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XX.

Friede zu Berlin zwischen Preußen und Württemberg, am 13. August 1866.

Württemberg war der erste der süddeutschen Staaten, der seinen definitiven Frieden mit Preußen schloß. Das Land war von dem Kriege wenig berührt worden. Nachdem es am 28. Juli 1866 zu Nikolsburg einen vom 2. August an beginnenden dreiwöchentlichen Waffenstillstand geschlossen, war nur der nördliche Theil, auf dem rechten Ufer der Jagst bis zur Mündung dieses Flusses in den Neckar, einige Wochen von den Preußen besetzt. Zum Kriegsschauplatz hatte gar kein Theil des Landes gedient, und in eine ernstliche Action waren die württembergischen Truppen nur am 24. Juli bei Tauberbischofsheim ge= kommen. Bei den Friedensverhandlungen kam dem württembergischen Kabinet augenscheinlich die Schwägerschaft des Königs Karl mit dem Kaiser Alexander von Rußland zu Statten. Preußen mußte Rücksicht auf Rußland nehmen und durfte die dem russischen Kaiser verwandten Höfe von Stuttgart und Darmstadt nicht allzusehr belasten. Württemberg erlitt in dem Frieden keinen Verlust an Gebiet und zahlte innerhalb zweier Monate an Preußen 8 Millionen Gulden als Kriegskostenentschädigung. Bei dem Beginn der Friedensverhandlungen drohte dem Lande allerdings einiger Gebietsverlust. Preußen nahm das ganze nördliche Bayern bis an den Main in Anspruch und verlangte, daß Bayern aus württembergischen und badischen Gebietstheilen pro rata. eine theilweise Entschädigung erhalte. Da Bayern, Württemberg und Baden jedoch versicherten, daß sie gegen Preußen keinen Rückhalt an Frankreich suchten, vielmehr bereit seien, auf die Seite Preußens zu treten, wenn lehteres mit Frankreich in Krieg gerathen sollte, auch wirklich mit Preußen ein Schuß- und Truzbündniß eingingen, das dem Friedensvertrag als Zusazartikel beigesetzt wurde; so begnügte sich das

preußische Kabinet mit einigen kleinen bayerischen Bezirken an der bayerischen Nordgrenze, und auf diese Weise blieben sowohl Württemberg als Baden mit jedem Gebietsverlust verschont. Der Zusatzartikel zum Frieden mit Württemberg, Baden und Bayern, welcher das Schuß- und Truzbündniß enthielt, wurde von den betheiligten Höfen geheim gehalten und blieb bis zum 17. März 1867 unbekannt. Um diese Zeit, wo ein Krieg mit Frankreich über Luxemburg drohte, hielten es die genannten Kabinete für angezeigt, ihr Bündniß bekannt zu geben.

Friedensvertrag

zwischen Preussen und Württemberg

vom 13. August 1866.

Ihre Majestäten der König von Preussen und der König von Württemberg, geleitet von dem Wunsche, Ihren Völkern die Segnungen des Friedens zu sichern, haben beschlossen, Sich über die Bestimmungen eines zwischen Ihnen abzuschliessenden Friedensvertrages zu verständigen.

Zu diesem Zwecke haben Ihre Majestäten zu Ihren Bevollmächtigten ernannt und zwar: etc. etc.

Die Bevollmächtigten haben ihre Vollmachten ausgetauscht und sind, nachdem diese in guter Ordnung befunden worden waren, über nachfolgende Vertragsbestimmungen übereingekommen.

Art. I. Zwischen Seiner Majestät dem Könige von Preussen und Seiner Majestät dem Könige von Württemberg, deren Erben und Nachfolgern, deren Staaten und Unterthanen, soll fortan Friede und Freundschaft auf ewige Zeiten bestehen.

Art. II. Seine Majestät der König von Württemberg verpflichtet sich, Behufs Deckung eines Theils der für Preussen aus dem Kriege erwachsenen Kosten, an Seine Majestät den König von Preussen die Summe von Acht Millionen Gulden binnen zwei Monaten zu bezahlen.

Durch Bezahlung dieser Summe entledigt Sich Seine Majestät der König von Württemberg der in den §§ 9 und 10 des Waffenstillstands-Vertrages de dato Eisingen bei Würzburg den 1. August 1866 übernommenen Entschädigungs-Verbindlichkeiten.

Art. III. Seine Majestät der König von Württemberg leistet für die Bezahlung dieser Summe Garantie durch Hinterlegung 3% prozentiger und 4prozentiger Württembergischer Staats-Obligationen bis zum Betrage der zu garantirenden Summe. Die zu deponirenden Papiere werden zum Tagescurse berechnet und die Garantie-Summe wird um 10 pCt. erhöht.

Art. IV. Seiner Majestät dem Könige von Württemberg steht das Recht zu, obige Entschädigung ganz oder theilweise unter Abzug eines Disconto von 5 pct. per Jahr früher zu bezahlen.

Art. V. Unmittelbar nach geleisteter Garantie in Gemässheit des Art. III., oder nach erfolgter Zahlung der Kriegsentschädigung, wird Seine Majestät der König von Preussen Seine Truppen aus dem Württembergischen Gebiete zurückziehen. Die Verpflegung der Truppen bei ihrem Rückmarsch erfolgt nach dem bisherigen Bundes-Verpflegungs-Reglement.

Art. VI. Die Auseinandersetzung der durch den früheren Deutschen Bund begründeten Eigenthums-Verhältnisse bleibt besonderer Vereinbarung vorbehalten.

Art. VII. Die hohen Contrahenten werden unmittelbar nach Abschluss des Friedens wegen Regelung der Zollvereins-Verhältnisse in Verhandlung treten. Einstweilen sollen der Zollvereinigungs-Vertrag vom 16. Mai 1865 und die mit ihm in Verbindung stehenden Vereinbarungen, weiche durch den Ausbruch des Krieges ausser Wirksamkeit gesetzt sind, vom Tage des Austausches der Ratificationen des gegenwärtigen Vertrages an, mit der Massgabe wieder in Kraft treten, dass jedem der hohen Contrahenten vorbehalten bleibt, dieselben nach einer Ankündigung von sechs Monaten ausser Wirksamkeit treten zu lassen.

Art. VIII. Die hohen Contrahenten werden unmittelbar nach Herstellung des Friedens in Deutschland den Zusammentritt von Commissarien zu dem Zwecke veranlassen, um Normen zu vereinbaren, welche geeignet sind, den Personen- und Güterverkehr auf den Eisenbahnen möglichst zu fördern, namentlich die Concurrenz-Verhältnisse in angemessener Weise zu regeln und den allgemeinen Verkehrs-Interessen nachtheiligen Bestrebungen der einzelnen Verwaltungen entgegenzutreten. Indem die hohen Contrahenten darüber einverstanden sind, dass die Herstellung jeder im allgemeinen Interesse begründeten neuen Eisenbahn-Verbindung zuzulassen und so viel als thunlich zu fördern ist, werden Sie durch die vorbezeichneten Commissarien auch in dieser Beziehung die durch die allgemeinen Verkehrs-Interessen gebotenen Grundsätze aufstellen lassen.

Art. IX. Seine Majestät der König von Württemberg erkennt die Bestimmungen des zwischen Preussen und Oesterreich zu Nikolsburg am 26. Juli 1866 abgeschlossenen Präliminar-Vertrages an und tritt denselben, soweit sie die Zukunft Deutschlands betreffen, auch Seinerseits bei.

Art. X. Die Ratification des gegenwärtigen Vertrages erfolgt bis spätestens zum 21. August d. J.

Zu Urkund dessen haben die Eingangs genannten Bevollmächtigten diesen Vertrag in doppelter Ausfertigung am heutigen Tage mit ihrer NamensUnterschrift und ihrem Siegel versehen.

So geschehen Berlin, den 13. August Eintausend achthundert sechs und sechszig.

(L. S.) v. Bismarck.

(L. S.) Savigny.

(L. S.) Varnbüler.

(L. S.) Hardegg.

XXI.

Preußische Annexion

von Hannover, Kurhessen, Nassau und Frankfurt,
17. Kuguft 1866.

So oft ein preußischer Staatsmann die Karte seines Vaterlandes ansah, mußte es ihn unangenehm berühren, daß sich Hannover und Kurhessen mitten in das Königreich hineinlagerten und Rheinland und Westphalen von dem übrigen Preußen abtrennten. Seit dem wiener Congreß trug man sich in Preußen mit dem Mißbehagen über diese vom Congreß gezogenen unnatürlichen preußischen Grenzen; aber es zeigte sich keine europäische Complication, welche eine Aenderung in Aussicht gestellt hätte, und eine solche herbeizuführen, dazu dachten die preußischen Könige, nach den schweren Niederlagen in der napo leonischen Periode, zu friedlich. Erst der Minister Graf Bismarc scheint die Idee gefaßt zu haben, einen Krieg hervorzurufen, welcher, wenn auch Preußen nicht in den völligen Besitz dieser Länder bringen, doch dieselben in ihrer Politik von Preußen abhängig machen, fie unter preußisches Protectorat stellen sollte, und es gelang ihm, den König Wilhelm für diese Idee zu gewinnen. Die Verhältnisse lagen für die Ausführung eines solchen Planes ziemlich günstig. In Deutschland hatte die deutsch-nationale Idee, das langjährige Verlangen nach einem großen, mächtigen Deutschland, die Anhänglichkeit an die einzelnen particularistischen Souveränetäten ziemlich abgeschwächt; gerade in den Ländern, welche Preußen zu seiner Arrondirung bedurfte, in Hannover und Kurhessen, waren die Regenten sehr unbeliebt; von den Kurhessen zumal konnte man mit Sicherheit erwarten, daß sie sich mit Freuden an Preußen anschließen würden. Desterreich war in seinem Inneren zerfallen, dazu in großer finanzieller Bedrängniß; der Krieg, der mit ihm jedenfalls geführt werden mußte, ließ nur einen günstigen Ausgang für Preußen erwarten. Es handelte sich also nur darum, die

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