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Wirkungssphäre der Festung Halt gemacht. Die Truppen haben sich mit ausgezeichneter Bravour geschlagen; die Artillerie fast nur im Gewehrfeuer aufgefahren. Um die bei der Erstürmung der feindlichen. Position Verwundeten zurückzubringen und um den Sieg zu constatiren, behaupte ich das Schlachtfeld, wenn ich nicht andere Befehle erhalte.<<

In vollem Maße

General v. Steinmeß war gegen 8 Uhr Abends auf dem Schlachtfelde eingetroffen und empfing bald darauf beim I. Armee - Corps die mündlichen Berichte über den Verlauf der Schlacht. erkannte er die glänzende Tapferkeit der Truppen und die geschickte Leitung des Gefechts an. Dagegen mißbilligte der General, daß man sich überhaupt, ohne Befehl von oben, in ein so ernstes Engagement eingelassen und dasselbe in solcher Ausdehnung fortgeführt hatte, wo doch die Aufgabe der I. Armee eine wesentlich defensive gewesen sei und die Nähe eines großen Kriegsplates (Mez) jede unmittelbare Ausnußung des Sieges unmöglich gemacht habe.

So weit etwa das Urtheil des Generals, das, wie schon hier be merkt werden mag (vgl. S. 242), Tags darauf an oberster Stelle nicht getheilt wurde.

Der Lauf des Gefechtes hatte eine übergroße Frontausdehnung der 1. Armee herbeigeführt, der bis in die Dunkelheit fortgesette Kampf die taktische Ordnung theilweise gelockert. Die vordersten Truppen standen im Bereich des schweren Festungsgeschüßes und alle bedurften der Ruhe und Verpflegung. General v. Stein met befahl daher, daß die Corps in die Stellungen zurückkehren sollten, welche sie am Nachmittag inne gehabt hatten.

Diesem Befehle wurde nur theilweise nachgekommen. Das I. ArmeeCorps, kleine Detachements abgerechnet, ging zurück; das VII. Armee - Corps aber blieb auf der von ihm erkämpften Stellung stehen und hielt die Linie zwischen dem Bois de Borny und La Planchette, mit dem Centrum auf der mehrgenannten Höhe westlich von Colombey. Wegen unmittelbarer Nähe des Feindes bivouakirte das VII. Corps ohne Holz und Stroh, mit dem Gewehr in der Hand.

Die theilweise Räumung des Schlachtfeldes, will sagen, auf unserm rechten Flügel nördlich der Chaussee, hat den Franzosen Anlaß gegeben, sich einen Sieg zuzuschreiben. Ein Blick auf die Karte zeigt, daß ihr rechter Flügel aus der Linie Mercy le Haut Aubigny Lauvallière auf die Linie Borny Bellecroig, ihr linker Flügel aus der Linie Mey Villers l'Orme bis unter das Fort St. Julien zurückgeworfen war.

Die Verluste am 14. waren auf beiden Seiten bedeutend. Die Franzosen geben folgende Zahlen:

beim 3. Corps 2702 Mann, darunter 146 Offiziere,

beim 4. Corps 706 Mann, darunter 54 Offiziere,

zusammen also 3408 Mann, einschließlich 200 Offiziere. Unter diesen befand sich auch General Decaen, Führer des 3. Corps; er hatte, da er erst am 13. in Bazaine's Commando einrückte, dasselbe nur 36 Stunden bekleidet. Seine Verwundung war so erheblich, daß er ihr nach wenigen Tagen erlag. Die diesseitigen Verluste waren noch bedeutender. Sie beliefen sich beim I. Corps auf 90 Offiziere und 2820, beim VII. Corps auf 87 Offiziere und 1970 Mann. Total: 177 Offiziere und 4790 Mann. Die bedeutendsten Verluste erlitten die Regimenter Nr. 43 und 3 mit 22 Offizieren und 766 Mann, resp. mit 20 Offizieren und 590 Mann. Aehnlich harte Einbußen erfuhren die Regimenter 4 und 44 von der Brigade Memerty, das 73. Regiment, und die Regimenter 15 und 55 von der Brigade Golz.

Am Morgen des 15., als König Wilhelm auf dem Schlachtfelde erschien, sprach er nicht nur den Truppen seinen Dank, sondern auch dem General v. d. Goltz seine spezielle Anerkennung aus; — das Interesse, das dieses wichtige, mit großer Bravour durchgeführte und an Opfern so reiche Gefecht unter gewöhnlichen Verhältnissen gehabt haben würde, verlor sich zu großem Theile in dem Schlachtendonner von Vionville und Gravelotte. Mit Unrecht. Das Resultat jener großen Kämpfe vom 16. und 18.: "die Einschließung der feindlichen Armee in Meß, war durch den Kampf am 14. nicht nur eingeleitet, sondern überhaupt erst ermöglicht worden. Die Franzosen verloren durch den kühnen, auf jede Gefahr hin unternommenen Vorstoß gegen Colombey einen nicht wiedereinzubringenden Tag, der nun unserer II. Armee Gelegenheit gab, ihren Umgebungsmarsch auszuführen. Wir kommen darauf zurück.

Colombey

am 3. Mai 1871.

Unter den vielen reizenden Vunkten, die Mez umgeben, ist Colombey einer der reizendsten. Ein Bach, ein sauft ansteigender Wiesengrund, das unvermeidliche Chateau«, saubere Häuser, zierliche Villen, das Ganze halbkreisförmig umspannt von verschiedenen, tief ausgebuchteten Gehölzen. Der Kampf, der hier getobt, hat nur noch dazu beigetragen, den Zauber dieser Stätte zu steigern. Die Zeichen der Zerstorung schwinden mehr und mehr, der Friedhof bleibt. Und zwar der schönsten einer, die ich gesehen. Der 14. August licß ihn geboren werden. Eins der Gehölze, und zwar sehr wahrscheinlich das vielgenannte "Fichtenwäldchen«, um das seitens der Brigade Golz, sowie des 73. und 4. Regiments so heiß gekämpft wurde, birgt in seiner Mitte eine Waldwiese und diese Waldwiese ist zirkelförmig mit Gräbern und Kreuzen umstellt, wie etwa eine Grabrotunde mit Denkmälern und Sarkophagen. Nischen hier wie dort, aber während die einen gothisch sich wölben, haben wir hier ein Laubendach, das seine Zweige niedersenkt und in dessen Wipfeln die Amseln schlagen. Eine Stätte, um das Leben lieb zu haben, aber auch eine Stätte, um von ihm auszuruhen! Der Friedhof, der so oft ein Garten ist, hier war er ein Wäldchen, das nur in einem strebte ein Garten zu sein, in der Buntheit und Mannigfaltigkeit seines Grüns. Nichts fehlte; kaum, daß die Fichte vorherrschte, die dem Wäldchen seitdem seinen Namen gegeben hat. Der Weiß- und Nothdorn begannen zu blühen; die Kastanien seyten ihre Leuchter auf, Birke und Hasel und dazwischen jede Form von Immergrün: Tanne und Tarus, Lebensbaum und Cypreffe. 15er und 55er ruhten hier gemeinschaftlich bei einander, wie sie gemeinschaftlich bei einander gestanden hatten; dann kommt ein Offiziersgrab mit schönfarbigem, braunem Stein: Lieutenant de Bülow du 15. Reg. d'Infanterie, tombé le 14. Août dann 7er Jäger, und Kanoniere vom 7. westphälischen Artillerie - Regiment. Seitdem (am 26. Juni 1871) ist noch ein großes,

von einem Eisengitter umschlossenes und von einer alten Linde überschattetes Denkmal hinzugekommen, das folgende Namen und Inschriften trägt:

Anton v. Ostan, Hauptmann und Chef der 6. Compagnie, Leopold Fischer, Hauptmann und Chef der 7. Compagnie, August v. Masserbach, Premierlieutenant und Führer der 8. Compagnie, Julius Carl Erdmann, Secondelieutenant,

Ludwig v. Bardeleben, Hauptmann und Chef der 3.. Compagnie, Otto Fischer, Secondelieutenant,

Cornelius Giese, Portepéefähnrich,

sämmtlich vom hannöverschen Füsilier - Regiment Nr. 73.

Sie starben den Heldentod mit Gott für König und Vaterland am 14. August 1870 im Gefecht vor Mez.

Jhrem Gedächtniß und den in demselben Gefecht gebliebenen 15 Unteroffizieren und 136 Füsilieren desselben Regiments geweiht von dem Offiziercorps des 73. Regiments.

Andere, ähnliche Denkmäler sind seitdem gefolgt; aber sie vermochten den Friedhofszauber dieser Stätte kaum zu steigern. Die Natur hatte hier Alles im Voraus gethan, auch nach der düstren Seite hin. Denn eine Allee von Lebensbäumen«, die des sonderbaren Vorzugs genießen, überall als Avenuen des Todes gepflanzt zu werden,

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führt hier von Colombey nach Borny hinüber und am Rande des mit so vielem Blut getränkten Gehölzes steht, hochaufragend, eine Gruppe von Rothbuchen, denen der Mund des Volkes so gern einen düsterer klingenden Namen giebt.

Der 15. August.

Die Die Franzosen, wie schon S. 241 hervorgehoben, rechnen sich den 14., wie so manchen andern Tag dieses Krieges, als einen Sieg an. Immerhin. Es ist zuletzt unmöglich, sie an solchen und ähnlichen Einbildungen zu hindern. Nur die Thatsache können sie nicht fortschaffen, daß die Schlacht bei Colombey Nouilly ihnen einen ganzen Tag kostete, ihren Abmarsch auf Châlons um volle 24 Stunden verzögerte. Und das war es, worauf es ankam. Dies wurde erreicht und hatte die Bedeutung eines Sieges.")

Der 15. war ein Tag der Märsche, der Vorbereitungen zum Kampf, auch einzelner leichter Rencontres. Französischerseits erfolgte der Uebergang sämmtlicher Corps über die Mosel und ein Bivouacbeziehen auf dem nördlich der Straße Rezonville - Mars la Tour sich hinziehenden Plateau. Nur einige Divisionen lagerten südlich. Am Abend des Tages standen die Franzosen wie folgt:

Das 2. Corps Frossard vorwärts Rezonville, links der Straße MezMars la Tour - Verdun.

Das 6. Corps Canrobert bei Nezonville auf gleicher Höhe mit dem 2. Corps, jedoch rechts, nördlich der großen Heerstraße.

*) Es sei noch hervorgehoben, daß Louis Napoleon selbst, in verhältnißmäßig geringer Entfernung, der Schlacht bei Colombey, Nouilly beiwohnte. Er befand sich nämlich, bei Beginn der Action, in Longeville, einer Art Vorstadt von Mey am linken Moselufer. Mit ihm waren der kaiserliche Prinz, der Prinz Napoleon und einige Adjutanten, die sämmtlich in einem Wirthshause mitten im Dorf ein Unterkommen gefunden hatten. In der Nähe desselben schlugen einige Granaten ein. Bazaine, der ein begreifliches Interesse hatte, den Kaiser möglichst weit weg zu wünschen, unterließ nicht, auf die Gefahren eines längeren Aufenthalts in Longeville auf, merksam zu machen. So stiegen denn der Kaiser und seine Begleitung zu Pferde, um auf der großen Straße Verdun zu erreichen. Man darf füglich sagen, daß die »Gefahren« mit diesem Ritt erst begannen, denn um eben diese Stunde schwärmten starke, weit vorpoussirte Cavallerie Abtheilungen der Unsrigen bereits bis in die Nähe von Mars la Tour und eine Gefangennahme des Kaisers, schon 17 Tage vor Sedan, hätte keineswegs im Bereich des Unmöglichen gelegen.

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