Streffleurs österreichische militärische Zeitschrift

Mitteilungen der Armeeschießschule.

Über Wahrnehmungen beim Distanzschätzen.

Mit 5 Textskizzen.

Die Wichtigkeit der Distanzermittlung für den Erfolg des SchieBens ist wohl ohne Zweifel; ebenso muß auch zugegeben werden, daß zur Ermittlung der Zieldistanz beim Schießen der Infanterie in den weitaus meisten Fällen das Schätzen der Entfernungen die Basis bildet.

Bekannt ist aber auch die Tatsache, daß durch zahlreiche Ursachen hierbei arge Irrtümer und Täuschungen vorzukommen pflegen.

Schon in den Schießvorschriften werden eine recht beträchtliche Zahl solcher Fehlerquellen angeführt, ohne daß diese Aufzählung eine lückenlose genannt werden könnte; Kombinationen oder gegenseitiges Aufheben derselben steigert die Variationen dieser Einflüsse ins Grenzenlose.

Eine Berücksichtigung aller dieser einflußnehmenden Faktoren durch den Schätzenden ist schon im Frieden illusorisch, im Felde ganz ausgeschlossen.

In einer alten Broschüre Behelf zum Distanzbeurteilen, herausgegeben von Major Petrides (Laibach 1868), umfaßt die Zusammenstellung solcher Einflüsse allein gegen 9 Seiten.

Im Jahre 1876 erwähnte schon diesbezüglich der damalige Oberleutnant Roksandić in seiner Schrift Grundsätze für die Ausbildung des Augenmaßes mit besonderer Rücksicht auf das Distanzschätzen < bei Besprechung des Einflusses der Beleuchtung auf die Helligkeits- und die Farbenunterschiede:

»Die Art der Beleuchtung verursacht also subjektive und objektive Veränderungen. Subjektiv sind der Wechsel in der Stärke der Irradiation und in der Empfindlichkeit des Auges; objektiv der Wechsel in den Farben und in der Verteilung von Licht und Schatten. Es ist selbstverständlich, daß es hier rein überflüssig wäre, genauere Messungen über den Wert dieser Einflüsse anzuführen, indem ohnehin niemand dieselben im Gedächtnisse behalten würde.

So viel geht aber aus dem bisher Gesagten klar hervor, daß man sich das ganze Leben hindurch mit Farbenlehre und Malerei beschäftigen müßte, um beim Schätzen der Entfernungen nach dieser Methode alles Notwendige mit Sicherheit in Anschlag bringen zu können. <

Da also Irrtümer des einzelnen oft unvermeidlich scheinen, wurde in der Schießinstruktion im Punkte 142 als Hilfsmittel angegeben, daß eventuell der Durchschnitt der Schätzungen mehrerer als Basis für die Aufsatzstellung zu wählen sei.

Diese Maßregel wird nun häufig dahin ausgelegt, daß mit der Zunahme der Anzahl der Schätzenden auch die Genauigkeit des erhaltenen Durchschnittswertes sich steigere. Wäre dem so, so müßte bei einer unendlichen Zahl der Schätzenden schließlich unbedingt die richtige Zielentfernung getroffen werden.

Die nachstehenden drei Beispiele sollen diesbezüglich Klarheit schaffen.

Bei jedem dieser Beispiele wurde ein bestimmtes Terrain gewählt, dem erfahrungsgemäß eine gewisse Täuschung des Schätzenden zugeschrieben wird, und zwar:

erste Übung, Tendenz kurz (ziemlich ebene Fläche);