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Reiterscharen ohne Entgelt“ geworben und gesendet haben, z. B. gleich zur ersten, der Wormser Fehde, 300 Reisige. Nur an einem der Kämpfe Sickingens hatten die Kronberger ein direktes Interesse: an dem Zuge gegen den jungen Landgrafen Philipp von Hessen, dessen Vater im pfalzbayrischen Kriege den Kronbergern einige Besizungen im Ried weggenommen hatte. Die rasche und glückliche Durchführung dieses Zuges (1518) brachte den Kronbergern zwar die verlorenen Besizungen zurück, verschaffte ihnen aber zugleich einen Todfeind, der die im Jugendalter erlittene Niederlage nicht vergaß und sie später Hartmuth wie den unmündigen Kindern Caspars, überhaupt dem ganzen Geschlechte der Kronberger in härtester Weise heimzahlte.

Speziell Hartmuth von Kronberg sein Better Caspar war schon 1520 gestorben - nahm aber nicht nur an den Fehdezügen Sickingens teil, sondern gehörte auch zu den Allerintimsten des Sickingenschen Kreises, zu den vertrauten Beratern, die in die politischen Pläne und Bestrebungen des „leßten Ritters" sehr genau eingeweiht waren. So wirkte Hartmuth auch mit bei der Rolle, die Sickingen bei der Kaiserwahl Karls V. spielte, und erhielt dafür von den Desterreichern ein Jahrgehalt von 200 Goldgulden ausgeseßt. Nicht minder eifrig beteiligte sich Hartmuth an den Bestrebungen, die einen Zusammenschluß der Reichsritterschaft gegen die wachsende Fürstenmacht bezweckten und deren Seele ja Franz von Sickingen war; sowohl an dem Landauer Rittertag wie an der Friedberger Ritter-Einung (1522) nahm Hartmuth von Kronberg aktiven Anteil. Und als Sickingen seinen Feldzug gegen Trier unternahm, um in dem Erzbischof Richard sowohl den Reichs- wie den Kirchenfürsten zu treffen, sich selbst zugleich dadurch in die Reihe der Reichsfürsten zu drängen, da stand Hartmuth mit seiner ganzen Sympathie auf Sickingens Seite, wenn er den Feldzug auch nicht persönlich mitmachte, sondern in dieser Zeit die Ebernburg behütete. Aber was er außerdem zur Förderung des Unternehmens thun konnte, das hat er gethan - mit Geld und Truppen, mit Rat und That hat er den Freund unterstüßt, nachdem er dem Erzbischof die Lehenspflicht aufgesagt. 2) Hartmuth kam es dabei allerdings hauptsächlich darauf an, daß in dem Trierer Kirchenfürsten ein

Hauptgegner der Reformation beseitigt, dem „Evangelium eine Gasse" gemacht werden sollte. Denn Hartmuth hatte sich_inzwischen der neuen Lehre mit vollster Hingebung zugewendet.

Es war wohl ebenfalls der Sickingensche Kreis gewesen, in dem Hartmuth Fühlung mit der Lutherischen Reformation ge= wonnen. Aber rascher und rückhaltsloser schloß er sich den religiösen Reformbestrebungen an, als sein weltlicher und bedächtiger Freund, und schon im Jahre 1520 finden wir ihn im Verein mit Hutten auf der Ebernburg damit beschäftigt, auf Sickingen zu Gunsten Luthers einzuwirken. Am Wormser Reichstag nahm Hartmuth dann so leidenschaftlichen Anteil, daß er, nachdem er vergeblich bei dem Erzbischof von Trier und selbst beim Kaiser für Luther eingetreten war, nach der Entscheidung gegen Luthers Lehre dem Kaiser sein Jahrgehalt aufsagte und sogar eine Zeitlang mit Sickingen zerfallen zu sein scheint, weil dieser seine politischen Pläne über die kirchlichen stellte und nicht zu einem bewaffneten Vorgehen zu bewegen war. - Im Herbste des Jahres 1521 begann Hartmuth seine literarische Thätigkeit, die er fast zwei Jahre lang fortseßte. Die kühne Rücksichtslosigkeit, der ehrliche Freimut seiner Schriften zogen ihm dabei viele Gegner zu und haben zweifellos dazu beigetragen, das Strafgericht zu verschärfen, das nach dem unglücklichen Ausgang der Trierer Fehde sich über den Häuptern Sickingens und seiner Freunde entlud.

Als Sickingen nach der erfolglosen Berennung der Stadt Trier vor den herannahenden Truppen des Landgrafen von Hessen und des Kurfürsten von der Pfalz den Rückzug angetreten, schließlich sein Heer entlassen und sich selbst auf seine feste Ebernburg zurückgezogen hatte, da war auch Hartmuth von Kronberg auf seine Burg zurückgekehrt. Trier, Pfalz und Hessen aber hatten sich vereinigt, um in raschem Ansturm zunächst die hauptsächlichsten Anhänger Sickingens, soweit sie an dem Zug gegen Trier direkt oder indirekt beteiligt waren, zu strafen und zu vernichten, um dadurch Sickingens Machtquellen zu verstopfen. Der erste, der dieser Vereinigung zum Opfer fiel, war Hartmuth von Kronberg. Persönlich zogen die drei Fürsten heran und lagerten sich mit großer Macht vor Burg und Stadt Kronberg. Hartmuth, obgleich auf keine Verteidigung vorbereitet, hielt sich ein paar Tage wacker

gegen den Feind, konnte aber natürlich der Uebermacht auf die Dauer nicht widerstehen; er verließ deshalb Kronberg durch einen geheimen Gang und entfam glücklich. Sein Vetter Quirin von Kronberg, der einzige aus dem Geschlechte, der zur kritischen Zeit bei Hartmuth geweilt, übergab Stadt und Burg am 15. Oktober 1522 den drei Fürsten. Dieselben ergriffen sofort Besiß von der Herrschaft, und zwar Anfangs gemeinsam; erst bei der Verteilung der Beute nach dem Tode Sickingens wurden die Kronbergischen Besitzungen gänzlich dem Landgrafen Philipp überwiesen und von diesem auch nicht etwa Hartmuth allein, sondern der ganzen Familie Kronberg lange Jahre hindurch vorenthalten, trog aller Eingaben, Beschwerden, Klagen vor Reichsregiment, Reichstag, Kammergericht und Kaiser, und trog aller möglichen Beschlüsse, Befehle und Erlasse aller dieser Instanzen. - Am schlimmsten war natürlich Hartmuth selbst weggekommen, der aus der Katastrophe gerade nur die Freiheit gerettet hatte. Aber er verzagte nicht im Unglück. Vor allem vertraute er fest auf Gott und fand, wie aus allen den Schriften hervorgeht, die er noch in der Verbannung herausgegeben, Trost und eine geradezu bewunderungswürdige Fassung in seinem unerschütterlichen Glauben. Aber er legte troß dieser Ergebung in den Willen Gottes feineswegs die Hände thatenlos in den Schoß, sondern entfaltetete eine eifrige Thätigkeit, um wieder zu dem Seinigen zu kommen. Er hatte das volle Bewußtsein, daß ihm bitteres Unrecht geschehen war; denn er hielt einmal seine Teilnahme an den Trierer Ereignissen für durchaus berechtigt3) und die von den Fürsten bethätigte „Nacheile auf frischer That“ für ganz ungeseßlich, weil er an dem eigentlichen Kriegszuge nicht teilgenommen hatte; dann aber hatte er sich vor und während der Belagerung von Kronberg wiederholt zu rechtlichem Verhör erboten, vor Schiedsrichtern mannigfacher Art, ja vor den drei Fürsten selbst. Zudem war Kronberg Reichslehen, das der ganzen Familie gemeinsam, nicht einem Mitgliede allein gehörte, und das ohne Zustimmung des Kaisers nicht in andere Hände übergehen durfte. Hartmuth wußte indes gut genug, daß er vorläufig von dem Rechtswege nicht viel zu erwarten habe; wenn er deshalb auch das Reichsregiment und den Statthalter Erzherzog Ferdinand anrief, so

legte er doch größeres Gewicht auf die Selbsthilfe, zuerst natürlich im Anschluß an die durch die drei Kriegsfürsten noch bedrohten Urheber des Zuges gegen Trier; um Sickingens Macht zu stärken, begab er sich deshalb nach Böhmen und, als er dort wenig Erfolg hatte, nach der Schweiz. Auch hier gelang es ihm aber nicht, Hilfe zu finden; er kehrte deshalb Anfang 1523 wieder nach Deutschland zurück, um persönlich auf dem Rittertage zu Schweinfurt die ritterschaftliche Unterstützung gegen die drei Kriegsfürsten zu erlangen und auf dem Nürnberger Reichstag Beschwerde zu führen. Beides war umsonst die Ritterschaft leistete nur auf dem Papier Hilfe und um die Reichsinstanzen kümmerten sich die drei Fürsten nicht. Auch ein Versuch, dem jezt von seinen Gegnern hartbedrängten Sickingen zu Hilfe zu kommen, schlug fehl, und Hartmuth mußte, nachdem die Hoffnungen auf die Städte zerronnen waren, in die Verbannung nach Basel zurückkehren, diesmal in Begleitung seiner Familie; Sickingens Schicksal war besiegelt und damit zugleich dasjenige Hartmuths. Zwar gab dieser auch nach dem Tode des Freundes nicht alle Hoffnung auf; unermüdlich wurden von ihm und dem gleichfalls in Basel weilenden Schweickart von Sickingen Pläne geschmiedet, einflußreiche Freunde in Deutschland in Bewegung gesezt — doch Alles war umsonst. Ebenso blieb die Verbindung, welche Hartmuth und seine Genossen mit dem Herzog Ulrich von Württemberg anknüpften, ohne Resultat. Jeder Appell an die Gewalt war gescheitert.

Nicht minder aber mißlangen jezt auch die Versuche, dem Landgrafen von Hessen auf dem Rechtswege beizukommen Philipp hielt eisern fest, was er hatte. Hartmuth wandte sich direkt an den Kaiser; es erging ein kaiserliches Mandat nach dem andern zu seinen Gunsten - vergeblich. Eben so vergeblich waren die Aussöhnungsversuche, die von dritter Seite wiederholt unternommen wurden. Erst als Hartmuth persönlich mit dem Landgrafen anknüpfte, zeigte sich einige Aussicht für ihn auch dann dauerte es noch jahrelang, bis wirklich ein Vertrag zu Stande fam. Erst Bucers Fürsprache brachte es zuwege, daß. der Landgraf nach und nach milderen Sinnes wurde und schließlich 19 Jahre nach der Eroberung von Kronberg, am 2. November 1541.

aber

sich mit Hartmuth und den Kronbergern überhaupt vertrug. Hartmuth wurde in alle seine Besizungen wieder eingeseßt, mußte aber ewige Erböffnung von Kronberg gegen Hessen geloben; von irgend einer Entschädigung für ihn oder die anderen Mitglieder der Familie war nicht die Rede; und doch wird der pekuniäre Verlust, den allein Hartmuth in den Jahren der Verbannung gehabt, von Bucer selbst auf 30000 Goldgulden veranschlagt. - Die letzten Lebensjahre Hartmuths verliefen in verhältnismäßiger Ruhe. An den kirchenpolitischen Streitigkeiten nahm er keinen aktiven Anteil; wenn er auch nach wie vor unerschüttert auf seinem protestantischen Standpunkte verharrte, so war er doch dem Kaiser persönlich zu allzugroßem Danke verpflichtet und hatte zu große Unbill von dem Landgrafen erduldet, als daß er im schmalkaldischen Kriege Partei für den letzteren ergriffen hätte. Er blieb neutral, wurde aber nach der Niederlage Philipps vom Kaiser selbst des Vertrages mit Hessen entbunden und wieder in den unbeschränkten Besitz seiner Güter als Reichslehen eingesetzt. Am 7. August 1549 beschloß Hartmuth sein Leben und wurde mit seiner Gattin Anna, die 40 Jahre lang getreulich Freud und Leid mit ihm geteilt und ihm schon am 14. April 1551 ins Grab folgte, in der Schloßkirche zu Kronberg beigesetzt.

„Den unschuldigsten und frömmsten in unserem Orden“ nennt Hutten einmal den Freund in seiner flammenden Philippika gegen den Pfalzgrafen (im Herbst 1522). Und in der That das Wort trifft voll und ganz auf Hartmuth von Kronberg zu; auch in der großen Zahl bedeutender und eigenartiger Charaktere, opferfreudiger und begeisterungsvoller Glaubenszeugen, die in der Reformationszeit hervorgetreten sind, nimmt er durch seine Charakterfestigkeit und Uneigennüßigkeit, seine Frömmigkeit und Ueberzeugungstreue, seine Ehrlichkeit und Unerschrockenheit und nicht zum Wenigsten durch seine unantastbare sittliche Reinheit eine ehrenvolle Stellung ein. Unter den Zeitgenossen ist denn auch das Urteil über Hartmuth beinahe ebenso einstimmig, wie unter den späteren Geschichtsschreibern, das günstigste. Fast nur Wigand Lauze, der Hofhistoriograph des Landgrafen Philipp, macht aus leicht begreiflichen Gründen eine Ausnahme es mochte dem Landgrafen in evangelischen Kreisen vielfach verübelt

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