Reise in den Orient in den Jahren 1832 und 1833: Erinnerungen, Empfindungen, Gedanken und Landschaftsgemälde, Band 1

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J.B. Metzler, 1835
 

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Beliebte Passagen

Seite 141 - Phi» dias ausgeschmückt; — das einzige, jedes andere ausschließende Urbild des Schönen für die Baukunst wie für die Bildhauerei, — eine Art von göttlicher Offenbarung der idealen Schönheit, wie sie eines Tages ein einzig und vor Allem künstlerisches Volk erfaßte und der Nachwelt in unvergänglichen Marmorblöcken und in Bildhauereien, welche ewig leben werden, überlieferte. Dieses Denkmal, seine Lage, sein natürliches Fußgestell, seine mit unerreichbaren Statuen geschmückten Treppen,...
Seite 142 - Kapitäler zerfallen, seine Triglyphen von den Agenten Lord Elgins ausgebrochen, seine Statuen von englischen Schiffen fortgeführt, so bleibt doch noch genug übrig, um zu fühlen, daß es das vollkommenste Gedicht ist, in Stein auf die Tafel der Erde geschrieben; dabei aber fühle ich immer noch, es ist zu klein, die Wirkung versagt oder ist zerstört.
Seite 260 - Wir gingen von da mit einem der Stallmeister, um die Höfe und die Ställe zu besuchen, wo die prächtigen arabischen Zuchtpferde angebunden waren. Man muß die Ställe von Damaskus oder die des „Emir Beschir" besucht haben, um eine Idee von den arabischen Pferden zu bekommen. Dieses herrliche zierliche Thier verliert von seiner Schönheit, seiner Zahmheit und seiner malerischen Form, wenn man es von seinem Geburtslande und seinen heimathlichen Gewohnheilen in unsere kalten Klimate, in die Dunkelheit...
Seite 260 - Ball seiner hervorstehenden Augen abwechselnd bald verhüllt, bald entschleiert. — Hauptsächlich muß man es sehen, wie es hier war: in einer Masse von zwei bis dreihundert Pferden: die einen auf dem Staube des Hofes gelagert, die andern mit eisernen Ringen gefesselt und an lange Stricke gebunden, welche durch diese Höfe gehen; andere, die sich losgemacht haben, auf dem Sande mit einem Sprunge über die Reihen der Kameele setzend, die sich ihrem Laufe entgegenstellen; diese an der Hand von jungen,...
Seite 147 - Sammelplaz für alle Meisterstücke des Genies und der Menschenhand, als einen der Verehrung der Götter geweihten Ort daraus machen, oder vielmehr es war der griechische Genius in seiner ganzen Fülle, der hier unter diesem Zeichen sich selbst als eine der Gottheit dargebrachte Huldigung darstellte. Die Namen Aller, welche für das Parthenon einen Stein behauen oder eine Statue modellirt haben, sind unsterblich geworden.
Seite 164 - Zusammcnseyn und Lebewohl die Eindrücke vervielfältigen, welche der Gang eines angesessenen Lebens nur in seltenen Abschnitten darbietet; es heißt hundertmal im Iahre die Fälle des gewöhnlichen Lebens erfahren, Wesen, welche die Vorsehung auf unfern Weg führt, kennen zu lernen, lieb zu gewinnen und zu verlieren. Abreisen ist wie sterben, wenn man jene fernen Länder verläßt , wohin das Geschick den Reisenden nicht zweimal führt. Reisen ist: ein langes Leben in wenige Iahre zusammenfassen;...
Seite 261 - Liebkosungen und dem schmeichelnden Schnalzen unserer Hand. Unglaublich ist die Beweglichkeit und Durchsichtigkeit der Physiognomien dieser Pferde, wenn man nicht selbst Zeuge davon gewesen ist. Alle ihre Gedanken malen sich in ihren Augen und in der krampfhaften Bewegung ihrer Backen, ihrer Lippen, ihrer Nüstern mit so viel Deutlichkeit, als die Eindrücke der Seele auf einem Kindergesichte. Als wir uns ihnen das erstemal näherten, verzogen sie das Gesicht mit Geberden des Widerwillens und der...
Seite 261 - Zeuge davon gewesen ist. Alle ihre Gedanken malen sich in ihren Augen und in der krampfhaften Bewegung ihrer Backen, ihrer Lippen, ihrer Nüstern mit so viel Deutlichkeit, als die Eindrücke der Seele auf einem Kindergesichte. Als wir uns ihnen das erstemal näherten, verzogen sie das Gesicht mit Geberden des Widerwillens und der Neugierde gerade so, wie man sie an einem Menschen von starken Eindrücken beim Anblick eines unvorhergesehenen und beunruhigenden Gegenstandes hätte sehen können. Unsere...
Seite 260 - Gewohnheilen in unsere kalten Klimate, in die Dunkelheit und die Einsamkeit unserer Ställe verpflanzt. Man muß es sehen vor der Thür des Zeltes der Araber der Wüste, den Kopf zwischen den Beinen, die lange schwarze Mähne wie einen beweglichen Sonnenschirm ausbreitend und mit dem Schweife, dessen Spitze immer purpurn bemalt wird, seine glatten Weichen wie von polirtem Kupfer oder Silber bewedelnd; man muß es sehen in der Pracht seiner mit Gold und Perlenstickereien besetzten Schabracken, mit...
Seite 261 - Sklaven legen liebkosend ihren Kopf auf die Schulter dieser Kinder, andere frei, ohne Koppel, spielen gleich Füllen auf einer Wiese. Eins springt gegen das andere auf, oder sie reiben die Stirn gegen einander, oder belecken sich gegenseitig ihr schönes silberglänzendes Haar. — Alle betrachten uns mit einer unruhigen, neugierigen Aufmerksamkeit wegen unserer europäischen Tracht und unserer fremden Sprache. Bald aber werden sie zutraulich und recken zierlich den Hals nach unsern Liebkosungen...

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