungen über die Fortschritte der Arbeiten an den beiderseitigen Bahnabtheilungen mitzutheilen.

Artikel 8.

Der bereits ausgearbeitete Entwurf über den wirklichen Verbindungspunct der im Artikel 6 erwähnten beiderseitigen Bahnen an der Landesgränze bei Passau und über den Anschluß derselben in horizontaler und verticaler Richtung soll sofort der Prüfung und Genehmigung der beiden contrahirenden Regierungen unterstellt und die Entscheidung hierüber längstens bis zum 1. October d. J. gegenseitig mitgetheilt werden.

Artikel 9.

Der in Bassau zu errichtende Bahnhof wird als alleinige und gemeinsame Wechselstation für den Eisenbahnbetrieb beider Staaten auf der Regensburg - Passau - Linzer - Linie bestimmt, von welcher Bestimmung einseitig nicht abgegangen werden kann.

Artikel 10.

Die königlich-bayerische Regierung überläßt der k. k. österreichischen Regierung und bezüglich den von der Leßteren allenfalls zu bestellenden Concessionären (Artikel 15) die

Benüßung der Bahnstrecke von Passau bis an die österreichische Landesgränze und derjenigen Theile der Wechselstation Passau, welche bloß für die österreichische Bahnverwaltung nothwendig erkannt werden, und gestattet ferner der Leßteren die Mitbenüßung derjenigen Theile der genannten Wechselstation, welche zum gemeinschaftlichen Gebrauche der beiderseitigen Bahnverwaltungen bestimmt werden.

Artikel 11.

Auf die bauliche Herstellung, die Erhaltung, Kostenbestreitung und Verzinsung des Baucapitales, dann auf die Benügung der Bahnstrecke von Passau an die österreichische Gränze, sowie der Bahnhofs-Anlagen der Wechselstation Passau haben übrigens diejenigen Bestimmungen analoge und bezüglich reciproke Anwendung zu finden, welche in dem Staatsvertrage vom 21. Juni 1851-Artikel 13 bis inclusive 21 und Artikel 23 bis inclusive 40-rücksichtlich des Verhältnisses des Bahnhofes in Salzburg, und der Bahnstrecke von dort an die Landesgränze bei Kleßheim festgesezt worden sind, und es räumt daher die königlich-baierische Re= gierung der k. . österreichischen Regierung und ihren allenfallsigen Concessionären rücksichtlich des Bahnhofes zu Passau, und der Bahnstrecke von da an die österreichische Gränze Alle jene Rechte und Befugnisse ein, welche in dem Staatsvertrage vom 21. Juni 1851 der königlichbaierischen Regierung bezüglich des Bahnhofes zu Salzburg und bezüglich der EisenbahnStrecke von dort bis zur baierischen Gränze zugestanden worden sind, sowie anderseits die k. k. österreichische Regierung rücksichtlich des Stationsplages zu Passau und der Bahnstrecke von diesem Stationsplaße bis zur österreichischen Landesgränze auf analoge Weise alle Verbindlichkeiten zu erfüllen hat, welche von der königlich-baierischen Regierung in dem Vertrage vom 21. Juni 1851 rücksichtlich des Bahnhofes in Salzburg und rücksichtlich der Bahnstrecke von Salzburg bis zur Landesgränze bei Kleßheim übernommen worden sind.

Auf gleiche Weise haben die rücksichtlich des Eisenbahn-Betriebes, der polizeilichen Paßund Fremden-Behandlung, der Postverbindung, des Telegraphen-Anschlusses und des Zollwesens in den Artikeln 42 bis inclusive 108 des Vertrages vom 21. Juni 1851 vereinbarten Bestimmungen auch für die Strecke Regensburg - Passau - Linz_analoge und bezüglich reciproke Geltung.

Artikel 12.

Die k. . österreichische Regierung übernimmt ferner die Verbindlichkeit der Herstellung einer Eisenbahn von Prag über Pilsen an die böhmisch-baierische Gränze, wogegen anderseits die königlich-baierische Regierung sich verpflichtet, den unmittelbaren Anschluß der von Nürnberg nach Regensburg zu führenden Eisenbahn an die oben erwähnte Linie durch eine bis an die Landesgränze reichende Bahn zu bewerkstelligen.

Artikel 13.

Längstens innerhalb eines Jahres, von dem Tage der Auswechslung der Ratificationen des gegenwärtigen Vertrages gerechnet, soll rücksichtlich der, im vorhergehenden Artikel erwähnten beiderseitigen Bahnen im wechselseitigen Einverständnisse der k. k. österreichischen mit der königlich-baierischen Regierung nach vorgegangener technischer Untersuchung durch beiderseitige Commiffäre der eigentliche Anschlußpunct an der böhmisch-baierischen Gränze und der Termin zu der jedenfalls gleichzeitig zu bewerkstelligenden Vollendung für die beiden Bahnstrecken vertragsmäßig festgesezt werden.

Artikel 14.

Die k. k. österreichische Regierung erklärt sich geneigt, zur gelegenen Zeit eine Eisenbahn von Pilsen nordwärts über Eger an die baierische Gränze herstellen zu lassen; für diesen Fall erklärt die königlich-baierische Regierung die Bereitwilligkeit, den gleichzeitigen Anschluß der baierischen Bahnen an die gedachte österreichische Bahn zu gestatten.

In dieser Beziehung soll seinerzeit von den gedachten beiden Regierungen die geeignete nähere Vereinbarung getroffen werden.

Artikel 15.

Sowohl die k. k. österreichische als die königlich-baierische Regierung behalten sich rücksichtlich Aller in dem Staatsvertrage vom 21. Juni 1851 und dem gegenwärtigen Nachtragsvertrage besprochenen in den respectiven Landestheilen zu errichtenden Eisenbahnen ausdrücklich vor, nach freiem Ermessen den Bau oder den Betrieb oder beides zugleich der fraglichen Eisenbahn-Linien vom Staate selbst zu übernehmen oder an Private zu überlassen.

Im letteren Falle ist jedoch in der dießfälligen Concessions-Urkunde oder in den Ueberlassungs-Bedingungen die nöthige Vorsorge für die Beobachtung der Bestimmungen der oben gedachten Verträge zu treffen.

Auch werden sich die beiden Regierungen von den dießfalls ertheilten Concessionen die Mittheilung machen und hernach die allenfalls noch erforderlichen näheren Maßnahmen zum Vollzuge der vereinbarten oder noch zu vereinbarenden Bestimmungen in Sachen des wechselseitigen Bahnbetriebes und namentlich hinsichtlich der Betriebs-Abrechnungen und der wechselseitigen Zahlungsleistungen verabreden.

Artikel 16.

Alle Bestimmungen des Vertrages vom 21. Juni 1851, welche durch gegenwärtigen Nachtragsvertrag nicht ausdrücklich aufgehoben oder abgeändert werden, verbleiben in voller Kraft und Giltigkeit und finden auch auf die durch gegenwärtigen Vertrag festgesezten Bahnlinien analoge Anwendung.

Artikel 17.

Der im Additional-Artikel zum Vertrage vom 21. Juni 1851 enthaltene Vorbehalt der baierischen Regierung wird insbesondere auch auf die Bestimmungen des gegenwärtigen Vertrages in der Art ausgedehnt, daß statt der daselbst bestimmten Frist der 1. August d. J. angenommen wird.

Artikel 18.

Gegenwärtiger Vertrag soll beiderseits zur Allerhöchsten Ratification vorgelegt und die Auswechslung der Ratifications-Urkunden innerhalb vier Wochen in München vorgenommen

werden.

Zur Urkunde dessen haben die beiderseitigen Bevollmächtigten gegenwärtigen Vertrag in zwei gleichlautenden Ausfertigungen unter Beidrückung ihres Insiegels unterzeichnet. So geschehen, München den 21. April Eintausend achthundert sechs und fünfzig..

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