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Opposition verlangen, die militärischen Fragen nicht mit politischen Leidenschaften zu vermischen.

18. Oktober. In Chateaudun wird der Jahrestag der Verteidigung der Stadt durch Nationalgarden und Franktireurs unter dem Befehl des Polen Lipowski feierlich begangen. Nach dem Gottesdienste begiebt sich ein großer Zug nach dem Kirchhofe, wo Kränze niedergelegt und patriotische Ansprachen gehalten werden.

IV.

Militärische Angelegenheiten.

19. September. Auf dem Plateau von Puzieux findet bei Mirecourt eine große Heerschau statt, bei der der Präsident der Republik, Minister Hanotaux, der neue russische Minister des Aeußern Fürst Lobanow und der russische General Dragomirow anwesend sind. Beim Festmahl in Mirecourt hält Präsident Faure folgende Rede:

Es ist eine große Genugthuung für den Präsidenten der Republik, daß seine erste Reise nach dem Osten Frankreichs zur Zeit der soeben beendigten, so interessanten Manöver erfolgt. Dieses Zusammentreffen ermöglicht_es_mir, der lothringischen Bevölkerung den Dank des Landes für die unsern Soldaten bereitete Aufnahme auszudrücken, die kund thut, welche enge Freundschaft sie mit unserm Heere verbündet. Wenngleich ich während der wenigen Tage, die ich unter den Truppen zugebracht habe, diese väterliche Gastfreundschaft beobachten und so noch lebhafter die Gefühle ihrer Mitbürger kennen lernen konnte, so hatte ich doch seit langem mit ganz Frankreich die leidenschaftlichen Schläge ihres Herzens empfunden. Nirgends besser als hier findet der Patriotismus seinen höchsten Ausdruck, wo der Kultus einer in der Erbschaft gemeinsamer Leiden und gemeinsamen Ruhmes bestehenden Vergangenheit sich mit der Beständigkeit der Begeisterung und der Hingabe an die nationalen Schicksale verbündet. Indem die Republik dem Lande seine Einrichtungen im Einklang mit den Bedürfnissen der Demokratie und mit den Anforderungen des modernen Geistes sichert, hat sie den Ehrgeiz, in ihrer auswärtigen Politik die hundertjährigen Traditionen des Landes zu bewahren und ganz im Geiste der ge= schichtlichen Geseze seine Größe und seine Wohlfahrt zu entwickeln. Sie sammelt ein niedergeworfnes und isolirtes Frankreich. Sie hat sich der Aufgabe gewidmet, seine Kräfte wieder herzustellen, sein Heer zu organisiren und ihm den ihm gebührenden Plaß unter den Nationen zu sichern. Bei den Manövern, denen wir soeben beigewohnt, hat unsre Armee, wie im fernen Madagaskar inmitten von Beschwerden und Kämpfen (und ich begreife absichtlich unter dem gleichen Namen „Armee“ unsre Land- und Sectruppen) ihre Mannszucht und Tapferkeit gezeigt. Das Land folgt ihr mit warmer Teilnahme und mit Dankbarkeit. Das republikanische, allgemein geachtete Frankreich kann mit Stolz das während der lezten fünfundzwanzig Jahre vollbrachte Werk betrachten. Der Demokratie steht es jest frei, täglich das materielle und sittliche Gedeihen des Landes zu

mehren und in unermüdlicher Arbeit sich zu ihrem Ideal der Gerechtigkeit und Zivilisation zu erheben. Die Zukunft gehört der Arbeit, der Ausdauer und der Tüchtigkeit. Das nationale Gefühl regt sich überall im Lande; es ist in der ganzen Ausdehnung unsrer Gebiete von der gleichen, beständigen Wärme. Aber es scheint, daß am Fuße dieser Berge, die unsre Grenze bilden, das Bild des Vaterlandes unvergleichliche Klar= heit und einen besondern Glanz gewinnt. Ich erhebe mein Glas zur Ehre der Stadt Mirecourt und grüße die Bevölkerung der Vogesen. Meine Herren, auf das französische Vaterland!

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V.

Krieg auf Madagaskar.

Juni bis September. Das französische Korps überschreitet am 9. Juni den Strom Betsiboka und nimmt die Stadt Mevatanana ein, im Auguft wird der General der Hovas bei Marowah ge= schlagen, am 30. August findet ein kleineres Gefecht statt. Hierauf beginnt die Lage der Franzosen infolge der Einflüsse des Klimas, worauf die Eingebornen gerechnet hatten, sehr bedenklich zu werden; 3000 Mann liegen krank. Aber am 30. September gelingt dem General Duchesne die Einnahme der Hauptstadt der Hovas, Antananarivo.

9. Oktober. Auf die Nachricht hiervon richtet die Regierung an den General Duchesne und die Truppen ein Glückwunschtelegramm im Namen Frankreichs und der Regierung. In dem Telegramm heißt es: Ihre bewunderungswürdigen Truppen haben sich um das Vaterland hochverdient gemacht. Frankreich dankt Ihnen für den großen Dienst, den Sie ihm erwiesen, und für das große Beispiel, das Sie gegeben haben. Sie haben wieder einmal bewiesen, daß es kein Hindernis und keine Gefahr giebt, die nicht durch Methode, Mut und Kaltblütigkeit zu überwinden wären. Sie sind zum Großoffizier der Ehrenlegion ernannt.

15. Oktober. General Duchesne schließt mit der Regierung der Hovas folgenden Vertrag:

Artikel I.

Der Gouverneur J. M. der Königin von Madagaskar erkennt und nimmt an das Protektorat Frankreichs mit allen seinen Folgen.

Artikel II.

Die Regierung der französischen Republik wird sich bei J. M. der Königin von Madagaskar durch einen Generalresidenten vertreten lassen.

Artikel III.

Die Regierung der französischen Republik wird Madagaskar in allen seinen auswärtigen Beziehungen vertreten. Der Generalresident wird mit

den Beziehungen zu den Agenten der fremden Mächte betraut; die Fragen, die die Fremden in Madagaskar angehen, werden durch seine Vermittlung erledigt. Die diplomatischen und konsularischen Agenten Frankreichs in fremden Ländern sind mit dem Schuß der madagassischen Unterthanen und Interessen betraut.

Artikel IV.

Die Regierung der französischen Republik behält sich vor, in Madagaskar die zur Ausübung ihres Protektorats notwendigen militärischen Kräfte zu unterhalten. Sie verpflichtet sich, J. M. der Königin von Madagaskar stetige Unterstüßung gegen alle Gefahr zu leihen, die sie bedrohen könnte, oder die die Ruhe ihrer Staaten zu gefährden vermöchte.

Artikel V.

Der Generalresident hat die innere Verwaltung der Insel zu kontrolliren. J. M. die Königin von Madagaskar verpflichtet sich, die Reformen zu vollziehen, die die französische Regierung für die Ausübung ihres Protektorats für nüglich erachtet, desgleichen für die wirtschaftliche Entwicklung der Insel und für den Fortschritt der Zivilisation.

Artikel VI.

Die Gesamtheit der Ausgaben des öffentlichen Dienstes in Madagaskar, sowie der Dienst der Staatsschuld bleibt durch die Einkünfte der Insel ge= fichert. Die Regierung J. M. der Königin von Madagaskar verzichtet darauf, irgend ein Anlehen abzuschließen ohne die Ermächtigung der Regierung der französischen Republik. Die lettere übernimmt keine Verantwortlichkeit in Bezug auf die Verbindlichkeiten, Schulden oder Konzessionen, die die Regierung J. M. der Königin von Madagaskar etwa vor der Unterzeichnung des gegenwärtigen Vertrags eingegangen ist. Die Regierung der französischen Republik wird der Regierung J. M. der Königin von Madagaskar ihren Beistand leihen, um ihr die Konversion der Anleihe vom 4. Dezember 1886 zu erleichtern.

VII. und legter Artikel.

In möglichst kürzester Frist soll die Abgrenzung der Gebietsteile DiegoSuarez vorgenommen werden. Die Demarkationslinie soll, soweit es die Konfiguration des Erdreichs gestattet, dem 12° 45′ südlicher Breite folgen.

Zusagprotokoll.

Der Artikel IV des Vertrags vom 8. August 1868 und der Artikel VI des Vertrags vom 17. Dezember 1885 bleiben einer spätern Revision vorbehalten, die dazu bestimmt ist, den französischen Unterthanen das Recht zu sichern, Grundeigentum auf der Insel Madagaskar zu erwerben.

Artikel II.

Die Angehörigen der fremden Mächte, deren Konsulatsgerichte__ab= geschafft werden, sollen in derselben Weise wie die Franzosen selbst den französischen Gerichten unterstehen.

Mitte Oktober.

VI.

Arbeiterbewegung.

In einem heftigen Kampfe von Arbeitern gegen den Glashüttendirektor Rességuier in Carmaux bleibt dieser

und damit die Sache des Kapitals in einer für die Arbeitgeber in allen Ländern lehrreichen Weise Sieger.

Die Aufhebung der Arbeiter durch Agitatoren und die Presse war in diesem Falle ganz besonders zu Tage getreten. Refféguier erhob daher Klage gegen den Abgeordneten Jaurès und gegen die Toulouser Zeitungen „Depeche“ und „La Petite République"; er verlangte von den Beklagten hunderttausend Franks Schadenersaß dafür, daß infolge ihrer Aufreizungen der Streit der Arbeiter der Glashütten zu Carmaux so lange anhielt und jeder Versöhnungsversuch fehlschlug. Infolgedessen wurde von einem Arbeiter ein Mordanfall auf Rességuier verübt.

6. November. Die sozialistischen Abgeordneten in Paris erLassen eine Ansprache an die Arbeiter und Republikaner Frankreichs über den Streik in Carmaux. Sie brandmarken das Verhalten des Direktors, der durch die abermalige Ablehnung des Schiedsgerichts die Regierung herausfordere. Die Volksvertreter würden in den republikanischen Geseßen Mittel suchen, um den unversöhnlichen Absolutismus dieses Mannes zu brechen. Weiter werden die Arbeiter von Carmaux aufgefordert, den Widerstand bis zum äußersten fortzusehen. Die Arbeiter Frankreichs und diejenigen andrer Länder möchten dieses Unternehmen unterstüßen.

Im November. Der neue radikale Ministerpräsident Bourgeois giebt sich vergebliche Mühe, Rességuier zum Nachgeben zu bewegen.

VII.

Die Kammern (2. Session).

22. Oktober. Präsident Brisson eröffnet die Sitzung der Deputirtenkammer, indem er sie auffordert, den ersten Gedanken den heldenhaften Söhnen des Vaterlands zu widmen, die die französische Fahne nach Madagaskar getragen haben. Dieser Feldzug habe gezeigt, welche unteilbare Einheit die Geseze der Republik aus der Armee und der Nation gemacht haben. Die französische Raffe habe hierbei kraftvolle Tugenden entfaltet durch ihre Hartnäckigkeit gegenüber unerwarteten Uebeln; durch ihren Willen, zu marschieren und zu siegen, haben die Truppen gezeigt, daß im Kriege Disziplin und inneres Feuer über alles triumphire. Als Volksvertreter neigen wir uns mit frommer Hochachtung vor dem Grabe derjenigen, die für das Vaterland gestorben sind. Auch zum Beginn der Senats fizung fordert der Präsident Challemel-Lacour auf, den Soldaten des Expeditionskorps Dankbarkeit und leidenschaftliche Sympathie auszusprechen.

26. Oktober. Nach sehr lebhaften Verhandlungen spricht die Kammer der Regierung ihr Vertrauen aus bezüglich der Angelegen= heit von Carmaux.

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28. Oktober. In der Deputirtenkammer stellt Rouanet eine Anfrage über die Langsamkeit und Parteilichkeit bei der Ahndung der Betrügereien jeder Art, die in dem Handel der Chemins de fer du Sud begangen worden sind.“

Die Südbahn war eine Gründung, so faul wie es je irgend eine gegeben hat. Panama war neben ihr ein ganz anständiges, ehrliches, reinliches Geschäft. Nur sind die Summen kleiner, um die es sich bei der Südbahn handelt; immerhin sind bei ihr mehrere hundert Millionen unterschlagen worden. Es hat dabei große und kleine Diebe gegeben, und wie beim Panama, hat man die großen laufen lassen, die kleinen aber hängen wollen. Man wollte die bestochnen Minister, Senatoren, Abgeordneten und Regierungsbeamten schonen, sie nicht einmal genannt wissen, aber dafür die Administratoren der Gesellschaft, die, um ihr Geschäft überhaupt betreiben und weiter betreiben zu können, Minister, Senatoren, Abgeordnete und Beamte hatten kaufen müssen, ins Zuchthaus schicken. Die Geschwornen des Seinedepartements entdeckten aber den gefälschten Rapport über die gefälschten Bücher, erkannten, daß die wahren Schuldigen gar nicht angeklagt waren, und sprachen die ihnen zur Aburteilung vorgeführten subalternen Werkzeuge der großen Spizbuben frei.

Nach lebhafter Verhandlung dieser Sache erklärt die Kammer, daß es nötig sei, den Parlamentsmitgliedern die Teilnahme an finanziellen Syndikaten zu untersagen. Rouanet bean= tragt einen Zusaß: „Die Kammer ist entschlossen, vollständiges Licht in die Südbahnaffäre zu bringen, und fordert den Justizminister auf, alle Schuldigen zu verfolgen und die gesamten Prozeßakten auf den Tisch des Hauses niederzulegen." Ministerpräsident Ribot sagt, die Annahme des Antrags würde die Neueröffnung der Untersuchung bedeuten, die abgeschlossen sei, und würde besagen, die Justiz habe das erstemal nicht ihre Pflicht gethan. Die Regierung weise den Antrag zurück. Der erste Teil des Antrags betreffend die Verfolgung der Schuldigen wird angenommen mit 275 gegen 196 Stimmen. Rouanet zieht den zweiten Teil, betreffend die Vorlegung der Prozeßakten, zurück. Die Tagesordnung mit dem Zusazantrag Rouanet wird in der Gesamtabstimmung angenommen mit 311 gegen 210 Stimmen. Unter langanhaltender Bewegung und höhnischen Zurufen der Sozialisten verlassen die Minister den Saal.

VIII.

Ministerium Bourgeois.

31. Oktober. Nachdem das am 27. Januar d. J. ins Amt getretne Ministerium Ribot infolge obigen Kammerbeschlusses vom

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