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Flanke ging das in Altenstadt (nach dem Eintreffen der 58er und 47er) freigewordene 5. Jäger-Bataillon vor, während die noch nicht ins Gefecht ge. tretenen Truppentheile der 9. Division, in erster Reihe die noch restirenden. Bataillone vom 58. und 47. Regiment (je eins), den Angriff in der linken Flanke soutenirten. Die 41. Brigade sette ihren Umgehungsmarsch von links her fort. So der gesammte Angriff. Den Hauptstoß hatte das Königs - Grenadier-Regiment zu führen. Wir wenden uns nunmehr diesem Glanzmoment des Tages zu.

Das Sturm-Regiment nahm das 1. und 2. Bataillon rechts und links, das Füsilier-Bataillon, Major v. Kaisenberg, in die Mitte. Jedes Bataillon zog zwei Compagnieen in dichter Plänklerkette vor, die beiden anderen Compagnieen folgten als Halb- Bataillon. Es war dieselbe Angriffs - Formation, die sich am Tage von Skalih gegen die Brigade Kreißern, die Regi menter Reischach und Este, so glänzend bewährt hatte.

Hier war es das tapfere 74. Linien-Regiment, das, zur Offensive übergehend, sich unseren Colonnen in einem Bajonet - Angriff entgegenwarf. Aber erfolglos. Die Bataillone sezten ihr Vorrücken fort, bis, in halber Höhe des Abhanges, ein starkes, aus Schloß Gaisberg abgegebenes Feuer, unser Füsilier Bataillon (das die Direktion auf diesen, eine kleine Festung bildenden, Punkt hatte) zum Halten zwang.

Major v. Kaisenberg, schnell entschlossen, stellte sich an die Spitze seines Halb-Bataillons und ging heldenmüthig gegen die Umfassungsmauern vor. Aber alle Anstrengungen scheiterten an dem vernichtenden Schnellfeuer, das nicht nur von den Mauern, sondern auch von den Fenstern und Dachluken aus, gegen die immer erneut Anstürmenden unterhalten wurde. In kürzester Zeit waren drei Compagnieführer todt hingestreckt, Major v. Kaisenberg, der die Fahne aus der Hand des sinkenden Sergeanten nahm, schwer verwundet, der Fahnenstock zerschmettert und das ganze Terrain vor dem Schlosse mit Todten und Verwundeten bedeckt. Die Reste des Bataillons mußten in den Hohlwegen dicht vor dem Schloßgebäude Schuß suchen und den Erfolg der seitwärts oder im Rücken der Stellung avancirenden Bataillone abwarten.

Dieser Erfolg blieb nicht aus. Die beiden Grenadier - Bataillone des Regiments waren im Avanciren geblieben, die Offiziere nach preußischem Brauch voran. »Nichts hemmte den Tritt der Braven,« so schreibt ein Augenzeuge, der Anblick war das Größte und Ergreifendste, was militairische Augen schauen konnten. Uns Allen traten Thränen in die Augen; solche Soldaten sind unüberwindlich.« Rechts erstiegen die 5. Jäger,) links die

*) Die 1. Compagnie des 5. Jäger- Bataillons beschoß eine hier aufgestellte franzősische Batterie so wirksam, daß sich dieselbe mit Hinterlassung eines Geschüßes, dessen sämmtliche Pferde getödtet waren, zurückziehen mußte. Die Franzosen indeß, denen daran liegen

zwei genannten Bataillone vom 58. und 47. Regiment die Höhe, während die fast schon von rückwärts her eingreifende 41. Brigade das Gehöft Schaf busch nach kurzem Kampfe nahm.

Mit Verlust des Gaisberges hatte die französische Stellung ihren Hauptstügpunkt eingebüßt. Um 14 Uhr versuchten die Franzosen noch einen kurzen, aber vergeblichen Offensivstoß, augenscheinlich nur zur Deckung ihres Rückzuges, der in drei Kolonnen auf der großen Straße nach Sulz, also in südlicher Richtung, angetreten wurde. Um 2 Uhr übernahmen die beiden Kavallerie-Regimenter der 9. und 10. Division die Verfolgung. Die Rückzugsstraße zeigte sich wie besäet mit fortgeworfenem Gepäck.

Die Fahne des Füsilier. Bataillons vom Königs Grenadier Regiment.

Um 2 Uhr, so sagten wir, begann die Verfolgung. Etwa gleichzeitig hatte die Besagung von Schloß Gaisberg, 300 Mann stark, kapitulirt, nachdem sie bei Vertheidigung dieses festen Punktes 74 Mann an Todten und Verwundeten eingebüßt hatte. Als der Kronprinz den Gaisberg heraufritt, lösten sich die Reihen der zerrissenen Bataillone, Alles stürzte jauchzend und Hoch rufend auf ihn zu. Die Schwerverwundeten hoben sich und streckten ihm die Arme entgegen; es war wie ein einstimmiger Nuf: »Sieh, wir haben's nicht schlecht gemacht.« Lieutenant v. Salisch, vom Füsilier-Bataillon des Königs-Grenadier-Regiments, zeigte ihm die zerschossene Fahne. Der Kronprinz nahm sie, küßte sie und wandte sich dann, die Fahnenreste hoch emporhaltend, zu seiner Suite: »Meine Herren, wahrlich ein schöner Anblick. Das wohlverdiente Kreuz soll ihr zu Theil werden.«<

Der Fahnenstock war, beim Sturm gegen Schloß Gaisberg, in der Hand des Majors v. Kaisenberg derart zerschmettert worden, daß nur die Bruchstücke hatten gerettet werden können. Ein Unteroffizier brachte sie in Sicherheit, das Bataillon glaubte sein Panier bereits verloren, bis nach beendigtem Gefecht, bei Rangirung des Schüßenzuges, die geretteten Bruchstücke dem Lieutenant v. Salisch übergeben wurden. Als bald darauf, beim Abrücken nach dem Sammelplah, Lieutenant v. Salisch den in einem Hohlwege niedergelegten schwer verwundeten Major v. Kaisenberg traf, war dessen erste Frage nach der Fahne. Als er hörte, daß sie gerettet sei und sich beim Schüßenzuge befände, äußerte er den Wunsch, sie ihm zu bringen, daß

wochte (wenigstens damals noch), keine Kanone in unsere Hände fallen zu lassen, schickten andere Pferde unter Infanterie- Bedeckung vor, um das Geschüß zu retten. Aber diese zweite Bespannung theilte nahezu das Schicksal der ersten, und um der Sache ein rasches Ende zu machen, warf sich jezt Feldwebel Meyer mit einem Zuge seiner Jäger auf die heftig feuernde Infanterie Bedeckung und entriß ihr das Geschüß. Alle Wiedereroberungsversuche wurden ab. gewiesen. Es war die erste Trophāe dieses Krieges.

er sie küssen könne. Dies geschah. Der tapfere Commandeur sah hier die Fahne seines Bataillons) zum leßten Mal. Er erlag später seinen Wunden. Verluste hüben und drüben.

Die Stärkeverhältnisse der an diesem Tage mit einander in Kampf getretenen Truppentheile waren in Wirklichkeit nicht so gar verschieden gewesen, als es auf den ersten Blick erscheinen möchte. Es war ein Kampf 1 gegen 2. 11 französische Bataillone hatten 22 deutschen Bataillonen gegenübergestanden. Zicht man in Erwägung, daß die Wegnahme Weißenburgs, eines befestigten, sturmfreien Ortes, mindestens 8 Bataillone unsererseits in Anspruch nahm, so zeigt sich, daß uns für die Erstürmung des Gaisberges keine übergroße Anzahl von Bataillonen blieb.

Die Verluste hüben und drüben waren erheblich; auf unsrer Seite (wenn wir von den Gefangenen absehen) wahrscheinlich größer. Wir hatten 700 Mann eingebüßt, darunter die unverhältnißmäßig hohe Zahl von 6 Offizieren: 20 todt, 56 verwundet. Das Königs-Grenadier - Regiment atte die größte Einbuße an Offizieren erfahren (fast die Hälfte): 10 todt, 2 verwundet, darunter alle Bataillonscommandeure. Außer dem Major . Kaisenberg erlag auch Major v. Unruh seinen Wunden.

Der französische Verlust ist nicht mit Sicherheit festzustellen. 1000 unerwundete Gefangene (darunter 30 Offiziere) waren in unsre Hände gefallen. inter den Todten befand sich General Douay selbst, der beim Richten der Nitrailleusen- Batterie von einer unsrer Granaten getroffen worden war; in Generalstabsoffizier und der Oberst des 50. französischen Linien - Regiments aren verwundet und gefangen worden.

Der Jubel bei der mit Blizeseile durchs deutsche Land fliegenden egesnachricht war groß.

Bei Weißenburg am ersten Tag,
Das war der erste Taßenschlag.
In sein Blut fiel todesfahl
Der Franzosen General,
Douay war sein Name.

Baierland und Schlesien gut
Gaben stolz ihr rothes Blut;
Kronprinz und Victoria
Sind zusammen immer ja
Heut und alle Wege.

So klang es damals. —

*) Im Feldzuge von 1866 wurden alle drei Fahnen des Königs- Grenadier - Regiments Kugeln getroffen und tragen daher silberne Bände, auf denen der Name der betreffenden icht steht. Die Fahne des 2. Bataillons, die 1815 bei Ligny von drei feindlichen Kugeln chossen wurde, trägt außer dem 66 er Bande noch zwei andere silberne Vänder mit den -n derer, die damals die Fahne Tetteten.

Sämmtliche im Gefecht gewesenen deutschen Truppen bivouakirten auf den Höhen südlich der Lauter und segten Vorposten aus. Die 4. CavallerieDivision, wie alle übrigen noch zurückstehenden Truppen, wurden gegen Abend an die Linie Weißenburg Altenstadt herangezogen.

Das Hauptquartier, das vom 3. zum 4. in Nieder-Otterbach gewesen war, verblieb die Nacht über in Schweighofen, von dessen Höhe aus der Kronprinz das Gefecht überblickt und geleitet hatte.

»Am 5. früh (so schreibt ein Augenzeuge) brachen wir auf, um Mac Mahon selber aufzusuchen. Unser Bataillon, das bis dahin, zur Arrièregarde gehörend, am Kampfe noch nicht Theil genommen hatte, mußte erst die Stadt Weißenburg, dann das Schlachtfeld passiren. Als wir in die Stadt einrückten, begegneten wir einem Trupp Gefangener, den die Baiern eben weiter transportirten. An ihrer Spize marschirte ein dickes Weibsbild mit braunem Mulattengesichte, phantastisch aufgepußt, — wahrscheinlich die Marketenderin des Turco Regiments, das gestern im Gefecht war. Den Kopf von einem gelben Turban umwunden, ein Wachtelhündchen auf dem linken Arme, mit der rechten Hand den bunten Ueberrock in malerischer Haltung zusammenfassend, schaute sie frech nach allen Seiten umber und warf den am Wege stehenden Bauern und Soldaten herausfordernde Blicke zu. Die Scheußlichkeiten, welche von den Turcos verübt worden sind, ent sprechen leider ganz den Vorstellungen, welche man sich von ihrer Bestialität gemacht.

Eine halbe Stunde später befanden wir uns auf der Höhe des Gaisberges und auf der Straße, auf der die Franzosen ihren Rückzug be werkstelligt hatten. Ueberall noch die entseglichen Spuren des Kampfes : hier ein erschoffenes Pferd, dort ein zerbrochener Pulverkarren, den man hatte bei der Retirade im Stich lassen müssen, dort wieder die gräßlich ver stümmelten Leichen einiger französischen Infanteristen und überall Schuhe, ausgeleerte Tornister, Patronen Umhüllungen, Montirungsstücke, vom französischen Kriegsministerium vertheilte Belehrungen über Reitergefechte, zerhauene und verbogene Chassepotgewehre. Die ersten französischen Dörfer, durch welche wir gelangten, waren völlig ausgestorben, von sämmtlichen Bewohnern verlassen. Die Franzosen hatten bei ihrem Rückzuge alle Fenster. scheiben zertrümmert, die Thüren der Häuser zerschlagen, das Bettzeug auf geschnitten und die Federn auf die Straße gestreut.<

Elsaß.

Der Tag von Weißenburg hatte der III. Armee den Elsaß geöffnet; der

Tag von Wörth (6.) sicherte uns seinen Besiz.

Eh wir indessen zu einer Schilderung dieser leßtgenannten Schlacht (neben Sedan die freudigste, die in diesem Kriege geschlagen wurde) übergehn, werfen wir einen Blick auf das alte Reichsland zwischen dem Rhein und den Vogesen, das uns seit jener siegreichen Stunde, wo wir seine Grenze überschritten, nicht wieder verloren gegangen ist. Auch ferner, so meinen wir, wird Deutschland es zu halten wissen. Straßburg wird nicht wieder zu Strasbourg werden.

Die Schwäche des Reichs hatte uns einst diesen herrlichen Strich Landes verloren gehen lassen; Deutschland besaß wenige, die ihm vergleichbar, oder ihm überlegen gewesen wären. Es war ein Edelstein in der Krone Karls des Großen und derer, die nach ihm kamen. Ein altes Kulturland, reichgesegnet, von lachender Schöne.

Aber wie es in Deutschland selbst zu den schönsten und gesegnetsten Landestheilen gehörte, so zählte es auch in Bezug auf die staatliche und allgemeine Geschichte Europas zu den wichtigsten Provinzen. Die Zeiten der Römer, der Völkerwanderung, der deutschen Kaiser und der französischen Raubgier, alle diese Zeiten bezeugen es. Die Wichtigkeit wird also vermuthlich am Lande selber haften.

Es erstreckt sich vierzig Meilen lang von Basel bis Mainz, in einer Breite von drei bis sechs Meilen, eine Tiefebene, die ursprünglich ein See gewesen zu sein scheint; mit den Naturforschern trifft die Volkssage zusammen, welche die einschließenden Gebirge für Ufer ansieht. Diese Gebirge, diese alten Ufer, die auf beiden Seiten wie steile. Mauern aufsteigen und vielerlei auffällige Aehnlichkeiten mit einander haben, sind im Osten der Schwarzwald, im Westen der Wasgau. Den Letteren

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