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bedingungen bedeutenden Einfluß; keine der beiden contrahirenden Mächte wollte sich den Kaiser Napoleon zum Gegner machen, jede zeigte sich daher nachgiebig gegen die französischen Vorschläge. Wie man aus dem sogenannten Gelbbuch erfuhr, das der französische Minister des Auswärtigen im Februar 1867 dem gesetzgebenden Körper in Paris vorlegte, trat der französische Kaiser sogleich nach der Schlacht bei Königgräß mit Zustimmung des österreichischen und preußischen Kabinets vermittelnd ein. Dem preußischen Kabinet war es vor Allem um den Austritt Desterreichs aus dem deutschen Bunde zu thun; es war dies preußischerseits die erste Bedingung des Friedens. Der Kaiser Napoleon empfahl am 12. Juli durch Telegramm dem Kaiser von Desterreich die Annahme dieser Bedingung, da unter den gegebenen Verhältnissen eine Fortsetzung des Kampfes den Untergang des Kaiserstaates nach sich ziehen könnte. Am 13. Juli telegraphirte der Herzog von Grammont, französischer Gesandter in Wien, nach Paris, der Kaiser Franz Joseph wolle, bevor er diese Bedingung zugestehe, erst die übrigen preußischen Forderungen kennen; denn wenn im weiteren noch Abtretung von Gebiet verlangt würde, so wolle er lieber den Kampf fortseßen. und, wenn es sein müsse, in Ehren untergehen. Am 14. Juli übersandte das französische Kabinet an das österreichische die preußischen Bedingungen, welche Napoleon gut hieß; es waren ungefähr dieselben, welche nachher angenommen wurden, nur verlangte Preußen die Abtretung eines kleinen Gebietes zur Abrundung seiner schlesischen Grenze. Desterreich verweigerte Leßteres, worauf Benedetti von Napoleon ange wiesen wurde, Alles aufzubieten, damit Preußen auf diesen Punct ver zichte. Man wechselte über diesen Gegenstand noch mehrere Depeschen und war darüber noch nicht im Reinen, als am 23. Juli die directen Friedensverhandlungen zwischen Preußen und Oesterreich in Nikolsburg begannen. Am 25. Juli telegraphirte Benedetti nach Paris, Preußen habe die Integrität Oesterreichs (mit Ausnahme Venetiens) und Sachsens zugestanden und die übrigen Puncte der Friedenspräliminarien nach dem französischen Vorschlag angenommen, jedoch mit dem Vorbehalt, daß das Abkommen in der Schwebe bleibe, bis Italien demselben zugestimmt habe, und lehterem der Erwerb Venetiens gesichert sei. Am 26. Juli wurden die Friedenspräliminarien in Nikolsburg unterzeichnet.

Preußen erkannte darin die Integrität Desterreichs (mit Ausnahme Venedigs) und Sachsens an. Dafür erklärte sich Desterreich mit der Auflösung des deutschen Bundes und mit einer Neugestaltung Deutschlands ohne Betheiligung des österreichischen Kaiserstaates einverstanden, billigte zum Voraus die vom König von Preußen in Norddeutschland herzustellenden Einrichtungen, einschließlich der Territorialveränderungen, und trat an den König seine auf Schleswig-Holstein

erworbenen Rechte ab, jedoch mit der Clausel, daß die Bevölkerungen der nördlichen Districte von Schleswig, wenn sie durch freie Abstim mung den Wunsch zu erkennen gäben, mit Dänemark vereinigt werden. sollten. Diese Clausel ist augenscheinlich auf Betrieb des französischen Kabinets unter die Friedensbedingungen gekommen; denn das österreichische konnte keine Veranlassung haben, dieselbe zu verlangen. Bezüglich des Verhältnisses Preußens zu Süddeutschland sagte der Artikel 2 der Präliminarien: „Der Kaiser von Oesterreich erkart sich damit einverstanden, daß die südlich von der Mainlinie gelegenen Staaten in einen Verein zusammentreten, dessen nationale Verbindung mit dem norddeutschen Bunde der näheren Verständigung zwischen beiden vorbe halten bleibt." Es ist beachtenswerth, daß nicht die Präliminarien, wohl aber der später zu Prag am 23. August 1866 geschlossene definitive Friede im Artikel 4 zu diesem Passus den Zusatz brachte: und der (nämlich der süddeutsche Verein) eine internationale, unabhängige Existenz haben wird." Letterer Zusah war offenbar auf Betreiben des französischen Kabinets eingefügt worden. Die internationale Existenz sollte Süddeutschland schwach und französischen Einflüssen zugänglich erhalten und seine feste Einigung mit Norddeutschland verhindern. Der Passus beabsichtigte, das dreigetheilte Deutschland verwirklichen zu helfen, das in dem Plane Napoleons lag, damit das deutsche Volk an Größe und Macht sich nicht mit Frankreich messen könne und der französischen Nation, die seit dem Krimkrieg das entscheidende Wort in Europa geführt hatte, kein ebenbürtiger Rival erstehe. Hoffentlich wird sich Deutschland für die Dauer von Frankreich nicht vorschreiben lassen, wie es sich in seinem Inneren gestalten dürfe. Als Kriegskostenentschädigung zahlte Desterreich an Preußen nur 20 Millionen Thaler. Preußen hatte 80 Millionen gefordert, beide Großmächte kamen aber überein, von diesen 80 Millionen die Hälfte, also 40 Millionen, den deutschen Alliirten Oesterreichs aufzulegen; von den übrigen 40 Millionen, die Oesterreich zu tragen hatte, durfte das österreichische Kabinet noch seine Kriegskosten in Echleswig-Holstein mit 15 Millionen Thalern und weitere 5 Millionen für die Verpflegung der preußischen Truppen auf österreichischem Gebiet für die Zeit vom Abschluß der Präliminarien bis zum definitiven Frieden in Abzug bringen.

Wiewohl das französische Kabinet bei seiner Friedensvermittlung darauf bedacht gewesen war, Preußen sich nicht über den Main hinüber ausdehnen zu lassen und Deutschland in drei Theile zu theilen; so hatten doch die außerordentlichen Erfolge, welche die preußische Armee in der kurzen Zeit von vier Wochen errungen hatte, den preußischen und mit ihm den deutschen Namen im Ausland zu hohem kriegerischem Ansehen gebracht und Frankreich, welches bisher für die erste europäische

Kriegsmacht galt, in Schatten gestellt. Der französische Nationalstolz empfand dies übel und mißbilligte die Politik Napoleons, die durch ihre Neutralität den preußischen Waffen freie Bahn gelassen hatte. Unter den Deutschen aber mußten diese Erfolge die Ueberzeugung wachh rufen, daß sie unbedingt das Machtwort in Europa sprechen könnten, wenn sie einig und eng verbunden wären.

Friedenspräliminarien

zu Nikolsburg zwischen Preussen und Oesterreich,

26. Juli 1866.

JJ. MM. der Kaiser von Oesterreich und der König von Preussen, beseelt von dem Wunsche, ihren Ländern die Wohlthaten des Friedens wiederzugeben, haben zu diesem Ende und behufs Feststellung von Friedenspräliminarien zu ihren Bevollmächtigten ernannt: Se. Maj. der Kaiser von Oesterreich die HH. Grafen Karolyi und Frhrn. v. Brenner-Felsach; Se. Maj. der König von Preussen: den Ministerpräsidenten Grafen v. Bismarck-Schönhausen, welche, nachdem ihre Vollmachten ausgetauscht und in richtiger Form befunden, über folgende Grundzüge als Basis des demnächst abzuschliessenden Friedens übereingekommen stnd.

Art. I. Der Territorialbestand der österreichischen Monarchie, mit Ausnahme des lombardisch-venetianischen Königreichs, bleibt unverändert. Se. Maj. der König von Preussen verpflichtet sich, seine Truppen aus den bisher von denselben occupirten österreichischen Territorien zurückzuziehen, sobald der Friede abgeschlossen sein wird, vorbehaltlich der im definitiven Friedensschlusse zu treffenden Massregeln wegen einer Garantie der Zahlung der Kriegsentschädigung.

Art. II. Se. Maj. der Kaiser von Oesterreich erkennt die Auflösung des bisherigen deutschen Bundes an, und gibt seine Zustimmung zu einer neuen Gestaltung Deutschlands ohne Betheiligung des österreichischen Kaiserstaats. Ebenso verspricht Se. Majestät, das engere Bundesverhältniss anzuerkennen, welches Se. Maj. der König von Preussen nördlich von der Linie des Mains begründen wird, und erklärt sich damit einverstanden, dass die südlich von dieser Linie gelegenen deutschen Staaten in einen Verein zusammentreten, dessen nationale Verbindung mit dem norddeutschen Bunde der näheren Verständigung zwischen beiden vorbehalten bleibt.

Art. III. Se. Maj. der Kaiser von Oesterreich überträgt auf Se. Maj. den König von Preussen alle seine im Wiener Frieden vom 30. Oct. 1864 erworbenen Rechte auf die Herzogthümer Holstein und Schleswig, mit der

Massgabe, dass die Bevölkerungen der nördlichen Districte von Schleswig, wenn sie durch freie Abstimmung den Wunsch zu erkennen geben, mit Dänemark vereinigt zu werden, an Dänemark abgetreten werden sollen.

Art. IV. Se. Maj. der Kaiser von Oesterreich verpflichtet sich, behufs Deckung eines Theils der für Preussen aus dem Krieg erwachsenen Kosten, an Se. Maj. den König von Preussen die Summe von 40 Mill. Thlrn. zu zahlen. Von dieser Summe soll jedoch der Betrag der Kriegskosten, welche Se. Maj. der Kaiser von Oesterreich laut Art. 12 des gedachten Wiener Friedens vom 30 Oct. 1864 noch an die Herzogthümer Schleswig und Holstein zu fordern hat, mit 15 Mill. Thlrn., und als Aequivalent der freien Verpflegung, welche die preussische Armee bis zum Friedensschluss in den von ihr occupirten österreichischen Landestheilen haben wird, mit 5 Millionen in Abzug gebracht werden, so dass nur 20 Millionen baar zu zahlen bleiben.

Art. V. Auf den Wunsch Sr. Maj. des Kaisers von Oesterreich erklärt Se. Maj. der König von Preussen sich bereit, bei den bevorstehenden Veränderungen in Deutschland den gegenwärtigen Territorialbestand des Königreichs Sachsen in seinem bisherigen Umfange bestehen zu lassen, indem er sich dagegen vorbehält, den Beitrag Sachsens zu den Kriegskosten und die künftige Stellung des Königreichs Sachsen innerhalb des norddeutschen Bundes durch einen mit Sr. Maj. dem König von Sachsen abzuschliessenden besonderen Friedensvertrag näher zu regeln. Dagegen verspricht Se. Maj. der Kaiser von Oesterreich die von Sr. Maj. dem König von Preussen in Norddeutschland herzustellenden neuen Einrichtungen einschliesslich der Territorialveränderungen, anzuerkennen.

Art. VI. Se. Maj. der König von Preussen macht sich anheischig, die Zustimmung seines Verbündeten, Sr. Maj. des Königs von Italien, zu den Friedenspräliminarien und zu dem auf dieselben zu begründenden Waffenstillstand zu beschaffen, sobald das venetianische Königreich durch Erklärung Sr. Maj. des Kaisers der Franzosen zur Disposition Sr. Maj. des Königs von Italien gestellt sein wird.

Art. VII. Die Ratificationen der gegenwärtigen Uebereinkunft werden binnen längstens zwei Tagen in Nikolsburg ausgetauscht werden.

Art. VIII. Gleich nach erfolgter und ausgetauschter Ratification der gegenwärtigen Uebereinkunft werden Ihre beiden Majestäten Bevollmächtigte ernennen, um an einem noch zu bestimmenden Ort zusammenzukommen und auf der Basis des gegenwärtigen Präliminarvertrags den Frieden abzuschliessen und über die Detailbedingungen desselben zu verhandeln.

Art. IX. Zu diesem Zwecke werden die contrahirenden Staaten, nach Feststellung dieser Präliminarien, einen Waffenstillstand für die kaiserlich österreichischen und königlich sächsischen Streitkräfte einerseits und die königlich preussischen anderseits abschliessen, dessen nähere Bedingungen in militärischer Hinsicht sofort geregelt werden sollen. Dieser Waffenstillstand wird

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