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Viertes Kapitel.

Die Zeit von 1864 bis 1866.

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Es würde die der Regimentsgeschichte gestellte Aufgabe weit überschreiten, wollten wir hier eine ausführliche Beschreibung des Feldzuges von 1864 geben. Dies ist erschöpfend in einer Reihe von Werken geschehen, in klassischer Weise in dem Generalstabswerk.

Es soll vielmehr lediglich an der Hand der Batterieakten und freundlichst zur Verfügung gestellter Privat-Tagebücher die Thätigkeit unsrer Batterien betrachtet und gezeigt werden, wie dieselben nach der langen Friedensarbeit die erste ernste Probe bestanden, eine Probe, welche bestanden werden mußte, obwohl sich die Artillerie in jener Zeit „nicht nur hinsichtlich des Geschüßmaterials, sondern auch bezüglich ihrer Taktik in einer Uebergangszeit" befand.1) Der Eintheilung des Generalstabswerkes folgend, bezeichnen wir als:

Erster Abschnitt.

Mobilmachung und Aufmarsch bis zum Pasfiren der Eider.

Die 3. 12 pfündige Fußbatterie.

In Folge der Allerhöchsten Kabinets-Ordre vom 26. November 1863, betreffend die Mobilmachungsvorbereitungen, verließ die Batterie am 8. Dezember Jüterbog, um sich nach Selbitz, Seegrehna und Bleesern bei Wittenberg in Kantonnementsquartiere zu begeben. Es standen bei ihr 2 Offiziere, der Hauptmann und Batteriechef Gülle und Sefondlieutenant Voß.

Mit Empfang der von Jüterbog ankommenden Bekleidungsstücke und der für die Augmentationspferde nöthigen Ausrüstungen, Einkleidung der eintreffenden Mannschaften u. s. w. wurden die nächsten Tage ausgefüllt, die Laffeten wurden nach Wittenberg transportirt, um mit stärkeren Richtböcken versehen zu werden, kurz, es wurde in der gemüthlichen Art der damaligen Zeit die Mobilmachung vorbereitet, und die Arbeiten erfuhren

Die 1. Batteric.

1) Gen. St. S. 52,

auch kaum eine bemerkbare Beschleunigung, als am 16. Dezember Nachmittags 3 Uhr die Allerhöchste Kabinets-Ordre vom Tage zuvor bekannt gemacht wurde, daß auch die 3. 12pfündige Batterie thatsächlich mobil werden solle.

Unter dem 17. d. M. wurden die noch zur Batterie gehörigen Premierlieutenants Trüstedt zur 2. 6pfündigen (heut 5.) Batterie und Sekondlieutenant Vocke zur 1. Haubigbatterie, dagegen Premierlieutenant Müller II. von der 2. 12pfündigen zur diesseitigen Batterie versezt, woselbst letterer auch Tags darauf eintraf.

Bis zum 26. Dezember wurden die oben angedeuteten Arbeiten fortgesett, leider unter sich steigernder Ungunst des Wetters und trotzdem nunmehr unter großer Beschleunigung, da die Batterie Befehl hatte, am 29. Dezember marschbereit zu sein. Von dem Weihnachtsfest war somit für die Batterie wenig zu merken, dagegen konnte ihre Marschbereitschaft schon am 26. Dezember von der vorgesezten III. Abtheilung weiter ge= meldet werden.

Die Belohnung hierfür blieb auch nicht aus: am folgenden Tage marschirte die komplette Batterie nach Wittenberg, um nach 11, Meilen weitem Marsch, auf aufgeweichtem grundlosem Wege zurückgelegt, vor dem Abtheilungskommandeur, Oberstlieutenant Bergemann, zu exerziren. Eine Privatnachricht sagt über den Tag: „Es war den Tag furchtbarer Sturm und Regen. Halbtodt kam ich am Nachmittage um 4 Uhr nach Hause;" Das Batterietagebuch berichtet lakonisch: „Wetter: Sturm, Regen, Schnee, Hagel.“

Dafür fand aber auch statt: „Besichtigung des Ajustements von Mann und Pferd, mündliche Prüfung der Verpackung von Tornister und Mantelsäcken, Bespanntererziren, Eilmarschformation, Besichtigung und Verpackung der Munition, Fahren der Geschütze und Wagen, Prüfung im mündlichen Unterricht, Exerziren zu Fuß und Herstellungsarbeiten.") Somit ist es nicht zu verwundern, daß troß des zufriedenstellenden Ausfalles der Besichtigung „nicht geleugnet werden konnte, daß dieselbe für Mannschaften und Pferde anstrengend war.“

Am 29. Dezember trat Kälte ein, die sich unaufhörlich steigerte; es fiel auch Schnee, so daß am 1. Januar 1864 die Landschaft bei 5o Kälte im schönsten Winterschmuck erglänzte.

Tags darauf traf der Portepeefähnrich Massalsky von der Artillerieschule aus Berlin ein, im übrigen wurde trotz der Kälte eifrig exerzirt, bis am 7. Januar der Befehl eintraf. am 9. d. M. nach der Priegnitz abzumarschiren.

Unter ungünstigen Frostverhältnissen und bei fast durchweg großen Märschen ging der Weg über Brandenburg auf Havelberg und am 16. Januar erhielt die Batterie den telegraphischen Befehl, über die Priegnitz hinauszumarschiren und am 18. d. M. die Gegend von Putliz, Lockstedt und Mansfeld zu erreichen, was auch ausgeführt wurde. PrivatNachrichten besagen noch:

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Die Märsche waren groß, doch inkommodirte uns die Kälte nicht sehr stark, wir gewöhnten uns bald an dieselbe. Während des Marsches wurde öfter eine halbe Stunde zu Fuß gegangen: so wurde das Erfrieren der Füße vermieden. Leute und Pferde befanden sich vollständig gesund und wohl. Die Quartiere waren meist dürftig; die Oefen rauchten gewöhnlich so stark, daß man die Fenster offen halten mußte und dabei natürlich fror.“

1) Batterie-Tagebuch.

Kapuzen und Filzsohlen, welche während des Marsches eintrafen und an die Fahrer verausgabt wurden, halfen die Kälte ertragen. Am 17. Januar steigerte sich dieselbe bis auf 18o, außerdem war scharfer Ostwind, fast gar kein Schutz vor demselben und wenig Sonne, sodaß die Fahrer zu wiederholten Malen absaßen und die Pferde an der Hand führten.

Am 19. Januar wurde die mecklenburgische Grenze überschritten und. Parchim erreicht. Hier waren die Quartiere überall sehr gut, soweit die Wirthe die Leute selbst aufgenommen hatten, was meist geschehen war, da das Entgegenkommen der Bevölkerung ein sehr freundliches war. Zum Theil waren die Leute allerdings auch ausgemiethet und erhielten dann nur dürftige Quartiere. Von einzelnen Quartiererlebnissen wissen Briefe und Tagebücher älterer Herren des Regiments viel zu erzählen, so von dem angenehm verlebten Abend bei dem Pastor B. mit seinen zwei liebenswürdigen Töchtern; bei dem Herrn v. S., dem Verfechter der Leibeigenschaft u. a. m.

Am 26. Januar, einem trüben nebligen Tage, würde Lübeck passirt, wo die Batterie zum ersten Male von einer den Preußen nicht sehr geneigten Bevölkerung gemustert wurde. Da der Bundestag gegen den Marsch durch das von Bundeswegen besetzte Holstein protestirt hatte, hatte die gute Stadt Lübeck geglaubt, ein Gleiches thun zu müssen, aber die Hoffnung der Batterie, daß sie ihre Thore verschließen und damit Gelegenheit zur ersten kriegerischen Aktion geben würde, ging nicht in Erfüllung.

Doch schon der folgende Tag sollte ernstere Berwickelungen bringen. Als die Batterie auf dem Weitermarsche kurz vor Amt Schwertau das großherzoglich oldenburgische Gebiet, durch welches die Straße etwa 10 Minuten lang hindurchführt, betrat, ward seitens des dort stationirten Beamten im Namen seiner Regierung gegen den Durchmarsch protestirt und die Oeffnung des Schlagbaums verweigert. Die Batterie nahm die Verweigerung gebührend entgegen, öffnete den Schlagbaum und setzte den befohlenen Marsch fort. Nach anderer Erzählung befahl nach erfolgter Weigerung des Grenzwächters der Hauptmann Gülle dem Zugführer des 1. Zuges, doch ein Geschütz abproßen zu lassen und den Schlagbaum zu beseitigen. Sehr erschreckt meinte der Wächter, es gäbe doch wohl noch andere Mittel, den Durchmarsch zu erreichen, z. B. mit dem Beil, wie es die anderen Truppen auch gethan hätten". So geschah es denn auch, einige Schläge mit dem Beil gegen die kurz vorher geflickte Stelle in der Mitte des Schlagbaumes machten den Weg frei. Am Ende des Januar war die Gegend von Ploen erreicht; die Unterkunft war hier schon eng, man merkte die Konzentrirung eines größeren Korps auf geringem Raum. Dann marschirte die Batterie am 31. Januar über Kiel nach Cronshagen, eine Meile von der Eider entfernt. An diesem Tage übernahm Premierlieutenant Müller für den zur 6. Division abkommandirten Batteriechef das Kommando der Batterie. Das Tagebuch desselben berichtet:

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Die erhaltenen Befehle lauteten: Morgen ist Ruhe, übermorgen Parade vor Sr. Königlichen Hoheit dem Prinzen Friedrich Carl. Alle Welt glaubte an diese Täuschung, da man über den Stand der politischen Angelegenheiten nichts wußte.

Ich war in der Nacht eben eingeschlafen, als zwischen 12 und 1 Uhr mich ein lautes Rufen weckte. Es ging von einer Ulanen-Ordonnanz aus, welche mir den Befehl brachte: Am 1. Februar Morgens 61⁄2 Uhr steht die 3. 12pfündige Batterie mit der 12. InfanterieBrigade in der Rendezvousstellung an der Chauffee bei Suchsdorf." Der Würfel war also gefallen."

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