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Freiheit zu kämpfen scheinen, seien doch die Vereinigten Staaten verpflichtet, Neutralität zu bewahren und dieselbe zu erzwingen. Bezüglich Armeniens führt die Botschaft aus, mehrere der bedeutendsten Mächte Europas hätten durch Vertrag nicht allein zum besten ihrer eignen Staatsangehörigen und zur Förderung ihrer eignen Interessen sich Rechte gesichert und Pflichten übernommen, sondern als die Sachwalter der christlichen Welt. Ihr Recht sei, ein solches Verhalten seitens der türkischen Regierung zu erzwingen, das Aeußerungen des Fanatismus verhindert; wenn dies nicht gelinge, so sei es Pflicht jener Mächte, in solcher Weise einzutreten, daß Sicherheit gegen solch schreckliche Vorkommnisse gegeben sei, wie sie vor kurzem die zivilisirte Welt erschütterten. Die Mächte erklärten, daß dieses Recht und diese Pflicht ihnen allein zukomme und es werde ernstlich gehofft, daß ein schleuniges wirksames Vorgehen von ihrer Seite nicht verzögert werde. Bezüglich der Handelsfragen verbreitet sich die Botschaft mit besonderm Nachdruck über die ungünstige Differenzialbehandlung der amerikanischen Ausfuhr seitens Deutschlands, wodurch sowohl Vieh, als andre der Ernährung dienende Erzeugnisse aufs schädlichste betroffen würden. Der Präsident erwähnt sodann mit Bedauern die Thatsache, daß amerikanische Versicherungsgesellschaften in Preußen mit Schwierigkeiten bedrängt und sogar von dort vertrieben würden; er fügt hinzu, die Vereinigten Staaten wollten sich unbilliger Unterscheidung nicht unterwerfen und würden Retorsionsmaßregeln ergreifen.

5. März. Im Senate bringt Mills einen Gefeßentwurf ein, wonach im Schazamt Dollar-Teilstücke in Silber ausgeprägt werden sollen, und Chandler einen Geseßentwurf über freie Silberprägung im Verhältnis von 151/2 zu 1. Dieses Gesez solle in Wirksamkeit treten, sobald Deutschland, England und Frankreich zu ähnlichen Maßregeln übergingen.

17. Dezember. Präsident Cleveland richtet an den Kongreß eine Botschaft, die im wesentlichen folgenden Inhalts ist:

Die Antwort der britischen Regierung auf unsre Vorstellungen wegen des zwischen Venezuela und Großbritannien schwebenden Streits ist eingelaufen. Sie besteht aus zwei Noten, die der britische Premierminister an den hiesigen britischen Botschafter gerichtet hat. Eine von diesen Noten beschäftigt sich ausschließlich mit der Monroe-Doktrin. Sie behauptet, daß wir im vorliegenden Falle eine eigentümliche Ausdehnung der Lehre verlangen. Die vom Präsidenten Monroe verkündeten Grundsäße seien unter den heutigen Verhältnissen im allgemeinen nicht anwendbar, jedenfalls nicht auf den zwischen Großbritannien und Venezuela bestehenden Grenzstreit. Ohne in eine ausführliche Widerlegung dieser Behauptung einzugehen, ist es wohl am Plaze, darauf hinzuweisen, daß die Doktrin start und gesund ist, weil ihre Durchsezung für unsern Frieden und unsre Sicherheit als Nation wichtig ist und die Integrität unsrer freien Einrichtungen und die Aufrechterhaltung unsrer besondern Regierungsform verbürgt. Die Doktrin sollte in jedem Stadium unsers nationalen Lebens angewandt werden. Sie kann nicht außer Gebrauch kommen, so lange unsre Republik besteht. Wenn das Gleichgewicht der Gewalt mit Recht eine Ursache der Eifersucht bei den Regierungen der alten Welt und Grund unsrer absoluten Nichteinmischung ist, so ist doch die Durchführung der MonroeDoktrin eine Lebensfrage für unsre Regierung und unser Volk. Wir müssen deshalb auf der Doktrin bestehen ohne Rücksicht auf „die Verhältnisse, in denen wir leben," oder auf zukünftige Verhältnisse. Wenn eine

europäische Macht ihre Grenzen erweitert und das Gebiet einer unsrer Nachbarrepubliken gegen deren Willen in Besiz nimmt, so hält es schwer, nicht zu dem Schluffe zu kommen, daß die betreffende europäische Regierung nicht ihr Regierungssystem auf den bezüglichen Teil des Festlands ausdehnen will. Gerade diese Handlungsweise erklärte Präsident Monroe für gefährlich für unsern Frieden und unsre Sicherheit. Es macht teinen Unterschied, ob das europäische System durch Grenzverschiebung oder sonstwie erweitert wird. In der britischen Note heißt es auch, daß wir die Monroe-Doktrin deshalb nicht zur Anwendung bringen sollten, weil kein Grundsaß des Völlerrechts in der vorliegenden Streitfrage verlegt wird, des Völkerrechts, das auf allgemeinem Konsensus der Nationen beruht. Keine auch noch so mächtige Nation könne einen neuen Grundsag in das Völkerrecht bringen, der bisher noch von keiner andern Regierung anerkannt worden wäre. Der Grundjag der Monroe-Doktrin gilt ausschließlich für uns. Er mag nicht wörtlich in den Kodex des Völkerrechts aufgenommen worden sein, da aber im internationalen Rate jede Nation zum Genuß der Rechte, die sie besigt, berechtigt ist, so dürfen wir mit Recht behaupten, daß die Doktrin ihrer Stelle im Völkerrecht so gewiß und sicher ist, als ob sie besonders erwähnt würde. Die Monroe-Doktrin gründet sich auf diejenige Theorie des Völkerrechts, daß jede Nation Schuß für ihre Rechte genießen soll und diese Rechte auch in Geltung seßen darf. Unsre Regierung ist sicher, daß wir nach dieser Lehre Recht und Ansprüche besigen. Die britische Antwort leugnet das auch nicht. Der britische Premierminister sagt uns, daß die Doktrin nur nicht auf die jeßigen Verhältnisse anwendbar ist. Präsident Monroe habe damals eine Politik eingeschlagen, die die Sympathie der britischen Regierung seiner Zeit fand. Er erklärt weiter, daß die Sprache des Präsidenten Monroe sich freilich auf die Erreichung von Zielen bezieht, die die meisten Engländer für heilsam ansahen. Aber in den Koder des Völkerrechts sei die Lehre nicht aufgenommen. Weiter sagt der Premierminister, daß die britische Regierung völlig übereinstimme mit der Ansicht des Präsidenten Monroe, daß eine Störung des Gebietsbesizers in jener Hemisphäre durch neuen Ländererwerb seitens eines europäischen Staates höchlich inopportun sei. Die amerikanische Regierung wollte von der britischen nichts weiter wissen, als ob sie ihr Gebiet auf diesem Kontinent ohne Recht erweitern wollte oder ob sie nur das Gebiet besißen wollte, das innerhald ihrer Grenzlinie liegt. Unfre Regierung schlug deshalb der britischen ein Schiedsgericht vor, damit wir unsre Stellnng gegenüber der Streitfrage klar machen könnten. Diesen Vorschlag hat die britische Regierung abgelehnt und das, wie es scheint, aus durchaus unbefriedigenden Gründen. Es ist zu beklagen, daß unsre Berufungen an den Gerechtigkeitsfinn einer Großmacht wegen deren Bezichungen zu einer schwachen und kleinen Macht teine beffern Resultate ergeben hat. Was unsre Regierung jezt zu thun hat, ist klar vorgezeichnet. Nachdem wir uns jahrelang bemüht haben, Großbritannien zu veranlassen, die Frage einem Schiedsgericht zu unterbreiten und endlich den Bescheid von der Weigerung Großbritanniens erlangt haben, bleibt nichts übrig, als die Lage hinzunehmen, wie sie ist, und demgemäß zu handeln. Venezuela hat niemals bis jezt die Berechtigung der britischen Ansprüche zugegeben. Bewilligt Venezuela eine Grenzregulirung zu seinem eignen Vorteil, so erheben wir keinen Einwand. Bleibt die Haltung Venezuelas jedoch unverändert, so ist die Streitigkeit in ein solches Stadium gelangt, daß die Vereinigten Staaten Maßnahmen treffen müssen, um mit Sicherheit in Erfahrung zu bringen, welche Linie die richtige Grenzlinie zwischen der Republik Venezuela und Britisch-Guyana bildet. Diese Unter

fuchung sollte natürlich vorsichtig und einsichtig geführt werden. Alles verfügbare Beweismaterial über die Ansprüche beider Parteien sollte beigebracht werden. Der Kongreß sollte die nötigen Gelder für die Unkosten der Arbeit der von der Exekutive einzuseßenden Kommission bewilligen. Nach Einlaufen ihres Berichtes wird es meines Erachtens die Pflicht der Vereinigten Staaten sein, auf jede Weise es als vorsäßlichen Angriff auf ihre Rechte und Intereffen zu betrachten, wenn Großbritannien Land sich zueignet oder Jurisdiktion über ein Gebiet ausübt, das nach dem Ergebnis der Untersuchung zu Venezuela gehört.

20. Dezember. Präsident Cleveland richtet an den Kongreß eine Botschaft über die Finanzlage.

Darin heißt es, die fortgesezten Entnahmen von Gold für die Ausfuhr verlangten unverzügliche Schritte zum Schuße der Goldreserve des Schages. Die Lage sei durch den Einfluß ungewöhnlicher Besorgnisse der Geschäftskreise zugespigt worden. Wenn die Lage durch die venezolanische Frage beeinflußt sei, so zeige das, daß der Patriotismus des Volks kein genügender Ersatz sei für eine gesunde Finanzpolitik. Die Botschaft spricht die Hoffnung aus, der Kongreß werde sich nicht vertagen, ehe er die nötigen gesetzgeberischen Schritte gethan habe zur Vermeidung einer Schädigung der Interessen des Volks und der öffentlichen Fonds oder einer Schwächung des öffentlichen Kredits.

Infolge des Eindrucks von Präsident Clevelands kriegerisch lautender Botschaft vom 17. Dezember werden auf der Londoner Börse nordamerikanische Papiere massenhaft verkauft, wodurch der Kurs plößlich sehr stark sinkt.

21. Dezember. Dies hat eine wilde Panik auf der Newyorker Börse zur Folge. Es treten für Amerika Verluste ein, die später auf 1000 Millionen Dollars berechnet werden.

24. Dezember. Eine große Versammlung in Newyork legt gegen Clevelands Botschaft vom 17. Dezember Verwahrung ein.

26. Dezember. Die vom Repräsentantenhause infolge von Clevelands Botschaft vom 20. Dezember eingesezte Kommission ers stattet Bericht.

Darin werden die unzulänglichen Staatseinkünfte als die Hauptursache der gegenwärtigen Schwierigkeiten bezeichnet. Während der ersten Hälfte des laufenden Finanzjahres würde das Defizit ungefähr 20 Millionen Dollars betragen. Die Kommission spricht die Hoffnung aus, daß der Zolltarif für das Etatsjahr 1897/98 einer Revision im Sinne von Schußzöllen unterzogen würde. Dies sei aber augenblicklich unmöglich. Infolge dessen schlage sie eine Zollerhöhung vor. Die Zollerhöhung wird darnach 8 Millionen Dollars und die Wollzölle 25 Millionen Dollars ergeben. Die Kommission empfiehlt einen Zoll von 6,6 Cents pro Pfund ungewaschner Wolle, von 32 Prozent auf Teppichwolle und von 15 Prozent auf Bauholz. Die Kommission beantragt dringlich, den Schazsekretär zur Ausgabe kurzfristiger, dreiprozentiger Bonds zu ermächtigen, und empfiehlt die Ausgabe von Staatsschuldzertifikaten zahlbar in drei Jahren mit dreiprozentiger Verzinsung im Höchstbetrage von 50 Millionen Dollars, um die gegenwärtigen Fehlbeträge zu decken.

Das Repräsentantenhaus genehmigt die Tarifbill. Es wird von Mitgliedern verschiedner Parteien eine Resolution eingebracht,

wonach der Präsident der Union ermächtigt werden soll, zum Zwecke der Regelung von Grenzstreitigkeiten eine Konferenz aller Nationen, die Gebiet in Amerika besigen, einzuberufen. Diese Konferenz solle 1896 in Washington zusammentreten. Präsident Cleveland unterzeichnet den vom Kongreß angenommnen Geseßentwurf, betreffend die Ernennung einer Kommission zur Grenzregulirung in Venezuela.

V.

Verhältnis zum Ausland.

Im Januar. Die französische Regierung legt in Washington Protest ein gegen die im vorigen Sommer stattgehabte Anwesenheit von ärztlichen amerikanischen Inspektoren in mehrern Häfen Europas, die ohne vorheriges Uebereinkommen mit der betreffenden Regierung damit beauftragt waren, die für die Vereinigten Staaten bestimmten Schiffe zu untersuchen. — Desterreich erhebt in Washington Protest gegen die Differenzialzölle auf Zucker.

Im März. Es entsteht Streit mit Großbritannien wegen der Grenzlinie, die Alaska von Britisch-Kolumbia scheidet.

Als die Union 1867 den nordwestlichsten Teil Amerikas von Rußland taufte, wurde auf die Feststellung der Ostgrenze kein besondres Gewicht gelegt, sondern nur bestimmt, daß die Grenzlinie zwischen dem Portland-Sund und dem Punkt, wo der 141. Längengrad die Küste schneidet, zehn Meilen von der Küste landeinwärts gedacht werden solle. Damals hielt man das Binnen= land jener Strecke für gänzlich wertlos, in den lezten Jahren hat sich aber herausgestellt, daß am Stikine-, Taku- und Chilkatflusse sich überaus reiche Goldlager befinden. Damit ist die Notwendigkeit einer Feststellung der Grenze nahegerückt. Es handelt sich dabei um die Entscheidung der Frage, was der Ausdruck zehn Meilen von der Küste" eigentlich zu bedeuten habe. In den Vereinigten Staaten ist man der Ansicht, daß die Grenzlinie überall, auch den Einbuchtungen der Küste folgen solle, die Engländer hingegen rechnen nur die äußersten Spißen des Landes als Ausgangspunkt und haben bereits begonnen, in diesem Sinne die Grenze abzustecken, wodurch die Goldgruben am Tatufluß ihnen zufallen würden.

12. Juni. Präsident Cleveland erläßt eine Ansprache, in der er die Bürger vor Verlegung der Neutralitätsgeseze gegenüber Kuba warnt und die Beamten der Vereinigten Staaten instruirt, jene Geseße auf das strengste zu beobachten und jegliche Verlegung zu ahnden.

Mexiko.

Im Februar. Beendigung eines Grenzstreites mit Guatemala, das die Kosten von Mexikos Kriegsrüstungen tragen muß.

2. April. Bei Eröffnung des Kongresses liefert der Präsident der Republik in einer Botschaft eine glänzende Schilderung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Landes.

15. September. Das Land begeht die Feier der 1810 er= folgten Erklärung seiner Unabhängigkeit von Spanien.

16. September. In einer neuen Botschaft an den Kongreß sagt der Präsident Diaz bezüglich der Finanzen des Landes:

Die seit Ende des lezten Jahres fühlbare wirtschaftliche Besserung macht sich in offner, nachhaltiger Weise in allen Zweigen des nationalen Wohlstands sowie in der Lage des Staatsschaßes geltend. Import, Export und der innere Verkehr nehmen in großem Maßstabe zu. Die Einnahmen der Zollämter haben im lcßten Jahre 20 Millionen Dollars, die Stempeleinnahmen 15 Millionen Dollars überschritten.

20. Dezember. Der Kongreß genehmigt ein die Wiederwahl von Diaz zum Präsidenten der Republik ermöglichendes Gesez.

Mittelamerika.

25. Februar. Der britische Gesandte in Managua überreicht der Regierung der Republik Nikaragua ein Ultimatum, in dem eine Entschädigung von 15000 Pfund Sterling für die Vertreibung des Vizekonsuls Halch aus Bluefields sowie die Einseßung einer Kommission gefordert wird, die die Entschädigungssummen für die von der Mosquitoküste vertriebnen britischen Unterthanen festzu= seben habe.

26. April. Die Antwort, die die Regierung von Nikaragua hierauf erteilt, genügt der britischen Regierung nicht.

27. April. Infolgedessen sezt das britische Kriegsschiff „Royal Arthur" an der an der Westküste, am Stillen Ozean liegenden Hafenftadt Corinto Marinetruppen ans Land, die diese Stadt nebst dem Hafen beseßen.

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