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Art. 15. Seine Majestät der König von Preussen tritt an Seine königliche Hoheit den Grossherzog von Hessen und bei Rhein etc. behufs Herstellung territorialer Einheit in der Provinz Oberhessen folgende Gebietstheile mit allen Souverainetäts- und Domanialrechten ab:

1) den vormals kurhessischen Distrikt Katzenberg mit den Ortschaften Ohmes, Vockenrode, Ruhlkirchen, Seibelsdorf;

2) das vormals kurhessische Amt Nauheim, mit den sämmtlichen landesherrlichen Eigenthumsrechten und den in Nauheim befindlichen Bade-Anstalten und Salinen, sowie den Ortschaften Dorheim, Nauheim, Schwalheim und Rödchen;

3) das östlich davon belegene vormals nassauische Amt Reichelsheim, mit den Ortschaften Reichelsheim und Dornassenheim;

4) die vormals kurhessische Enklave Trais an der Lumda;

5) den vormals kurhessischen, zwischen den grossherzoglich hessischen Ortschaften Altenstadt und Bönstadt belegenen Domanialwalddistrikt;

6) die vormals Frankfurtischen Ortsbezirke Dortelweil und NiederErlenbach;

7) den vormals kurhessischen Ortsbezirk Massenheim;

8) den vormals nassauischen Ortsbezirk Haarheim;

9) den vormals kurhessischen, etwa 1700 Morgen umfassenden Gebietstheil des Ortsbezirks Mittel-Gründau.

Diese Gebietstheile (zu 1–9) treten in die Provinz Oberhessen und in die für dieselbe geltenden staatsrechtlichen Verhältnisse (Art. 13) ein. Nächstdem wird der auf dem linken Mainufer gelegene, vormals kurhessische Gebietstheil mit dem Orte Rumpenheim ebenfalls an Seine königliche Hoheit mit allen Souverainetäts- und Domanialrechten abgetreten. Die betreffenden Grenzbeschreibungen liegen bei.

Art. 16. Die Auseinandersetzung zwischen den beiden hohen Contrahenten bezüglich der gegenseitig abgetretenen Gebietstheile, der Archive, der Beamten, Militairs etc. bleibt besonderer Verständigung durch beiderseitige Commissarien vorbehalten.

Art. 17. Die vor dem Jahre 1794 in der Kölnischen Dombibliothek befindlich gewesenen, zur Zeit in dem grossherzoglichen Museum und der grossherzoglichen Bibliothek aufbewahrten Bücher, Handschriften und andere Inventarienstücke werden der Regierung Seiner Majestät des Königs von Preussen für das Kölner Domkapitel zur Verfügung gestellt werden. Die Entscheidung über die Zubehörigkeit der einzelnen Stücke wird durch einen Commissarius Seiner königlichen Hoheit des Grossherzogs von Hessen und bei Rhein etc. in Gemeinschaft mit einem Commissarius Seiner Majestät des Königs von Preussen, in streitigen Fällen durch einen von beiden zu wählenden unparteiischen Obmann, endgültig getroffen werden.

Art. 18. Die grossherzogliche Regierung verpflichtet sich, den zwi

schen einer Anzahl Badehausbesitzern in Kreuznach und der grossherzoglichen Saline Carls-Theodors-Halle abgeschlossenen, bis zu dem Jahre 1872 laufenden Contract wegen Lieferung von Soole und Mutterlauge bis auf Weiteres, jedenfalls bis zu dem Zeitpunkte, zu welchem die preussische Regierung sich zu dem Erwerb der gedachten Saline veranlasst finden sollte, mit der sofort eintretenden Maassgabe zu verlängern, dass die Stadt Kreuznach in Stelle der bisherigen Contrahenten den nöthigen Bedarf an Soole und Mutterlauge erhält.

Auch wird grossherzoglich hessischer Seits die Legung einer Röhrenleitung für den Bezug der Soole aus den Salinenbrunnen nach der Stadt Kreuznach gestattet.

Art. 19. Die Ratification des gegenwärtigen Vertrags erfolgt bis spätestens zum 15. September d. J.

Zu Urkund dessen haben die beiderseitigen Bevollmächtigten diesen Vertrag in doppelten Exemplaren unterzeichnet und ihre Siegel beigedruckt. So geschehen zu Berlin, den 3. September 1866.

(gez.) (L. S.) v. Dalwigk.

(L. S.) Hofmann.

(L. S.) Bismarck.
(L. S.) Savigny.

In Bezug auf die in den Artikeln 14 und 15 des Friedensvertrags vom heutigen Tage verabredeten Abtretungen und Grenzregulirungen sind die unterzeichneten Bevollmächtigten über folgende Punkte übereingekommen :

1) In den abgetretenen Bezirken tritt der preussische Staat in alle Rechte und Verbindlichkeiten des hessischen Staates ein und hat daher auch die Zahlung der Pensionen und Besoldungen in der bisherigen Weise zu leisten. Den in den gedachten Bezirken zu übernehmenden Beamten und Bediensteten wird der Betrag ihrer seitherigen Gesammtbezüge garantirt, wenn sie in königlich preussischen Diensten bleiben. Treten sie aber nach Hessen zurück, was ihnen innerhalb der nächsten drei Monate nach Ratification dieses Vertrags freisteht; so werden sie bis zu ihrer Wiederverwendung nach den hier einschlagenden grossherzoglich hessischen Bestimmungen behandelt.

In analoger Weise regeln sich die Verhältnisse der aus den vormals nassauischen und kurhessischen jetzt abgetretenen Landestheilen zu übernehmenden Beamten. Diejenigen aus den obengedachten Bezirken gebürtigen Militairpersonen, welche nicht Offiziersrang haben, werden aus der grossherzoglich hessischen Armee in ihre Heimath entlassen. Die Dienstzeit im grossherzoglich hessischen Heere wird ihnen auf die preussische Dienstpflicht angerechnet. Den Offizieren, sowie den Militairpersonen, welche Offiziersrang haben, steht die Wahl zu, in den Diensten welchen Landes sie ferner stehen wollen.

2) Die nach Artikel 16 des Friedensvertrags erwähnten Commissarien werden sich mit allen denjenigen Gegenständen beschäftigen, welche mit der gegenseitigen Auseinandersetzung im Zusammenhange stehen, wie z. B. den Rückständen öffentlicher Abgaben und anderen Gegenständen dieser Art.

3) Sämmtlichen Einwohnern der abzutretenden Gebietstheile bleibt innerhalb eines Jahres vom Tage des Austausches der Ratificationen dieses Vertrages an die volle Freizügigkeit vorbehalten.

4) In der Abtretung der Landgrafschaft Hessen-Homburg sind die in dem Residenzschlosse zu Homburg vor der Höhe befindlichen Gemälde, Bibliothek und sonstigen Sammlungen, sowie die Orangerie nicht begriffen. Diese Gegenstände bleiben vielmehr Eigenthum des grossherzoglichen Hauses.

5) Gleichzeitig mit der Zurückziehung der königlich preussischen Truppen von dem grossherzoglich hessischen Gebiet werden auch die in Bezug auf die Civilverwaltung der occupirten Landestheile von königlich preussischer Seite ergriffenen Maassregeln wegfallen und die grossherzoglichen Behörden und Beamten in der Ausübung ihrer regelmässigen Dienstfunktionen nicht weiter gehindert werden.

6) Man ist bereits damit einverstanden, dass bei den bezüglich des Post- und des Telegraphenwesens zu treffenden besonderen Vereinbarungen der Gesichtspunkt maassgebend sein soll, dass die beiden südlich des Mains gelegenen grossherzoglich hessischen Provinzen Starkenburg und Rheinhessen hinsichtlich der Verwaltung des Post- und Telegraphenwesens in dasselbe Verhältniss treten werden, welches für die Provinz Oberhessen auf Grund der in dem norddeutschen Bunde geltenden Einrichtungen stattfinden wird. Mit Beseitigung des fürstlich Thurn- und Taxis'schen Postwesens tritt die königlich preussische Regierung in Bezug auf bestehende Verbindlichkeiten, namentlich was die Entrichtung des Canons betrifft, an die Stelle des fürstlich Thurn- und Taxis'schen Hauses.

Auch sollen wegen technischer Ausführung der im Absatz 2 des Artikels 10 des Hauptvertrags enthaltenen Abrede alsbald Verhandlungen zwischen beiderseitigen Commissarien stattfinden.

7) Alle Kriegsgefangenen werden innerhalb 8 Tagen nach Ratification des heutigen Friedensvertrags freigegeben und an Seitens der betreffenden Militair-Behörden näher zu vereinbarenden Orten übernommen werden.

8) In Beziehung auf das Preussen zustehende und ihm ausschliesslich verbleibende Besatzungsrecht in Mainz werden die bisher zwischen dem Bunde und der Territorial-Regierung maasgebend gewesenen Bestimmungen auf das Verhältniss zwischen Preussen und der Territorial-Regierung Anwendung finden.

9) In Bezug auf den Absatz 1 des Artikels 11 des Hauptvertrags wird grossherzoglich hessischer Seits anerkannt, dass mit Rücksicht auf die Besatzungsverhältnisse von Mainz der telegraphische Verkehr daselbst aus

schliesslich der preussischen Regierung zustehen muss. Die Verwaltung und der Betrieb der zum Dienste der Eisenbahnen bestimmten Bahntelegraphen wird durch Art. 11 des Hauptvertrags nicht berührt, wohlverstanden, soweit dies nach Umständen mit der unbedingten Sicherung der Festung vereinbar ist. 10) Die grossherzoglich hessische Regierung erklärt sich bereit, mit der königlich preussischen Regierung wegen Abtretung der Verwaltung und des Betriebs der im grossherzoglichen Gebiete belegenen Strecke der MainWeser-Bahn in Verhandlung zu treten, wobei von dem Grundsatz ausgegangen werden soll, dass der gesammte Reinertrag der gedachten Strecke an die grossherzogliche Regierung unverkürzt jährlich abgeliefert werden wird. Auf jeden Fall verpflichtet sich die grossherzogliche Regierung, die Verwaltung und den Betrieb der im grossherzoglichen Gebiet belegenen Strecke der MainWeser-Bahn von der kurhessischen Grenze bis Giessen nach obigem Grundsatz an Preussen abzutreten.

11) Wenn die königlich preussische Regierung es angemessen finden sollte, ihre aus Böhmen resp. Bayern auf der Linie Schwandorf-NürnbergWürzburg-Aschaffenburg zurückkehrenden Truppen durch grossherzoglich hessisches Gebiet zu dirigiren; so ertheilt die grossherzoglich hessische Regierung hiermit ihre Zustimmung dazu und wird den königlich preussischen Militairbehörden für diesen Zweck auch die durch das grossherzogliche Gebiet führende Eisenbahn zum Transport der Truppen zur Verfügung stellen, wogegen die königlich preussische Regierung sich verpflichtet, die Vergütung nach den grossherzoglich hessischen Sätzen für Truppentransporte zu zahlen.

12) Kein Unterthan Sr. königlichen Hoheit des Grossherzogs von Hessen und bei Rhein und Sr. Majestät des Königs von Preussen wird wegen seines Verhaltens während des Krieges verfolgt, beunruhigt oder in seiner Person oder in seinem Eigenthum beanstandet werden.

13) In Bezug auf Art. 18 des Hauptvertrages behält man sich beiderseits für den Fall, dass bis zum Jahre 1892 die gedachte Saline von der Krone Preussen nicht erworben sein sollte, eine anderweite Verhandlung vor. 14) Die Ratification der vorstehenden Uebereinkunft soll als mit der Ratification des Friedensvertrages vom heutigen Tage erfolgt angesehen werden. Berlin, den 3. September 1866.

(gez.) (L. S.) v. Dalwigk.
(L. S.) Hofmann.

(L. S.) Bismarck.
(L. S.) Savigny.

XXVI.

Friede zu Berlin

zwischen Preußen und dem Fürstenthum Reuß-Greiz, am 26. September 1866.

Die Fürstin-Regentin Carolina von Reuß-Greiz*) war eine sehr treue Anhängerin Desterreichs und des deutschen Bundes; das österreichische Kabinet konnte nur bedauern, daß der Gesinnung dieser Fürstin nicht auch ihre Macht entsprach. Schon bei der Abstimmung über die Mobilmachung in der Bundesversammlung am 14. Juni 1866 hatte sie sich von Reuß jüngerer Linie (Reuß-Schleiz, das auf Seite PreuBens trat) getrennt und für die Mobilmachung gestimmt. Selbst nachdem Preußen sich vollständig im Siege befand und andere deutsche Staaten mit dem preußischen Kabinet bereits wegen des Friedens verhandelten, weigerte sich die Fürstin noch hartnäckig, dem norddeutschen Bunde beizutreten. Die preußische Regierung schickte daher am 11. August zwei Compagnien Infanterie in das Land, um diesen Widerstand zu brechen. Am 26. September wurde endlich in Berlin der Friede abgeschlossen, nach welchem die Fürstin zum norddeutschen Bunde trat und zum preußischen Invalidenfond die Summe von 100,000 Thalern bezahlte. Nach einer weiteren Convention vom 11. Oft. 1866 wurde das Post- und Telegraphenwesen im Fürstenthum an Preußen überlassen.

*) Sie regierte als Vormünderin ihres Sohnes, der jedoch schon am 28. März 1867 das 21. Jahr erreichte und als Heinrich XXII. die Regierung

antrat.

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