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So begnügte man sich denn auch in der nun folgenden Periode damit, auf den Grundlagen Erzherzog Karls weiterzubauen, ja man errichtete trotz des bedeutenden Gebietszuwachses, welchen das lombardo-venetianische Königreich der Monarchie gebracht hatte, ebensowenig alle aufgelösten Truppenteile, als man die übernommene, recht ansehnliche französisch-venetianische Kriegsflotte als Grundstock für eine achtunggebietende Macht zur See benützte. Nur 5 Infanterieregimenter (Nr. 13, 23, 38, 43 und 45) wurden mit Hilfe der aufgelösten italienischen leichten Bataillone wieder errichtet, ferners aus anderen Kriegsformationen das Tiroler Kaiserjägerregiment, ein italienisches Chevauxlegersregiment (Nr. 7) und ein 5. Artillerieregiment. Die Pioniere, welche im Laufe der Feldzüge wieder auf 3 Bataillone zu 6 Kompagnien angewachsen waren, wurden auf 2 Bataillone zu 4 Kompagnien reduziert, die sich freilich im Kriege auf die doppelte Zahl komplettieren sollten. Alle Freikorps wurden aufgelöst.

In der Zeit bis zu Erzherzog Karls Tode änderte sich in der Organisation der Armee wenig. Nur die im Jahre 1831 einberufenen 1. Landwehrbataillone der nichtungarischen Infanterieregimenter blieben fernerhin auch im Frieden bestehen. Der Artillerie wurde eine neue Waffe angegliedert, das »Raketteurkorps, welches bis 1847 auf 8 Kompagnien vermehrt wurde, ferner eine Anzahl Bildungsschulen, so 4 Kadettenkompagnien, die Pionierkorpsschule u a. m. und schließlich ein illyrisch-banater Grenzbataillon aufgestellt, welches im Jahre 1845 zu einem Grenzinfanterieregiment mit der Nr. 18 komplettiert wurde. Hingegen wurde durch Einführung des Kriegsbrückensystems Birago und dessen Überweisung an die Pioniertruppe das Pontonierkorps überflüssig und im Jahre 1843 aufgelöst, beziehungsweise mit dem Pionierkorps verschmolzen.

Schon bei der Wiederbesetzung Dalmatiens hatte man wieder eine kleine Flottille ausgerüstet. Mit der Besitznahme von Venedig fiel aber neuerdings ein ansehnliches Flottenmaterial in österreichische Hände. Nicht weniger als 5 ausgerüstete und 7 in Bau befindliche Linienschiffe waren darunter. Aber binnen wenigen Jahren waren infolge mangels. an Mitteln all diese Schiffe demoliert oder rasiert und in Blocksschiffe zum Hafendienst verwandelt, 2 von ihnen in Fregatten umgewandelt.

Streffleur 1912. II.

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Ein kaiserliches Reskript vom Jahre 1817 bestimmte, daß die k. k. Flotte aus 3 Fregatten, 8 Briggs oder Goeletten und 33 Kanonenschaluppen bestehen sollte.

Außerdem wurde 1 Bataillon Marineinfanterie errichtet, das bis zum Tode Erzherzog Karls auf 6 Kompagnien anwuchs, und ein Marineartilleriekorps, das eine Stärke von 3 Kompagnien erreichte.

Diese Streitmacht, die sich bis 1847 in ihrer Stärke noch wenig änderte, welche 1828 vor El Areisch die Feuertaufe erhielt, 1840 vor Beirut, Saida und St. Jean d'Acre unter dem heldenmütigen Sohne des Siegers von Aspern und Reorganisators der kaiserlichen Armee sich die ersten bedeutenden Lorbeern pflückte, bildet dennoch die Grundlage der heutigen k. u. k. Kriegsmarine, welche von da an sich in stetig aufsteigendem Aste entwickelte.

So war die Armee, als Erzherzog Karl im Jahre 1847 die Augen für immer schloß, trotzdem die Monarchie größer geworden war, an Zahl der Formationen eigentlich schwächer als im Jahre 1809. Sie hatte um 3 Infanterieregimenter und um das Pontonierkorps weniger als damals, hingegen um 7 Jägerbataillone, 1 Kavallerie-, 1 Artillerieregiment und 1 Grenzregiment mehr.

Daß die Organisation, welche Erzherzog Karl der Armee gegeben, durch vier Jahrzehnte, selbst in teilweise reduziertem Maße, beibehalten werden konnte, trotzdem Österreich damals im Konzerte der europäischen Mächte die erste Stimme. hatte, ist der beste Beweis für ihre Trefflichkeit. Ebenso wie es für den Geist zeugt, den der Erzherzog ihr einzuhauchen verstanden, daß sie es war, welche ein Jahr nach seinem Tode inmitten eines Chaos von Feinden die Monarchie rettete und zusammenhielt, indem sie wie ein Mann aufstand aus ihrem Dornröschenschlaf und äußere wie innere Feinde zerschmetterte, trotz der vorangegangenen 3 Jahrzehnte des Friedens, des Sparens und des Administrierens.

Erzherzog Karl von Österreich.

Ein Lebensbild, von Obstl. Criste des Kriegsarchivs.

Besprochen von GdI. v. Woinovich *).

II. Band. Vom Frieden von Campo Formio bis zum Ausbruche des Krieges 1809.

D

Nach dem hergestellten Frieden war es Thuguts erstes Werk, den Erzherzog Karl, von dem er nun wußte, daß er niemals ein gefügiges Werkzeug seiner Pläne werden würde, von jedem politischen Geschäfte ferne zu halten. Schon am 12. Dezember 1797 erfolgte dessen Ernennung zum Gouverneur und Generalkapitän des Königreiches Böhmen, jedoch mit lediglich militärischem Wirkungskreise. Gleichzeitig hatte der Kaiser eine »Militärhofkommission<< zu dem Zwecke der Reorganisation der Armee unter dem Vorsitze des alten FZM. Alvintzi einberufen und angeordnet, daß dem Erzherzog deren Entwürfe zur Beurteilung zuzusenden seien. Der Erzherzog hatte schon früher die prophetischen Worte ausgesprochen: Unsere Armee, folglich unsere Monarchie, wird furchtbar sein, wenn unsere Kriegsmacht im stande und auf einen guten Fuß gesetzt wird - wie dies zu geschehen hätte, bildet den Hauptgegenstand aller meiner Betrachtungen, all meines Nachdenkens«. Hiebei wollte er jedoch vorsichtig, schrittweise vorgegangen wissen, allen überhasteten, allzuweit gehenden Neuerungen war er abhold, so wiederriet er einer neuen phantastischen Einteilung der Armee in Legionen, überflüssigen Adjustierungs- und Bewaffnungsänderungen und fand auch die finanzielle Basis der in Vorschlag gebrachten Reorganisationen schwankend und diese überhaupt für zweckwidrig, so lange sie im großen auf eine Verminderung des Standes der Armee mit beträchtlicher Vermehrung der Auslagen hinausliefen. Die Neuorganisation der Armee mit ihren unvermeidlichen Störungen und Hemmnissen ward aber dennoch, trotz mancher Einsprüche des Erzherzogs, durchgeführt. Auch hinsichtlich des »Operationsplanes für den Fall eines neuen Krieges

*) Siehe Juniheft.

gegen Frankreich, erhob da Karl gewichtige Einsprache. Dieser Plan beschränkte sich auf die strengste Defensive, auf die Verteidigung des Inn im Anschlusse an jene der Westgrenze Böhmens durch eine Reihe verschanzter Posten im Sinne des alten Kordonssystems, die durch den Geniegeneral Lauer ausgemittelt werden sollten, während der Erzherzog, dem Prinzipe der offensiven Verteidigung huldigend, für den Aufmarsch der konzentrierten Hauptkraft am Lech eintrat.

Erzherzog Karl befand sich zu Teplitz, wo er eines Augenleidens wegen weilte, als er die Nachricht vom Tode seiner geliebten zweiten Mutter, der Erzherzogin Marie Christine erhielt, der er Zeit seines Lebens das innigste Gedenken bewahrte.

Im Sommer 1798 erhielt Karl in Prag den Besuch des russischen Feldmarschalls Repnin, der in geheimer Mission seines Hofes von Berlin über Prag nach Wien reiste. Es handelte sich um die Anbahnung inniger Beziehungen zwischen beiden Kaiserhöfen, welche durch die Vermählung der Tochter Kaiser Pauls I. von Rußland. Großfürstin Alexandra Pawlowna, mit einem österreichischen Erzherzog inauguriert werden sollte. Es ist bezeichnend für das Versteckenspiel Thuguts dem Erzherzoge gegenüber, daß dieser nichts davon wußte, daß neben seinem Bruder Josef, dem die Großfürstin in der Folge angetraut wurde, auch sein Name als der des präsumtiven Bräutigams genannt worden war. Aber auch von Repnin erfuhr Karl weder über das Heiratsprojekt noch über die sonstigen politischen Verhandlungen zwischen Österreich und Rußland irgend etwas; Thugut hatte ängstlich darüber gewacht, daß alle seine Pläne in geheimnisvolles Dunkel gehüllt blieben und daß Karl von all den Wendungen und Wandlungen seiner Politik nichts erfuhr. Nur beunruhigten ihn Andeutungen des Kaisers in dessen Briefen, wie etwa »daß unsere Lage seit dem Frieden viel häcklicher sei als jemals", in Anbetracht der im Zuge befindlichen Organisationsänderungen nicht wenig. Unmutig meinte er denn auch: »an die militärischen Schwierigkeiten denkt niemand; man glaubt, man dürfe nur, Marsch! sagen und alles werde gehen und klagt dann: alle Welt quält mich mit Fragen, was ich (im Kriegsfall) unternehmen werde und ich kann nur ausweichend antworten die wenigsten setzen voraus, daß ich gar nichts weiß«.

In tiefster Besorgnis sah Karl dem Ausbruche eines neuen Krieges entgegen, denn er hatte scharfen Blickes erkannt, wie unzweckmäßig und unvollständig die Mittel zu einem Kriege mit einem merkwürdigerweise noch immer unterschätzten Gegner vorbereitet worden waren. Indessen waren die Ereignisse schon so weit gediehen, daß die Truppen in Oberösterreich und an der böhmischen Grenze zusammengezogen wurden. Am 6. Oktober wurde Karl vom Kaiser ad audiendum verbum nach Wien berufen. Hier ward die Heirat

seines Bruders Josef mit der Großfürstin Maria Pawlowna festgesetzt, gleichsam als Unterpfand des eben mit Rußland geschlossenen Bündnisses, worauf Karl nach München abreiste, um den Kurfürsten von Bayern zum Beitritt zur Koalition zu bewegen, was ihm nach vielen Schwierigkeiten insoferne gelang, als sich dieser verpflichtete, 15.000 Mann zur Verfügung des kaiserlichen Generals zu stellen, falls Bayern bedroht würde.

Zur Feststellung des vom Erzherzoge entworfenen Operationsplanes seiner Armee für den bevorstehenden Feldzug entsendete dieser seinen Generalstabschef, den GM. Schmitt, nach Wien. Im großen bestand die Idee des Erzherzogs in einer rückhaltlosen Offensive der in Italien und in Deutschland aufzustellenden Armeen. Leider ließ auch er sich hiebei, den damals herrschenden Ansichten gemäß verleiten, der Schweiz eine übergroße Bedeutung beizumessen. Die Russen sollten am deutschen Kriegsschauplatz auftreten. Gleich zu Anbeginn der Besprechungen Thuguts mit Schmitt stellte ersterer das Verlangen, daß der Erzherzog 10.000 Mann von seiner Armee nach Italien absende, da ihn die Ereignisse in Neapel für diesen Kriegsschauplatz besorgt machten. Hiebei ging Thugut sogar so weit, daß dem Erzherzog die Regimenter, welche abzusenden waren, namentlich bekannt gegeben wurden. Gleichzeitig verlangte Thugut auch, daß ein Korps der Armee Karls von Lech nach Würzburg vorpoussiert werde, um die Franzosen zu verhindern, Kräfte nach Italien zu verschieben. Gegen letzteren Nonsens protestierte nun Karl auf das entschiedenste, da dieser zu einer Zersplitterung der Armee führen mußte. Aber noch weiter gingen die Eingriffe Thuguts in die Operationen. Er verlangte, daß der Erzherzog an Stelle der aus Vorarlberg nach Tirol gezogenen Truppen, durch 17 Bataillone der Armee des Erzherzogs verstärkt werden sollten, wodurch die Operationsarmee in Deutschland auf 39 Bataillone reduziert worden wäre. Unglücklicherweise traf um diese Zeit FML. Graf Bellegarde, der die Streitkraft in Tirol kommandierte, in Wien ein und vereinbarte mit Thugut ein dem. Operationsplan des Erzherzogs völlig konträres Vorgehen. Statt eines einheitlichen Angriffes der Armeen in Deutschland und in Italien trat nun die defensive Sicherung von Tirol durch eine selbständige Armee unter Bellegarde selbst, 50 Bataillone, 14 Eskadronen auf Kosten der Armee Karls und Melas (in Italien), welch erstere am Lech nur mehr aus 54 Bataillonen und 138 Eskadronen zu bestehen hatte, während die italienische Armee an der Etsch 82 Bataillone, 76 Eskadronen zählte.

Der Umstand, daß hiedurch die auf dem entscheidendsten und wichtigsten Kriegsschauplatz stehende Armee so geschwächt wurde, daß sie dem Gegner gegenüber, der dort über 80.000 Mann verfügte, in eine elende und zugleich gefährliche Defensive gedrängt wurde.

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