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1) Seine Majestät der König von Sachsen wird unverzüglich und noch bevor die Ratificationen des gedachten Friedensvertrages ausgewechselt werden, die Festung Königstein Seiner Majestät dem Könige von Preussen einräumen. 2) Die Besatzung der Festung erfolgt in der Art, dass die daselbst befindliche königlich sächsische Infanterie durch eine königlich preussische Infanterie-Abtheilung unter gegenseitiger militärischer Ehrenbezeugung abgelöst wird und der königlich sächsische Gouverneur (Commandant) seine Functionen dem von Seiner Majestät dem Könige von Preussen zu ernennenden Gouverneur (Commandant) übergiebt. Die sächsische Infanterie-Besatzung marschirt mit Waffen und Gepäck ab, um sich zunächst nach den diesen Truppentheilen zu bezeichnenden Standquartieren zu begeben.

3) Alles auf der Festung befindliche und noch dahin zu verbringende sächsische Material an Geschützen, Waffen, Munition und Ausrüstungsstücken, Vorräthen, Lebensmitteln und alles sonst sich daselbst befindende Staatseigenthum verbleibt unbestrittenes Eigenthum der königlich sächsischen Regierung. Die letztere behält demnach die freie und ungehinderte Verfügung über alle genannten Gegenstände, so dass sie dieselben auf dem Königstein belassen oder von da jederzeit zurückziehen kann.

4) Zur Bewahrung des vorgedachten königlich sächsischen Staatseigenthums verbleibt, jedoch unter dem Oberbefehl des königlich preussischen Gouvernements (Commandantur) das königlich sächsische Artillerie-Detachement als Theil der Besatzung in der Festung; mit ihm der Unter-Commandant, der Festungs-Ingenieur, der Adjutant, sowie alle Festungsbeamte und Handwerker.

Der königlich preussischen Besatzung der Festung steht es frei, die dortigen Magazine und Vorräthe aller Art zu ihrem Unterhalte gegen Abrechnung zu benutzen.

5) Unmittelbar nach erfolgtem Austausche der Ratification des Friedensvertrages wird Seine Majestät der König von Sachsen bei allen von Seiner Majestät nicht zur Friedensbesatzung von Dresden bestimmten Truppentheilen, innerhalb der militärisch zulässigen Grenzen eine Beurlaubung im ausgedehnten Maassstabe, und zwar noch vor deren Rückkehr nach Sachsen, eintreten lassen.

Die im Uebrigen noch nöthige Demobilisirung bei den einzelnen TruppenCorps erfolgt unmittelbar nach deren Rückkehr nach Sachsen. Auch tritt dann die vollständige Beurlaubung aller entbehrlichen Mannschaften ein.

6) Dresden erhält eine gemeinschaftliche Besatzung von preussischen und sächsischen Truppen. Die hiezu bestimmten königlich sächsischen Truppen werden einen Präsenzstand von 2 bis 3000 Mann, exclusive der Chargen, nicht überschreiten.

7) In Beziehung auf die nicht für die Garnison in Dresden bestimmten königlich sächsischen Truppentheile wird die erforderliche Unterkunft ihrer Cadres, Pferde, Waffen und Ausrüstung unter Vernehmung mit dem höchstcommandirenden königlich preussischen General in Sachsen geregelt werden.

Auch wird demselben sächsischer Seits das Marsch-Tableau für die aus Oesterreich zurückkehrenden königlich sächsischen Truppen rechtzeitig mitgetheilt werden.

8) Sobald die einzelnen sächsischen Truppentheile auf sächsisches Gebiet zurückgekehrt sein werden, treten sie bis auf weitere Bestimmung unter den Oberbefehl des höchstcommandirenden königlich preussischen Generals in Sachsen.

9) Für die Stadt Dresden und die dort angelegten Festungswerke ernennt Seine Majestät der König von Preussen den Gouverneur, Seine Majestät der König von Sachsen den Commandanten. Das gegenseitige Verhältniss dieser Behörden zu einander und zu den beiderseitigen Besatzungscontin→ genten von Dresden wird vorläufig nach Analogie der früheren Bundesfestungen geregelt.

Die übrigen damit verknüpften Fragen bleiben dem weitern Einvernehmen vorbehalten.

10) Bis die Reorganisation der sächsischen Truppen im Wesentlichen durchgeführt und deren Einreihung in die Armee des norddeutschen Bundes erfolgt sein wird, fährt Preussen fort, die für die Besatzung des Königreichs Sachsen nöthige Anzahl von Truppen seinerseits zu stellen.

Die hieraus entspringenden gegenseitigen Verpflichtungen werden zwischen den beiden betheiligten hohen Regierungen durch besondere Vereinbarung näher geregelt werden.

Sämmtliche für die Ausführung vorstehender Bestimmungen sonst noch nöthigen Anordnungen bleiben einer Verständigung zwischen der königlich sächsischen Regierung und dem höchstcommandirenden königlich preussischen General überlassen.

Vorstehende Bestimmungen sollen als mit der Ratification des Friedensvertrages ratificirt angesehen werden.

Berlin, den 21. October 1866.

(L. S.) v. Friesen.

(L. S.) Hohenthal.

(L. S.) Savigny.

Anlage 2.

Protokoll. Verhandelt Berlin den 21. October 1866. Bei der heutigen Unterzeichnung des zwischen Sachsen und Preussen abgeschlossenen Friedensvertrags, erklären die königlich sächsischen Bevollmächtigten unter Bezugnahme auf Artikel 5 Folgendes:

Die königlich sächsische Regierung, von dem lebhaften Wunsche beseelt, die vollkommene Uebereinstimmung zu bethätigen, welche zwischen ihr und der königlich preussischen Regierung bezüglich der von jetzt an gemeinsam zu verfolgenden politischen Richtung besteht, ist bereit

a) sofort und bis zu dem Zeitpunkte, wo die Frage wegen der internationalen Repräsentation des norddeutschen Bundes in definitiver Weise geordnet sein wird, ihre eigene völkerrechtliche Vertretung bezüglich derjenigen Höfe und Regierungen, bei welchen dieselbe gegenwärtig diplomatische Agenten nicht unterhält, auf die preussischen Missionen zu übertragen und

b) dasselbe Verhältniss denjenigen. Höfen und Regierungen gegenüber, bei welchen dermalen sächsische Missionen bestehen, in allen Fällen temporärer Vacanz, auf deren Dauer eintreten zu lassen,

c) auch in diesem Sinne die königlich sächsischen Vertreter im Auslande mit entsprechender Instruktion zu versehen; so dass sich Sachsen, im Geiste des mit Preussen abgeschlossenen Bündnisses, schon jetzt in internationaler Beziehung der preussischen Politik fest anschliesst.

Der königlich preussische Bevollmächtigte erklärt seinerseits, dass seine Regierung bereit ist, die in Rede stehende Vertretung zu übernehmen und hierbei die Interessen, sowohl der königlich sächsischen Regierung, als auch die der königlich sächsischen Staatsangehörigen, gleich wie ihre eigenen allenthalben zu wahren.

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Schliesslich waren die beiderseitigen Bevollmächtigten dahin einig, dass durch vorstehende interimistische Bestimmungen das Recht Seiner Majestät des Königs von Sachsen, in einzelnen Fällen ausserordentliche Bevollmächtigte zu senden, in keiner Weise alterirt werden solle.

Vorstehendes Protokoll soll als mit der Ratification des Friedensvertrages ratificirt angesehen werden.

Geschehen wie oben.

(L. S.) v. Friesen.
(L. S.) Hohenthal.

(L. S.) Savigny.

XXX.

Die preußische Annexion Schleswig-Holsteins.

20. Dezember 1866.

Seit der Erklärung der preußischen Kronjuristen vom 18. Juni 1865 behandelte das preußische Kabinet die Ansprüche des Prinzen Friedrich von Angustenburg auf Schleswig-Holstein als nicht zu Recht bestehend und betrachtete sich, in Gemeinschaft mit Oesterreich, vermöge des wiener Friedens mit Dänemark (30. Oktober 1864) als rechtmäßigen Besißer der Herzogthümer. Die Kronjuristen hatten nämlich erklärt, dem Prinzen Friedrich fehle jedes Successionsrecht auf den ganzen Umfang oder auch nur auf einen Theil der Herzogthümer, sowohl weil sein Vater in dem am 30. Dezember 1852 mit dem dänischen König Friedrich VII. abgeschlossenen Vertrag für sich und seine Familie auf die Thronfolge in Schleswig-Holstein verzichtet habe, als auch, weil eine Primogeniturfolge im augustenburger Fürstenhause nicht nachweisbar sei. Die Succession des Königs Christian IX. nach dem Thronfolgesetz vom 31. Juli 1853, welches in den Herzogthümern rechtskräftig publicirt und eingeführt worden, sei für das Ganze der Herzogthümer als rechtsgültig anzuerkennen; das volle Recht des Königs Christian IX. aber sei durch den wiener Frieden auf Preußen und Desterreich übergegangen. Dem Großherzog von Oldenburg stehe nur ein eventuelles Erbrecht auf den gottorpischen Antheil zu. In Folge dieser Entscheidung war der König Wilhelm von Preußen ent schlossen, die ihm zuerkannten Ansprüche auf die Herzogthümer zur Geltung zu bringen. Am 14. August 1865 wurde in Gastein zwischen Preußen und Desterreich die Convention abgeschlossen, welche die Regierung Schleswigs an Preußen, jene von Holstein an Oesterreich übergab; Preußen scheint bei dieser Convention den doppelten Zweck gehabt zu haben, einmal vorläufig wenigstens die Hälfte des Landes unter seine specielle Regierung zu bringen, sodann aber, gerade das nördliche,

an Dänemark grenzende Herzogthum, dessen Besißergreifung in der Folge schwieriger werden könnte, als die des südlicher gelegenen, an Deutschland angrenzenden Holsteins, schon jezt mit seinen Truppen zu beseßen. Am 31. Oktober 1865 verbot der preußische Commissär in Schleswig, v. Zedliz, den im Herzogthum erscheinenden Zeitungen, dem Prinzen von Augustenburg den Titel Herzog zu geben, und eine Anzahl schles: wig-holsteinischer und norddeutscher Blätter, welche den gasteiner Vertrag für eine Vergewaltigung der Herzogthümer erklärten, wurde in Schles: wig verboten. Der Prinz Friedrich von Augustenburg protestirte am 3. Januar 1866 gegen die Verweigerung des Herzogstitels von Seite Preußens und übergab zugleich dem deutschen Bundestag eine Deduction, welche den Nachweis zu bringen suchte, daß bezüglich seiner Person kein Verzicht auf die Erbansprüche in Schleswig-Holstein bestehe; das preuBische Kabinet nahm jedoch auf diese Protestation so wenig Rücksicht, daß es am 11. März 1866 eine Verordnung in Schleswig erließ, welche auf Demonstrationen für die Anerkennung der Regentenrechte des Prinzen Friedrich Zuchthausstrafe sette. Ueber die Dissidien, welche Ende Januar 1866 zwischen Preußen und Desterreich in der Herzog thümerfrage ausbrachen, haben wir bereits in dem Artikel XVIII, der vom deutschen Kriege im Jahre 1866 handelt, gesprochen. Desterreich mußte schon lange zur Einsicht gekommen sein, daß Preußen auf die Annexion der Herzogthümer ausgehe, und es hätte derselben auch keinen Widerstand entgegengesetzt, da es bisher willig mit der preußischen Politik gegangen war, an dem Prinzen von Augustenburg kein specielles Interesse nahm, und auch den Wunsch nicht haben konnte, selbst ein Stück von den seinen Grenzen so abgelegenen Herzogthümern zu be fißen; aber es gönnte Preußen diese Vergrößerung an Gebiet und Verstärkung seiner Macht nicht, wenn es nicht selbst eine Compensation an deutschem Land und Leuten erhielte. Es scheint, das österreichische Kabinet hatte einen Theil von Preußisch-Schlesien, vielleicht das ganze Schlesien, als Compensation im Auge; da sich aber keine Aussicht zeigte, daß Preußen in eine solche Forderung willigen werde, so sollte es auch die Herzogthümer nicht erlangen. Sicher war es kein anderer Grund, als ohne Compensation dem rivalisirenden Preußen die Gebietsvermehrung nicht zu gestatten, was Oesterreich bewog, sich seit Anfang des Jahres 1866 plötzlich wieder der preisgegebenen Erbrechte des Prinzen von Augustenburg anzunehmen und die Frage der Elbherzogthümer, die von den beiden deutschen Großmächten dem Bunde eigenmächtig aus der Hand genommen worden war, wieder an den Bundestag zu bringen, der jetzt seine Heere mobil machen sollte, um zu Gunsten Desterreichs eine Vergrößerung Preußens abzuwehren. Im Frieden zu Prag (23. August 1866) mußte Desterreich seine aus dem dänischen Frieden

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