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ruhen auch in diesem heiligen Krieg. Der oberste Bundes-Feldherr der deutschen Heere, König Wilhelm von Preußen, er lebe hoch!«

Innerhalb 48 Stunden hatte der norddeutsche Reichstag die ihm obliegenden Geschäfte erledigt. Das war ein gutes Zeichen. Mit Recht durfte das leitende Blatt der National - Liberalen schreiben: »Die Geldmittel für den Krieg sind bewilligt, die ruhige Entschlossenheit des Volkes hat ihren würdigen Ausdruck gefunden und die Welt hat den Grund unserer Ruhe und Zuversicht erfahren. Alles dies geschah in kürzester Frist und es brauchte keine Form der Geschäftsordnung umgangen zu werden, weil sich in der zahlreichen Versammlung kein Mitglied befand, welches durch seinen Einspruch den Gang der Verhandlung aufgehalten hätte. Jeder Beschluß stellt den freiwilligen Entschluß Aller dar. Um dieser seiner Einstimmig keit willen bildet dies kurze Parlament ein stolzes Denkmal, wie das einige Deutschland die Blätter seiner Geschichte zu füllen beginnt. Weit hinter uns liegt jeder Zwiespalt, in der völlig beruhigten Zukunft mag der gerechte Kampf der Meinungen wieder beginnen, aber für jezt beherrscht uns Alle nur der eine Gedanke, daß aus dem schweren uns auferlegten Kampfe das Vaterland siegreich, die Nation geeint hervorgehe, beherrscht uns Alle nur der eine Entschluß, jede verfügbare Kraft für das große Ziel einzuseßen. Den Vertretern der Nation kann nichts Höheres nachgerühmt werden, als daß sie ein getreues Abbild waren des im Kampfe geeinigten Volkes.

Nach dem Vorbilde der kurzen Session wird der Kampf mit den Waffen einmüthig geführt; möge er mit entsprechender Schnelle beendet werden.«<

Den vollen Glauben an die Ueberlegenheit des geeinigten Deutsch). lands nahmen alle Reichstagsmitglieder mit heim, zugleich die Ueberzeugung von dem nah bevorstehenden Sturz des Va banque spielenden Mannes an der Seine. Man getröstete sich: »Quem Deus perdere vult dementat.<<

Sachsen und die Norddeutschen.

Der er Reichstag vertrat Norddeutschland; die Abgeordneten von Sachsen und Thüringen, von Mecklenburg, Braunschweig, Oldenburg, wie von den freien Städten, hatten in das preußische Hoch auf den Bundesfeldherrn, König Wilhelm, mit lauter Stimme eingestimmt; aber so unbedingtes Vertrauen in die Wahrhaftigkeit dieses Hochs zu sehen war, so war man sich doch andererseits im preußischen Volke des particularistischen Gegensahes sehr wohl bewußt, der, wie in einzelnen unserer eigenen Provinzen, so auch in einzelnen der Bundesstaaten noch immer namhafte Anhänger zählte. Man mußte abwarten, ob diese particular ist is che Minorität jezt vielleicht einen Versuch machen werde, sich troß Reichs. tag zu bethätigen und die allgemeine Begeisterung nach dem Maße ihrer Kraft zu lähmen.

Furcht.

Aber dieser Versuch blieb aus, gleichviel ob aus Schicklichkeit oder

Nur wenige welfische Agitatoren wagten es auf jede Gefahr hin, und fanden innerhalb drei Tagen Gelegenheit, in Stettin und Erfurt über das Unzeitmäßige ihrer Bestrebungen nachzudenken. Ebenso mußte das Organ dieser Partei, die in Leipzig erscheinende Sächsische Zeitung« ihre zu allen Zeiten unerquickliche Thätigkeit einstellen, nachdem sie noch zuletzt durch einen Leitartikel: » Müssen sich denn die Sachsen auch todtschießen lassen?« in Leipzig selbst einen Sturm der Empörung heraufbeschworen hatte.

Dies und Achnliches indeß waren verschwindende Ausnahmen; Jeder innerhalb des Norddeutschen Bundes stand zu seinem Wort und seiner Pflicht; voran Sachsen.

Schon am 16. Juli, am Tage nach der Rückkehr des Königs von Ems, hatte der fächsische Staatsminister Freiherr v. Friesen im Bundesrath die Erklärung abgegeben, daß sich die königlich sächsische Regierung mit allen bisherigen Schritten des Bundespräsidiums, wie mit der von

Preußen kundgegebenen Auffassung der Sachlage im Einverständniß be finde« und unter dem gleichen Datum war die Mobilmachung des 12. (sächsischen) Armee Corps angeordnet worden. Alles strömte freudig den Fahnen zu. In Berlin, am selben Tage noch, wurde mit Begeisterung erzählt, daß König Johann, im Namen der königlich fächsischen Armee, gebeten habe: im Kriege mit Frankreich in erster Linie verwendet zu werden. Dieselbe Nachricht gelangte nach Frankfurt a. D. und rief in der dortigen Garnison eine so freudige Aufregung hervor, daß das 52. Regiment, das eine Zeit lang gemeinschaftlich mit dem fächsischen Schüßen-Regiment Nr. 108 in Leipzig garnisonirt hatte, diesem lehteren telegraphirte: »Die 52er grüßen das tavfere königlich fächsische Schüßen-Regiment, welches, das Lehte der Nummer nach, das Erste am Feinde sein will, hochachtungsvoll und kameradschaftlich.« Worauf die Antwort eintraf: »Das fächsische SchüßenRegiment Nr. 108 giebt kameradschaftlichen und treuen Gruß zurück und würde stolz sein, an der Seite der 52er kämpfen zu können. «

Die Stimmung, wie sie sich in diesem Telegramme aussprach, durchdrang das ganze Land; die Leipziger Handelskammer erließ eine Ergebenbeits- und Zustimmungs - Adresse an König Wilhelm, ebenso gaben die Studirenden Dresdens, Tharands und Freibergs eine Erklärung ab, worin sie sich, soweit sie nicht bereits dem Heere angehörten, »dem Ober-Feldherrn beziehungsweise dem Kriegsministerium, unter Verzicht auf jede Sonder. stellung, zur Verfügung stellten.«

Und wie in Sachsen, so überall in den Staaten des Norddeutschen Bundes. Hochberzig gingen die Fürsten dem Volke voran; alles Kleine war abgethan; selbst in den Herzen derer, denen das Jahr 1866 nicht zu Willen gewesen war, schwieg jezt der Unmuth und die deutsche Empfindung erwies ich mächtiger als jede andere Regung. Herzog Friedrich von Augustenburg (gleichzeitig in die baierische Armee eintretend) schrieb an Obrist du Blat: "Es kann nicht zweifelhaft sein, wie jeder Deutsche sich zu der jetzigen Kriegsfrage zu stellen hat. Frankreich hat den Krieg erklärt und ganz Deutschland denselben aufgenommen; es wird ihn führen, um seine Inte grität dem Auslande gegenüber zu vertheidigen. In einem solchen Augenblick giebt es keine Parteiungen mehr.« Noch entschiedener war die Haltung des Herzogs von Nassau. Auf eine Aufforderung Napoleon's, an der Spise eines französischen Corps sein Land wiederzuerobern, antwortete er kurz: »Ich danke Ew. Majestät. Ich habe meine Dienste soeben dem Könige von Preußen angeboten.«

Nur der Hiebinger Hof und der ehemalige Kurfürst von Hessen warteten ab und hofften. Das deutsche Volk hatte nicht Zeit ihrer zu gedenken.

Es richtete vielmehr sein Auge auf Berlin, wo sich in jenen Tagen, die der Rückkehr des Königs unmittelbar folgten, alle Fürstlichkeiten des Norddeutschen Bundes beinah ohne Ausnahme versammelten, um sich um König Wilhelm zu schaaren und dem Schirmherrn Deutschlands zu huldigen. Wen die Last der Jahre daheim hielt, der schickte seinen ältesten Prinzen. Es war ein Fürstentag, der den Reichstag begleitete und seine Bedeutung steigerte. Die Zeitungen jener Tage melden folgende Namen: Großherzog und Erbgroßherzog von Mecklenburg-Schwerin, Großherzog von Oldenburg, Großherzog von Sachsen - Weimar, Kronprinz von Sachsen, Herzog von Coburg-Gotha, Herzog und Prinz von Sachsen-Altenburg, Fürst und Erbprinz von Hohenzollern, Herzog Karl von Holstein - Glücksburg, Erbprinz von Anhalt, Fürst Reuß, Prinz Nicolaus von Nassau. Der Bedeutung des Moments gab ein damals erscheinendes Gedicht einen eben so schönen wie einfachen Ausdruck:

Jhr, die Ihr kommt, entschlossen,
Mit uns das Schwert zu ziehn,
Erlauchte Bundsgenossen,
Willkommen in Berlin!

Und tausendmal willkommen!

Das ist ein Fürstentag,

Der allem Volke frommen

Und Ehre bringen mag!

Das ward noch nie ersehen,

Was jezt das Auge sieht;
Das ist uns nie geschehen,
Was heute uns geschieht:

Die deutschen Fürsten alle

Zum großen Ziel voran,
Die deutschen Völker alle
So freudig unterthan.

Und Alle um den Einen,
Den Heldengreis, geschaart,
Den Gottes Huld den Seinen
Für diesen Kampf bewahrt!

Gott, segne diese Stunde!
Gieb Denen weisen Rath,
Die jest im schönen Bunde
Beschließen kühne That;

Und leite treu sie weiter
Durch diesen heilgen Krieg,
Daß sie als deine Streiter
Erkämpfen Sieg um Sieg!

Baiern und die Süddeutschen.

Was wird Baiern thun? Unter den vielen Fragen, die damals

das deutsche Herz bestürmten, war keine gewichtiger; vielleicht war es gradezu die Frage, an der die Entscheidung hing. Es wird dem jungen Könige auf den Blättern deutscher Geschichte zu ewigem Ruhme gereichen, daß er keinen Augenblick schwankte. Sein lautsprechendes patriotisches Herz war mächtiger als die Wünsche, vielleicht auch als die Zuflüsterungen der »Patrioten«.

Am 16. erging die Mobilmachungs-Ordre, zunächst eine rein militairische Maßregel, die indeß unschwer auf ihren politischen Gehalt zu interpretiren war. Diese Ordre hieß so viel als: wir stehen zu den Verträgen. Das sagte Alles.

Der König fühlte deutsch; aber die aus Clericalen und schroffen Particularisten zusammengesette antipreußische Partei war doch nach Zahl und geistigem Einfluß so mächtig im Lande, daß sie die unverkennbar zu Tage tretenden Entschlüsse der Regierung möglicherweise lähmen, namentlich die Geldbewilligung erschweren oder hinausschieben konnte. Solche Dinge lagen keineswegs außerhalb des Möglichen. Im Bezirksamt Traunstein (Oberbaiern), das schon vor Jahren der Schauplatz künstlich angeschürter, gegen die Verpreußung« gerichteter Excesse gewesen war, regte sich unter dem. Einfluß des » Volksboten « und ähnlicher Blätter der alte Geist des Ungehorsams wieder und Landwehrpflichtige weigerten sich, dem Nuf zur Fahne zu folgen. Es galt, diese rauchige Flamme in einem reineren Feuer zu verzehren und dem in den städtischen Bevölkerungen überall auflodernden deutschen Empfinden neue Nahrung zuzuführen. Vor Allem galt es, den König keinen Augenblick in Zweifel darüber zu lassen, wohin das Herz seines Volkes neige. Er sollte wissen, daß man sich eins mit ihm empfinde, daß man deutsch sei, wie er selbst. So bereitete sich ein begeisterter Empfang für ihn vor.

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