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Kriegsstände und der Bedürfnisse aller Art für die Mobilisierung und Erhaltung der Armee im Felde, sowie unter Berücksichtigung der bei kriegerischen Verwicklungen voraussichtlich eintretenden Preissteigerungen wenigstens für die ersten Kriegsmonate einen detaillierten Kostenvoranschlag verfassen, der der Finanzverwaltung als Basis ihrer Vorbereitungen für die finanzielle Mobilisierung dient; da es je doch in dieser Studie auf einen derartigen Kalkul nicht ankommen kann, sei ein mittlerer Betrag von täglich 8 K pro Mann zu grunde gelegt und angenommen, daß in diesem Betrage auch schon die Kosten der Mobilisierung einbezogen sind.

Die Stärke der ins Feld zu stellenden Streitkräfte richtet sich ganz nach dem besonderen Kriegsfalle. Während bei einem isolierten Kriege gegen einen kleineren Staat eine nur teilweise Mobilisierung der Armee einer Großmacht genügt, wird der Kampf gegen einen ebenbürtigen Feind die eheste Verwendung aller mobilen Kräfte, ein Krieg nach mehreren Fronten aber binnen kurzem die volle Ausnützung des gewaltigen Reservoirs an wehrfähiger Mannschaft erfordern. Aber selbst bei einem längerdauernden Feldzuge gegen nur einen ebenbürtigen Gegner wird die Gesamtzahl der mobilen und immobilen Truppen die Standesziffer des anfänglichen Operationsheeres mehrfach übersteigen. So betrug z. B. der Stand des deutschen Operationsheeres im deutsch-französischen Kriege zu Beginn der Operationen 384.000 Mann, während die Durchschnittsstärke der mobilen und immobilen deutschen Truppen in der Zeit vom 1. August 1870 bis Ende März 1871 mit 1 Millionen Mann angegeben wird.

Da nun gerade die österreichisch ungarische Monarchie mit einem Kriege nach mehreren Fronten rechnen muß, dürfte es eher zu niedrig gegriffen sein, wenn man die Durchschnittsstärke der Landmacht mit 2 Millionen Mann veranschlagt und hieraus die Kosten eines künftigen großen Krieges der Monarchie pro Tag auf 20 Millionen, pro Monat auf 600 Millionen, pro Jahr auf 72 Milliarden Kronen veranschlagt.

Diesem Betrage sind eventuell noch die Kosten für die Mobilisierung der Flotte und den Seekrieg zuzuzählen, die zwar bei unseren bescheidenen maritimen Vorsorgen gegenüber den Ausgaben für den Krieg zu Lande nicht besonders ins Gewicht fallen dürften, immerhin aber für ein Jahr mit etwa 200 Millionen Kronen veranschlagt werden können. Nach diesen Schätzungen würden die Kosten eines ein

jährigen großen Krieges der Monarchie ungefähr 7, Milliarden Kronen betragen.

Wenn die Kriegskosten gleich für eine Kriegsdauer von einem vollen Jahre errechnet wurden, so dürfte hier die Bemerkung am Platze sein, daß die weitverbreitete Ansicht, ein Krieg moderner Massenheere werde die beteiligten Staaten schon in wenigen Monaten finanziell vollständig erschöpfen und dadurch zum Friedensschlusse zwingen, in letzter Zeit auch durch Männer der Finanzwissenschaft gründlich widerlegt wurde. Bei sorgfältig vorbereiteter finanzieller Mobilisierung, bei Sparsamkeit der Heeresverwaltung und weitgehender Inanspruchnahme des Kredits an Stelle der Barzahlung, bei Vorsicht in der Einführung von Kriegssteuern und in der Aufnahme von Anleihen, bei Schonung der Metallbestände der Banken, vor allem aber bei freudiger Opferwilligkeit einer wirtschaftlich gesunden Nation, die den Krieg um einer großen Sache willen führt, besteht keine Gefahr einer derartig raschen finanziellen Erschöpfung des Staates; denn so groß die angeführte Summe von 7, Milliarden Kronen erscheinen mag, verschwindet sie doch gegenüber der Größe des Nationalvermögens, das heute in der Monarchie die Höhe von 100 Milliarden Kronen bereits überschritten haben dürfte. Auch darf nicht vergessen werden, daß beide Staaten der Monarchie zusammen gegenwärtig in Friedenszeiten ein Budget von nahezu 4', Milliarden Kronen, worin die später noch zu erörternden sehr bedeutenden Lokalausgaben nicht inbegriffen sind, zu bestreiten vermögen. Und gerade der hohe Einsatz an Volkskraft und wirtschaftlichen Werten wird es einem seiner Ziele bewußten Staate verbieten, einen einmal begonnenen Krieg aufzugeben, ehe der angestrebte Zweck voll erreicht ist, und gälte es, den letzten wehrfähigen Mann unter die Waffen zu rufen und die letzte verfügbare Million des Volksvermögens zu opfern.

Blieben auch der halbjährige deutsch-französische und der 10monatige russisch-türkische Krieg hinter der angenommenen Dauer von einem Jahre zurück, so finden wir anderseits in dem Krieg der Engländer in Südafrika, der wie bereits erwähnt 2 Jahre währte, und in dem 11,jährigen russisch-japanischen Krieg Beispiele moderner Kämpfe, die jene Dauer überschritten.

Die direkten Verluste an privatem und staatlichem Vermögen, die Kriegsschäden im engeren Sinne, sind,

wenn der Krieg in Feindesland geführt wird, für den eigenen Staat verhältnismäßig gering. So zahlte z. B. das Deutsche Reich aus jenem Teil der französischen Kriegsentschädigung, über welchen reichsgesetzlich verfügt wurde, für Kriegsleistungen und Ersatz von Kriegsschäden 160 Millionen Kronen, wovon etwa 20 Millionen an Reeder entfielen.

Weit größer sind die eigentlichen Kriegsschäden natürlich für jenes Land, das den Krieg ernähren und all seine Greuel und Verwüstungen ertragen muß. Zwar vermochte moderne Kriegssitte die Schrecken der Völkergeißel bezüg lich der Behandlung der feindlichen Heeresangehörigen und Einwohner wesentlich zu mildern; der Schutz des feindlichen Eigentums erstreckt sich jedoch notwendigerweise nur insoweit, daß die eigennützige Bereicherung des einzelnen, die Plünderung, verboten ist und in allen zivilisierten Heeren mit den strengsten Strafen geahndet wird. Dagegen werden die militärischen Maßnahmen in Feindesland dahin abzielen, alle Hilfsquellen planmäßig, aber rücksichtslos zur Erhaltung der eigenen Streitkräfte auszunützen.

Bei Berücksichtigung der vorherrschenden Tendenz zur Entwicklung vom Agrar- zum Industriestaate und des Gesetzes vom abnehmenden Bodenertrage unterliegt es keinem Zweifel, daß die Vermehrung eben jener Ressourcen, auf welche es vornehmlich ankommt, der Nahrungs- und Futtermittel, mit dem Anwachsen der Heeresstärken noch weniger Schritt halten konnte als mit der Zunahme der Bevölkerung. Infolge der Breite des Vorrückungsraumes der Heeresmassen werden sich die Kriegsleistungen allerdings auf ein viel größeres Gebiet verteilen; dessenungeachtet wird aber nicht nur ihre absolute, sondern auch ihre relative auf den Kopf der Bevölkerung entfallende Höhe erheblich größer sein als in früheren Zeiten, da die Entwicklung der Verkehrsmittel und deren Improvisation durch Motortrains oder Feldeisenbahnen die dauernde Ausnützung des gesamten in Besitz genommenen feindlichen Gebietes gestatten werden.

Gegenüber reichen Städten wird man sich auch in Hin kunft die Eintreibung von Kriegsschatzungen nicht entgehen lassen. Im deutsch-französischen Kriege betrugen diese Schatzungen etwa Milliarde Kronen, wovon der größte Teil auf die französische Hauptstadt entfiel.

Wenn sich die großen, unter Umständen räumlich über hunderte von Kilometern, zeitlich über mehrere Wochen ausgedehnten Entscheidungen in dichtbesiedelten, ortschafts

reichen Gebieten abspielen, dürften die Verheerungen durch Brand und Zerstörung auch infolge der mächtigen Waffenwirkung einen größeren Umfang denn je annehmen. Bombardements grofer Städte, insbesondere ungeschützter Küstenplätze, durch die feindliche Flotte können in wenigen Stunden Werte von hunderten Millionen vernichten, so daß mit Recht wiederholt darauf hingewiesen wurde, wie wichtig es für einen Staat ist, offene Küstenstädte vor dieser Eventualität zu schützen und daß die in dieser Absicht für die Schaffung einer starken Flotte ausgegebenen Summen wirklich nur eine Versicherung gegen die zu befürchtenden enormen Schäden wären.

Von den indirekten Verlusten, die durch die Unterbindung vieler Zweige des öffentlichen und privaten Lebens hervorgerufen werden, seien nur jene materieller Natur berührt.

Die Mobilisierung eines Heeres in der angedeuteten Stärke von 21 Millionen Streitern dürfte dem Staate etwa ein Viertel der arbeitsfähigen Männer wehrpflichtigen Alters entziehen, woraus ein um so größerer Rückgang des Nationaleinkommens resultieren muß, als auch eine Verminderung des Bedarfes der meisten Industrien die Kriegsmaterial erzeugenden ausgenommen eintreten muß.

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Am empfindlichsten wird sich die Lahmlegung des Außenhandels, der für die Monarchie Einfuhr und Ausfuhr zusammengerechnet gegenwärtig etwa 6 Milliarden Kronen jährlich beträgt, fühlbar machen. In einem Kriege nach mehreren Fronten kann diese Lahmlegung, zumal wenn auch die verbündeten Nachbarstaaten in die Feindseligkeiten verwickelt sind, eine fast vollständige werden. Der Agrarstaat, der seinen Lebensmittelbedarf selbst erzeugt, wird von diesen Erschütterungen weniger schwer betroffen sein als der Industriestaat, da Lebensmittel in Kriegszeiten im Innern und für den Bedarf der Armee leichter abzusetzen sind als Industrieprodukte und weil Überschüsse an Getreide und Vieh durch die Aufbewahrung kaum an Wert verlieren.

Auch für den Verkehr wird die anfänglich vollständige, später teilweise Inanspruchnahme der Eisenbahnen und Dampfschiffahrt für militärische Zwecke bedeutende Stockungen und große Ausfälle in den betreffenden staatlichen und privaten Einkommen, von welchen erstere in der Monarchie jährlich über 1 Milliarde Kronen betragen, zur Folge haben.

Selbstverständlich lassen sich diese indirekten Verluste auch auf vielen anderen Gebieten nachweisen, ohne im übrigen einer zahlenmäßigen Schätzung zugänglich zu sein.

Durch Forderung von Kriegsentschädigungen und Gebietsabtretungen, welch letztere häufig den Hauptzweck des Krieges darstellen, trachtet der Sieger, sich für seine Kriegskosten bezahlt zu machen.

Schon 1866 konnte Preußen aus den von Österreich gezahlten 20 Millionen Talern nahezu seiner gesamten Kriegsausgaben decken. Die nach dem deutsch-französischen Kriege von Frankreich gezahlte Fünfmilliardenentschädigung überstieg bereits die 1%, Milliarden Mark betragenden Kriegskosten Deutschlands um mehr als das Doppelte, so daß nicht nur diese Auslagen bestritten, sondern auch ein Invalidenfonds von mehr als 1/2 Milliarde und der noch heute bestehende Kriegsschatz von 120 Millionen gebildet und sehr namhafte Summen für den Umbau von Festungen, die Retablierung der Armee und Flotte, den Ausbau von Reichseisenbahnen u. s. w. gewidmet werden konnten.

Auf französischer Seite kostete der Krieg bei Einrechnung der Entschädigung über 9 Milliarden Kronen, wozu aber folgerichtig der allerdings zahlenmäßig schwer zu schätzende Wert des abgetretenen Gebietes zugerechnet werden muß. Da das deutsche Nationalvermögen heute gegen 300 Milliarden Kronen betragen dürfte, ergäbe eine approximative, nur quotenmäßige Schätzung auf Grund des Verhältnisses der Einwohnerzahlen ein Volksvermögen der Reichslande von etwa 9 Milliarden Kronen. Angenommen, daß dieses Vermögen vor 40 Jahren 3 Milliarden betragen haben mochte, so hätte der Krieg Frankreich etwa 12 Milliarden Kronen gekostet, worin aber die Retablierungskosten und die dem Lande zugefügten Schäden noch nicht inbegriffen sind.

Der Krieg im fernen Osten brachte dem siegreichen Inselstaate zwar keine Kriegsentschädigung, dafür aber nebst wichtigen Vorrechten und der Abtretung Südsachalins das Zugeständnis der Vorherrschaft in Korea, die binnen wenigen Jahren zur Annexion dieses Zehnmillionenreiches führte und Japan auf dem asiatischen Kontinent dauernd festen Fuß fassen ließ.

Fast alle großen Kriege der neuesten Zeit endeten mit namhaften Gebietsverlusten für den Besiegten. Staaten,

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