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was es sich in harter Probe bewährt hat, werden Euch fortan gemeinsame Güter sein.

Eure kriegstüchtige Jugend wird sich ihren Brüdern in Meinen andern Ländern zum Schutz des Vaterlands treu anschliessen, und mit Freude wird die preussische Armee und Marine die tapfern und seetüchtigen SchleswigHolsteiner empfangen, denen in den Jahrbüchern deutschen Ruhms nunmehr ein neues Blatt eröffnet ist.

Die Diener der Kirchen werden auch fernerhin die Bewahrer des väterlichen Glaubens sein.

Euern Lehranstalten, den vieljährigen Pflegerinnen deutscher Kunst und Wissenschaft, werde Ich Meine besondere Aufmerksamkeit widmen, und wenn der preussische Thron, je länger, desto mehr, als der Hort der Freiheit und Selbständigkeit des deutschen Vaterlands anerkannt und gewürdigt wird, dann wird auch Euer Name unter denen seiner besten Söhne verzeichnet werden, dann werdet auch Ihr den Augenblick segnen, der Euch mit einem grösseren Vaterland vereinigt hat.

Das walte Gott!

Berlin, den 12. Januar 1867.

Wilhelm.

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Die ganze Action Preußens im Jahr 1866 hatte als oberstes Ziel die Beseitigung des Einflusses des Hauses Habsburg in Deutschland und die Gewinnung einer unbestrittenen Hegemonie im deutschen Bunde für das Haus Hohenzollern. Der Entwurf einer neuen deutschen Bundesverfassung, welchen das preußische Kabinet am 10. Juni 1866 den deutschen Regierungen übergab, sette als ersten Paragraphen: „Das Bundesgebiet besteht aus denjenigen Staaten, welche bisher dem Bunde angehört haben, mit Ausnahme der kaiserlich österreichischen und königlich niederländischen Landestheile." Es war augenscheinlich, daß, wenn Desterreich und der Bund auch alle Forderungen Preußens bezüglich Schleswig-Holsteins zugestanden hätten, der Krieg doch nicht zu vermeiden gewesen wäre; denn Preußen würde nachher mit einem Antrag auf Bundesreform und Ausschluß Oesterreichs aus dem Bunde hervorgetreten sein, welchem Oesterreich unmöglich hätte zustimmen können, ohne vorher das Glück der Waffen zu versuchen; Preußen mußte wissen, daß ein solcher Antrag ebensoviel als Krieg bedeute, und hatte also gleich beim Beginn der Verhandlungen am Bundestag den Krieg in sichere Aussicht genommen. Nach den preußischen Siegen war es daher bei den Friedensverhandlungen ein Hauptpunct, daß die deutsch-österreichischen Provinzen aus dem deutschen Bund traten und die habsburgische Dynastie der hohenzollernschen die Führerschaft in Deutschland fortan allein überließe. Die am 26. Juli 1866 zu Nikolsburg abgeschlossenen Friedenspräliminarien sagten Artikel 2 hierüber: Se. Majestät der Kaiser von Oesterreich erkennt die Auflösung des bisherigen deutschen Bundes an und gibt Seine Zustimmung zu einer neuen Gestaltung Deutschlands ohne Betheiligung des österreichi: schen Kaiserstaates. Ebenso verspricht Se. Majestät, das engere Bundes

verhältniß anzuerkennen, welches Se. Majestät der König von Preußen nördlich von der Linie des Mains begründen wird, und erklärt sich da mit einverstanden, daß die südlich von dieser Linie gelegenen deutschen. Staaten in einen Verein zusammentreten, dessen nationale Verbindung mit dem norddeutschen Bunde der näheren Verständigung zwischen bei: den vorbehalten bleibt." Dieser Passus der Friedenspräliminarien erhielt auf Andringen des französischen Kabinets im definitiven Friedensvertrag einen Zusaß, welcher dem deutschen Süden eine von Preußen unabhängige Stellung anweisen sollte, dies aber doch nicht in einer Weise aussprach, daß dadurch ein Anschluß Süddeutschlands an den deutschen Norden verhindert worden wäre. In dem am 23. August 1866 zu Prag abgeschlossenen definitiven Frieden lautete der Passus nämlich wie folgt: „Artikel 4. Se. Majestät der Kaiser von Desterreich erkennt die Auflösung des bisherigen deutschen Bundes an und gibt seine Zustimmung zu einer neuen Gestaltung Deutschlands ohne Betheiligung des österreichischen Kaiserstaates. Ebenso verspricht Se. Majestät, das engere Bundesverhältniß anzuerkennen, welches Se. Majestät der König von Preußen nördlich von der Linie des Mains begründen wird, und erklärt sich damit einverstanden, daß die südlich von dieser Linie gelegenen deutschen Staaten in einen Verein zusammentreten, dessen nationale Verbindung mit dem norddeutschen Bunde der näheren Verständigung zwischen beiden vorbehalten bleibt, und der eine internationale unabhängige Existenz haben wird.“ Durch diesen Zusatz sollte die vom Kaiser Napoleon beliebte Dreitheilung Deutschlands (in einen norddeutschen, süddeutschen und österreichischen Theil) verwirklicht werden. Den französischen Politikern war es eine Hauptaufgabe, auf der auch namentlich der vormalige Minister Thiers in seinen Kammerreden sehr nachdrücklich bestand, daß Deutschland zu keiner festen Einigung gelange, die es als politischen Körper Frankreich an Macht und Einfluß ebenbürtig gemacht hätte.

Am 21. November 1866 erließ das preußische Ministerium ein Rundschreiben an die norddeutschen Staaten (von denen Hannover, Kurhessen, Nassau, Frankfurt und Schleswig-Holstein bereits an Preußen annektirt waren und also der Einladung nicht bedurften), worin die Regierungen der einzelnen Länder aufgefordert wurden, bis zum 15. Dezember 1866 Regierungscommissäre nach Berlin zur Berathung des von Preußen vorzulegenden Entwurfs einer norddeutschen Bundesverfassung zu schicken und zugleich durch allgemeine Volksabstimmung die (directen) Wahlen zum norddeutschen Parlament vornehmen zu lassen. Demgemäß erschienen zu den Conferenzen am 15. Dezember in Berlin folgende Regierungscommissäre: für Sachsen der Minister v. Friesen; für den nördlich des Mains liegenden Theil des Großherzogthums

Hessen-Darmstadt der Gesandte Hoffmann; für Weimar der Minister v. Waßdorf; für Oldenburg der Minister v. Rössing; für Mecklenburg-Schwerin der Minister v. Derßen; für Mecklenburg-Streliß der Minister v. Bülow; für Braunschweig der Minister v. Campe; für Meiningen der Minister v. Krosigk; für Altenburg der Minister v. Larisch; für Gotha der Minister v. See: bach; für Anhalt Dr. Sintenis; für Waldeck der Regierungsrath Klapp; für Schwarzburg-Sondershausen der Minister v. Kayser; für Schwarzburg-Rudolstadt der Minister v. Bertrab; für LippeDetmold der Minister v. Oheimb; für Lippe Schaumburg der Minister v. Lauer-Münchhofen; für Reuß ältere Linie Dr. Herrmann; für Reuß jüngere Linie der Minister v. Harbou; für Hamburg der Senator Kirchenpaur; für Lübeck der Senator Dr. Curtius; für Bremen der Senator Güldemeister. Preußen selbst war durch den Ministerpräsidenten Grafen Bismarck und durch den Geheimenrath v. Savigny vertreten. Graf Bismarck eröffnete am 17. Dezember die Conferenz mit einer Rede, worin er sagte, der bisherige deutsche Bund habe seinem Zwecke nach zwei Richtungen nicht entsprochen, er habe seinen Mitgliedern nicht den nöthigen Schuß gewährt und den Particularismus in einer Weise aufrecht erhalten, daß es den Deutschen nicht möglich geworden sei, sich als Nation geltend zu machen. Der neue Entwurf suche diesen Uebelständen abzuhelfen, indem er von den einzelnen Regierungen wesentliche Beschränkungen ihrer particulären Unabhängigkeit zu Gunsten der Gesammtheit verlange. Die unbeschränkte Selbstständigkeit, zu welcher die einzelnen deutschen Stämme und dy= nastischen Gebietstheile sich im Laufe der Geschichte ausgebildet hätten, ihre Sonderstellung, den concentrirten europäischen Staaten gegenüber, sei die wesentliche Ursache der politischen Ohnmacht, zu welcher eine große Nation bisher verurtheilt gewesen sei.

Die Conferenzen, in welchen sich sämmtliche Theilnehmer über einen dem Parlament vorzulegenden Entwurf einer norddeutschen Bundesverfassung einigten, schlossen am 9. Februar 1867. An genanntem Tage wurde der Entwurf allseitig unterzeichnet und zugleich ein Protokoll, worin sich die Regierungscommissäre verpflichteten, die Bestim mungen des Entwurfs gegen Einwendungen der Parlamentsmitglieder und der Einzellandtage aufrecht zu erhalten.

Die Wahlen zum Parlament waren direct und geschahen durch allgemeine Volksabstimmung. Den Einzelstaaten blieb es überlassen, ob sie ihren Deputirten Diäten bezahlen wollten oder nicht. Das ParIament wurde am 24. Februar 1867 durch den König Wilhelm in Berlin eröffnet. Es bestand im Ganzen-aus 297 Abgeordneten, die in dem Sizungslocale, dem preußischen Herrenhause, nur mit Mühe

Plat fanden. Auf die älteren preußischen Provinzen kamen von diesen Deputirten 193, auf die neu erworbenen (Lauenburg, Schleswig-Holstein, Hannover, Kurhessen, Nassau, Frankfurt a. M.) 43, auf die nicht zu Preußen gehörigen norddeutschen Länder 61. Von den preußischen Abgeordeten waren 23 Mitglieder des preußischen Herrenhauses und 69 Mitglieder des preußischen Abgeordnetenhauses. Bereits an dem Frankfurter Parlamente hatten 18 Deputirte theilgenommen. Graf Bismard ermahnte in der Antrittsrede zu einer willigen Anerkennung der einzelnen Artikel des Entwurfs, damit das Unternehmen nicht wiederum erfolglos werde, wie die Parlamente von Frankfurt und Erfurt; auch rieth er zur Eile, weil nach dem Schluß der Parlamentsdebatten der Entwurf erst noch 22 Einzellandtagen zur Genehmigung vorgelegt werden müsse. Es bestanden im Allgemeinen unter den Deputirten drei verschiedene Ansichten über den Entwurf; die Feudalen und Conservativen wünschten seine unbedingte Annahme; die Gemäßigt-Liberalen vermißten in demselben die Verantwortlichkeit der Bundesorgane, das Budgetrecht des Parlaments bezüglich der Militär- und Marineangelegenheiten, und tadelten, daß den Deputirten keine Diäten bewilligt werden und die Beamten nicht wählbar sein sollten; die demokratische Partei verwarf den ganzen Entwurf und verlangte Annahme der deutschen Reichsverfassung vom Jahr 1849. Diese drei Hauptparteien zerfielen wieder in verschiedene Fractionen, deren man im Ganzen neun annehmen konnte, nämlich 1) in die Fraction der Conservativen unter Graf Eberhard zu Stolberg, 60 Mitglieder; 2) die Fraction der frei en Conservationen unter dem Herzog von Ujest und dem Grafen Bethusy-Huc, 39 Mitglieder; 3) die Fraction des Centrums oder der Altliberalen unter v. Vinke, 27 Mitglieder; 4) die Fraction der Nationalliberalen unter v. Bennigsen, 79 Mitglieder; 5) in den Club der Bundesstaatlich-Constitutionellen (vornehmlich Sachfen) 18 Mitglieder; 6) in die parlamentarische Vereinigung (die katholische Fraction des preußischen Abgeordnetenhauses) unter v. Bockum-Dolffs, 14 Mitglieder; 7) in die Fraction der Linken unter Waldeck 2c., 19 Mitglieder; 8) die Fraction der Polen, 13 Mitglieder, und 9) in die sogenannten Wilden, welche gar keiner Partei angehörten; solcher gab es 28. Zum Präsidenten der Versammlung wurde Simson (schon im Jahr 1849 Präsident des deutschen Parlaments), zu Vicepräsidenten der Herzog von Ujest (Fürst Hohenlohe) und v. Bennigsen gewählt.

Der Verfassungsentwurf erlitt bei der Discussion nur wenige, nicht besonders erhebliche Veränderungen. Die liberale Partei bemühte sich zwar, eine Verantwortlichkeit der Bundesorgane und eine jährliche Genehmigung des Budgets durch das Parlament durchzusehen, wurde

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