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gutherzig seine Beweggründe sind, daß manche Leute seine Thaten vergessen und seinen Worten geglaubt haben.

Wie mit dem Herrscher, so geht es mit dem Volk. Die Franzosen haben so lange unaufhörlich der Welt versichert, der Rhein sei ihre natürliche Grenze, daß die Leute es endlich glauben, und möglicherweise glauben sie es auch selbst. Und doch darf man mit gutem Gewissen aussprechen, daß Frankreich nicht mehr Ansprüche auf die Rheingrenze hat, als auf die Elb- oder Weichsel-Grenze.

Nehmen wir an, daß das moderne Frankreich das gesammte keltische Element des römischen Galliens umschließe, so folgt daraus durchaus nicht, daß es Anspruch hat, das gesammte römische Gallien darzustellen. Das römische Gallien enthielt von dem, was es jezt Mode geworden ist, Nationalitäten zu nennen, mindestens drei. Man schaue nur auf eine Karte Römisch- Galliens, und das Wort Germania starrt einem als Bezeichnung zweier seiner Abtheilungen entgegen. Es gab ein Germanien sowohl auf dem linken, als auf dem rechten Rhein- Ufer; der einzige Unterschied war, daß die Römer das eine eroberten, und nicht im Stande waren, das andere zu unterwerfen. Mit einem Wort, zu Zeiten der römischen Provinz trennte der Rhein nicht die Kelten von den Teutonen. Er trennte unterjochte Teutonen von unabhängigen. Er bildete die Grenze des römischen Galliens nur deshalb, weil Römisch-Gallien so viel von Deutschland auf. nahm, als Rom zu erobern gelungen war. Der Rhein war also keine Völkergrenze, sondern nur die Grenze der römischen Eroberung.

Auch in späterer Zeit ist er niemals dauernd Grenze gewesen. Da er feine nationale Grenze bildet, so ist man auch nie versucht worden, ihn zu einer politischen Grenze zu machen. Die Franken herrschten gleichmäßig auf beiden Seiten, ihre deutsche Sprache wurde gleichmäßig auf beiden Seiten gesprochen. Bei den verschiedenen Theilungen des fränkischen Reiches unter den Merovingern und Karolingern, ist es nie einem Menschen eingefallen, den Rhein zur Grenze zwischen der lateinischen und teutonischen Francia zu machen, einfach deshalb, weil er nicht die Grenze zwischen der lateinischen und teutonischen Sprache bildete. Das erste Auftreten des Rheines als französische Grenze war der Raub des Elsaß im 17. Jahrhundert, wodurch die natürliche Grenze der Vogesen verlassen und der Rhein auf eine kurze Strecke seines Laufes zur französischen Grenze gemacht wurde. Was den unteren Lauf dieses großen deutschen Stromes betrifft, so liegt Frankreichs einziger Anspruch darauf in der Thatsache, daß er während einiger Jahre in den Revolutionskriegen die Grenze bildete.

Aber das Kaiserreich ging bekanntlich weiter. Es verlegte seine Grenze bis an die Elbe; Hamburg und Lübeck wurden französisch, wie es Turin.

und Ragusa wurde. Das Anrecht Frankreichs auf das Rheinland ist gerade so gut und gerade so schlecht, wie sein Anrecht auf Jllyrien.

Es hat das Recht einer ehemaligen momentanen Besiz nahme zu der Zeit, als die Welt auf dem Kopfe stand. Das ist Alles!« Den Rhein haben, eine neue Rheinbundspolitik inauguriren, die sich vollziehende deutsche Einigkeit abermals vertagen und untergraben, weiterhin die erste Macht sein auf Kosten der zersplitterten Macht des stärkeren Nachbars, das war das Programm. Aber Deutschland war gewillt, dies Programm zu Schanden zu machen. Daß der Einsaß hoch sein würde, fühlte

Jeder; gleichviel, man war entschlossen, jedes Opfer zu bringen. Man bangte, aber hoffte zugleich, und so hieß es denn:

Wir träumen nicht von raschem Sieg,

Von leichten Ruhmeszügen:

Ein Weltgericht ist dieser Krieg

Und stark der Geist der Lügen.

Doch der einst unsrer Väter Burg,
Getrost, er führt auch uns hindurch).

Vorwärts!

Die französische Aufstellung.

„Aller Wahrscheinlichkeit nach richtet sich der französische Stoß gegen Baden und die Pfalz; auf der Strecke zwischen Straßburg und Saarbrücken werden sie zur Offensive schreiten, die Pfalz überschwemmen und unmittelbar diesseits oder jenseits des Rheines einen ersten großen Erfolg zu erringen suchen «< so etwa war die diesseitige Annahme, als wir, unmittelbar nach den Vorgängen in Ems, die französischen Colonnen sich auf Mez und Straßburg zu in Bewegung setzen sahen. Ihre Ueberlegenheit nach Zahl und Kriegsbereitschaft (bei allen Mängeln im Einzelnen, wie wir sie S. 74 namhaft gemacht haben) war in jenen ersten Tagen so evident, daß einer Besizergreifung aller linksrheinischen deutschen Landestheile sich kein nennens werthes Hinderniß würde haben entgegenstellen können. Der Ausgang des Krieges wäre dadurch kein andrer geworden, die Katastrophe, muthmaßlich nur um so schneller hereingebrochen, dennoch haben wir ein Zögern, eine Unschlüssigkeit zu segnen, die das Glück jener gesegneten Vorlande auf Jahr. zehnte hin hätte untergraben können. Eine Armee von 300,000 Mann kann in zehn Tagen mehr zerstören, als eine betriebsame Bevölkerung in zehn Jahren aufzubauen vermag. Wer will sagen, ob die Turcos MacMahon's nicht die Söldner Melac's in den Schatten gestellt hätten. Wie immer auch, die Wiederholung von 1693 blieb der Pfalz erspart.

Wie wir schon mehrfach andeuteten, Frankreich war nicht über und über gerüstet« in den Krieg eingetreten, die Enttäuschungen hinsichtlich Süddeutschlands kamen hinzu, gleichviel, der zum Stoß angefeßte Degen Frankreichs zögerte plöglich, ja die militairischen Maßnahmen begannen sich in einer Weise zu modeln, die von vornherein ein Mißtrauen in das Gewollte ausdrückte. Man hatte sich über, uns aber unterschäßt und begann Anfangs August die ursprüngliche Front, die sogenannte »erste Linie« zu kürzen, um durch diese Kürzung an Kraft zu gewinnen. Sehen wir wie. Die ursprüngliche erste Linie war die Linie St. Avold, Bitsch Hagenau, Straßburg.

An demselben Tage, an dem das linke Flügelcorps: General Frossard gegen Saarbrücken operirt und dies genommen hatte, erhielt das rechte Flügelcorps: Marschall Mac Mahon Befehl, sich von Straßburg aus nordwestlich auf das Centrum Bitsch-Hagenau zu ziehen, wo sich, besonders in Bitsch und Umgegend, die Divisionen des 5. Corps de Failly bereits befanden.

Dies geschah. Alle Offensivpläne, namentlich so weit sie sich auf Süddeutschland gerichtet hatten, waren damit aufgegeben; ersichtlicher noch trat dies hervor, als man in den eingenommenen Stellungen sich zu verschanzen begann.

Noch einmal, die erste Linie, die sich Ende Juli von St. Avold über Bitsch bis Straßburg ausgedehnt hatte, beschränkte sich am 2. August auf die Strecke Saarbrücken - Bitsch - Hagenau. Wenige Meilen dahinter lief die zweite französische Linie, die von Thionville über Mez bis Nancy reichte. In der rechten Flanke der ersten Linie: Straßburg; in der rechten Flanke

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der zweiten: Belfort. Im Rücken der gesammten Aufstellung: das befestigte Lager von Chalons.

So die Linien. Die Truppenvertheilung, dabei einiges recapitulirend,

war die folgende.

Erste Linie.

Linker Flügel (St. Avold - Forbach - Saarbrücken): 2. Corps unter General Frossard.

Rechter Flügel (Bitsch Hagenau): 5. Corps de Failly; 1. Corps Mac Mahon.

Zweite Linie.

Linker Flügel (Thionville): 4. Corps unter General L'Admirault.
Centrum (Meg): 3. Corps unter Marschall Bazaine.

Rechter Flügel (Nancy): die Garden unter General Bourbaki. Um diese Zeit vielleicht schon nach Mez herangezogen.

Straßburg

(in der rechten Flanke der ersten Linie).

Die Division Lartigue vom 1. Corps.

Belfort

(in der rechten Flanke der zweiten Linie).

Das 7. Corps unter General Felix Douay, noch ganz unvoll ständig. Einzelnes vordetachirt bis Colmar; andres noch zurück in Lyon.

Chalons

(im Rücken der ganzen Stellung).

Das 6. Corps unter Marschall Canrobert. Um diese Zeit vielleicht schon auf dem Wege nach Meg.

So die Aufstellung. Die Armee Eintheilung entsprach aber nicht derselben, ebensowenig wie bei uns. Nicht das Nebeneinander sondern das Hintereinander Stehende bildete die großen Heereskörper, deren die französische Armee im Wesentlichen zwei besaß: die » Rheinarmee« und die » Armee des Elsaß, wie wir sie in Ermangelung einer offiziellen Bezeichnung nennen. wollen. Jene, die Rheinarmee, sezte sich aus dem 2., 3., 4. Corps und den Garden (denen sich bald auch, von Chalons her, das 6. Corps gesellte) zusammen, während die Armee des Elsaß aus dem 1., 5. und vorgeschobenen Abtheilungen des 7. Corps bestand.

An der Spiße der Rheinarmee, Hauptquartier Metz, stand der Kaiser; an der Spiße der Elsaß Armee Marschall Mac Mahon.

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