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vorgelegt werden sollen. Minister Stang hatte zuvor diese Bedingung als verfassungswidrig und schädlich bezeichnet.

27. Juli. Das Storthing bewilligt das außerordentliche Marinebudget mit 11925 400 Kronen.

29. Juli. Das Storthing lehnt die Bewilligung von 10000 Kronen Tafelgelder für die norwegischen Minister in Stockholm ab. Nach Genehmigung des Budgets wird die Session des Storthings geschlossen.

14. Oktober. Endlich gelingt die Bildung eines neuen Ministeriums. Vom bisherigen Ministerium verbleiben Staatsminister Gram, Staatsräte Olssön (Kriegsminister), Nilsen (Arbeitsminister) und Hagerup, die leztgenannten als Erstenminister und Finanzminister. Als neue Minister treten ein: die frühern Staatsräte Sverdrup und Haugland, beide gemäßigt, sowie die Advokaten Engelhart, Kildal, Smedal und Haug-Lund, alle vier moderate Linkenmänner, zum Teil Opportunisten. Haugland und Smedal gehen mit Gram nach Stockholm.

4. November. Im königlichen Schloß zu Chriftiania findet aus Anlaß des Jahrestages der Vereinigung Norwegens mit Schweden eine Prunktafel statt, an der außer König Oskar Prinz Eugen, Prinz und Prinzessin Bernadotte, die norwegischen Minister und eine Anzahl andrer Personen teilnehmen. Der König bringt folgenden Trinkspruch auf die Union aus: „Ich spreche den innigen Wunsch aus, daß die 1814 geschlossene Vereinigung zum Wohle der Brudervölker für alle Zeit erhalten und befestigt bleiben möge. Es lebe die Vereinigung!" Am selben Tage überreicht eine Deputation Marineoffiziere dem König die ihm von den Offizieren der Flotte gestiftete Jubiläumsmedaille. Im übrigen wird der Tag sowohl in der Hauptstadt wie in vielen andern Städten in den unionsfreundlichen Kreisen gefeiert.

5. November. Zur Verhandlung über die Unionsstreitfragen wird die Einseßung einer schwedisch-norwegischen Unionskommission beschlossen.

Schweiz.

I.

Bundesversammlung.

8. März. Der Bundesrat beantragt bei der Bundesversammlung eine Revision der Verfassung dahin, dem Bunde die Kompetenz zur Gesetzgebung über den Verkehr mit Nahrungsund Genußmittteln und mit solchen Gebrauchs- und Verbrauchsartikeln, die das menschliche Leben und die menschliche Gesundheit gefährden können, zu geben.

8. April. Die Session endet mit der Annahme einer Eisenbahn-Novelle durch den Ständerat, wonach u. a. die Eisenbahnaktien fortan Namensaktien sein müssen, wofern sie ihren Trägern das Stimmrecht verleihen sollen, wonach ferner die Kantone eine starke Vertretung in den Verwaltungsräten erhalten und dem Bundesrate ein fast willkürliches Vetorecht gegen Beschlüsse der Eisenbahngesellschaften zustehen soll; ferner genehmigt der Ständerat ein Gesetz über die Errichtung einer Bundesbank.

26. Juni. In der am 4. Juni eröffneten Session genehmigt auch der Bundesrat das Bankgeset.

27. Juni. Beide Räte einigen sich über die Revision der Bundesverfassung behufs Uebertragung des Militärwesens an die Eidgenossenschaft.

3. Dezember. In der am 2. eröffneten dritten Session genehmigt der Nationalrat 120 000 Franks für Ergänzung der Be= festigung des Furka-Passes gegen die neue Grimselstraße hin.

12. Dezember. Die Bundesversammlung wählt zum Bundespräsidenten für das Jahr 1896 den bisherigen Vorstand des Departements der auswärtigen Angelegenheiten und des Handels, Bundesrat Lachenal aus Genf.

13. Dezember. Der Nationalrat berät ein Gesez über das Rechnungswesen der Eisenbahnen.

II.

Volksabstimmungen.

3. Februar. Das Schweizervolk hat zu entscheiden über das sogenannte Gesandtschaftsgeseß, wonach dem Bundesrate das Recht eingeräumt wird, auf dem Budgetwege neue Gesandtschaften zu errichten, Gesandte abzuberufen und neue zu ernennen, die die politische und wirtschaftliche Interessenvertretung im Auslande zu wahren haben. (Bisher hatte das Volk das Recht, gegen Bewilligungen für das Gesandtschaftswesen die Volksabstimmung zu ergreifen und nötigenfalls die Gewährung des Gehaltes zu hintertreiben. Diese Fälle sind schon vorgekommen.) Dieses Geseß wird mit 171732 gegen 122396 Stimmen abgelehnt.

29. September. Folgender lediglich aus Gesundheitsrücksichten vorgeschlagne neue Verfassungsartikel, betreffend das Zündholz= monopol:

Fabrikation, Einfuhr und Verkauf der Zündhölzchen und ähnlicher Erzeugnisse im Umfange der Eidgenossenschaft stehen ausschließlich dem Bunde zu. Der Ertrag hieraus fällt nicht in die Bundeskasse. Ein allfälliges Reinergebnis soll im Interesse des Betriebes, namentlich der Vervollkommnung des Fabrikats und der Herabseßung des Verkaufspreises verwendet werden. Die Verwendung des gelben Phosphors bei der Fabrikation von Zündhölzchen ist untersagt. Der Kleinverkauf ist ein freies Gewerbe, vorbehaltlich schüßender Bestimmungen gegen mißbräuchliche Ausübung desselben. Die Bundesgesezgebung wird über die Ausführung dieser Grundsäße die erforderlichen Bestimmungen treffen,

wird in der Volksabstimmung mit 174679 gegen 139226 Stimmen abgelehnt.

3. November. Eine Vorlage, wonach das Militärwesen den Kantonen abgenommen und zur Sache des Bundes gemacht werden soll, wird in der Volksabstimmung mit 258169 gegen 192207 Stimmen abgelehnt. 1712 Kantone sind dagegen, nur 41/2 dafür.

III.
Kantone.

17. März. Im Kanton Solothurn wird die Aenderung der Verfassung, umfassend die Verfassungsinitiative, Wahlen nach Proportionalsystem und die Finanzreform, in allgemeiner Abstimmung angenommen.

22. Dezember. Im Kanton Zürich wird durch Volksabstimmung der Antrag auf ärztliches Verbot der Vivisektion abgelehnt, dagegen ein Deutscher Geschichtskalender 1895. II.

22

Gegenvorschlag des Kantonsrates für Tierschuß, der die Forderungen und Wünsche der Wissenschaft in weitgehendem Maße berücksichtigt, angenommen.

Osmanisches Reich.

L

Rumelien, Kleinaften, Syrien.

Im Februar. In sechs armenischen Bezirken Kleinasiens, besonders in dem von Bitlis, erneuern sich die vorjährigen greuel= haften Verfolgungen der Armenier, zunächst durch Kurden, dann durch das türkische Militär, bei dem die Armenier Schußz suchten. Eine europäische Untersuchungskommission stellt das Nähere hierüber fest.

Ende März. Eine Abordnung von Armeniern erscheint in London und legt dem englischen Minister des Aeußern, Lord Kimberley, einen Reformplan für Armenien vor, wonach u. a. ein unter europäischer Aufsicht stehender Statthalter für jene Gebiete ernannt, das dortige türkische Militär von europäischen Offizieren eingeübt und eine gemischte Gendarmerie unter europäischen Befehlshabern errichtet werden solle.

11. Mai. Die Botschafter von England, Rußland und Frankreich überreichen der Pforte eine Denkschrift, betreffend die Lage der unter türkischer Herrschaft stehenden Armenier nebst Vorschlägen zu einer Reform der Verwaltung in den von Armeniern bewohnten Gebieten.

Anfang Juni. An Stelle von Dschewad Pascha wird der Minister des Aeußern, Said Pascha, zum Großvezier und der frühere Gesandte in Rom, Turkhan Pascha, zum Minister des Aeußern ernannt.

14. Juni. Die Botschafter jener drei Mächte erklären der Pforte, daß auf Grund der von ihr auf jene Denkschrift erteilten Antwort Verhandlungen unmöglich seien.

16. Juni. Darauf erwidert die Pforte mit der Annahme jener Vorschläge, von denen einige jedoch erst noch beraten werden. müßten.

28. Juni. Der Sultan erläßt Amnestie für die wegen der vor und diesjährigen politischen Umtriebe verhafteten 700 Armenier.

3. Auguft. Die Pforte richtet an die Mächte eine in vers söhnlicher Sprache gehaltene Note:

Sie schlägt darin vor, christliche Beiräte zur Seite der Generalgouverneure und der Provinzgouverneure zu ernennen und die Vizegouverneure und Ortshäupter in unparteiischer Weise aus Muhammedanern und Christen zu wählen. Die Gendarmerie und die Polizei soll aus den Provinzen, wo sie verwandt wird, rekrutirt werden und aus Muhammedanern und Christen im Verhältnis zur Zusammensetzung der Bevölkerung bestehen. Die Gefängnisse sollen verbessert und regelmäßig besichtigt werden, und es sollen Maßregeln zur Verhinderung von Ungerechtigkeiten und Gewaltthätigkeiten ergriffen werden; auch solle dafür gesorgt werden, daß die Kurden auf ihren Wanderungen keine Ausschreitungen begehen. Die Pforte verspricht, ihr möglichstes zu thun, um die Kurden zu festen Ansiedelungen in bestimmten Gegenden zu veranlassen, und will ihnen zu diesem Behufe Ländereien und Weiden überlaffen. Außerdem enthält die Antwort der Pforte Aeußerungen über die Vorschläge der Mächte bezüglich der Gemeindeorganisation, der Steuereinhebung und andrer Gegenstände und sagt schließlich, daß mit Rücksicht auf die Kosten, infolge der Schwierigkeit der Kommunikation oder aber, wegen des Gegensages zu den Sitten und Gebräuchen der Bewohner, ein Teil der verlangten Neuerungen unausführbar sei.

17. August. Die Botschafter Englands, Rußlands und Frankreichs überreichen der Pforte eine gemeinsame Note der drei Mächte, in der ausgeführt wird, wie die Mächte die bisherigen unklaren Zugeständnisse der Pforte auffaffen und wie sie sich die Ausführung dieser Zugeständnisse denken. Es werden die Reformen präzisirt, auf deren Annahme die Mächte das Hauptgewicht legen, unter diesen die gemischte Kontrollkommission und die Wahl der Mudirs durch die Bevölkerung.

30. September. In Konstantinopel beginnt eine ausgedehnte Verfolgung der armenischen Bevölkerung durch Muhammedaner, unter ähnlichen Grausamkeiten, wie sie in Kleinasien begangen wurden.

2. Oktober. Die Botschafter der Mächte beschweren sich über diese Vorgänge bei der Pforte und behaupten:

1. daß Privatpersonen von Polizeiagenten geführte Gefangne geschlagen und getötet haben, ohne daß die Polizeiagenten sich solchem Vorhaben widerseßten; 2. daß Privatpersonen vollständig_ruhige Leute angegriffen haben; 3. daß verwundete Gefangne in den Höfen der Polizeistationen und Gefängnisse talten Blutes getötet worden sind. Da die Botschafter befürchten, daß eine Fortdauer derartiger Exzesse zu einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und für die ihnen anvertrauten Interessen werden könnte, glauben sie die ernsteste Aufmerksamkeit der Kaiserlichen Regierung auf diese Zustände lenten zu müssen und ihr, da es ausschließlich Sache der Behörden ist, Unruhen zu unterdrücken, zu raten, Privatpersonen die Teilnahme an der Unterdrückung von Ruhestörungen und an Massenexzessen zu verbieten, sowie die notwendigen Maßregeln zu ergreifen, um so rasch als möglich die Ordnung wieder herzustellen, damit unnüßes Blutvergießen vermieden werde.

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